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Du sonderbares Licht meines Lebens

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21.06.2016
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Du sonderbares Licht meines Lebens

Als er geboren wurde, hatte ich Tränen in den Augen. Er sollte das Licht meines Lebens werden. Doch nun, so wie ich ihn jetzt ansehe, steigt aus der Tiefe meines Inneren ein Gefühl hervor, das ich nicht beschreiben sollte. Seine Mutter badet ihn, ihn, einen 12-Jährigen; fährt über seine Schrammen, die er weiß Gott woher hat. Sie stellt ihm tausend Fragen, doch er sagt nichts und starrt nur fort. Und heult. Er erklärt sich nicht, der Junge gesteht seine Niederlage einfach nicht ein. Er wurde verprügelt. Stattdessen sitzt er nur da und flennt.
Doch es geht nicht darum ein echter Kerl zu sein. Es geht darum wenigstens ein bisschen von etwas zu sein. Es sind widerwärtige Gedanken, die ich nicht vor mir verstecken kann. Der Junge ist in keiner, in keinster Weise wie ich bin. Und dort draußen, wenn er wieder allein herum stromert, tut er irgendetwas von dem ich besser nicht wissen will, was es ist.
Darüber rede ich mit seiner Mutter. Auch diesen Abend wieder. Wir sind nur noch wegen dem Jungen zusammen wie mir scheint. Aber ich liebe sie, liebe sie sehr, mehr als ihn. Während sie vor sich her spricht und mit ihren Armen wedelt, hinaus in den Regen sieht, höre ich ihr kaum zu, sondern überlege, ob er sein Wesen nicht von ihr geerbt hat. Sie ist sehr sanft, zu sanft manchmal. Schön ohne Zweifel. Und ist er ein schöner Junge? Er hat ihre Optik, das runde Gesicht, der etwas untersetzte Körper, doch eher wie ein Kloß, wo sie ihre Rundungen besitzt, und trotzdem Sportlichkeit aufweisen kann. Sie ist offen und temperamentvoll, er hingegen verschüchtert, schweigsam. Als er jünger war – da war er vielleicht mehr wie sie gewesen, ja. Er war aufgeweckter, wir spielten herum. Da schien noch alles in Ordnung.
Liegt es an diesem Ort? Wie in einem verdammten Horrorfilm? Wir sind an den Waldrand gezogen, etwas abgeschieden. Er sagt uns immer, ihm gefalle es hier. Aber er kennt niemanden. Vielleicht gefällt ihm die Stadt, wenn ich so schweige wie er, und er sich alles ganz genau ansieht. Und er geht gerne in die Natur, klar. Aber in der Schule hassen sie ihn, ärgern ihn. Es hat mir das Herz zerbrochen. Also habe ich ihm gezeigt wie man zurückschlägt. Und er schlägt zurück, jawohl, er schlägt zurück! Nur: Darauf kann man nicht stolz sein. Was wir von den Lehrern hörten – wenn sie zusahen wie er es tat –, klingt einfach lächerlich. Ich will’s gar nicht wiedergeben, doch wie ungeschickt kann man, ein angehender Mann, sein, wenn er die Faust benutzen will, dabei stolpert, sich wie ein Brummkreisel dreht, und gegen ein Wand fällt? Ich bin nur ehrlich: So, wie seine beschissenen Klassenkameraden, hätte ich den Idioten ausgelacht!
Die Ehrlichkeit in meinem Kopf, die Ehrlichkeit vor mir selbst – ich hasse mich dafür. Wie kann ein Vater so von seinem eigenen Sohn denken? Wenn er doch meine Hilfe bräuchte?
Also lasse ich meine Frau im Wohnzimmer zurück, gehe ins Obergeschoss, und schiebe dir Tür einen Spalt weit auf. Ich sehe ihn, mit seiner lumpig hängenden Schlafanzughose, und dem Blick hinaus ins Dunkel. Ich sehe sein Gesicht, seinen halb offenen Mund. Er sieht dich an wie Mongo.
„Junge“, beginne ich dann und trete langsam ein. Aber dann weiß ich schon nicht mehr, was ich eigentlich sagen soll. Mit großen Augen blickt er zu mir auf, zieht den Rotz in seiner Nase hoch und wankt rüber in sein Bett. Er starrt zu all seinem Spielzeug. Irgendwie skeptisch. Ich beobachte ihn genau. Er hat Tränen in den Augen, für die ich ihn schlagen könnte.
Ich beherrsche mich, setze mich an seine Seite, knurre: „Junge, heulen wird dich nicht weiterbringen. Tut mir leid, dir das so zu sagen, aber es ist so.“
„Warum?“ fragt er ganz einfach, dumpf, fortstarrend.
„Weil die Welt draußen ein Dschungel ist“, sage ich ihm dann so diszipliniert es eben geht.
Überraschenderweise erfolgt darauf keine weitere Frage. Er dreht sich einfach um, auf die Seite, und ist still.

Es ist Herbst, deswegen wird es früh dunkel. Das Gemüt des Jungen scheint ebenso an Farbe zu verlieren. Als es noch heller war, ist er allein losgezogen Da liebte ich ihn, wenn er den Drang eines Forschers an den Tag legte und mit sich selbst genügsam erschien. Doch bereits als ich ihn von hinten sah, seine bojenartige Form, musste ich grunzen.
Nun, da in der Schule immer wieder etwas mehr passiert, sie ihn immer ein Stück mehr hänseln, will er weiter allein sein. Was soll ich denn tun? Alle Gespräche blockt er. Und wir können ihnen auch nicht mehr um diese Zeit nach draußen schicken!
Eines Abends, ich komme von meinem Job und bin hundsmüde, sagt mir meine Frau er wäre verschwunden. In den Wald, obwohl sie’s ihm verboten hatte. Genervt will ich ihn suchen gehen, da kommt er wieder zurück, dreckig und furchtbar stinkend. Wir halten ihm natürlich eine Standpauke, aber er ist still und verzieht sich. Er quittiert selbst das Wanderverbot mit Lethargie.
Meine Frau sagt wir müssten etwas machen. Sie spricht von einer Therapie, von Verhaltenstraining. Ich fabuliere über Raubtierwerdung. Er muss nicht zu einem verdammten Bekloppten erklärt werden! Daher beschließe ich, gemeinsam mit ihr, dass ich ihm folgen werde, wenn er wieder allein zwischen den düsteren Bäumen marschieren wird. Er wird mich ohnehin nicht bemerken, ich bin größer, und trotzdem wendiger, trotzdem leiser als er.
Am nächsten Tag also, einem Freitag, wo die Schule früh aus ist, lassen wir ihn ziehen. Sehe ihn losstromern, und folge mit einer Verzögerung von fünf Minuten. Ich lasse ihn vorgehen, und höre bald sein Schnaufen, als wir an die steilen Wege kommen. Da der Junge keine Ausdauer hat, kann er mir nicht entkommen. Wahrscheinlich wird sein Gehör von seinem rasselnden Atem übertüncht.
Als ich ihn wieder erblicke, sehe ich einen aufmerksamen Kerl. Er schaut sich die Bäume und das Gras genau an. Wie immer träumt er herum, aber nicht so fokussiert wie sonst. Er besieht sich die krauchenden Insekten, geht in die Hocke und hält die Farne zwischen seinen Fingerkuppen, wie um ihre Unterschiede zu erspüren. Dennoch ist das nicht das, was ihn wirklich interessiert. Er geht weiter und weiter, und nur einmal könnte es sein, dass er seinen Vater bemerkt.
Über mir die Regenwolken, es fängt an zu nieseln. Eine halbe Stunde marschiert er schon, immer in Richtung des Herzens dieses Waldes. Es scheint unendlich lange zu dauern. Er benutzt nun Pfade direkt durch das Gestrüpp und scheint nach etwas Ausschau zu halten. Dann, zwischen einer Baumgruppe, hält er wieder an. Ich verharre hinter den Gebüschen, über die ich problemlos hinweg blicken kann. Was genau er jedoch tut, kann ich so nicht erkennen. Warum kniet er sich hin, direkt in den Matsch? Weiß er nicht, dass seine Mutter ihm – zu Recht! – wieder einen Vortrag halten wird?
Was auch immer er tut, es ist bizarr und sonderbar. Aber: Er zeigt einen nie dagewesenen Elan. Er macht und tut. Lediglich diese Geräusche, diese sonderbaren Laute, ein Knacken, ein sonderbares Knacken – natürlich will ich näher und es mir ansehen!
Es ist nicht der Junge, der mich bemerkt. Irgendwo auf meiner Seite, etwas höher, nicht in den Baumwipfeln selbst, sondern in dieser ominösen, halbschattigen und vom aufkommenden Regen gezeichneten Halbwelt: irgendwo beobachtet mich jemand.
Nein, etwas! Aber was es auch ist, es flimmert sonderbar, und würde man es aufzeichnen, so stünde es wie erhoben, um meinen Jungen als auch mich genau im Auge zu behalten. Was auch immer es ist, ich kann nicht anders als mich zu übergeben, denn plötzlich wird mir schlecht, alles dreht sich, und aus dem Gebüsch heraus, bringe ich meinen Sohn dazu voller Panik fortzulaufen. Vor mir selbst wird alles dunkel. Von nun an mache ich mir die wirklichen Vorwürfe.

Ich bringe den beschissenen Bengel um.

Letzten Endes weiß ich nur, dass ich plötzlich schnaufend am Rand des Waldes, in unserem Garten stand, vom Regen völlig durchnässt. Meine Junge ist zurückgekehrt, angeblich schlafend, und auch ich liege im Bett, umsorgt von meiner Frau, die mich jetzt für bescheuert hält, bescheuerter als unseren Jungen. Als sie fort ist, liege ich nur da, und denke nach. Ich bin völlig kraftlos und verfalle in einen Schlaf, der mir die widerwärtigsten Alpträume verschafft, die ich je träumte. Sie drehten sich- Und der Junge- Nein, ich kann es nicht recht sagen! Meine Frau, die neben mir liegt und in der Nacht durch mich wach wird, sieht mich an, als hätte sie den Leibhaftigen erblickt.
Von da an ruft der Wald nach mir. Ich muss wissen, was dort, in seinem Herzen, passiert ist. Diese Neugierde treibt mich zu meinem Sohn, der mir aber auch nichts sagt. Wir können einfach nicht miteinander reden. Deswegen folge ich ihm erneut, den ganzen, langen Weg. Aber bevor wir dort ankommen, bevor wir wieder dort sind, wo es das letzte Mal passierte, trete ich aus den Büschen hinaus.
Ich will Antworten und knurre nur: „Was machst du hier?“
Er ist völlig erschrocken und beginnt sogleich zu zittern und zu flennen.
Ich gehe hin und schüttele ihn: „Ich habe dich gefragt, was du hier machst! Sag es mir verdammt nochmal! Was bist du für einer, Mann?! Andere gehen auf den Platz, sie laufen, sie tun sich weh! Und du? Du gehst spazieren?! Bist du ein bekackter Rentner?!“
Er flennt nur weiter. Ich schnauze ihn an – weil ich nur sein Bestes will: „Das wird dir doch nicht helfen, Junge! Das wird dir einfach nicht helfen! Mann, wenn sie dich verprügeln, schlag zurück, wie es dir gezeigt habe! Aber geh nicht in den Wald um zu heulen!“
Aber er will und will einfach nichts sagen. Da packe ich ihn, zerre ihn mit, wir gehen zu der Stelle, wo er gestern war. Der Regen hat alles aufgeweicht, jedoch kann man die Spuren seines Wühlens noch erkennen. Es sieht sonderbar, nein, furchtbar aus: Die Konturen meines Sohnes, neben etwas anderem, das verschwunden ist, aber in seinen Abdrücken im Laub noch erkennbar scheint. Ich kann es nicht beschreiben. Es zerrt in meinem Hirn.
„Was ist das?!“, will ich lautstark von ihm wissen. Doch wieder nur seine großen Augen – als wollte er Mitleid und Verständnis für sein Suhlen im Dreck.
Und das ist es. Es ist nicht seine Schuld, nicht dieses Mal. Irgendetwas will nicht verschwinden. Irgendetwas juckt in meinem Kopf.
Ich lasse ihn los, worauf er ein paar Schritte fort von mir macht. „Schon gut, schon gut“, murmle ich nur. Mehr nicht, entschuldigen werde ich mich nicht!
Nachdem wir nur so dastehen, er auf die Stelle sieht, ich aber den Kopf in alle Richtungen wende (und nichts Auffälliges ausmachen kann), versuche ich es noch einmal besonnener, obwohl ich ein Zittern in mir spüre: „Mein Sohn, ich bin hier. Das bedeutet, dass ich sowieso früher oder später von deinen Geheimnissen erfahren werde. Raus mit der Sprache! Mach es uns Beiden einfach.“
Als er daraufhin nichts sagte, knurre ich energischer: „Nichts wird mehr so sein wie vorher! Du wirst hier nicht mehr raus dürfen. Ja, heul doch! Heul doch! Du lässt mir ja keine andere Wahl! Und deiner Mutter? Wir sind deine gottverdammten Eltern, und wir müssen uns um dich kümmern! Erklär dich oder ertrag dein Verbot wie ein Mann! Sprich!
Da beginnt er auch, öffnet sein Mund, und stottert erst einmal doch nur mit dem Innenleben seiner Nase, dem Tränenwasser, und abermals aufkommendem Regen.
„Beruhig dich, dann langsamer“, murre ich.
Er schluckt, sieht im Gegenteil aber ganz nervös drein. Nun spricht er verständlich, aber sehr leise: „Hier- hier draußen ärgert mich einfach niemand.“ So beginnt er, und ich fühle mich einen Moment wieder lebendig, wie ein vernünftiger Vater, meine ich, als wäre alles vergessen – auch dieser Wald. Ich meine, dieser Junge – und dieser Wald – und er und ich. Es steckt in meinem Knochen.
Er stammelt aber sogleich weiter: „Die Tiere, die sind alle so friedlich. Und doch so böse. Aber sie machen was sie machen, keiner stört sie! Aber- aber die Menschen, die in meiner Klasse ärgern mich. Und- und ich frage mich immer: ‚Warum machen sie das?‘ Können sie nicht anders?“
Er weint, sackt zusammen auf den Boden. Ich bin alarmiert und will auf ihn zu stürzen. Doch er schüttelt nur den Kopf, will dieses Getue nicht, und fährt fort, auch wenn es ihm schwer fällt: „Vielleicht bin ich ja nur dazu da, damit sie mich ärgern. Vielleicht ist- ist das meine Funktion warum ich leb‘. Aber ich will das nicht. Ich will das Licht in den Menschen finden.“
Da sieht er auf die seltsame Stelle im Laub und es fröstelt ihn. „Das Licht in den Menschen?“, frage ich hölzern. Unschlüssig sehe ich ihn an, sehe hinter mich. Was er sagt, klingt bräsig – allein, wie er es sagt. Wie.
Er nickt nur.
„Was heißt das?“, bohre ich weiter – und fühle mich noch stärker, noch genauer beobachtet.
Aber er zuckt nur mit den Schultern.
„Was war dort, Junge? Was hast du da gestern auf dem Boden gemacht?“
Er schweigt.
„Hast du nach dem Licht gesucht?“
Ertappt sieht er mich an, aber er nickt. Und sagt: „Er war schon tot. Ich habe ihn nicht umgebracht! Er wurde mir nur gezeigt. Sie sagen mir er sei wie ich gewesen. Doch er sieht so viel stärker aus. Wie du! Also- also habe ich von ihm gegessen, um kräftig zu werden-“
Ich sage nichts. Ohnehin muss mir der Schrecken förmlich ins Gesicht eingeschrieben sein. Hat er eben gesagt- Ja, er hat’s! Genau diese Worte hat er gebraucht! Als würde man plötzlich in eine Grube fallen – so fühlte ich mich. Und das sagte mir, dass er nicht log.
Sein beschämter Blick klammert am Boden fest. Er ist unschuldig, trotz allem! Ich packe ihn und zwinge ihn mich anzusehen. Wieder unter Tränen, sagt er: „Ich bin fett und hässlich!“
Als ob es darum ginge! Aber was soll ich tun? Was soll ich denn in so einer Situation tun? Natürlich schüttle ich ihn! Ich schüttle ihn, in der Hoffnung, dass etwas von ihm abfällt und sich mir offenbart!

Sie, wer auch immer sie sind, beschützen ihn. Und das ist vielleicht die Ironie des Ganzen: Sie beschützen ihn besser, wo ich es hätte tun sollen. Doch zu welchem Preis? Und müssen sie ihn wirklich vor mir beschützen?

Um es zu beschreiben, habe ich nur diese Fragmente von Sinneseindrücken:
Sehen: Nur das diffuse Licht, inmitten des Waldes, der durch den Regen dunkel geworden ist wie die Nacht – vielleicht ist es auch bereits Nacht, wer weiß das schon!
Hören: Das Knacken der Zweige, das Wirbeln des Laubes, doch auch mein kleiner Sohn, der vorspringt, und mich an den Beinen packen will, um mich zurückzuhalten!
Schmecken: Der Dreck in meinem Mund, denn es ist als würde ich versinken, in der Erde selbst.
Das ist das Ende, das ist das Tasten, aber irgendwie ist es auch, als würden die Lichter mich mit einem elektrischen Knistern bestrafen, das mir sagen soll: Du bist schlecht! Solche wie du sind es, die an allem Schuld sind! Woran? Zuvörderst an dem Leiden deines Sohnes. Er ist sehr tapfer.

Aber es ist nicht das Ende. Sie bestrafen mich, dafür zeigen sie mir auch etwas und geben mir eine zweite Chance. Sie zeigen mir all das in der Tiefe der Erde, hier, am zentralsten Punkt des Waldes, all die Geheimnisse des Todes, die nur Zerrbilder des Lebens sind. Dort sind Schädel, die nicht hätten eingeschlagen werden müssen, und trauernde Seelen, deren einziger Fehler es war zu stark zu lieben. Zu wenige sind hier, die wirklich hierher gehören würden.
Es ist mein Junge, der mich dann aus dem Wald herausführt. Seitdem ist mein Bein lahm geworden, meinen lieben Sport kann ich nicht mehr machen. Aber das ist nun nicht mehr wichtig. Seiner Mutter erzählen wir nichts. Wir müssen uns nur ansehen, von nun an durch die Kraft des Geheimnisses verbunden. Der Wald soll unser Ort werden. Dieser Seite meines Sohnes muss ich einfach eine Chance geben, nämlich meine zweite Chance. Und am Montag werde ich mit diesen kleinen Teufeln reden, die ihn so sehr quälen. Ich werde ihnen wie ein richtiger Mann in die Seele reden. Doch wenn dies nicht ausreicht, werden wir ihre Seelen durchleuchten lassen, um herauszufinden, wie viel vernünftiger Mensch in ihnen steckt, in diesem Unschuldigen. Ja, vielleicht bringen wir sie auch um, und sie werden Teile dieser Schädelsammlung.
Sie könnten anders, wenn sie nur wollten. Wer nicht hören will, muss fühlen.

 

Hallo Dohlenmann.

Was für ein intensiver Charakter, der Vater, und welch interessantes Verhältnis zwischen ihm und seinem Sohn.
Ich mag die stellenweise sehr eigene Sprache.
Die Beschreibungen des Sohnes sind klasse. Er zieht Rotz hoch, wankt, starrt fort - es ist spürbar, wie befremdlich der Vater ihn findet.

Insgesamt liest sich die Geschichte stellenweise leider mehr wie die Zusammenfassung einer solchen. Dass du in großen Teilen eher passiv erzählst, das stört mich nicht, aber hier und da wäre klar mehr 'Show' gefragt.
Und gegen Ende verlierst du mich, da verstehe ich nicht mehr genug.

Ich gehe mal Punkt für Punkt durch.

Und dort draußen, wenn er wieder allein herum stromert, tut er irgendetwas von dem ich besser nicht wissen will, was es ist.
Den Satz würde ich an der Stelle einfach streichen. Du fährst im nächsten Absatz damit fort, über die Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede zwischen Eltern und Sohn zu sprechen, deshalb glaube ich, der Geschichte würde an der Stelle ein harmonischerer Übergang gut tun.
Zum Wald kommst du kurz darauf ohnehin.

Als er jünger war – da war er vielleicht mehr wie sie gewesen, ja. Er war aufgeweckter, wir spielten herum. Da schien noch alles in Ordnung.
' - da ist er vielleicht mehr wie sie gewesen.'
Und 'herumspielen' würde ich zu ersetzen versuchen. Mir ist an der Stelle nicht klar, was du sagen willst. Dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn leichter war, spielerischer? Dass sie herumgealbert haben? Oder tatsächlich miteinander gespielt?

Liegt es an diesem Ort? Wie in einem verdammten Horrorfilm? Wir sind an den Waldrand gezogen, etwas abgeschieden. Er sagt uns immer, ihm gefalle es hier. Aber er kennt niemanden. Vielleicht gefällt ihm die Stadt, wenn ich so schweige wie er, und er sich alles ganz genau ansieht.
Daraus kannst du mehr machen.
Nicht so schnell zur Schule springen, sondern hier jetzt andeuten, dass irgendwas am Wald, am Treiben des Sohnes im Wald für den Vater unbehaglich ist.
Im letzten Satz erschließt sich mir nicht, was gemeint ist mit: 'wenn ich so schweige wie er'.

Und er schlägt zurück, jawohl, er schlägt zurück!
Großartig.

Ich will’s gar nicht wiedergeben, doch wie ungeschickt kann man, ein angehender Mann, sein, wenn er die Faust benutzen will, dabei stolpert, sich wie ein Brummkreisel dreht, und gegen eine Wand fällt?
Du redest zuerst von 'man', dann von 'er'.
Der Schritt vom Allgemeinen zum Persönlichen hat Charme, aber wirkt hier leider ungelenk, unbeabsichtigt.

Also lasse ich meine Frau im Wohnzimmer zurück, gehe ins Obergeschoss, und schiebe dir (die)Tür einen Spalt weit auf. Ich sehe ihn, mit seiner lumpig hängenden Schlafanzughose, und dem Blick hinaus ins Dunkel. Ich sehe sein Gesicht, seinen halb offenen Mund. Er sieht dich an wie (ein)Mongo.

„Junge“, beginne ich dann und trete langsam ein.
'Dann' würde ich streichen, klingt besser. Außerdem hast du sonst im nächsten Satz eine Dopplung.

Aber dann weiß ich schon nicht mehr, was ich eigentlich sagen soll.
Den hier finde ich auch ziemlich gut.

Es ist Herbst, deswegen wird es früh dunkel. Das Gemüt des Jungen scheint ebenso an Farbe zu verlieren. Als es noch heller war, ist er allein losgezogen Da liebte ich ihn, wenn er den Drang eines Forschers an den Tag legte und mit sich selbst genügsam erschien. Doch bereits als ich ihn von hinten sah, seine bojenartige Form, musste ich grunzen.
Nun, da in der Schule immer wieder etwas mehr passiert, sie ihn immer ein Stück mehr hänseln, will er weiter allein sein. Was soll ich denn tun? Alle Gespräche blockt er (ab). Und wir können ihnen auch nicht mehr um diese Zeit nach draußen schicken!
Das alles würde ich anderswo einbauen. Da, wo du vom Umzug an den Waldrand erzählst.
Den Teil mit den Hänseleien und der Schweigsamkeit, den abgeblockten Gesprächen vielleicht beim Gespräch mit der Frau oder im Anschluss an die Unterhaltung im Zimmer des Sohnes.

Eines Abends, ich komme von meinem Job und bin hundsmüde, sagt mir meine Frau er wäre verschwunden. In den Wald, obwohl sie’s ihm verboten hatte. Genervt will ich ihn suchen gehen, da kommt er wieder zurück, dreckig und furchtbar stinkend. Wir halten ihm natürlich eine Standpauke, aber er ist still und verzieht sich. Er quittiert selbst das Wanderverbot mit Lethargie.
Meine Frau sagt wir müssten etwas machen. Sie spricht von einer Therapie, von Verhaltenstraining. Ich fabuliere über Raubtierwerdung. Er muss nicht zu einem verdammten Bekloppten erklärt werden! Daher beschließe ich, gemeinsam mit ihr, dass ich ihm folgen werde, wenn er wieder allein zwischen den düsteren Bäumen marschieren wird. Er wird mich ohnehin nicht bemerken, ich bin größer, und trotzdem wendiger, trotzdem leiser als er.
Diese Passage hätte ich mir aktiver gewünscht.
Die halte ich für eine Schlüsselszene, und die solltest du ausformulieren, du solltest sie mir zeigen, statt sie für mich so knapp zusammenzufassen.
Bis auf die Frau vielleicht - es hat einen ganz eigenen Klang, wenn das, was sie sagt und tut, immer nur so zusammengerafft wird. Das lässt sie sich abwesend anfühlen, auch zwischen den Ehepartnern scheint es eine Entfremdung zu geben.

Wie immer träumt er herum, aber nicht so fokussiert wie sonst.
Sich zu fokussieren ist so ziemlich das Gegenteil davon, sich wegzuträumen.
Wie wär's mit 'aber er verliert sich nicht so darin, wie sonst'?

Eine halbe Stunde marschiert er schon, immer in Richtung des Herzens dieses Waldes.
Das Tempo, in dem du beschreibst, fühlt sich für mich nicht nach einer halben Stunde an (geschweige denn nach 'unendlich lange').

Dann, zwischen einer Baumgruppe, hält er wieder an.
Ersetze 'zwischen' mit 'inmitten'.
Oder 'Baumgruppe' mit irgendwas.

Ich verharre hinter den Gebüschen, über die ich problemlos hinweg blicken kann. Was genau er jedoch tut, kann ich so nicht erkennen. Warum kniet er sich hin, direkt in den Matsch? Weiß er nicht, dass seine Mutter ihm – zu Recht! – wieder einen Vortrag halten wird?
Was auch immer er tut, es ist bizarr und sonderbar. Aber: Er zeigt einen nie dagewesenen Elan. Er macht und tut.
An der Stelle solltest du immer detaillierter werden. Er kniet sich hin, er zeigt Elan, dann die Geräusche.
Aber 'er macht und tut' ist eine viel zu allgemeine Formulierung, die überhaupt nichts aussagt. Die trägt nichts zum Bild bei. Über die bin ich ganz extrem gestolpert.
Ich würde sie entweder komplett streichen, oder hinterfragen, was an der Stelle gesagt werden soll.

Lediglich diese Geräusche, diese sonderbaren Laute, ein Knacken, ein sonderbares Knacken – natürlich will ich näher und es mir ansehen!
Es ist nicht der Junge, der mich bemerkt.
Hier würde ich den Folgesatz in die nächste Zeile setzen, das verstärkt den Effekt des Bemerktwerdens.

Nein, etwas! Aber was es auch ist, es flimmert sonderbar, und würde man es aufzeichnen, so stünde es wie erhoben, um meinen Jungen als auch mich genau im Auge zu behalten.
Hier verlierst du mich. Ich habe keine Ahnung, wovon du redest, und leider macht es das nicht interessanter, es lässt nicht Spannung aufkommen, es verwirrt mich eine Spur zu sehr.
Konkret beziehe ich mich hierauf: 'und würde man es aufzeichnen, so stünde es wie erhoben'.

Was auch immer es ist, ich kann nicht anders als mich zu übergeben, denn plötzlich wird mir schlecht, alles dreht sich, und aus dem Gebüsch heraus, bringe ich meinen Sohn dazu voller Panik fortzulaufen.
Das alles, die Beobachtung des Sohnes, das seltsame Wesen, die Wirkung, die es auf den Vater hat - das ist doch wieder eine Schlüsselszene, oder nicht?
Dann formulier sie aus, und raff sie nicht so zusammen.
Den Satz solltest du insgesamt umstellen. Zuerst wird ihm schlecht - dann übergibt er sich.
Und was bedeutet das, er bringt den Sohn aus dem Gebüsch heraus dazu, fortzulaufen? Hört der sohn ihn Kotzen und erschreckt sich? Oder bringt der Vater den Sohn bewusst dazu, zu fliehen, ruft er ihm eine Warnung zu, verscheucht er ihn?

Von nun an mache ich mir die wirklichen Vorwürfe.
Was für Vorwürfe? Warum?

Ich bringe den beschissenen Bengel um.
Aber der hier, der sitzt an genau der richtigen Stelle, so direkt hinter den Vorwürfen des Vaters an sich selbst.

Meine (Mein) Junge ist zurückgekehrt, angeblich schlafend, und auch ich liege im Bett, umsorgt von meiner Frau, die mich jetzt für bescheuert hält, bescheuerter als unseren Jungen.
'Angeblich schlafend'?
Meinst du, der Junge ist nach Hause geschlafwandelt oder dass er jetzt im Bett liegt?

Als sie fort ist, liege ich nur da, und denke nach. Ich bin völlig kraftlos und verfalle in einen Schlaf, der mir die widerwärtigsten Alpträume verschafft, die ich je träumte. Sie drehten sich- Und der Junge- Nein, ich kann es nicht recht sagen! Meine Frau, die neben mir liegt und in der Nacht durch mich wach wird, sieht mich an, als hätte sie den Leibhaftigen erblickt.
Das hier ist wieder nicht greifbar für mich. Der Horror des Vaters erschließt sich mir nicht.
Und ich spreche nicht von Erklärungen, sondern von Emotionen. Ich kann nicht nachfühlen, wie es ihm geht, geschweige denn, wieso die Frau ihn ansehen sollte, als wäre er 'der Leibhaftige'.
Was ja bedeuten würde, sie habe Angst vor ihm, während sie ihn kurz vorher noch für 'bescheuert' hielt.
Was zum Teufel (verzeih das Wortspiel) ist da passiert, während er geschlafen hat?

Von da an ruft der Wald nach mir. Ich muss wissen, was dort, in seinem Herzen, passiert ist. Diese Neugierde treibt mich zu meinem Sohn, der mir aber auch nichts sagt. Wir können einfach nicht miteinander reden. Deswegen folge ich ihm erneut, den ganzen, langen Weg. Aber bevor wir dort ankommen, bevor wir wieder dort sind, wo es das letzte Mal passierte, trete ich aus den Büschen hinaus.
Ich denke, ich verstehe, warum du diese Stelle zusammenraffst, aber es fühlt sich so an, als hättest du es eilig, zum Ende zu kommen. Das macht die Geschichte nicht spannender für mich, ich habe im Gegenteil das Gefühl, sie würde mir davonlaufen. Wo ich idealerweise doch darauf gieren sollte, endlich zu erfahren, was den Vater, diesen harten Knochen, so aus dem Konzept gebracht hat.


Mann, wenn sie dich verprügeln, schlag zurück, wie (ich) es dir gezeigt habe! Aber geh nicht in den Wald um zu heulen!“

Die Konturen meines Sohnes, neben etwas anderem, das verschwunden ist, aber in seinen Abdrücken im Laub noch erkennbar scheint.
Äh. Was?
Okay, der Vater 'kann es nicht beschreiben', aber du als Autor solltest es können.
Du musst es nicht beschreiben, aber du solltest das Bild selbst vor Augen haben. Und mir an dieser Stelle genug geben, damit ich 'sonderbar, nein furchtbar' irgendwie nachfühlen kann.


„Was ist das?!“, will ich lautstark von ihm wissen. Doch wieder nur seine großen Augen – als wollte er Mitleid und Verständnis für sein Suhlen im Dreck.
Und das ist es. Es ist nicht seine Schuld, nicht dieses Mal. Irgendetwas will nicht verschwinden. Irgendetwas juckt in meinem Kopf.
Wenn ich dich hier richtig verstehe, wird dem Vater an dieser Stelle klar, dass hier etwas vorgefallen ist, das in eine andere Richtung geht, als das, womit er seinen Sohn sonst aufzieht.
Aber was meinst du mit 'Und das ist es'?
An der Stelle stolpere ich so extrem, dass der Text mich schon wieder verliert.

„Schon gut, schon gut“, murmle ich nur. Mehr nicht, entschuldigen werde ich mich nicht!
Schön.

Als er daraufhin nichts sagte, knurre ich energischer: „Nichts wird mehr so sein wie vorher! Du wirst hier nicht mehr raus dürfen. Ja, heul doch! Heul doch! Du lässt mir ja keine andere Wahl! Und deiner Mutter? Wir sind deine gottverdammten Eltern, und wir müssen uns um dich kümmern! Erklär dich oder ertrag dein Verbot wie ein Mann! Sprich!“
Das mag ich auch.

Es steckt in meinem Knochen.
Verstehe ich wieder nicht, worauf sich das beziehen soll.

Ich bin alarmiert und will auf ihn zu stürzen.
Wovon genau ist er alarmiert? Warum jetzt? Was löst diese ungewöhnliche Reaktion aus?
Er sieht seinen Sohn doch öfter heulen, und für gewöhnlich macht es ihn wütend.

Ertappt sieht er mich an, aber er nickt. Und sagt: „Er war schon tot. Ich habe ihn nicht umgebracht! Er wurde mir nur gezeigt. Sie sagen mir er sei wie ich gewesen. Doch er sieht so viel stärker aus. Wie du! Also- also habe ich von ihm gegessen, um kräftig zu werden-“
Hier verstehe ich nicht, wieso du erwähnst, der Tote sei wie der Junge gewesen. Welchen Sinn hat die Information?
Auf mich hätte es ohne den Einschub, er sei wie er gewesen, auf jeden Fall sehr viel stärker gewirkt. Über den stolpere ich, weil ich nicht verstehe, wieso das relevant sein soll.
Wenn irgendwelche Wesen den Jungen an die Stelle führen, weil da ein Toter liegt, der ihm ähnlich war, dann trifft das eine ganz andere Aussage über diese Wesen, über ihre mögliche Motivation und über deine Geschichte, als wenn die Wesen den Jungen zu einem Toten führen, und der Junge sich entscheidet, den zu verzehren.

Ich sage nichts. Ohnehin muss mir der Schrecken förmlich ins Gesicht eingeschrieben sein. Hat er eben gesagt- Ja, er hat’s! Genau diese Worte hat er gebraucht! Als würde man plötzlich in eine Grube fallen – so fühlte ich mich. Und das sagte mir, dass er nicht log.
Hier unbedingt im Präsens bleiben!
'- so fühle ich mich. Und das sagt mir, dass er nicht lügt.'

Sein beschämter Blick klammert am Boden fest. Er ist unschuldig, trotz allem! Ich packe ihn und zwinge ihn mich anzusehen. Wieder unter Tränen, sagt er: „Ich bin fett und hässlich!“
Hier wieder unklar für mich: Wieso kommt der Vater zu dem Schluss, sein Sohn sei unschuldig?
Und was hat die Leibesfülle des Sohnes damit zu tun, dass er Leichen verzehrt? (Heißt, ich sehe nicht, wieso der Sohn in diesem Augenblick davon zu sprechen anfängt.)

Sie, wer auch immer sie sind, beschützen ihn. Und das ist vielleicht die Ironie des Ganzen: Sie beschützen ihn besser, wo ich es hätte tun sollen. Doch zu welchem Preis? Und müssen sie ihn wirklich vor mir beschützen?
Wie kommt der Vater zu dem Schluss, dass diese Wesen seinen Sohn beschützen? Woraus schließt er das? Und wieso glaubt er, sie hätten den Sohn vor dem Vater geschützt?

In den Rest der Geschichte finde ich überhaupt nicht mehr hinein.
Isst der Vater jetzt auch den Toten, oder wovor will ihn der Sohn zurückhalten?
Die Frage an sich fände ich noch ganz spannend, und ich glaube, ich hätte danach dann auch den letzten Punkt gesetzt.
Der Vater wird bestraft. Wie? Und wieso gehören die eingeschlagenen Schädel zu trauernden Seelen, 'deren einziger Fehler es war zu stark zu lieben'?
Ganz großes Fragezeichen.

Danach wird es mir endgültig zu wirr. Der Vater hat offensichtlich den Verstand verloren.
Klarere Sprache würde das besser transportieren, meine ich.

So, ich hoffe, unter meinen Anmerkungen sind solche, mit denen du was anfangen kannst.

Gruß,
Gefrierpunkt

 

Hallo!

Vorab, dies ist eine sehr spannende Geschichte. Schon der geheimnisvolle Beginn ließ mir keine andere Wahl, als weiter zu lesen. Die Entscheidung, schon von Anfang an auf viel Beschreibung wie inneren Monolog zu setzen, war eine sehr gute.

...tut er irgendetwas von dem ich besser nicht wissen will, was es ist.
Interessant, dass du hier ein Paradoxon einführst, da er es später doch wissen will.

..knurre...
Dieses Wort benutzt du oft, vielleicht magst du es mal durch ,,brummen'' ersetzen.

...wenn ich so schweige wie er
Ich würde eher schreiben, wie er es immer tat, so wird deutlicher was du meinst

...und nur einmal könnte es sein, dass er seinen Vater bemerkt.
Merkwürdig, dass er plötzlich, von sich selbst spricht. Der zweite Teil des Satzes ist allgemein formuliert, als ob ein auktorialer Erzähler am Werk wäre.

...Es ist nicht der Junge, der mich bemerkt. Irgendwo auf meiner Seite, etwas höher, nicht in den Baumwipfeln selbst, sondern in dieser ominösen, halbschattigen und vom aufkommenden Regen gezeichneten Halbwelt: irgendwo beobachtet mich jemand.
Das kommt sehr plötzlich, könntest du das nicht etwas näher beschreiben?

Ich bringe den beschissenen Bengel um.
Hier stellt sich mir die Frage warum? Der Bengel ist abgehauen, aber was hat er damit zu tun, dass ihm schwindelig wird?
Als sie fort ist...
Warum ist sie fort und dann wieder da? Entweder näher darauf eingehen oder lieber weglassen.

Aber es ist nicht das Ende. Sie bestrafen mich, dafür zeigen sie mir auch etwas und geben mir eine zweite Chance. Sie zeigen mir all das in der Tiefe der Erde, hier, am zentralsten Punkt des Waldes, all die Geheimnisse des Todes, die nur Zerrbilder des Lebens sind. Dort sind Schädel, die nicht hätten eingeschlagen werden müssen, und trauernde Seelen, deren einziger Fehler es war zu stark zu lieben. Zu wenige sind hier, die wirklich hierher gehören würden.

Dieser Absatz wirkt sehr metaphorisch. Deshalb verstand ich nicht, weshalb da am Ende wirklich Schädel waren.

Wer nicht hören will, muss fühlen.

Ich finde dieses Ende sehr gut, da es eine Message enthält und zu den Kindern vom Anfang Bezug nimmt.

Gruß Abdullah

 

Hi Dohlenmann!

Yo, ich hätte zu deiner Geschichte auch ein paar Anmerkungen auf Lager ... da deinerseits aber bis jetzt Funkstille herrscht, warte ich lieber mal ab, ob von dir überhaupt eine Resonanz kommt und wie die wohl ausfallen mag. Denn schließlich will ich hier ja kein Selbstgespräch führen!

In diesem Sinne - ich bin gespannt
EISENMANN

 

Danke für die Rückmeldungen. Ich bin eher am Inhaltlichen interessiert, daher werde ich das im Folgenden auch gleich einmal kommentieren. Bei Rechtschreibung und Grammatik habe ich einige Schnitzer. Die Verbesserungsvorschläge dazu nehme ich gerne auf. Ebenso zu einigen stilistischen Punkten.

Zur Geschichte allgemein ist vielleicht zu sagen: Es handelte sich um etwas Spontanes, das ich vor einigen Jahren geschrieben hatte und wiederentdeckte. Der Vater ist ganz bewusst als widersprüchlicher und sich widersprechende Figur angelegt.
Dass es insgesamt genauer sein darf (Insbesondere gegen Ende), halte ich für absolut nachvollziehbar und dahingehend werde ich auch am Inhalt sicherlich noch etwas verändern.

Aber der Reihe nach zu den einzelnen Kommentaren:

Gefrierpunkt:
Genau, der Wohnort könnte genauer beschrieben werden. Das habe ich mir dann auch gedacht. Und auch, was dazu später gesagt wird, könnte an den Anfang.
Ich versuche also genauer zu werden in den Beschreibungen des mysteriösen Vorfalls und gleichzeitig die Widersprüchlichkeit des Vaters beizubehalten. In dieser Fassung scheint es tatsächlich eher zu verwirren.

maria.meerhaba:
Wenn ich dir unsympathisch bin, tut's mir leid. Du bist mir dadurch nun aber auch gleich unsympathisch geworden. Generell sollte man doch versuchen Text und Autor zu trennen. Ich finde es ziemlich beschränkt von dir vorschnelle Schlussfolgerungen anzustellen, nur, weil du auf den Beitragszähler schaust und einen Profilspruch zu genau nimmst. Was du negativ deutest, sehe ich eher positiv, was für mich ein Grund ist hier Geschichten reinzustellen. Ich habe in diesem Forum schon mit einigen wenigen lange PMs zu ihren Stories geschrieben.
Trotzdem auch dir Danke für die Anmerkungen. Was ich aus deinem Beitrag vor allen Dingen mitnehme: Genauer zu werden und weniger anzudeuten, insbesondere wenn es um Gefühle geht.

Abdullah:
Für "knurre" habe ich in der Tat ein Faible. :)
Sehr interessant, dass dir der Wechsel um auktorialen Erzähler aufgefallen ist. Das war tatsächlich beabsichtigt und habe es schon in anderen Geschichten so gemacht, besonders dort, wo es um das Fremdsein zwischen sich nahestehenden Personen geht. Damit wollte ich Distanz ausdrücken.
Ansonsten ziehe ich auch dienen Angaben, dass es an manchen Stellen genauer ginge und bestimmte Gefühle ausdifferenziere.

Eisenmann:
Immer her mit dem Feedback, wenn du magst! Ich lese hier aktiv mit, wollte in der Tat zu Anfang erst einmal sammeln.

 

Hej Dohlenmann,

nachdem mich einige Tage der "lichte" Titel vom Lesen deiner Geschichte abhielt, habe ich mich nun trotzdem daran gemacht. Und da du eher am inhaltlichen Kommentar interessiert bist, beschränke ich mich darauf, wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass mich sowohl die Spannung des Verlaufs, als auch die ambivalente Persönlichkeit des Vaters/Erzählers bei Laune hielt. Ich hätte da noch Einiges anderes zu bemerken, aber wie du meinst. :hmm:

Das Thema ist immer aktuell, egal in welcher Zeit die Geschichten spielen und einen ambitionierten Vater als Zugpferd, emfpinde ich nicht als die schlechteste Wahl. Und da komme ich auch schon zu meiner Schwierigkeit mit dem Text: es passiert mir zu wenig. Den Charakter beider Protagonisten arbeitest du gut heraus, die Handlung schleppt und wiederholt sich. Hättest du nicht auf Neugierde des Lesers spekuliert und in meinem Fall getroffen, wäre ich ausgestiegen. Irgendwas im Wald, im Wald, im Wald. Und dann die marginale Auflösung, die wenigstens für mich, im Unklaren bleibt.
Dass dieses Geheimnis eines zwischen den Protagonisten bleibt, ok, aber nach der steigenden Spannung unbefriedigend.

Das zum inhaltlichen Leseeindruck, Kanji

 

Hallo Dohlenmann
Ich finde es für mich selbst schwierig, zu sagen, ob mir deine Geschichte gefallen hat, oder nicht. Der Mongo, der in der Schule nicht sonderlich freundlich von seinen Mitschülern behandelt wird, einen strengen Vater und sein eigenes kleines Geheimnis im Wald hat, ist meiner Meinung nach eine gute Wahl als eine der Figuren. Trotzdem konnte ich nicht wirklich mit ihm mitfiebern. Denke, das liegt an den Sachen, die bereits von meinen Vorkommentatoren angesprochen wurden. Der Vater ist, wie du selbst gesagt hast, sehr widersprüchlich, was einerseits Freude beim Lesen macht, aber auch etwas "unrealistisch" wirkt.
Was dann genau im Wald passiert, verstehe ich irgendwie nicht. Es wirkt alles recht surreal, was teilweise definitiv was gutes sein kann, aber in diesem Fall fehlen mir irgendwie die genauen Anhaltspunkte, um mir ein wirkliches Bild von den Geschehnissen im Wald machen zu können.

Um es zu beschreiben, habe ich nur diese Fragmente von Sinneseindrücken:
Sehen: Nur das diffuse Licht, inmitten des Waldes, der durch den Regen dunkel geworden ist wie die Nacht – vielleicht ist es auch bereits Nacht, wer weiß das schon!
Hören: Das Knacken der Zweige, das Wirbeln des Laubes, doch auch mein kleiner Sohn, der vorspringt, und mich an den Beinen packen will, um mich zurückzuhalten!
Schmecken: Der Dreck in meinem Mund, denn es ist als würde ich versinken, in der Erde selbst.
Das ist das Ende, das ist das Tasten, aber irgendwie ist es auch, als würden die Lichter mich mit einem elektrischen Knistern bestrafen, das mir sagen soll: Du bist schlecht! Solche wie du sind es, die an allem Schuld sind! Woran? Zuvörderst an dem Leiden deines Sohnes. Er ist sehr tapfer.
Diese Stelle gefällt mir gar nicht, weil sie meiner Meinung nach nicht wirklich in eine Geschichte passt. Das klingt wie ein Artikel.

Obwohl das nun evtl etwas negativ geklungen hat, hatte ich trotzdem Spaß am Lesen.
lg
zash

 

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