Dumme Kuh
Als ich klein war, nahm man mich meiner Mutter weg. Keiner von uns beiden verstand wieso. Sie kamen am hellichten Tage, packten meine Mutter bei den Schultern und zogen mich von ihr weg. Sie brüllte und trat um sich, doch sie hatte keine Chance. Zuerst war ich viel zu verschreckt um etwas zu unternehmen, ich wusste nicht, wie mir geschah. Als ich endlich begann mich zu wehren, schlugen sie mich. Tränen schossen mir in die Augen und auch meine Mutter weinte und schrie. Ein letztes Mal hörte ich ihre Stimme. Dann schlugen sie die Tür hinter mir zu. Ich sah meine Mutter nie wieder.
Sie verbanden mir die Augen, damit ich nicht auf die Idee kam zu fliehen. Für wenige Augenblicke spürte ich einen warmen Sonnenstrahl auf meinem Gesicht. Es roch nach Freiheit.
Dann betraten wir ein Gebäude und er Duft verschwand augenblicklich. Urplötzlich stach mir der Gestank nach Schweiß und Fäkalien in die Nase. Der Geruch der Angst.
Die Männer stießen mich grob in einen durch Gitterstäbe abgetrennten Raum. Als sie mir die Augenbinde abnahmen, starrten mich drei weitere Augenpaare an. Die nackte Angst spiegelte sich in den Gesichtern der Anderen wieder.
Es war eng und beinahe unmöglich sich des nachts hinzulegen. Auch am Tage konnten wir uns kaum bewegen. Beine und Rücken taten mir weh und ständig scheuerte ich mir Schultern und Knie auf.
Manchmal ließen sie uns heraus aus unserem Gefängnis. Versuchte ich um Hilfe zu rufen wurde ich geschlagen, manche der Männer gingen sogar mit Messern auf mich los. Einmal versuchte jemand von uns zu fliehen. Man brachte sie weg von uns und wir sahen sie nie wieder.
Wenn wir draußen waren wurden wir meistens verprügelt. Oft taten sie uns noch viel schlimmere Dinge an.
Irgendwann wurde ich schwanger. Ich wollte das Kind nicht, ich wollte nicht, dass es in dieser Hölle aufwächst. Als es soweit war, gaben sie mir einen eigenen Raum. Er war sauber und ordentlich.
Ich wollte dieses Ding in meinem Bauch nicht, ich wehrte mich dagegen. Doch als sie es entbunden hatten und es zum ersten Mal trank, verliebte ich mich in dieses kleine Geschöpf mit den großen, dunklen Augen.
Dann nahmen sie mir mein Kind weg. Ich hatte ihm noch nicht einmal einen Namen gegeben.
Sie packten mich bei den Schultern und zogen es von mir weg. Ich brüllte und trat um mich, doch ich hatte keine Chance. Sie schlugen mein Baby und ich weinte und schrie. Dann schlugen sie die Tür hinter ihm zu.
Ich brach zusammen.
Erneut kam ich in einen anderen Raum. Sie schlossen mich an eine große Maschine an. Es tat furchtbar weh, als sie mir meine Milch nahmen. Die Milch, die für mein Kind gedacht war. Dumme Kuh nannten sie mich.
Ich bin eine Kuh. Doch bin ich dumm?
Ihr seid nicht in der Lage mich zu verstehen, ihr wollt meine Schreie nicht hören.
Doch ich habe Gefühle und auch ich habe Rechte, die ihr mir nehmt, weil ihr zu dumm seid, mir zuzuhören.
Aber ich bin die Dumme. Denn ich bin ja nur eine Kuh.