Mitglied
- Beitritt
- 08.08.2002
- Beiträge
- 888
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 12
Du sollst nicht begehren
Sie war mit zu ihm nach Hause gefahren. Dort gehörte sie nicht hin, das wusste sie. Doch sie wollte einmal dort sein wo er lebte, ihre Liebe ausbreiten in dem Haus und wie ein Nebel durch die kleinsten Ritzen kriechen. Jeder berührte Gegenstand würde eine unauslöschliche Verbindung mit ihr eingehen. Sie wollte etwas von ihrer Aura in seinem Zuhause hinterlassen. In seinem und dem seiner Frau.
Sie riefen den Hund und liefen in der Dunkelheit den Feldweg entlang. Blitze zuckten rund um sie. Ein Gewitter zog auf. Er habe es extra für sie bestellt, weil sie dieses Himmelsspektakel doch so liebte. Schwarze Wolken verdeckten die Sterne, gönnten den Ehebrechern das Funkeln nicht. Der Hund war aufgeregt, deutete den ersten Donnerschlag richtig, als das was er war, Gottes Peitschenknall. Blitze zuckten über den Horizont und ein Sturm kam auf. Selten hatte sie sich so am Leben gespürt. Die Elemente in Aufruhr und ihr Körper an den seinen gepresst.
Sie betrachteten das Schauspiel am Himmel, atmeten die schwefelige Luft tief ein. Sie spürte seine Hände die sie streichelten und genoss jede seiner Berührungen. Der Hund wurde unruhig, lief hin und her, bellte. Der Wind tobte durch den Wald und sie küssten sich als würde ihr Leben allein davon abhängen. Ihre ungezähmte Sinnlichkeit wurde von einem neuerlichen Donnergrollen begleitet. Der Himmel war dagegen. Erste Regentropfen, groß und schwer fielen auf die Liebenden herab. Die Ähren auf den Feldern wogten wie aufgepeitschtes Meer. Die Luft war erfüllt vom Rauschen der Blätter und einem nicht enden wollenden „Ich liebe dich". Drohend sahen die schwarzen Wolken auf sie herab, schleuderten erneut Blitze und öffneten ihre Schleusen um die beiden Menschen in ihrem Tun zu ertränken.
Als sie wieder ins Haus kamen waren sie völlig durchnässt. Die kleine Wendeltreppe hinauf in den ersten Stock überwanden sie mit Zärtlichkeiten in welche sie sich versinken ließen, hinausgleiten ließen aus einer Welt die ihnen beiden längst zu eng geworden war. Sie liebten sich während der schwere Regen zornbebend auf die Fenster niederprasselte, der Wind tobend, das durch Liebe entehrte Haus, zu zermalmen suchte. Es war egal, wenn sie sich nur spüren konnten.
Die Katze kam ins Zimmer. Es war jene die zum Sterben im Haus bleiben durfte. Alt und krank sollte sie einfach in Ruhe ihren Tod abwarten dürfen. Sie streichelte das Tier, erkannte sich in seinem Blick wieder. Er brachte Brot und Wein und sie lagen in der Finsternis und schauten hinaus in den Garten. Dort wollte sie ihn lieben, sagte sie, nur den Wind und seine Liebe möchte sie dann spüren. Er nahm sie ganz fest in den Arm, küsste ihre Augen. Dann aßen sie aneinandergeschmiegt. „Brot und Wein. Wie gut das schmeckt." sagte er und sie waren glücklich.
Einige Tage darauf starb die Katze, hatte einfach aufgehört zu atmen. Er hat sie liebevoll im Arm gehalten bis es vorbei war und sie dann ganz in seiner Nähe begraben. Als er die Geliebte wenige Monate danach verließ tat er es mit der gleichen Liebe in den Augen, doch hat er sie beim Sterben allein gelassen.