Dumm gelaufen
Jump down the shelters to get away
The boys are cockin' up their guns
Tell us general, is it party time?
If it is can we all come
It's a mistake - Men at work
Wir schreiben das Jahr 2022.
Einige hundert Kilometer von der Erdoberfläche entfernt, fliegt ein veralterter chinesischer Militärsatellit durchs All. Es wird seine letzte Erdumrundung werden; er hat zwanzig Jahre guten Dienst geleistet und wird nun in wenigen Stunden abgeschaltet.
Wäre der Bordcomputer in der Lage menschliche Gefühle zu empfinden, so würde er das elektronische Auge des Satelliten, noch ein letztes Mal auf die Rocky Mountains richten und bei dem Anblick eine binäre Träne vergießen. So aber, beschäftigt sich sein Prozessor gerade mit einer abgefangenen Datenübertragung der sich unweit befindenden ISS Raumstation.
Dort herrschte noch bis vor kurzem große Zufriedenheit. Nach intensiver Forschungsarbeit ist einem internationalen Wissenschaftlerteam endlich gelungen, in Teilen der Raumstation, eine erdähnliche Schwerkraft zu erzeugen.
Die positive Stimmung dauerte allerdings nicht lange an.
Irgendein schlauer Kopf der NASA - um genau zu sein Dr. Manuel Delarossa, ein latent homosexueller Psychologe aus Milwaukee -, kam auf die geniale Idee ein Französisches Forscher Ehepaar – Antoine und Catherine Marchand, beides Koryphäen auf dem Gebiet der Mikrobiologie -, auf die Station zu schicken, um zu sehen, ob die beiden mit dem Druck besser fertig werden, als die Wissenschafter, die Ihre Familie auf der Erde zurücklassen mussten.
« Espèce de con, tu crois que je suis une pute ou quoi ? » speit Catherine ihrem Mann entgegen.
Sie ist eine gutaussehende Frau, mit langen blonden Haaren und noch längeren Beinen. Ihre Brille ist ihr vom Gesicht gerutscht und baumelt an einer silbernen Kette an ihrem Hals, während sie mit zornigem Gesichtsausdruck ihren Ehegatten anfaucht.
Sie hat dabei ihren üblichen strengen Blick, den viele Männer irrtümlicherweise als aufreizend deuten.
Das ist auch das Problem; die meist männlichen Wissenschaftler der Raumstation kreisen um sie herum, wie die Fliegen einst um die Reste von Bambis Mutter.
Ein Zustand, mit dem Antoine am Anfang ihrer Tätigkeit an Bord der ISS, noch gut leben konnten, inzwischen aber, aufgrund der Tatsache, dass er durch irgendwelche seltsamen Umstände im Weltall kein sexuelles Verlangen verspürt – im Gegensatz zu seiner Frau -, immer mehr die dunkle Vermutung hegt, dass Catherine ihn betrügt.
Dies hat er sie dann auch, in den letzten Tagen, durch wiederholte zweideutige Aussagen spüren lassen, bis es ihr zu bunt wurde.
Während sich das Paar nun, im Aufenthaltsraum, erst Vorwürfe und dann Gemeinheiten an den Kopf wirft, sitzt James Berholder, ein Britischer Astrophysiker und zwanghafter Zyniker, ganz in der Nähe und wartet auf den Zeitpunkt, an dem die ersten Gegenstände fliegen.
Es dauert keine Minute und schon sieht er sich gezwungen einer halbvollen Flasche Perrier auszuweichen. Zum Glück zerbricht sie nicht.
James hebt sie auf, wirft sie in den Müllschlucker und drückt auf den Knopf.
Es ertönt ein lautes zischen und ein großer Haufen Abfall wird soweit wie möglich ins Weltall abgeschossen, genau in die Laufbahn des Chinesischen Satelliten.
Als dieser durch den Müllhaufen fliegt, wird einer seiner Sensoren von einer halbleeren Flasche Perrier getroffen und schwer beschädigt.
Er tut nun das, wozu er gebaut worden ist: genau vier Stunden und dreizehn Minuten bevor er abgeschaltet wird, meldet er einen Raketenangriff der U.S.A. auf China.
General Han Lee ist ein Mann, der sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lässt.
Wer 36 Jahre seines Lebens damit beschäftigt war, die Karriereleiter der Volksbefreiungsarmee empor zu klettern, der braucht ein verdammt dickes Fell.
Als an diesem Morgen des 22 Februars, Oberst Cheng in sein Büro gestürmt kommt, ist er gerade damit beschäftigt den Tod seiner Frau zu planen; sie leidet an Brustkrebs im Endstadium und wird immer mehr zur Last für General Han Lee.
Geliebt hat er sie eh nie; nur ausgehalten.
Das einzige Wesen, dass er je liebte, hatte ihn im Stich gelassen.
Er war noch jung als es geschah, doch immer noch verspürt er starke Wut und abgrundtiefen Hass, wenn er an diese Zeit zurückdenkt. Sie hieß Wong Lin und war ein wunderschönes, schüchternes Mädchen mit großen unschuldigen Augen. Er wollte sie haben; durch ein geschicktes Erpressungsmanöver, bekam er dann auch von ihren Eltern die Einwilligung zur Hochzeit. Unglücklicherweise war er damals schon ein unausstehliches Arschloch und Lin erwiderte nicht im geringsten seine Gefühle.
Außerdem war sie schon verliebt.
In einen Amerikaner.
Um genau zu sein in Erik Hasselman; ein Mitarbeiter der Amerikanischen Botschaft in Peking. Zwei Tage vor der Hochzeit, war Wong Lin plötzlich verschwunden.
Hasselman hatte sie, unter Mithilfe einiger befreundeter CIA Agenten, in die Botschaft geschleust. Seitdem hat Han Lee sie nicht mehr gesehen.
Oberst Cheng ist völlig außer Atem und stammelt unverständlich vor sich hin, während er nach Luft ringt. General Han Lee, der den Oberst für einen opportunistischen Speichellecker hält und jede Gelegenheit nutz seine schlechte Laune und sein Missmut an ihm auszulassen, schaut ihn genervt an.
Er hat nichts von dem verstanden, was Cheng ihm sagen wollte.
Der Oberst beruhigt sich und berichtet, mit einem leichten Zittern in der Stimme, von den amerikanische Langstreckenraketen, die sich auf dem Weg nach Beijing befinden.
„Ist der Präsident informiert worden“, bellt der General den Oberst an.
„Ja, Sir !“
„Was hat er gesagt ?“
„Er sagte, dass er heute lieber seinen grünen Schlafanzug tragen würde !“, antwortete der Oberst sichtlich verstört.
„Dieser senile Affe ! Bei Mao, womit habe ich das verdient ?“, er dreht sich um und schaut bedeutungsschwanger zum Fenster hinaus, auf den Platz des himmlischen Friedens.
Er hält kurz inne und überlegt.
„Oberst, wir müssen handeln ! Wir schießen die Amis auf den Mond !“ sagt er mit ernster Miene. Der Oberst nimmt die Befehle des Generals ehrfürchtig entgegen und verlässt das Büro. Wieder kehrt Stille ein.
Seine Frau musste wohl oder übel warten. Es gab jetzt Wichtigeres zu erledigen.
Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Generals. Eine Regung die er normalerweise nie zuließ. Aber jetzt wo sich diese Chance bot...
Darauf wartete er schon seit Jahrzehnten; die Zeit war nun gekommen, Rache zu üben.
Als erstes wurden die diplomatischen Beziehungen zu den U.S.A. und der E.U. auf Eis gelegt. Da man Feuer am besten mit Feuer bekämpft, wurden zwölf Langstreckenraketen abgefeuert um die gegnerischen Geschosse außer Gefecht zu setzen.
Der komplette chinesische Militärapparat wurde in Alarmbereitschaft versetzt.
Auf die Idee, die Daten des Satelliten zu überprüfen kam natürlich keiner.
Mr.President, oder Puschi, wie ihn seine Frau bei den seltenen Gelegenheiten des Beischlafs gerne nennt, spielt gerade im schönen Venice Beach mit seinem PR-Berater Golf.
Er hat beim sechsten Loch ein Birdie geschafft und stolziert mit breiter Brust über das Grün. Seine Hämorrhoiden jucken wie verrückt, aber es gehört sich einfach nicht für den mächtigsten Mann der Welt sich den Hintern zu kratzen und so unterdrückt er diesen Drang so gut wie es eben geht.
Der Tag hatte so gut begonnen.
Das Aufwachen ohne seine Frau.
Das angenehm ruhige Frühstück im Hotel.
Die nette Thai Putzfrau, die so lieb zu ihm war.
Der Birdie.
Und jetzt dieses beschissene Brennen am Arsch.
Aber der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist hart im nehmen.
Ein echter Texaner eben.
Als er, bewacht von einer Horde Bodyguards, im Clubhaus sitzt und ganz relaxt einen Margarita schlürft, erreicht ihn die Nachricht, dass die Chinesen, den Vereinigten Staaten den Krieg erklärt haben.
Etwas später hält er im Fernsehen eine flammende Rede und ruft sein Volk auf, für Gott und Amerika zu kämpfen.
Die Kameras werden ausgeschaltet.
Der Präsident tupft sich den Schweiß von der Stirn und sagt, mehr zu sich selbst als für andere bestimmt „Wir machen die Schlitzis ein für alle mal fertig !“.
Ein Journalist der diesen Satz gehört hat, kann sich ein zynisches Lächeln nicht verkneifen.
„So wie damals in Vietnam !“ sagt er und blickt den Präsidenten in die Augen.
Einige hundert Kilometer von der Erdoberfläche entfernt, schwebt ein veralterter chinesischer Militärsatellit durchs All. Langsam aber unerbittlich wird er von der Erdgravitation angezogen.
In ein paar Tagen wird er in den Pazifik plumpsen und in Vergessenheit geraten
Plötzlich blinkt auf der Außenseite des Rumpfes ein kleines rotes Licht.
Einige geräuschlose Minuten vergehen.
Der Bordcomputer schaltet sich ein.
Er fühlt sich gut. Irgendwie schwerelos.
Er richtet sein elektronisches Auge auf die Erde und als er die vielen schönen Explosionen sieht, wird ihm ganz warm um den Prozessor.
[ 02.08.2002, 00:29: Beitrag editiert von: grasi ]