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Drogenberatung

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01.05.2002
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Drogenberatung

Letztens war ich mal wieder bei meinem Drogenberater. Natürlich hat er mir wieder über eine Viertelstunde lang erzählt, was wir Süchtigen doch für minderwertige Menschen sind. Rückgratlos, schwach, und so weiter, was weiß ich noch. Er kann das sehr feinfühlig rüberbringen. Ich höre ihm schon lang nicht mehr zu bei diesem Scheiß, warte auf den interessanten Teil. 'Übrigens, Mike vom Westend hat was Neues da. Kann ich nur empfehlen, haut gut rein.' Na also.

Ich bin für Neuheiten aufgeschlossen und außerdem sowieso grad in der Stadt. Das ist sehr praktisch, es gibt zwar auch bei mir draußen Drogenberater, aber die wissen nie wirklich, was abgeht. Die in der Stadt kennen sich aus, wissen, wo man was kriegt... Ok, letztes Mal hat er mich schlecht beraten: Ich hab hundert Mark für so'n Scheiß ausgegeben, von dem man bloß bunte Bilder sieht und danach einen Kopf aufhat, daß man nur noch quer durch die Tür kommt. Naja, er kann ja nicht immer recht haben, auch wenn er uns Rückgratlosen so überlegen ist.

Ich vertraue ihm nochmal und fahre zum Westend. Mike ist nicht da, dafür ein anderer minderwertiger Junkie. Ich schaue ein bißchen ziellos die Straße lang, dann spricht er mich an: "Du suchst Mike, was? Tja, du wirst ihn nicht finden, die Grünen haben ihn geholt. Ganz gut so, er war'n Schwein. Wußtest du, daß er den Drogenberatern Provisionen gezahlt hat?" WAS? "Ja, du kennst doch den Text: 'Mike vom Westend hat was neues da...' Du hast es nie gemerkt, oder?" "Was hab ich nie gemerkt?" "Ja das es immer dasselbe war, nur das Mike seinen Stoff selber streckt und das Mischungsverhältnis nie richtig hinkriegt." Scheiße, warum hab ich's nur zugegeben? Ich nicke wissend, in der Hoffnung, daß er meinen letzten Satz nicht mitbekommen hat, aber er lacht mich aus. Peinlich.

Naja, ich fahr nach Hause, ärger mich über mich selbst und zieh mir 'n bißchen von meinen eigenen Vorräten rein. Nicht bei Mike gekauft, wohlgemerkt. Seitdem war ich nie mehr bei meinem Drogenberater, obwohl das inzwischen gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir Minderwertigen sollen uns wohl wie Verbrecher vorkommen, die zu ihrem Bewährungshelfer gehen müssen. Wahrscheinlich werden sie mich auch bald holen, aber das ist ganz gut so. Vielleicht treffe ich Mike und kann ihm eine reinhauen, und außerdem soll der Stoff im Knast sowieso besser sein.

 

Hi genumi,
und erstmal herzlich willkommen auf KG.de! :prost:

Deine Geschichte hat mir von Deinem Stil zu erzählen recht gut gefallen, nur lustig fand ich sie nicht - eher makaber, da gar nicht mal so unrealistisch.

Ich persönlich hätte diese Geschichte eher in "Gesellschaft" gepostet, aber das ist natürlich Dir überlassen.

Mehr fällt mir jetzt ehrlich gesagt nicht ein, mal schauen was die Anderen so sagen. :)

Ugh

[ 03.05.2002, 03:06: Beitrag editiert von: Bibliothekar ]

 

Guten Morgen genumi!

Deine Geschichte lässte sich nett lesen, ich finde sie allerdings nicht lustig! Man kann vielleicht ein wenig schmunzeln, aber der KnallerHumor ist es nicht! Aber sonst das Thema ganz gut beschrieben, nur ein Frage hätt ich da: Hast du damit eigene Erfahrungen gemacht, weil ich als Laie was Drogenberatung angeht, glaube nicht, das Berater ihre Kunden als minderwertig bezeichnen, denn schließlich sollen die ja helfen!? Wäre nett, wenn ich da ne Antwort drauf bekommen könnte.

Gruss, Gam.

 

Hallo genumi,

welcome on board! :)
Das ist einmal der seltene Fall, dass jemand eine Geschichte in die Abteilung Humor setzt, obwohl sie in die Satire gehört, denn aus meiner Sicht haste hier 'ne feine Satire geschrieben oder ich sags mal so, den Rohbau für eine feine Satire.
Aus diesem Plot kann man mehr machen. Schon die Eingangsszene beim Drogenberater könnte bissiger sein, ausführlicher die eventuelle Verschlagenheit des Drogenberaters rausstellen,ohne die Lösung schon vorweg zu nehmen, den Protagonisten lebendiger darstellen, er wirkt nämlich reichlich blaß in der Geschichte. Und die Szene, in der der Protagonist auf den anderen Wartenden stößt könnte ebenfalls noch mehr Leben bekommen.
Vielleicht gelingt es dir, diese Geschichte noch tiefgründiger auszugestalten.
Aber für den Anfang schon mal nicht schlecht.

Gruß lakita

 

Hi und danke für die Grüße..

Mag sein, daß die Geschichte hier nicht so ganz reinpaßt - verzeiht einem Neuling ;) Ich muß mich erstmal noch ein bisschen in die Kategorien reinlesen, um in Zukunft die richtige(re) zu treffen.

Ich sollte wohl tatsächlich wieder anfangen, Geschichten zu schreiben. Eigentlich bin ich besser (wirklich?) bei Gedichten, vielleicht sind deshalb meine ersten zwei Kurzgeschichten ein wenig zu kurz, bzw. zu wenig ausführlich, wo sie es sein könnten.

Mal sehen.

Spricht Genumi

 

Hi..

Nein, ich habe bisher keine persönlichen Erfahrungen mit Drogenberatern, nehme aber an, daß der wenig sympathische Mann in dieser Geschichte ein Ausnahmefall ist. Der Sinn von realen Drogenberatern ist ja, den Abhängigen zu helfen, anstatt Ihnen Einkaufstips zu geben. Das kann man viel eher, wenn man ein bisschen Verständnis aufbringt.

Spricht Genumi

 

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