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Ein "alltägliches"Urlaubserlebnis.
Ein „alltägliches“ Urlauberlebnis
Dieser Urlaub war mal etwas ganz anderes. Sie fuhren nicht ans Meer um sich am Strand von der Sonne verwöhnen zu lassen, sondern sie besuchten Freunde, die zwar hier wohnten, aber in Frankreich ein Haus hatten. Nicht im so überlaufenen Süden, wo die Sonne eine Garantie war, sondern an der rauhen Atlantikküste. Das Haus ihrer Freunde lag etwa dreissig Kilometer im Landesinneren in einem Dorf. Ein richtig klassisches französisches Dorf. Es gab einen Bäcker, einen Metzger, zwei oder drei kleine Kneipen und etwas besonderes, ein vornehmes Restaurant, daß sogar einen Michelinstern hatte. Deshalb kamen aus der nahen Großstadt auch vermögende Gäste und wohl deshalb funktionierte auch die Müllabfuhr so gut. Die Gemeinde wollte ja einen guten Eindruck bei ihren Gästen hinterlassen. Und auf die Müllmänner konnte man sich verlassen. Einmal in der Woche kamen sie pünktlich am Vormittag und leerten die Mülltonnen. Man konnte fast die Uhr danach stellen. Zu einem Schwätzchen waren sie auch gerne bereit, es gab nur einen Nachteil, sie sprachen nur französisch und das unglaublich schnell, sehr zum Bedauern für die Urlauber aus Deutschland. Vor allen Dingen für ihn, denn plaudern war für ihn das Schönste. Er tat zwar so als verstünde er sie, doch seine Antworten bestanden nur aus Kopfschütteln und Kopfnicken, ab und zu traute er sich auch „oui“ zu sagen. Aber es gefiel ihm.
Sie genossen ihren Urlaub in diesem französischen Dorf mit ihren Freunden sehr, sahen sich die nähere Umgebung an und beschlossen für drei Tage durch die Bretagne zu einem der größten Bauwerke Frankreichs zu fahren, zum Mont Saint Michel. Es war eine wunderschöne Fahrt, zum Teil am Meer entlang und dann durch das Landesinnere zum alten Kloster. Sie schauten sich alles an, genossen den weiten Blick aufs Meer, aßen mit mehr oder weniger grossem Genuss die Spezialität der Madame Poulard, ein sehr schaumiges Omelett, und übernachteten in einem kleinen alten Hotel auf diesem traditionsreichen Flecken Erde.
Auf der Heimfahrt freuten sich alle über das schöne Wetter und daß sie am Abend Zuhause die gute Hühnersuppe essen wollten, die die Hausfrau schon vorbereitet im Kühlschrank stehen hatte. Daß er den Strom im ganzen Haus abgestellt hatte, erwähnte der Hausherr nur so nebenbei. Doch nach dem entsetzten Aufschrei der Damen wurde allen schnell klar, daß das ein Fehler gewesen war. Die Suppe würde eindeutig nicht mehr zu geniessen sein. Auch andere Sachen im Kühlschrank würden in den Mülleimer wandern müssen. Doch die Hausfrau beruhigte alle, der Müll würde doch heute entsorgt.
Und tatsächlich kaum waren sie im Haus, kam schon der Müllwagen. Alles zusammenpacken und vors Haus stellen war eins und man wollte sich gerade zu einem Glas Wein niederlassen, da kam der zweite Aufschrei der Hausfrau, die Hühnersuppe. Diese kam in eine Plastiktüte. Doch bei einem Blick aus dem ebenerdigen Küchenfenster sahen alle, daß der Müllwagen gerade langsam vorbeifuhr. Alles rufen half nichts, er fuhr unbeirrt weiter. „Was heißt hier ist noch Müll“, wollte der Gast wissen. „Ici ordures“, war alles was er verstand. Das war für einen nicht französisch sprechenden entschieden zu schwer. Da half nur eins, die Tüte packen, ein Satz durch das Fenster und hinterherrennen. Nach einem Spurt hatte er den Wagen erreicht und warf die Tüte mit der Hühnersuppe in einem hohen Bogen in den Müllwagen. Er sah noch wie die Tüte platzte, aber die Suppe war entsorgt.