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Eileen und der Hoppitz

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22.12.2002
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Eileen und der Hoppitz

Eileen war sehr stolz, daß sie Enno schon alleine ausführen durfte. Enno war der Schäferhund ihrer Tante, und ein Schäferhund ist für ein achtjähriges Mädchen ein ziemlich großes Tier. Jetzt, in den großen Ferien, ging sie mit ihm zweimal in der Woche im Wandse-Tal spazieren. Dort nahm sie ihm die Leine ab und ließ ihn im Gebüsch den Kaninchen nachstöbern. Wenn er genug hatte, kam er zurück, und sie gingen weiter.
Einmal aber kam er nicht aus den Büschen zurück. Eileen wartete und rief und wartete und rief wieder und wartete noch länger; schließlich wurde es ihr zu dumm, und sie kroch ins Gebüsch, um Enno zu suchen.
Als sie ihn endlich fand, traute sie ihren Augen nicht. Enno stand vor einem großen Erdhaufen, der ihr bisher wegen der Büsche rundherum nicht aufgefallen war. Und mitten in diesem Erdhaufen war eine kleine, hölzerne Tür. Auch ein rundes Fenster gab es.
Aus dem Fenster drang ein jämmerliches Gewimmer.
Schüchtern klopfte Eileen an die Tür. Beim ersten und zweiten Mal passierte nichts. Nach dem dritten Klopfen öffnete endlich jemand die Tür – aber nur einen Spalt weit.
Ein putziges Männchen blickte durch den Spalt und fragte ängstlich: „Gehört das schreckliche Monster zu dir?“ Dabei deutete das Männchen auf Enno.
Der Schäferhund kam auch gleich näher, um an der Tür zu schnüffeln.
Als Eileen merkte, daß das Männchen große Angst vor Enno hatte, rief sie: „Aus, Enno! Platz!“
Der Hund gehorchte und legte sich still auf den Boden.
Eileen sagte: „Enno ist doch kein schreckliches Monster. Nur ein Schäferhund.“
„So?“ fragte das Männchen. Nach einem Augenblick öffnete es die Tür ganz und bat Eileen herein.
Eileen bückte sich etwas und trat durch die Tür in eine geräumige Höhle. Jetzt sah sie das Männchen etwas genauer an. Es trug eine grüne Hose und ein gelbes Hemd. Es war barfuß, und auf den Füßen wuchs dasselbe zottelige, braune Haar wie auf dem Kopf!
„Jetzt weiß ich’s!“ rief sie plötzlich. „Du bist ein Hoppitz, nicht?“
Eileens Papa hatte nämlich Bücher, in denen genau solche Männchen abgebildet waren. Die hießen Hoppitze – oder so ähnlich.
Das Männchen überlegte einen Moment, dann sagte es: „Hoppitz? Hm, das ist zwar ungewöhnlich – aber es gefällt mir. Und wie heißt du?“
„Eileen“, antwortete Eileen.
Der Hoppitz überlegte noch einmal einen Moment, dann begann er zu singen:

„An einem schönen Sommertag,
die Sonne in die Höhle schien,
da traf ein Hoppitz einen Mensch,
der war recht klein und hieß Eileen.
Ein Monstertier war auch dabei,
das hatte einen großen Mund.
Eileen jedoch sprach: Hab’ nur Mut,
das Tier ist bloß ein zahmer Hund.“

Der Hoppitz bat Eileen, ihm beim Essen Gesellschaft zu leisten. Sie setzten sich an den Tisch und bedienten sich aus einer großen Obstschale.
Nach dem Essen, als der Hoppitz ein Bier und Eileen einen Apfelsaft tranken, begann der Hoppitz plötzlich wieder zu singen. Es war das Lied von vorhin, aber es gab eine dritte Strophe:

„Man nahm sofort ein Gastmahl ein,
mit Früchten aus des Hoppitz’ Garten.
Es schmeckte wirklich sehr, sehr gut –
der Hund, der mußte draußen warten.“

Das Lied gefiel Eileen. Zusammen mit dem Hoppitz sang sie es noch ein paar Mal, um es zu lernen.
Schließlich verabschiedete sie sich, denn Enno fing schon an, ungeduldig zu bellen. Sie versprach aber, bald wieder zu Besuch zu kommen; der Hoppitz hatte nämlich nur selten Gäste.
Als sie wieder zu Hause war, wollte ihr niemand glauben, daß sie einen Hoppitz getroffen hatte. Doch sie hatte ja einen Beweis: das Lied, das sie vom Hoppitz gelernt hatte!
Als sie das sang, mußten ihr wohl alle glauben. Und sie staunten nicht schlecht!

 

Hallo Roy Spitzke,
ich habe deine Geschichte gern gelesen. Ich konnte mir gut den kleinen Hoppitz vorstellen,wie er der kleinen Eileen was vor singt.
War mal eine ganz andere Geschichte.
Mercedes :)

 

Hallo Roy!

ganz nette, phanatsievolle Geschihte, lebendig erzählt. Trotzdme hat sie mir nicht so viel Spaß gemacht, wie die anderen Kidnergeschichten von Dir, auch wenn ich Dir leider nicht sagen kann, wieso...denn sprachlich ist sie wie immer absolut in Ordunng... villeicht bin ich heute aber auch nur seltsam drauf ;)

liebe Grüße
Anne

 

Hallo Mercedes,

schön, daß es Dir gefallen hat.

War mal eine ganz andere Geschichte.
Das nehme ich als Lob ;-) Vielen Dank!

Hallo Anne,

danke auch für Deine positiven Worte. Daß sie Dir nicht so gut gefallen hat wie die eine oder andere von meinen früheren (und hoffentlich auch späteren :-) ) Geschichten, liegt wahrscheinlich schon am Text. Er ist ja deutlich kürzer als die anderen, und er enthält recht wenig Handlung, insbesondere fehlt der Konflikt, so daß sich die Spannung in Grenzen hält.

Ich habe auch eine Weile überlegt, ob ich die Erzählung posten soll, aber auf irgendeine Weise gefällt sie mir eben - und meinen Kindern auch. Außerdem weißt Du ja schon, daß ich gerne mal ein bißchen experimentiere, um mir etwas mehr stilistischen Spielraum zu verschaffen.

Ich freu' mich auf München und Ingolstadt :-)

Schöne Grüße
Roy

 

Hallo Roy!
Eine nette Geschichte. Süß und auch gewohnt gut geschrieben.
Aber mir geht es wie mausi, ich kann nicht genau sagen, wieso mir die Geschichte nicht so gut gefällt, wie deine anderen.
Wahrscheinlich liegt es, wie du schon sagtest, daran, dass ein Konflikt fehlt, den man ja sonst meist bei dir gewohnt ist ;)

Sprachlich wie gewohnt, auch von mausi angesprochen, einwandfrei, sehr kindgerecht geschrieben. Nichs Neues ;)

Ich freu mich auf mehr Geschichetn :D
Schreib! Schreib! Schreib! *anfeuer* :D *kicher*

bis dann

bye und tschö

 

Hallo Sarah,

danke fürs Lesen auch an Dich! Und fürs Anfeuern :-)

Die Geschichte, an der ich in Göttingen geschrieben habe, ist inzwischen auch fertig (ich glaube, die wird Euch wieder richtig gut gefallen), aber mit dem Posten warte ich noch ein bißchen - ich brauch' ja auch immer eine unveröffentlichte Reserve, um vielleicht mal einen Verleger zu ködern ;-)

Schöne Grüße
Roy

 

Hallo Roy,

Deine Geschichte habe ich schon vor einiger Zeit gelesen. Immer wieder wollte ich Dir dazu etwas schreiben – immer wieder kam mir etwas dazwischen. Nun endlich komme ich dazu, einige meiner Gedanken festzuhalten.
Vermutlich wirst Du nicht allzu überrascht sein, wenn ich Dir sage, dass diese Geschichte auch mir lange nicht so gut gefallen hat, wie viele andere Deiner Kurzgeschichten.
Doch zuerst will ich das aufschreiben, was mir wirklich gut gefiel. Das ist zum einen die niedliche Verballhornung des Wortes „Hobbits“ und die Idee, Eileen eines der tolkienschen Fabelwesen treffen zu lassen, und zum anderen das Lied/Gedicht, welches das Mädchen als unwiderlegbaren Beweis ihrer wundersamen Begegnung mit nach Hause bringt. Über diesen „Beweis“ musste ich sehr lachen. :)
Eine kleine Bemerkung zu dem Gedicht: Es ist Dir gut gelungen, keine Ausrutscher und Holperer in der Satzmelodie! Es lässt sich flüssig lesen und ich kann es mir gesungen (nach einer schlichten Kindermelodie) gut vorstellen. Einzig die Stelle, „da traf ein Hoppitz einen Mensch, der...“ stört mich etwas, da ich immer sagen würde „einen Menschen“ – was natürlich zu einem Konflikt mit Deinem Versrhythmus führen würde. Hier würde ich, wenn ich etwas vorschlagen darf, schreiben: „da traf ein Hoppitz einst ein Kind, das..“.

Nun noch ein paar Bemerkungen zu der Handlung Deiner Geschichte. Das Thema „Kind trifft kleines „Fabelwesen“ in einer besonderen Behausung“ ist ganz sicher etwas, das kleine Mädchen und Jungen fasziniert. Allerdings ist es nicht mehr besonders originell. Viele Schriftsteller und Dichter haben es bereits ausführlich behandelt und ausgeschmückt. Ich nenne hier nur stellvertretend Astrid Lindgren („Peter und Petra“, "Nils Carlson Däumeling") und Roy Spitzke („Ein Tag bei den Mikrosauriern“).
Versteh mich nicht falsch, ich bin davon überzeugt, dass auch die Behandlung eines schon oft bearbeiteten Themas durchaus reizvoll und interessant sein kann, wenn in der Geschichte etwas Aufregendes, Spannendes, Lustiges oder Originelles passiert. Und genau das fehlt leider bei „Eileen und der Hoppitz“.
Ich erzählte meinen Kindern früher Geschichten von einem Wichtel, der in einer Wurzelwohnung am Fuße eines großen Baumes lebte. Diese Geschichten wurden nicht zuletzt deshalb so geliebt, weil die Kinder sie während des Erzählens mitgestalten und mitverändern konnten. („Hatte der Wichtel eigentlich einen Schaukelstuhl, Mama?“ – „Ich weiß nicht – was meinst denn Du?“ – „Er muss einen Schaukelstuhl haben! So einen, wie Oma und Opa.“ Und schon besaß der Wichtel einen Schaukelstuhl.)
Deine Geschichte hat ein bisschen etwas von solchen Gute-Nacht-Geschichten, die in Zusammenarbeit mit den lauschenden Kinder entstehen, wachsen und sich verändern – so empfinde ich das zumindest.
Wenn ich allerdings Kindern eine fertige Geschichte vorlesen möchte, dann würde ich andere Deiner Geschichten wählen, „Eileen und der Hoppitz“ jedoch nicht.

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo Barbara,

vielen Dank für Deine Anmerkungen. Ich freue mich, daß Dir das eine oder andere an der Geschichte gefallen hat. Da ich Deine Limericks kenne, hatte ich darauf gehofft, daß Du das Gedicht magst - und gleichzeitig beinahe erwartet, daß Dir die Stelle mit dem "Mensch" auffallen würde :-) Allerdings glaube ich, daß das umgangssprachlich schon in Ordnung geht; vielleicht habe ich mich auch nur daran gewöhnt, da es natürlich keine ganz neue Erzählung ist.

Nett finde ich auch, daß Du den Hobbit als solchen erkannt hast; ich kam schon ins Grübeln, weil das bisher noch niemand erwähnt hatte.

Erstaunlich, daß Du "Peter und Petra" ansprichst; ich glaube, wir haben das in der Grundschule gelesen, und ich selbst hatte seit meinen frühesten Kindergeschichten das Gefühl, daß mein Schreibstil davon beeinflußt sei.

Ohne den "Hoppitz" verteidigen zu wollen (na ja, vielleicht ein klein wenig): Ich bin manchmal im Zweifel, ob meine Texte sich nicht zu sehr an Erwachsene richten. Gerade hier auf kg.de bekommt man ja selten Resonanz von kleinen Kindern, höchstens mal indirekt - von daher käme es mit dem Vorlesen möglicherweise doch mal auf einen Versuch an. Du schreibst ja selbst:

sicher etwas, das kleine Mädchen und Jungen fasziniert

Also: Sicher nicht der große Wurf, aber wenn es ein paar Kindern Spaß macht, bin ich schon zufrieden...

Schöne Grüße
Roy

 

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