Hallo erinnye,
ich mag solche Miniaturen und ich mag Mythisches, besonders die Schöpfungs- und Paradieserzählung hat es mir angetan. Im Gegensatz zu anderen im Forum finde ich auch nicht, dass es grundsätzlich pfui ist, aus Tiersicht zu schreiben, zumal das hier ja eindeutig stilisiert ist. Ich bin Dein ideales Publikum
Aber so richtig hat mich das trotzdem nicht überzeugt. Einmal ist mir die Sprache zu unpräzise. Ich finde immer, je kürzer ein Text, desto mehr muss man jedes Wort auf die Goldwaage legen, auf Klang und Rhythmus achten. Gerade so ein mythisches Erzählen hat ja seine ganz eigene Ästhetik. Das fehlt mir hier. Du machst zu viele Worte.
Bevor Eden I gemacht und produziert, erschaffen und generiert wurde, war die Welt eine andere, denn sie wurde nicht gemacht, sondern geboren, und wie alles, was geboren wird, war sie nicht dem Willen eines Erzeugers untertan.
Diese Anhäufung von Verben tut dem Text nicht gut. Was sind das auch für hässliche Dinger. Die kommen doch aus ganz verschiedenen Schubladen "schöpfen" vs. "produzieren" und dann landest Du beim nichtssagensten "machen". Also ich versteh ja den Gedanken, dieses demiurgische artificium aus niederem Werkstoff gegen das eigentlich göttliche Gebären. Aber an der Sprache muss was getan werden, damit das auch klingt und wirkt.
An ihrer Frisierkommode sitzend fuhr sie mit den Fingerspitzen träumerisch über die glänzenden Schuppen meiner abgelegten Häute, den Zeichen der Unsterblichkeit.
Da ist auch der letzte Halbsatz schief. Das müsste doch Genitiv sein. Oder Akkusativ, aber dann wären die Schuppen die Zeichen der Unsterblichkeit. Den Symbolismus versteh ich auch nicht so ganz. Häutung ist doch spezifischer als schnöde Unsterblichkeit. Das ist mehr so Dauer durch Wandel.
Als die Menschen die Frucht der Erkenntnis gegessen hatten, erkannten sie das Böse, und rachsüchtig vertrieben sie sich gegenseitig aus Eden I.
Das ist mir neu, dass die sich gegenseitig vertreiben.
Das Herrschen und untertan Machen
"das Untertan-Machen" wenn schon. Ist aber ein äußerst hässliches Wort. "unterwerfen" wär da schon besser, auch wenn es keine Schönheitskönigin ist. Aber ich sehe schon, dass es irgendwie auf das "Machen" ankommt. Nur find ich das ästhetisch und inhaltlich zu blass, um den Text so zu tragen.
Auf dem Bauch kriechend raschle ich durch Steppengras und Mangrovensümpfe
Partizipien haben keinen mythischen Klang. Es ist auch alles etwas doppelt gemoppelt. Es würde reichen, wenn die Schlange kriecht (worauf sonst als auf dem Bauch, wenn man das so nennen will?) oder raschelt.
meine Kinder und Kindeskinder spielen in verstaubten Barbiehäusern und züngeln an schimmelbepilzten Playmobilburgen.
Das ist mir zu sprachspielerisch und die Schlangen benehmen sich zu menschlich für meinen Geschmack, womit wir schon beim Thema Inhalt wären. Was kennzeichnet hier das Denken und Sprechen als schlängisch, auch wenn das ein Kunstprodukt sein wird? Worin unterscheiden sich Schlangen von den Menschen?
Wir freuen uns an Extremen, die Erde ist uns untertan, kein Fuß tritt auf uns.
Das denkt doch gerade in den kritisierten Menschenkategorien von Herrschaft. Das ist doch inkonsequent. Ich glaub man müsste sich da schon ein bisschen mehr Mühe geben, eine ganz andere Denkweise, ein ganz anderes Wertesystem zu erfinden.
Es ist auch so ein bisschen unlogisch. Es geht ja auch so ein bisschen um die menschliche Arroganz Krone der Schöpfung sein zu wollen, dann sich selbst und die Erde zu zerstören und haha! die Schlangen bleiben übrig. Aber was tut die Schlange dann? Sie hat immer noch nichts besseres zu tun, als sich über den Menschen Gedanken zu machen, obwohl der weg ist. Es geht nicht um sie, es geht selbst in seiner Abwesenheit noch um ihn. Das nenn ich mal anthropozentrisch! Und damit untergräbt der Text dann seine Perspektive und damit auch sich selbst. Weil die Schlange da noch immer Wurm unterm Menschen ist.
aßen steiniges Brot, und in ihrer Allmacht produzierten sie Eden II, jetzt sind sie Gott, zu Staub vergangen wehen sie über Wüstenhügel.
Das "steinige Brot" hat Klang. Davon muss mehr in den Text. Und inhaltlich find ich diese Schleife schön, dass sie sich selbst zu Gott gemacht haben. Ich frag mich nur, wie weit diese Parallele trägt, denn man erfährt ja nicht, ob dieser Wüstendemiurg sich im Schöpfungsakt auch zerstört hat. Und Eden II hat ja auch nur oberflächliche Gemeinsamkeit mit Eden I. Wo ist die Mauer? Wo ist die lebendige Schöpfung?
Also, interessanter Ansatz, aber gerade bei solchen Sachen muss jedes Oberflächendetail sitzen, und da muss auch die "Botschaft" tragfähig sein. "Die Menschen zerstören sich selbst mit ihrer Herrschsucht" - das ist halt son bisschen, jo, hat man schon mal gehört glaub ich. Ich glaub echt, es ist einfacher, sich zunächst mal an kleineren Themen und einfacheren Perspektivträgern zu üben. Einfach ein bisschen bescheidener anzufangen und das gut zu machen.
lg,
fiz