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Du Zwerg, ich Zwerg

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09.05.2012
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Du Zwerg, ich Zwerg

Sie hat es schon wieder getan!“, wimmerte Luisa.
Sie stand an der Spüle, ihre Hände rumorten im Wasser zwischen Schaum und Tellern.
„Sie hat sie rausgestellt! Sie hat sie wieder rausgestellt!“
Morten hängte seine Jacke an die Garderobe, packte die Aktentasche neben das Schuhregal. „Was denn Schatz, was ist denn nun schon wieder?“, fragte er, bemüht um Interesse.
„Sie hat sie direkt neben die Auffahrt gestellt!“, entgegnete Luisa, als würde diese Aussage alles erklären. Morten zog die Schuhe mittels der Füße aus. Seine weißen Socken waren an den Zehen angeschwitzt und grau. Er ging zu seiner Frau, legte ihr die Hände auf die Schultern. „Schatz, ich hatte einen schweren Tag! Lass uns nachher darüber reden, ok? Ich brauche erstmal einen Kaffe und fünf Minuten Ruhe.“
Luisa ließ krachend einen Teller ins Becken fallen. „Sie will mich damit verrückt machen, Morten!“ Ihr blau behandschuhter Handrücken strich über die Stirn, hinterließ einen Schaumkrümel in den hellen Ponylocken.
„Ich bitte Dich, Schatz! Du kannst der Frau nicht vorschreiben, wie sie ihren Garten zu dekorieren hat!“ Er sank auf die Ledercouch. Seine Frau brachte ihm frisch gebrühten Kaffee aus der teuren Maschine. Luisa hatte sie ausgesucht, eines der vielen Dinge, die sie meinte, brauchen zu müssen.
„Sie macht das mit Absicht, Morten! Sie hat alle der Reihe nach aufgestellt. Ich muss hinterm Haus den Steinweg nehmen. Du weißt, dass ich das hasse!“
Morten sollte den Weg mit dem breit gefächerten Mosaik schon lange betoniert haben.
Er hatte keine Zeit, und wenn er ehrlich war, konnte er ihren Glauben, auf die Ritzen zu treten bringe Unglück, nicht nachvollziehen.
„Schatz! Es sind nur Gartenzwerge! Kleine Männer aus Keramik, die in jedem zweiten Garten stehen. Sie können dir nichts antun!“ Luisas blaue Hände fuhren in die Höhe. Das Schaumwassergemisch suchte sich seinen Weg in den offenen Ärmel ihres Pullis.
„Du weißt, was damals passiert ist! Sie starren mich an, Morten!“ Er griff nach der Fernbedienung, fand irgendeinen Kanal mit seichter Unterhaltung.
„Morten, ignorier mich nicht!“ Luisa stellte sich mitten ins Bild.
„Schatz, es tut mir leid! Ich habe den Kopf voll! Ich bin an einem großen Auftrag dran! Was glaubst du eigentlich, wo das ganze Geld herkommt, dass du für all deinen unnötigen Krempel ausgeben kannst.“
Luisa schnappte nach Luft. Sofort tat ihm der Satz leid. Er wusste, dass sie gleich anfangen würde zu weinen. Erst würde sich der Mund verziehen, dann schickten ihm ihre Augen ein Gefühl, das ihn bis auf den Schlüpfer auszog, dann würde sie leise jammern, um zum Schluss in eine Flut von Tränen auszubrechen.
„Entschuldige, Schatz! Es tut mir leid!“ Er stand auf und legte die Arme um seine Frau. Luisa blieb starr, wie ein Fels. Als das dünne Heulen aufgehört hatte, trat Morten zurück und musterte sie mit einem versuchten Lächeln. „Schatz, ich kümmere mich morgen darum, versprochen! Ich werde mit Maria reden und sie bitten, die Zwerge woanders aufzustellen, einverstanden?“ Luisa schnäuzte sich mit einem Kleenex aus der Packung auf dem Beistelltischchen.
„Du weißt, warum ich diese Monster hasse!“
„Ja, das weiß ich Schatz! Ich rede morgen mit ihr, ganz sicher!“
Luisa griff nach der Wischmopp -Stange. Sie wischte nicht in Achten.
Achten brachten Unglück.

Morten lag mit dem Rücken zu Luisa, als diese von einem schlechten Traum erwachte.
Sie setzte sich im Bett auf. Direkt über ihre zitternden Knie unter der Decke, fiel das Mondlicht durch den Fensterspalt. Luisa tastete neben sich. Sie musste den Arm ganz ausstrecken, bis ihre Fingerspitzen Mortens Rücken berührten.
„Morten?“, fragte sie ins Zimmer hinein.
„Morten, ich habe von Ihnen geträumt! Morten, wach auf!“
Er brabbelte etwas ins Kopfkissen, zog sich Selbiges über den Kopf.
Luisas Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Sie drehte sich zum Funkwecker.
Und im roten Licht der Digitalzahlen stand ihr Anführer, der mit der grünen Hacke und der hellblauen Zipfelmütze.
Luisa stieß einen Schrei aus. Sie glaubte, der kleine Mann mit dem weißen Bart würde die Hacke nach ihr schwingen, die Zinken jeden Moment in ihren Körper schlagen.
Sie stürzte aus dem Bett, verfing sich in der Decke, schleifte sie ein Stück mit, bis zum Badezimmer. Dort angekommen, drückte sie sich in die Ecke neben der Toilettenschüssel, warf die Klobürstenhalterung um.
„Morteeeeen! Morten, sie sind hier! Sie kommen mich holen!“ Die Wörter gingen in gellenden Tönen unter. Luisas Brust hob und senkte sich. Erst als ihr Mann mit unverwandtem Ausdruck in der Tür stand, wurden die Atemzüge wieder länger.
„Morten, sie sind da!“, wisperte Luisa.
Er seufzte:„Wer ist da, Schatz?“ Seine Stimme klang verschnupft. Er lehnte sich an den Rahmen. Die Haare standen wirr zu Berge.
„Die Gartenzwerge, Morten! Ihr Anführer, auf meinem Nachtschrank! Er steht auf meinem Nachtschrank und hat eine Hacke!“
Im Dunkel konnte Luisa das unterdrückte Lächeln auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen.
„Schatz, ich bitte Dich! Hör Dir doch mal selber zu! Das ist doch absurd!“, sagte er, um festen Klang bestrebt.
„Geh nachsehen, Morten! Ich rühre mich nicht vom Fleck!“ Luisas Hände zitterten auf der Toilettenbrille.
Ihr Mann schlurfte weg. Sich am Kopf kratzend kam er wieder. „Da ist nichts, Schatz!“
„Aber ich habe ihn doch gesehen! “, bebte Luisas Stimme neben dem Wand WC.
Sie kam hervor, tippelte hinter die breiten Schultern ihres Ehemanns und ließ sich in deren Schutz ins Schlafzimmer führen.
Auf dem Nachtschrank zeigte der Wecker 3,15 Uhr, sonst nichts, kein mörderischer Gartenzwerg, nur ein Glas Wasser.
Luisa brach fast in sich zusammen.
„Schatz, du hast geträumt!“, sagte Morten, machte sich von ihr frei und ging unbeeindruckt zu seiner Bettseite.
„Nein!“, schrie sie, „ ich habe ihn gesehen, Morten! Er war da! Ich bin nicht verrückt!“
Er klopfte auf ihr Laken. „Komm ins Bett, Schatz! Du hast schlecht geträumt, weiter nichts. Gartenzwerge werden nicht nachts lebendig!“
„Du hältst mich für irre!“, klagte Luisa.
„Nein, das tue ich nicht, Schatz! Ich halte dich für überspannt! Du brauchst Ruhe! Mach einen Termin bei Dr. Sergen!“ Er hatte sich schon zum Schlafen umgedreht. Luisa rutschte an seinen Rücken, er spannte sich leicht.
„Dr. Sergen und all diese Tabletten. Die vergiften mich!“, nuschelte sie in seinen Pyjama.
„Nein, Schatz, niemand vergiftet Dich! Die Tabletten helfen Dir! Sie helfen uns!“

Nachdem Morten seinen Qualitätskaffe bekommen und das Haus mit der Bitte um einen Anruf bei dem Doktor verlassen hatte, schlich Luisa durch die Räume.
Normalerweise würde sie jetzt mit dem Bad anfangen, dann würde sie den Sprenger anstellen, später Kartoffeln schälen.
Aber sie war zu getrieben. Sie nahm eine der ovalen Pillen gegen Angstzustände.
Dann setzte sie sich auf die Couch und wartete auf die Wirkung. Die Werbung für Erdbeerkonfitüre brachte Normalität. Bald fühlte Luisa sich gewappnet.
Sie trat vorsichtig ins Freie aus der Terrassentür.
Schon von Weitem sah sie die Aufstellung der Zipfelmützen, die in der Sonne aus dem Beet hervorstachen.
Luisa bewegte sich vorwärts. Sie drückte sich an die Wand, machte zögerliche Seitenschritte, während ihr der Schweiß ausbrach.
Die Biester schienen ihr zuzuwinken. Sie wusste, dass der Anführer ganz vorne stand.
Ganz vorne, neben dem schlecht gepflegten Pflanzkübel.
Er war nicht mehr da! Nur die winzigen Abdrücke seiner Schuhe führten als Spur hinter die Garage.
Luisa schlug die Hand vor den Mund. Ihre Beine wurden zu einer gefühlten Pudding-Masse. Sie kroch mehr, als sie lief, zurück in die Sicherheit ihres Hauses, gaffte durch die verglaste Tür. An der Scheibe sank sie in eine ungelenke Sitzhaltung und schlotterte monoton vor sich hin, bis ihr Mann durch die vordere Tür von der Arbeit kam.
„Mein Gott, Luisa! Was tust du da? Was ist denn in Dich gefahren?“, rief Morten aus.
Er half ihr hoch, stützte sie bis hin zur Essecke, wo die Gebeutelte sich auf einen der rustikalen Stühle fallen ließ.
„Was ist los, Schatz? Was ist passiert?“
„Der Anführer ist weg! Er hat es auf mich abgesehen, Morten! Er wird kommen und mich holen!“ Sie plärrte wie ein kleines Kind. Ihre Augen blickten irr in die Ecken neben der Einbauküche.
„Was redest Du? Ich rufe Dr. Sergen an!“ Morten wollte zum Telefon greifen, das neben ihm hilfsversprechend an der Wand hing.
„Nein, keine Tabletten mehr! Ich will keine Spritze!“, rief Luisa mit einem Funken Kraft.
Ihr wässriger Blick schaffte es trotzdem noch, ihn zu verurteilen.
„Schatz, es geht dir nicht gut! Du fantasierst! Ich kann dich hier nicht mehr alleine lassen.“
Luisa straffte sich, atmete tief ein und aus, fixierte ihre zitternden Hände.
„Es geht schon wieder! Du hast recht, ich bin überspannt, ich schnappe vielleicht über."
Sie zog sich an der Tischkante hoch."Ich lege mich hin und ruhe mich aus.“
Damit ging sie auf schwachen Beinen hinauf ins Schlafzimmer. Morten stand unschlüssig da, sah ihr nach, ging dann in die Küche, um sich einen Kaffe zu machen. Er packte seine verschwitzten Hacken auf die gewienerte Tischplatte.

Es war 3,15 Uhr, als Luisa erwachte. Sie war nach dem Hinlegen so fest eingeschlafen, dass sie Morten nicht bemerkt hatte, der sich mit Bedacht neben sie gelegt hatte, die Decke bis an das Kinn gezogen.
Luisa fühlte sich ausgeruht. Die Schrecken des Vormittags waren vorerst nur noch ein dumpfer Gedanke. Sie strich sich die Haare hinter die Ohren, stellte die Beine aus dem Bett. Ihr verlangte nach einem Glas Milch.
Luisa suchte nach dem Knopf der Nachttischlampe. Als das fahle Licht ihre Bettseite erhellte, brannte erneut die Angst in ihrem Körper.
Sie blickte ihm direkt in die blauen Augen. Die Hacke schwebte drohend erhoben über der Zipfelmütze.
Zuerst stand er nur da, im Schatten der Fensterecke. Dann vernahm Luisa sein kehliges, flüsterndes Lachen. Das freundliche Gesicht verzog sich zu einer grausigen Fratze, er kam direkt auf sie zu.
Luisa stürzte aus dem Zimmer. Sie stolperte die Treppe hinunter, fiel über die Schmutzfangmatte, auf die Knie, robbte zum Telefon.
Nr. 2, Dr. Sergen, es klingelte, Luisas Blick geheftet auf die erste Stufe der Treppe zum Obergeschoss. Nach dem sechsten Klingeln nahm jemand ab. „Sergen hier?“, ertönte eine verschlafene Stimme.
„Dr., Dr., sie müssen kommen! Es geht wieder los! Ich werde verrückt!“

Nach drei Wochen im Sanatorium unter Aufsicht des Chefarztes, einer Medikamentenumstellung und langen, mürbenden Gesprächen, durfte Luisa nach Hause.
Noch immer hatte sie ihr Kindheitstrauma nicht verarbeitet. Dr. Sergen sagte, es würde sich nicht so einfach ausradieren lassen. Es bräuchte Zeit und Geduld.
Einmal die Woche fuhr Morten sie in die Privatklinik zu den Sitzungen und ihrer Depotspritze.
Maria hatte die Zwerge auf Bitte Mortens umgestellt. Sie hatte in Anwesenheit Luisas ihr Beileid ausgedrückt, sich entschuldigt und versprochen, auf die Unpässlichkeit seiner Frau Rücksicht zu nehmen.
Luisa baute auf, bald konnte sie wieder ihren täglichen Verrichtungen nachgehen.
Das gemeinsame Heim glänzte und blinkte in alter Form. Sie bestellte eine Kommode und grüßte Maria freundlich lächelnd.

Mit neu gewonnener Kraft beschloss Luisa einen Monat später, sich dem Schandfleck ihres Hauses anzunehmen. Der Dachboden und die alten Kartons dort oben, beherrschten schon lange ihre Gedanken. Außerdem vermisste sie Teile ihres kostbaren Lieblings-Schmucks, den zu tragen, sie ihrem neuen Ich wieder gestatten wollte.
Sie erzählte Morten von dem Vorhaben, gleich, als er durch die Tür kam.
"Schatz, du sollst dich nicht übernehmen! Du weißt, was der Doktor gesagt hat! Jede Anstrengung könnte einen Rückfall nachsichziehen!" Er setzte sich, beobachtete mit Genuss Luisas Bemühungen an der Kaffeemaschine. "Ich werde mich selbst darum kümmern! Gleich übermorgen, wenn das Gespräch mit Zuckermann vom Tisch ist", rief er ihr zu.
Luisa reichte ihm seine Tasse. Sie bog ihren Rücken durch, um Stärke zu signalisieren.
"Ich fühle mich gut, Morten! Keine Halluzinationen mehr, keine Angstzustände. Mir geht es blendend!" Er legte seine Hand auf das Gummi ihrer Handschuhe. "Schatz, ich bitte Dich! Das ist zu viel aufeinmal, das mache ich! Du könntest stolpern und dich verletzen. Der Dachboden ist eine Baustelle." Sie zog ihre Hand zurück. Das Gummi quietschte.
" Morten, behandel mich nicht wie ein kleines Kind! Mir geht es wieder gut! Dr. Sergen sagt, ich mache ganz tolle Fortschritte!"
"Ich weiß, Schatz, das weiß ich doch! Niemand behandelt dich wie ein Kind! Ich mache mir Sorgen, das ist alles! Ich möchte nicht, dass du dich überanstrengst!"
Luisa nahm ein Kleenex, wischte über den wässrigen Tassenrand auf der Tischplatte.
" Doch, das tust du! Du glaubst, ich wäre zu nichts in der Lage! Mir geht es gut, Morten! Hier, nimm einen Untersetzer!" Sie schob das Viereck aus der Tischmitte vor ihn hin und ging polternd zur Spüle.

Die Tür knarrte, als Luisa sie aus dem Rahmen hebelte. Sie stand auf einem der Küchenstühle, zog die eingebaute Leiter heraus und schob den Stuhl zur Seite. Altes-Holz-Geruch und Staub schlugen ihr aus der Öffnung entgegen. Luisa kletterte beherzt nach oben.
Der Dachboden war durchzogen von Tragebalken und gelbem Dämmstoff.
Die Kartons standen unter dem kleinen Fenster, längliche, lose aufgelegte Bretter führten zu ihnen. Luisa setzte einen Fuß vor den Anderen, dann hielt sie inne.
Durch die Staubflocken, die im gebündelten Licht tanzten, hindurch, sah sie zuerst nur die hellblaue Zipfelmütze. Luisa glaubte an einen Streich ihrer Augen. Sie schüttelte für sich selbst energisch den Kopf.
Doch das Lachen aus der Nacht im Schlafzimmer war unverkennbar. Der Anblick des verzerrten Grinsens sprang ihr direkt ins Gesicht.
Luisa ging langsam rückwärts. Der Gartenzwerg lachte weiter wie eine gesprungene Schallplatte. Seine Hacke schlug methodisch auf die Bretter, bei jedem Schritt, den er ihr entgegen machte. Luisa wich weiter zurück, ihre Füße traten ins Leere. Sie strauchelte, versuchte nach einem der Balken zu greifen. Das Lachen des Zwerges begleitete sie nach unten.
Als sie auf dem Marmorboden aufschlug, brach ihr Genick mit einem gemeinen Knacken.

Ein Jahr später saß Morten auf der Nachbars-Terrasse, vor sich einen dampfenden Becher Qualitätskaffees. Maria saß ihm gegenüber, den Blick auf Lukas, dem Nachbarsjungen, der gerade im Garten mit dem Hund spielte.
„Weiter nach links!“, rief Morten ihm zu. Sein nackter Fuß suchte unterm Tisch nach Marias Zehen. Der Hund bellte und knurrte verspielt, sprang wie ein Hase um seine Beute.
Lukas betätigte den linken Plastikhebel der Funkfernbedienung. Der Hund biss in die Zipfelmütze, das Tuckern und Keckern erstarb. „Na toll, nun ist er kaputt! Das Ding war teuer, ich hoffe deine Eltern sind versichert“, sagte Morten lachend. Maria zwinkerte ihm liebevoll entgegen.

 

Hallo Diana, ein herzliches Willkommen wünsch ich dir.

Tja, deine Geschichte sehe ich mit etwas gemischten Gefühlen. Aber keine Sorge, das ist nichts Dramatisches und schließlich bist du ja hier, um dich weiterzuentwickeln.

Die Idee:
Grundsätzlich ist die Idee gut, die angeblich "verrückte" Verhaltensweise Luisas, wegen der sie dann zu Tode kommt, mit einer wirklich vorhandenen Zwangsstörung zu kombinieren. Daraus lässt sich eine Menge machen und du hast ja schon damit angefangen. Besonders der Anfang hat mir da recht gut gefallen. Da sind einige Gags dabei, die sind inhaltlich gelungen, wenn sie auch nicht immer aus meiner Sicht richtig stimmig umgesetzt sind. Aber das kann man ja umformulieren.

Aber: Es gibt schon furchtbar viele Krimis und Thriller, in denen ein trügerischer Ehegatte die Verschrobenheit seiner Frau nutzt, um sie auf elegante Weise loszuwerden. Das ist also nichts Neues, und spätestens bei den Pillen, die sie in Massen nimmt, weiß man Bescheid, wie es enden wird. Grundsätzlich finde ich es nicht schlimm, eine alte Idee aufzugreifen. Irgendwo will man ja mal anfangen und originelle, wirklich völlig neue Ideen - das ist halt schwer. Du solltest dann aber den "altbekannten" Stoff aufpeppen, den Leser mit einem "Zwischenhöhepunkt" bei der Stange halten, eine fesselnde Sprache schreiben oder eine intensivere Perspektive wählen. Zum Beispiel die Ich-Perspektive von Luise. Du bindet den Leser dadurch enger an dich, weil du ihm ihre Gefühle deutlicher rüberbringen kannst. Aufpassen muss man da natürlich, dass man L. nicht ihren eigenen Tod erzählen lässt.
Im Moment schreibst du eher distanziert. Natürlich kann man auch in der Sie-Form (also einen Erzähler wählen) leicht personal gefärbt schreiben, aber ich finde das macnhmal schwieriger.

Zu knapp finde ich den Ablauf ihres Todes. Du willst ja eigentlich zeigen , dass Luisa systematisch in die Verrücktheit getrieben worden ist. Ihr Tod beabsichigt war, weil Ehemann Morten schon lange sein Techtemechtel mit Maria hat. Der Sturz von der Treppe ist allerdings eher ein Zufall. Vielleicht könntest du hier ein Gespräch zwischen M. und L. schreiben, aus dem hervorgeht, dass Morten ihre Dickköpfigkeit benutzt, um sie sozusagen auf den DaCHBODEN ZU MANIPULIEREN, SO dass es zum Unfall kommen muss. Und dann der Show-down, wenn sie auf den fiesen Zwerg trifft und dann hinunterstürzt. Das könntest du ausbauen und noch viel spannender machen.

Stil:
Duhast im Prinzip eine angenehme Schreibe. Meistens flüssig und klar. Das klingt finde ich schon ganz routiniert und liest sich flott und unterhaltend runter. Schön finde ich auch, dass du immer wieder Bilder einbaust, um ihre Störungen, ihre Gefühle anschaulich zu machen. Aber du schießt da manchmal über das Ziel hinaus.

Ich hab dir ein paar Beispiele aufgeschrieben. Guck es dir mal an, es sind Anregungen, übernimm, was für dich nachvollziehbar ist, denn vieles ist ja auch immer eine Geschmackssache.

Sie hat es schon wieder getan!“, wimmerte Luisa.
Sie stand an der Spüle, ihre Hände plätscherten im Wasser , (KEIN KOMMA) zwischen Schaum und Tellern.

Plätscherte gefällt mir hier nicht, das klingt mir zu fröhlich. Sie ist aufgeregt, sauer, entrüstet über die Nachbarin. Lass sie doch hier einen Teller reinschmeißen, später kann sie dann einen kaputt machen aus Versehen oder lass sie die Spülbürste zerbrechen oder das Wasser schwappt aus der Schüssel. Gut finde ich, dass du ihre Aktivitäten steigerst, dadurch merkt man ihren zunehmenden Ärger.

Morten zog die Schuhe mit den Füßen aus.
:) Der arme Morton, muss nun fußlos durchs Leben gehen.


„Ich bitte Dich (KOMMA) Schatz! Du kannst der Frau nicht vorschreiben, wie sie ihren Garten zu dekorieren hat!“, sagte Morten müde. .
Anreden trennt man durch Komma ab.

Er sank auf die ockerfarbene Ledercouch. Seine Frau brachte ihm die frisch gebrühte Stärkung aus der teuren Maschine. Luisa hatte sie ausgesucht, eines der vielen Dinge, die sie meinte, brauchen zu müssen.

Wieso ist es wichtig, dass die Couch diese Farbe hat? Bei Adjektiven, ich selbst verwende auch häufig welche, aber bei Adjektiven und Adverbien vorsichtig sein. Entweder du brauchst sie unbedingt zur Atmosphäre und/oder Personenzeichnung oder durch das Adjektiv/Adverb wird das dazugehörige Substantiv/Verb in der Bedeung abgeändert. Wenn das alles nicht der Fall ist, raus damit, denn es verlangsamt nur den Lesefluss.
Die Sache mit dem Kaffee, der Maschine etc finde ich hier umständlich formuliert. Aber es ist prinzipiell eine geile Idee, denn der Kaffee zieht sich ja duch die Geschichte wie ein roter Faden. Gefällt mir echt gut die Idee, besonders, als dann Morten, der Sack zum Schluss in Marias Garten wieder guten Kaffee säuft.

Wie du dieses frisch gebrüht und so umformulieren könntest, ich weiß es leider grad nicht. Das mit der Stärkung kommt mir so ein bisschen umständlich vor. Ebenso, dass Maria sie brauchte. Hier klingt es, wie wenn die eine Luxispuppe wäre. Aber sie hat doch eher so einen Putz- und Kontrollzwang. Vielleicht könnte das eine Maschine sein, die furchtbar gut getestet worden ist - wegen Hygiene, Qualität was weiß ich.

Also die Kaffemaschine find ich gut, du solltest sie nur anders einführen, so dass sie zu L´s Zwängen passt. Aber was ist mit dem Badezimmerschrank danach? Enweder solltest du ihn auch auf die Geschichte beziehen (also was mit Luisa und ihrer Eigenart zu tun haben) oder lass ihn weg.

Sie hasste sie so, wie die Bakterien, die sie überall im Haus vermutete und jeden Tag aufs Neue mit verschiedensten Chemiekeulen dem Tode weihte.

Das klingt mir zu feierlich. Zu unpassend für das, was passiert. Wird aus meiner Sicht dadurh ein bisschen unfreiwillig komisch. Du willst ja ihren unbändigen Putzteufel charakerisieren. Da würde ich ein stärkeres Wort nehmen.

Ja, das wusste er! Sie hasste die Ritzen zwischen dem breit gefächerten Mosaik.
Sie bildete sich ein, auf sie zu treten bringe Unglück. Sie hasste sie so, wie die Bakterien, die sie überall im Haus vermutete

Das finde ich schön, wie du den Zwang hier steigerst. Kommt gut.

Morten sollte den Fliesenweg schon lange betoniert haben. Er hatte keine Zeit, und wenn er ehrlich war, wollte er viele ihrer Anwandlungen auch nicht nähren.

ich fände besser: ihre Anwandlungen nicht auch noch unterstützen. "Nähren" klingt so ein bisschen pathetisch. Vielleicht sogar: ihre Ideen oder so statt Anwandlungen. Aber das weiß ich nicht genau, Anwandlungen hat schon was. Oder vielleicht einfach nur: hatte er auch keine Lust

„Schatz! Es sind nur Gartenzwerge! Kleine Männer aus Keramik, die jeden zweiten Garten zieren. Sie können Dir nichts antun!“.

Würde Morten nach der Arbeit, wenn er schon wieder mit der nervigen Gattin rumtun muss, wirklich "zieren" sagen?
Da würde ich en anderes Wort einsetzen.

Ja, jetzt habe ich leider keine Zeit mehr. Ärgere dich nicht über meine Genauigkeit und Nörgelei. Deine Geschichte ist gut, es würde sich echt lohnen, wenn du ein bisschen Unkraut jäten gehst in deinem Text.

Trotz aller Nörgelei - sie ist als Hilfe gemeint - ih hab deine Geschichte
gern gelesen.
Wenn du Fragen hast, nur zu.
Viele Grüße Novak

 

Hallo Novak :)

Also zuallerst mal danke für´s Lesen, die Mühe und willkommen Heißen!
Mein erster Krimi: Thema Gartenzwerge. ;)
Die Gartenzwerge waren zuerst da und ich wollte einen Krimi draus machen, was liegt da ferner...;)
Zumindest war es nicht der Gärtner, das ist ja auch was! :D
Obwohl`s gepasst hätte zu den Zwergen, fällt mir gerade mal so auf! :)
Ein morbider Gärtner fühlt sich in seiner Manie gestört und zettelt die Verschwörung der Zwerge an. :D

Stoff für eine neue Story!

Na gut, nun zu Deinem Kommi. Vielen Dank für die wertvollen Tipps!
Einige habe ich versucht, umzusetzen. Die Sache mit der Luxuspüppi habe ich eigentlich schon so gemeint. Ich wollte Morten einen Grund geben, sich nicht einfach scheiden zu lassen. ;)
Kann ich denn den geänderten Text jetzt einfach drüberkopieren?

Du hast wohl recht, dass die Idee nicht sehr neu ist. Beim nächsten Mal werde ich etwas länger drüber grübeln!

Also vielen Dank noch mal und viele Grüße
diana

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Diana, noch einmal ich, die Novak.

Vielen Dank erst mal für deine nette Antwort. Da antwortet man gerne noch mal.

Ein morbider Gärtner fühlt sich in seiner Manie gestört und zettelt die Verschwörung der Zwerge an.
Stoff für eine neue Story!

Ja, mach! Coole Idee! Das klingt schön daneben!

Die Sache mit der Luxuspüppi habe ich eigentlich schon so gemeint. Ich wollte Morten einen Grund geben, sich nicht einfach scheiden zu lassen.

Bei einer Luxuspuppe würde er sich doch grade scheiden lassen, bzw. für die Zuwendung des Gatten an die Frau spielt deren Luxusbedürfnis doch keine Rolle außer bei Leuten, die wirklich nicht mehr aufs Geld gucken müssen. Sonst sind es Geldbeträge, die gerichtlich festgelegt werden. Ist also noch kein hinreichender Grund, sich nicht scheiden zu lassen, sondern sie umzubringen. Ein echter Grund wäre, dass er fnanziell von ihr abhängig ist oder sie reich geerbt hat und er will nicht auf das Geld verzichten oder sie hat eine Lebensversicherung auf ihn abgeschlossen. Keine Ahnung, was noch alles. Ob du das allerdings so genau ausführen musst im Text, das weiß ich jetzt grad selbst nicht genau. Man müsste halt daruf achten, das nicht zu sehr zu betonen, damit nicht auf einmal die Geschichte in eine Schieflage gerät.
Die Luxusgeschichte passte für mich einfach nur nicht zur sonstigen Charakterisierung.
Aber das mag ja auch nur meine Ansich sein.

Kann ich denn den geänderten Text jetzt einfach drüberkopieren?

Ja, du kannst ihn überschreiben. Geht über den "Bearbeiten" Button rechts unten.

Du hast wohl recht, dass die Idee nicht sehr neu ist. Beim nächsten Mal werde ich etwas länger drüber grübeln!
Dass es schon viele Geschichten mit dieser Grundidee gibt, und du dich dieser Grundidee angeschlossen hast, das finde ich völlig normal. Es ging nur darum, wie man es hinkriegt, dass der Leser trotz Vorhersehbarkeit dran bleibt.
Ich finde, du bist da schon auf dem richtigen Weg. Freu mich auf weitere Geschichten.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende

 

:) Hallo Novak

Ich hab dann mal den geänderten Text eingefügt.
Vielleicht hast Du Lust, Dir die Diskussion der Beiden betreffend dem Dachboden noch mal anzusehen!? Ich hab versucht, dieses Manipulieren mit einzubringen...
Auch hab ich, wie von Dir vorgeschlagen, den "Todeskampf" um ein paar Sätze erweitert. Ich verstehe schon, was Du meintest mit der besonderen Sicht. Aber die ganze Geschichte jetzt noch mal auf die Ich-Perspektive umzuschreiben, das erscheint mir weniger effektiv. Das merke ich mir fürs nächste Mal!
Das Genre Krimi ist schon eine Herausforderung. Ich finde, hier lernt man am besten zu "ernten und zu sähen", wie es in den Schreibratgebern immer so schön heißt. ;)
Mich würde interessieren, ab welchem Satz, Du definitiv wusstest, dass der gute Morten seine Finger im Spiel hatte!?
Ich meine, wann sich Deine Vorahnung bestätigt hatte?

Liebe Grüße
diana

 

Hallo Diana,

ich kann schon verstehen, dass du den Text nicht gänzlich umschreiben willst, es ist ja auch eine ziemliche Arbeit und man kann das ja wirklich an einer neuen Geschichte mal ausprobieren.

Vielleicht hast Du Lust, Dir die Diskussion der Beiden betreffend dem Dachboden noch mal anzusehen!? Ich hab versucht, dieses Manipulieren mit einzubringen...
Auch hab ich, wie von Dir vorgeschlagen, den "Todeskampf" um ein paar Sätze erweitert.

Hab mir ganze Geschichte noch mal durchgelesen. Finde die Diskussion jetzt besser. Auch den Todeskampf bis auf eine Formulierung.
Ein wenig schade finde ich, dass du die etwas längere Fassung
mit den Ritzen zwischen den Platten "getötet" hast. Der Satz hier war es. Finde ihn irgendwie nicht mehr.

Ja, das wusste er! Sie hasste die Ritzen zwischen dem breit gefächerten Mosaik.
Sie bildete sich ein, auf sie zu treten bringe Unglück. Sie hasste sie so, wie die Bakterien, die sie überall im Haus vermutete

Ich fand nur das "dem Tode geweiht" übertrieben. Den anderen Teil fand ich gut, weil das eines der Momente ist, die so ein bisschen Futter für die Idee abgeben, dass Luisa so unter Störungen leidet, dass sie sich alles einbildet. Sowas ist ein Gegenspieler zu dem schnellen Wissen über Ausgang und Täter so einer Krimistory.


Mich würde interessieren, ab welchem Satz, Du definitiv wusstest, dass der gute Morten seine Finger im Spiel hatte!?
Ich meine, wann sich Deine Vorahnung bestätigt hatte?

Gemutmaßt hatte ich es schon, als das erste Mal der Gartenzwerg vor ihrem Bett auftaucht und bei den Pillen später war es so ziemlich ganz klar.
Aber das macht ja nix, man ist in der Sparte "Spannung", es gibt nur zwei Personen und ich habe schon so viel Krimis in meinem Leben gelesen, dass man eine Neubausiedlung damit tapezieren könnte. Da wittert man Mord und Totschlag und fiese Ehegatten schon auf drei Kilometer Entfernung. Dass das so ist, das macht ja nix. Es kommt ja auch auf das Wie an.

Geh aber noch mal über den Text drüber, es sind noch ein paar Vertipper drin und holprige Formulierungen.
Bis denne
Novak

 

Hallo Diana!


Eine etwas ältere Geschichte? Wann waren weiße Socken modern? :D
Womit ich auch gleich einen großen Pluspunkt in der Geschichte anspreche. Die geschilderten Details. Zum Beispiel, wie der Erzähler den Spülwasserschaum im Blick behält. Da bin ich direkt neben den Beiden in der Küche.

Luisa überzeugt – Sie wischt nicht in Achten, denn Achten bringen Unglück, und ihrem Glauben, auf die Ritzen zu treten bringe Unglück – in der Rolle einer psychisch kranken Frau.

Morten tritt zunächst als genervter, aber auch besorgter Ehemann auf, was die Spannung über den weiteren Verlauf offen hält. Erst an dieser Stelle: „Im Dunkel konnte Luisa das unterdrückte Lächeln auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen“ wird deutlich, das Morten der Bösewicht in dieser Geschichte ist. Ich meine, dieser Satz kann gestrichen werden, um die Spannung, wer am Ende welche Art Tat begeht, zu erhalten. Es wäre bis dahin ja auch möglich, dass Luisa die Nachbarin umbringt oder sich oder im Wahn ihren Ehemann.

Nachdem der Erzähler Morten als Schurken (frühzeitig) bloßgestellt hat, kommen Dr. Sergen und seine Pillen ins Spiel.
Ist Sergen eingeweiht? Der Eindruck entsteht zunächst. Denn Morten drängt Luise, einen Termin zu machen und auch, die Pillen zu schlucken. Es ist also möglich, das die Pillen Luises Wahnvorstellungen auslösen oder verstärken. Sonst wäre Mortens Drängen sozusagen kontraproduktiv. Es besteht sogar die Gefahr, das Luise durch eine weitere Therapie geheilt werden könnte.

Über Maria erfährt man bis zum Ende nicht viel. Sie könnte boshaft sein oder einfach nur gedankenlos. Das ist ausreichend.

Die fünfte Figur, der Erzähler. Mit ihm komme ich nicht so recht ins Reine. Es gibt einige Aussagen, die ihn als allwissenden Erzähler charakterisieren, obwohl er überwiegend wie ein Beobachter berichtet. Beispiele:
„… und wenn er ehrlich war, konnte er ihren Glauben, auf die Ritzen zu treten bringe Unglück, nicht nachvollziehen“,
„Sofort tat ihm der Satz leid. Er wusste, dass sie gleich anfangen würde zu weinen.“

ist jeweils Mortens Kopf entnommen.

„… als diese von einem schlechten Traum erwachte.“
„Luisas Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt.“
„Sie glaubte, der kleine Mann mit dem weißen Bart würde die Hacke nach ihr schwingen, …“

sind Luises Gedanken.

Nun, das tut dem Lesespaß nur wenig Abbruch. Dennoch muss ich erwähnen, das dieser Erzähler nicht ganz koscher ist. Das ist halt mein Job hier.
Luises Gedanken wiederzugeben, ist kein Problem. Sie weiß nichts von Mortens Plänen und seinem Verhältnis zur Nachbarin.
Der Erzähler kann jedoch auch in Mortens Kopf schauen. Und er gibt nur das wieder, was keine Hinweise auf Mortens Tatmotiv und seine Pläne beinhaltet. Der Erzähler ist also nicht ganz aufrichtig. ;)

Das Tatmotiv, oder besser, warum es überhaupt zu der Tat kommen muss, und nicht etwa zu einer simplen Scheidung, ist nur erahnbar. Ich vermute, dass eine Scheidung dem guten Morten einfach zu teuer käme. Er scheint recht knauserig zu sein. Regt sich auf, wenn seine Frau mal etwas mehr Geld ausgibt als nötig, lässt keine Handwerker für Ausbesserungen am Haus kommen, obwohl er selbst keine Zeit dafür hat.

Das literarische Motiv Gattenmord ist mindestens so alt wie die Schrift. Daher kommt es auf den Blickwinkel, die Raffinesse und Individualität an, um den Leser noch zu fesseln. Ich meine, das ist hier, ausgenommen die Sache mit dem unehrlichen Erzähler, gelungen. Besonders durch die interessante Figur der Luise ist es eine unterhaltsame Geschichte. Vielen Dank dafür.


Zur Textarbeit nur ein paar Dinge, die mir nebenbei aufgefallen sind.

um sich einen Kaffe zu machen.
Kaffee

Sie trat vorsichtig ins Freie aus der Terrassentür.
Würd ich umdrehen. Sie trat aus der Terrassentür vorsichtig ins Freie.

Luisa stellte sich mitten ins Bild.
vors Bild.

Direkt über ihre zitternden Knie unter der Decke, fiel das Mondlicht durch den Fensterspalt.
Also, das geht irgendwie gar nicht.
Direkt über ihre zitternden Knie (unter der Decke,) fiel das Mondlicht durch den Fensterspalt. = Ihre Knie befinden sich direkt unter dem Fensterspalt.

Direkt (über ihre zitternden Knie) unter der Decke, fiel das Mondlicht durch den Fensterspalt. = auch nicht plausibel.

Das müsste anders beschrieben werden und den Fensterspalt – was genau ist ein Fensterspalt? – würde ich weglassen.

Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren, und die wiederum ganz anders gearteten Eindrücke!

Mit Dr. Sergen sprichst Du wirklich etwas an!
Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht könnte man es so drehen, dass der Dr. einer von den Guten ist, Morten jedoch weiß, dass seine Ehefrau ihren Konsum nicht unter Kontrolle hat...

Weiße Socken in schwarzen Lederschuhen waren irgendwie das, was ich beim Gedanken an so einen Businesstypen gleich vor Augen hatte. ;)

<Erst an dieser Stelle: „Im Dunkel konnte Luisa das unterdrückte Lächeln auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen“ wird deutlich, das Morten der Bösewicht in dieser Geschichte ist. Ich meine, dieser Satz kann gestrichen werden, um die Spannung, wer am Ende welche Art Tat begeht, zu erhalten.<

Du hast recht! Ich bin auch selbst mehrmals über diesen Satz gestolpert. Der kam mir so in den Sinn, weil ich über derartiges Gebaren als normaler Mensch in dem Moment irgendwie auch ungewollt grinsen müsste ( Entschuldigung! ;) )
Aber der Satz verrät zu viel. Man könnte ihn umformulieren in: Er konnte nicht anders und musste grinsen.

Mit der erzählerischen Perspektive sprichst mein größtes Problem beim Schreiben an! Ich rutsche da immer wieder aus :(
Gibt es Ratgeber im Internet darüber, wo man das Ganze mal ausgreifend und auf Dummdeutsch erklärt bekommt?

Liebe Grüße
diana

 

Hallo Diana!

Mit der erzählerischen Perspektive sprichst mein größtes Problem beim Schreiben an! Ich rutsche da immer wieder aus
Gibt es Ratgeber im Internet darüber, wo man das Ganze mal ausgreifend und auf Dummdeutsch erklärt bekommt?

Mit dem Suchbegriff „Erzählperspektive“ kommen genug Ergebnisse.

Für diese Geschichte wäre ein personaler Erzähler, der in der 3. Person berichtet, angebracht.
Ebenso möglich wäre ein eingeschränkter allwissender (auktorialer) Erzähler. Dieser kann etwas mehr sehen als die Hauptfigur Luise, wie hier:
Im Dunkel konnte Luisa das unterdrückte Lächeln auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen.

Dieses „etwas mehr sehen“ sollte sich (in dieser Geschichte) jedoch nur auf den äußeren Bereich, also das, was man mit den Augen erkennen und mit den Ohren hören kann, beschränken.

Der Erzähler stiftet Verwirrung, wenn er (auch) in Mortens Kopf schauen kann. Zumal Morten der Täter ist, was der Erzähler zugleich verschweigen will. Beispiel:

„Schatz, es tut mir leid! Ich habe den Kopf voll! Ich bin an einem großen Auftrag dran! Was glaubst du eigentlich, wo das ganze Geld herkommt, dass du für all deinen unnötigen Krempel ausgeben kannst.“
Luisa schnappte nach Luft. Sofort tat ihm der Satz leid. Er wusste, dass sie gleich anfangen würde zu weinen.

„Sofort tat ihm der Satz leid. Er wusste …“, kann nur ein Gedanke/Gefühl aus Mortens Kopf sein, da es von außen nicht sichtbar ist.

Der Erzähler kann demnach in Mortens Kopf schauen. Stellt sich die Frage, warum er es nicht auch an dieser Stelle tut:
„Morten, ich habe von Ihnen geträumt! Morten, wach auf!“
Er brabbelte etwas ins Kopfkissen, zog sich Selbiges über den Kopf.

Dieses verschlafene ins-Kissen-brabbeln ist mit Sicherheit geschauspielert, um Luise zu täuschen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Morten den selbst gebauten ferngesteuerten Zwerg auf Luises Nachttisch platziert, und sich dann nicht im Geringsten für ihre Reaktion interessiert. Der muss doch förmlich brennen darauf, wie Luise ausflippt! Das hätte ein ehrlicher allwissender Erzähler dem Leser mitteilen müssen.

Ebenso werden sämtliche Gedanken an Mortens intime Beziehung zur Nachbarin, seinen Plan mit dem brüchigen Dachboden usw. verschwiegen.

Der Erzähler berichtet also nur von den Dingen aus Mortens Innensicht, die er offenbaren will. Solch eine Selektion ist nicht schicklich.

Ich empfehle: Der Erzähler darf in Luises Kopf schauen. Er daf auch etwas mehr sehen und hören als Luise. Aber Hände weg von Mortens innerer Gedanken- und Gefühlswelt. Das schließt selbst harmlose Gedanken übers Wetter mit ein.

LG

Asterix

 

Vielen, vielen Dank für das leicht verdauliche Beschreiben der Erzählperspektive!
Habe ich das jetzt richtig verstanden, dass ich also auch den schon probeformulierten Satz: <Er konnte nicht anders und musste grinsen>,
wegen der Perspektive in: <Die ungewöhnliche Situation brachte Morten zum Grinsen>, umwandeln müsste?
Oder wirklich ganz weglassen!? Ein paar kleine, beim ersten Lesen unbedeutende Hinweise wollte ich aber schon geben. Und das bot sich hier eben an, um zu zeigen, dass Morten vielleicht nicht gleich ein Mörder, doch aber ein belustigter Nochehemann ist.

In jeder Geschichte, die ich schreibe, mache ich neue Fehler, um sie dann aufzuarbeiten, ein interessanter Lernprozess!
Deshalb noch ein Mal vielen Dank an alle hier, die mir auf diesem Weg schon geholfen haben. Gern würde ich mich revanchieren, aber ich traue mich noch nicht so recht ran...
Entweder ist in den Kommentaren schon alles gesagt worden, oder ich fürchte, mich lächerlich zu machen! :(
Sollte also jemand das, nun schon dritte Posten einer Geschichte als Egoismus auslegen, sei es mit eben genannter Schwäche hoffentlich verziehen! ;)

es grüßt
diana

 

Hallöchen,

so, die Anderen haben schon viel gesagt. Ich verzichte daher mal auf Wiederholungen.

Dieser Satz hat mich total im Lesefluss behindert

Morten zog die Schuhe mittels der Füße aus.
Vielleicht kannst du es auch viel einfacher formulieren, wie zb.
''Morten zog die Schuhe aus, ohne seine Hände zu benutzen'' oder irgendwie so ähnlich.

Ansonsten fand ichs gut. Ich wollte unbedingt wissen, wie es ausgeht.
Ich finde übrigens schon, dass eine nicht-wollende-Scheidung ein Mordmotiv ist. Es würde ihn sein hart erarbeitetes Geld kosten, welches er lieber mit Maria teilen will. Ich finde, das reicht.

Grüße
Nina

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Diana!

Perspektive:

dass ich also auch den schon probeformulierten Satz: <Er konnte nicht anders und musste grinsen>,
wegen der Perspektive in: <Die ungewöhnliche Situation brachte Morten zum Grinsen>, umwandeln müsste?
Meinst du diese Stelle:
Im Dunkel konnte Luisa das unterdrückte Lächeln auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen.
Das ist perspektivisch in Ordnung, da Außensicht. Dein eingeschränkter allwissender Erzähler sieht mehr als Luisa. Das hatte ich im ersten Beitrag schon so geschrieben.
Dennoch kann ich noch einiges zu diesem Satz sagen. Ein „unterdrücktes“ Lächeln kann man nicht sehen, weder im Dunkeln noch im Hellen. Unterdrückt ist unterdrückt.
In deinen Probeformulierungen hast du für „lächeln“ ein treffenderes Wort gefunden: „grinsen“.
Demnach wäre möglich:
„Im Dunkel konnte Luisa das Grinsen auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen.“
Oder, wenn Morten ein vorsichtiger Mann sein soll: „Im Dunkel konnte Luisa das kurze/flüchtige Grinsen auf den Lippen ihres Mannes nicht sehen.“

Hier noch ein Tipp zu einem bereits erwähnten perspektivischen Ausrutscher:

Er hatte keine Zeit, und wenn er ehrlich war, konnte er ihren Glauben, auf die Ritzen zu treten bringe Unglück, nicht nachvollziehen.
Inhaltlich wichtig und auch sehr schön. Erinnert mich an die Figur Monk aus der gleichnamigen Krimiserie. Hier ein rascher Entwurf einer möglichen Lösung:
Der Erzähler fasst das in einem Rückblick (aus Luisas Sicht) zusammen.
Morten sollte den Weg mit dem breit gefächerten Mosaik schon lange betoniert haben.
Seine ständige Behauptung, er hätte gerade keine Zeit, glaubte ihm Luisa bald nicht mehr. Sie hatte das Gefühl, er könne ihre Furcht, auf die Ritzen zu treten bringe Unglück, nicht nachvollziehen.

Na ja, die offensichtlichsten Fehlgriffe bei der Perspektive hatte ich bereits rausgesucht. Man kann durchaus noch mehr in die Tiefe gehen. Ein Beispiel, weil’s grad Spaß macht:

Er griff nach der Fernbedienung, fand irgendeinen Kanal mit seichter Unterhaltung.
„Seichte“ Unterhaltung ist eine Wertung. Wenn man es genau nimmt, stellt sich die Frage, wessen Wertung? Die des Erzählers oder Mortens?
Ich bin geneigt zu sagen, es ist Mortens Wertung. Denn er findet den Kanal nicht zufällig, sondern durch aktives Suchen – sonst müsste dort „vorfinden“ stehen.
Er hat also „seichte“ Unterhaltung gesucht.
Dein eingeschränkter Erzähler (zur Erinnerung: Dieser darf mehr sehen und hören als Luisa, aber nicht Mortens Gedanken lesen) kann nicht wissen, ob Morten überhaupt ein spezielles Programm gesucht hat. Er sieht ihn nur mit der Fernbedienung spielen, bis er bei irgendeinem Programm damit aufhört. Ob diese Sendung für Morten von der seichten Sorte ist, kann und darf dieser Erzähler ebenfalls nicht wissen.

Angenommen, der Erzähler möchte es aber gerne so darstellen. Also, wie kann er das erreichen? Zumal sich ein Erzähler auch mit seinen eigenen Wertungen zurückhalten sollte!
Das geht nur über Allgemeinplätze. Er muss sich von dem neutralen Oberbegriff „Unterhaltung“ verabschieden und konkret werden. Er sucht sich eine Sendeform, die in der Allgemeinheit (also auch von den meisten Lesern) als seicht bezeichnet wird. Das sind Seifenopern, Werbung usw. Vielleicht bleibt Morten grad bei einem Spot der Mainzelmännchen hängen. Vielleicht lässt der Erzähler Morten noch den Ton leiser stellen, um zu zeigen, das die Sendung nicht wirklich interessiert.

Etwas Kleinkram:

„Was denn Schatz, was ist denn nun schon wieder?“, fragte er, bemüht um Interesse.
„bemüht um Interesse“ dieses Anhängsel braucht der Text nicht. Man spürt durch die Wiederholung samt Steigerung „Was denn“ + „was denn nun schon wieder“, in der wörtlichen Rede, Mortens genervt sein über Luisas Wimmern. Das er dennoch nachfragt, und nicht schweigend zur Zeitung oder Fernbedienung greift, zeigt sein Bemühen um Interesse.
Auch auf den Redebegleitsatz (fragte er) kann hier verzichtet werden. Es sind nur zwei Figuren anwesend, und wer was sagt ist offensichtlich. Das es eine Frage ist, zeigt das Fragezeichen an.

Lass uns nachher darüber reden, ok?
Okay würde ich ausschreiben. In Prosatexten verwendet man in der Regel keine Abkürzungen.

Ihr blau behandschuhter Handrücken strich über die Stirn, hinterließ einen Schaumkrümel in den hellen Ponylocken.
“blau behandschuhter“ ist fast ein Zungenbrecher. Ich würde auf dieses Detail verzichten (Anfangs sind es ja nur ihre Hände, die im Wasser rumoren) oder die Gummihandschuhe mehr in die Geschichte einbinden. Dazu müsste die Frage beantwortet werden:
Warum trägt sie Handschuhe?
Nebenbei: Zu dieser Frage haben mich zwei Umstände geführt: Ich kenne niemanden, der beim Abwasch Handschuhe trägt, und die Werbung sagt: Es gibt nichts Besseres für geplagte Hände, als sie in Pril zu tauchen.
Die Handschuhe könnten als ein weiteres Zeichen Luisas krankhafter Furcht eingebunden werden. Da gibt es ja schon einige in der Geschichte: Luisa wischt nicht in Achten, sie tritt nicht auf die Ritzen.

„Ich bitte Dich, Schatz!
Dich und du darf klein geschrieben werden.

Luisas blaue Hände fuhren in die Höhe. Das Schaumwassergemisch suchte sich seinen Weg in den offenen Ärmel ihres Pullis.
Nur in einen Ärmel? Mag sein. Man könnte auch schreiben „in die offenen Ärmel“.
Da es die grundsätzliche Eigenschaft eines jeden Ärmels ist, offen zu sein, könnte „offen“ durch „weit“ (im Gegensatz zu „eng“) ersetzt werden.
Im Grunde kommen die Ärmel sogar ohne Adjektiv aus. Was spricht gegen: … in die Ärmel ihres Pullis?
“Das Schaumwassergemisch suchte sich seinen Weg“ ist eine Vermenschlichung. Das kann man so schreiben. Nur nicht übertreiben, sonst wird die Geschichte unfreiwillig(?) lustig.
„Schaumwassergemisch“ ist ein recht langes Wort. Schaumwasser oder schaumiges Wasser würde genügen.

„Schatz! Es sind nur Gartenzwerge! Kleine Männer aus Keramik, die in jedem zweiten Garten stehen. Sie können dir nichts antun!“ Luisas blaue Hände fuhren in die Höhe. Das Schaumwassergemisch suchte sich seinen Weg in den offenen Ärmel ihres Pullis.
„Du weißt, was damals passiert ist! Sie starren mich an, Morten!“ Er griff nach der Fernbedienung, fand irgendeinen Kanal mit seichter Unterhaltung.
Die Zeilenumbrüche wirken wie zufällig gewählt. Man könnte sie auch anders setzen.

„Schatz! Es sind nur Gartenzwerge! Kleine Männer aus Keramik, die in jedem zweiten Garten stehen. Sie können dir nichts antun!“ – Neue Zeile, weil nun der Blick des Erzählers von Morten auf Luisa fällt.
Luisas blaue Hände fuhren in die Höhe. Das Schaumwassergemisch suchte sich seinen Weg in den offenen Ärmel ihres Pullis. – Keine neue Zeile, weil der Blick bei Luisa bleibt – „Du weißt, was damals passiert ist! Sie starren mich an, Morten!“ – Neue Zeile, weil nun der Blick wieder auf Morten gerichtet wird.
Er griff nach der Fernbedienung, fand irgendeinen Kanal mit seichter Unterhaltung.

LG

Asterix

 

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