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Drei Tage Ligurien

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13.03.2013
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Drei Tage Ligurien

Drei Tage Ligurien
Eine Lemmingway-Geschichte

Es war im Juni.
«Glaubst du», fragte sie, «glaubst du, wir haben Glück?»
«Wieso fragst du?», fragte er.
«Ich meine: Glaubst du, wir kommen durch?»
«Ich weiß nicht. Ich weiß nur, es wird sich alles ändern.»
Ihr Ford stand neben dem Hotel. Die Straße schlängelte sich die Küste lang. Über dem Meer flirrte die Sonne. Pasolito lag auf einem Hügel. An der Piazza lag ein Restaurant. Er bestellte Krebssuppe, sie Thonsalat. Den Wein ließ er sie aussuchen.
«Sag einmal», sagte sie, «wie geht’s eigentlich Franziska?»
«Franziska? – Ich kenne keine Franziska.»
«Ich meine die, für die du schreibst.»
«Die Stories?»
«Ja, die Stories. Diese grässlichen, öden und miesen Stories über einfältige Burschen und deren gemeinen und niederträchtigen Väter.»
«So niederträchtig sind die nicht.»
«Hat er nicht seine Frau und seine beiden Söhne erniedrigt?»
«Wer?»
«Na, der in der letzten Geschichte.»
«Nein, eigentlich nur sich selbst.»
«In dieser neuen Skizze, dieser witzlosen Anekdote, die du schreibst, stellst du ihn aber ganz schön widerlich dar.»
«Du meinst die Stories?»
«Natürlich, von was rede ich denn die ganze Zeit?»
«Ja, die Stories. Aber da ist etwas, etwas dunkles, darüber kann man nicht reden.»
«Ach so, na dann. Bitte schön!»

Auf dem Rückweg schwiegen sie. Sie fuhren durch das Hinterland. Die Straße schlängelte sich zwischen Olivenhainen und staubigen Gehöften durch. In Porto Santa Pietra trockneten Fischer ihre Netze. Fischer, Netze und Wellblechschuppen erinnerten ihn an das Pier 42 in San Antonio, Chile. Dort hatte er mit einem Mann namens Buk Forsey gearbeitet.
«Habe ich dir schon von Buk erzählt?», sagte er. Er steuerte an den Fischern vorbei. Ein Fischerjunge musste beiseite springen. Er hätte ihn sonst überfahren.
«Ja, hast du.»
«Habe ich dir auch erzählt, dass Buk zwei Jahre in San Antonio war?»
«Ja, hast du.»
«Buk war unbeschreiblich, wirklich, ganz große Klasse. Er hatte den flachen Blick eines Maschinengewehrschützen. Einen zweiten wie ihn habe ich nie mehr gesehen. Ich meine, jeder von uns war ein Ass. Buk aber war …»
Sie drehte das Radio an. Sie wusste, wie es war in Italien: Radiomoderator gleich Quasselmoderator.
Dann machte sie es. Sie stellte das Radio nach und nach lauter. Er erzählte einfach weiter.
«Buk hatte da so etwas an sich», rief er, als würde sie noch zuhören.
Sie drehte das Radio noch lauter. Er wurde auch lauter.
«Man konnte nicht sagen, was es war. Wer Buk aber kannte, der sah es.»
Sie drehte das Radio noch einmal lauter und wandte sich ab. Er begann zu brüllen.
«San Antonio war ein verdammt heißes Nest in Chile.» …
Er war ganz der Stier, dem man ein rotes Tuch vorhält. Er steigerte sich in einen Kampf mit dem Radiomoderatoren hinein. Sie lächelte, denn er hatte nicht bemerkt, wer von ihnen der Matador war.

Im Hotel gingen sie auf das Zimmer. Sie trat ans Fenster. Auf der Gartenmauer des Nachbarhauses saß eine Katze. Er stellte die Tasche mit den Strandsachen neben die Tür.
«Lass sie dort nicht stehen», sagte sie. «Die Badetücher müssen zum Trocknen aufgehängt werden.»
«Ja», sagte er und ging auf die Toilette. Sie hörte ihn urinieren.

–oOo–​

Ihr Tisch stand vor einer Wand aus Spiegeln. Sie bestellte sich einen Meersalat mit Crevetten, er Pasta al Livorno.
«War’s nicht genauso, wie ich’s gesagt habe?», fragte sie.
«Was?»
«Ach, nichts», sagte sie.
«Sag’s mir, Mädchen, ich will’s wissen.»
«Ich weiß, du möchtest es wissen.»
«Ja, ich will’s wissen, auch wenn’s gefährlich ist.»
Sie schwiegen. Er sah im Spiegel zu, wie sie Crevetten schälte. Der Kellner fragte, ob sie noch gerne Wein hätten. Sie nickten beide. Der Kellner holte eine zweite Flasche Nero di Pavese.

Als sie zum Auto liefen, war die Katze auf der Gartenmauer weg.
«Willst du fahren?», fragte er.
«Du kannst es nicht verstehen», sagte sie.
«Du wirst es mir zeigen, stimmt’s?»
«Ja, wenn’s so weit ist, wirst du’s sehen.»
«Dann fahre ich», sagte er.

Sie hatte das Seitenfenster geöffnet. Die Geräusche des Autos übertönten ihr Summen. Ihre Blicke gingen auf das Meer hinaus. Im Mondschein glänzten die Wassermassen am Horizont.
«Weißt du eigentlich», sagte sie, «wie lang wir schon zusammen sind?»
«Nein, aber du wirst es mir gleich sagen.»
«Es ist nicht so, wie ich’s mir gedacht habe.»
«Was?»
«Na alles, das ganze.»
«Wegen der Stories?»
«Du sagst doch selber: Da ist etwas Dunkles.»
«Ja, habe ich gesagt. Aber ich weiß halt auch nicht.»
«Hast du die Strandsachen aufgehängt?»
«Nein, habe ich nicht.»
Sie schaute zum Seitenfenster hinaus. Wenn sie sich nicht täuschte, waren die Lichter in der Ferne, die von Genua. Aber vielleicht täuschte sie sich.

Er stand am Rand der Klippe. Sie stand neben ihm. Der Wind blies. Wellen brandeten gegen die Felsen.
«Warum bist du so grob?», fragte sie.
Er schwieg. Sie wartete eine Weile und fragte dann: «Wieso schreibst du eigentlich?»
Nachdem sie wieder eine Weile auf eine Antwort gewartet hatte, fragte sie weiter: «Ist es das wert?»
«Die Stories?», fragte er zurück.
«Ich meine den Müll, dem du alles opferst. Wieso bist du so gemein?»
«Wieso Müll?»
«Ich bin nicht deine Franziska!»
«Ja», sagte er. «Meine widerlichen, trostlosen und lausigen Stories über das Leben und die Jugend, und über saufende, gewalttätige Vaterfiguren, die – aber die können nichts dafür. Es war schon immer so.»
Er schaute die Klippe hinab. Sie trat hinter ihn. Er wusste, dass ein Sturz in den Abgrund gefährlich wäre. Eine Weile schwiegen sie. Dann sagte er: «Weißt du, als ich sieben war, sagte er einmal: Kleiner, hör mir gut zu! Im Leben ist es wie damals, in Vietnam, in den Sechzigern. Es war da verdammt heiß. – Danach schaute er mich prüfend an. Ich wusste, dass ich antworten musste. Ich sagte: Na klar, dort war es verdammt heiß. Er sah, dass ich nichts verstanden hatte, und sagte: Glaub mir, Kleiner, irgendwann wirst du’s verstehen.»
Man konnte das Meer hören, dessen Wogen gegen die Küste rauschten. Eine Möwe schrie. Man konnte Seetang riechen. Der Mond schien. Die Möwe flog auf das Meer hinaus.
«Vietnam?», fragte sie. «Habe ich richtig gehört, du redest von Vietnam?»
«Ja, mein Bruder sagte oft solche Dinge. Da war etwas in ihm. Ich weiß nicht, was. Aber es war etwas Dunkles.»
«War er dort?»
«Wo?»
«Im Krieg, meine ich.»
«Nein, er hatte Asthma. Die nehmen keinen, der Asthma hat.»
«Na klar, er hat nur so geredet. Aber da ist etwas, das dir nicht klar ist und trotzdem wichtig vorkommt. Ich habe allerdings jemanden getroffen. Mir ist jetzt alles klar.» Sie trat näher an ihn heran. Er stand zwischen ihr und dem Rand der Klippe.

–oOo–​

Sie setzte sich hinters Lenkrad. Es war einfach geschehen. Sie war erstaunt, wie schnell es gegangen war. Vielleicht war da wirklich etwas Dunkles gewesen. Sie lachte. Immer hatte er geraunt: Ein Eisberg liegt zu Sieben Achteln unter Wasser. Dort liegt so vieles verborgen. Das kannst du nicht verstehen, aber glaub mir einfach. - Ja, wer weiss, vielleicht lag da etwas verborgen, von dem wir bloss ahnten.
Sie startete den Wagen und fuhr über den Feldweg zur Autostraße. Sie bog auf die Fahrbahn ein. Als sie auf die Autobahn fuhr, machte sie das Radio an. Auf dem Beifahrersitz lag ihre Handtasche. Sie griff hinein und zog ein Handy hervor.
«Hallo Franziska», meldete sie sich kurz darauf. «Geht es dir gut? – Schön, das hört man gerne. Ich wollte nur sagen, dass es gut gelaufen ist … Ja, ich melde mich wieder, wenn ich in den Staaten bin. Also, bis dann!»
Sie legte das Handy in das Fach zwischen den Sitzen.

Bei einer Raststätte lenkte sie den Wagen auf den Parkplatz, ging auf die Toilette und holte sich am Automaten eine Light-Limonade. In der Ferne sah sie Lichter. Es waren die von Genua, nicht die von San Antonio und auch nicht die von Casablanca.

– Ende –​

 
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Hej teoma,

vorweg, ich liebe diese Texte, die atmosphärisch sind und andeuten, mehrdeutige Dialoge und Metaphern.
Ich weiß nur nicht, wie oft ich deine Geschichte lesen muss, damit ich zufrieden bin, weil ich sie ganz und gar verstanden habe.
Den zweiten (?) Titel finde ich superklasse.
Aber egal, selbst wenn ich nicht alles verstanden haben sollte, ich liebe deine Geschichte, die Fahrt durch Ligurien, das schräge Paar, die Missverständnisse, das Unverständnis, das Essen und den Wein. Sie ist voll, kompakt und es fühlt sich an, als wäre nichts bedeutungslos.
Dass ich noch etliche Fragen im Kopf habe, lass ich erst mal so sein. Wegen der Wirkung auf mich. :D

Ich bin gespannt, was andere Kommentatoren noch herausholen werden.

Herzliche Grüße, Kanji

 
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Lieber teoma,
zuerst einmal finde ich, dass du Sätze und Dialoge wirklich gut formulieren kannst. Viele Passagen gefallen mir für sich genommen sehr gut. Allerdings will deine Geschichte auf der inhaltlichen Gesamtebene für mich einfach nicht funktionieren.

Es ist natürlich eine Geschichte, die irgendwie irgendwas mit Hemingway zu tun hat, so kommt es mir zumindest vor. Viele Einzelheiten, die du einstreust, erinnern an ihn, sollen vermutlich an ihn erinnern, seien es Äußerungen der Protagonisten, seien es Orte der Handlung, und teilweise auch die Verknappung deiner Sätze. Und natürlich, wie könnte es anders sein, bekommt der Leser nur die Spitze des Eisberges geliefert. So weit so gut. Die Absicht ist klar, die Ausführung lässt mich zweifeln. Aber während sich bei H. das Thema, auch wenn es nicht explizit ausgesprochen wird, dem Leser doch mitteilt und es für ihn erfahrbar wird,(vgl. das Thema Abtreibung in ‚Berge wie weiße Elefanten’) empfinde ich deinen Text als zu vage und zu beliebig. Er bleibt auf der Ebene des ‚Irgendwie’. Irgendwie ist da etwas mit einer Franziska. Möglicherweise ist es die Freundin des Mannes, möglicherweise haben sich die beiden Frauen verbündet gegen ihn? Warum das so ist, kann der Leser auch nur erahnen, alles spielt sich auf der Ebene der Andeutungen ab: Irgendwie ist da etwas Dunkles, irgendwie kommt sie mit ihm nicht zurecht, mag ihn nicht mehr hören, hält ihn für grob, findet seine Stories nicht gut. Aber aus all dem erschließt sich mir weder der Charakter der Frau noch der des Mannes, noch das, was eigentlich los ist.
Und irgendwie, das liegt an den vielen Hemingway-Bezügen, habe ich das alles schon einmal gelesen: diese Beziehung zwischen den beiden, dieses Aneinandervorbeireden, die Beschreibung der Szenerie, die überraschende Wende mit der Franziska, die Katze auf der Mauer usw. usw.

Du formulierst Dialoge, die zeigen sollen, dass die beiden nur noch aneinander vorbeireden, aber so kann ich mir das Aneinandervorbeireden beim besten Willen nicht vorstellen:

Als sie zum Auto liefen, war die Katze auf der Gartenmauer weg.
«Willst du fahren?» fragte er.
«Du kannst es nicht verstehen», sagte sie.
«Du wirst es mir zeigen, stimmt’s?»
«Ja, wenn’s soweit ist, wirst du’s sehen.»
«Dann fahre ich», sagte er.
oder

«Weißt du eigentlich», sagte sie, «wie lang wir schon zusammen sind?»
«Nein, aber du wirst es mir gleich sagen.»
«Es ist nicht so, wie ich’s mir gedacht habe.»
«Was?»
«Na alles, das ganze.»
«Wegen der Stories?»
«Du sagst doch selber: Da ist etwas Dunkles.»
In der Tat ist da etwas sehr Dunkles: Er kann sich nicht mehr daran erinnern, wie lange sie schon zusammen sind, aber das ist auch nicht so wichtig, denn ‚es ist nicht so’, wie sie es sich gedacht hat. ???

Du willst zeigen, dass sie aneinander vorbeireden oder über etwas nicht reden wollen, aber diese Dialoge sind inhaltslos und wirr. Sie deuten nicht auf etwas in der Geschichte hin und die Vorgeschichte bleibt mir verborgen.

Was habe ich über die Personen erfahren?

Da ist sie, die ihn wahrscheinlich nicht mehr liebt, weil er sie nervt.

Sie drehte das Radio an. Sie wusste, wie es war in Italien: Radiomoderator gleich Quasselmoderator.
Dann machte sie es. Sie stellte das Radio nach und nach lauter. Er erzählte einfach weiter.
«Buk hatte da so etwas an sich», rief er, als würde sie noch zuhören.
Sie drehte das Radio noch lauter. Er wurde auch lauter.
«Man konnte nicht sagen, was es war. Wer Buk aber kannte, der sah es.»
Sie drehte das Radio noch einmal lauter und wandte sich ab. Er begann zu brüllen.
Dieser Mann bekommt nichts mehr mit. Aber dieses Immer-lauter-Stellen, ohne dass er es bemerkt, empfinde ich als Holzhammer. Auch der blödeste Leser wird sich jetzt vorstellen können, dass da zwischen den beiden etwas nicht stimmt.

Und da ist er, der Stories schreibt, nach ihrer Aussage Stories, die ihr nicht gefallen – und er ist grob.

«Warum bist du so grob?» fragte sie.
Er schwieg. Sie wartete eine Weile und fragte dann: «Wieso schreibst eigentlich?»
Nachdem sie wieder eine Weile auf eine Antwort gewartet hatte, fragte sie weiter: «Ist es das wert?»
«Die Stories?» fragte er zurück.
«Ich meine den Müll, dem du alles opferst. Wieso bist du so gemein?»
«Wieso Müll?»
«Ich bin nicht deine Franziska!»
«Ja», sagte er. «Meine widerlichen, trostlosen und lausigen Stories über das Leben und die Jugend, und über saufende, gewalttätige Vaterfiguren, die – aber die können nichts dafür. Es war schon immer so.»
Auch hier empfinde ich die Darstellung dieses Gesprächs, das keines ist, weil sie aneinander vorbeireden, nicht als subtile Darstellung (wie so etwas bei Hemingway zu finden wäre), sondern als too much, zu gewollt, zu sehr mit dem Zeigefinger auf das, was vermittelt werden soll, hinweisend.

Da ist eine Franziska, für die er die Stories schreibt, von der er aber behauptet, dass er sie nicht kennt,

«Sag einmal», sagte sie, «wie geht’s eigentlich Franziska?»
«Franziska? – Ich kenne keine Franziska.»
«Ich meine die, für die du schreibst.»
«Die Stories?»
Im wirklichen Leben kann ich mir einen solchen Dialog nicht vorstellen. Wie viele deiner Dialoge ist auch dieser für mich zu gekünstelt, zu konstruiert.

Und da ist ein Bruder, in dem etwas Dunkles liegt.

«Ja, mein Bruder sagte oft solche Dinge. Da war etwas in ihm. Ich weiß nicht, was. Aber es war etwas Dunkles.»
Die Funktion des Bruders in der Story bleibt mir ebenfalls verborgen. Er taucht zum Schluss auf als Erklärung, aber für was?

Die Auflösung scheint wohl hier versteckt zu sein:

Na klar, da ist etwas, das dir nicht klar ist, aber wichtig vorkommt. Ich habe allerdings jemanden getroffen. Mir ist jetzt alles klar.
Da ist sie mir gegenüber im Vorteil.

Ja, und dann der Tag ‚Philosophisches’. Deshalb habe ich eigentlich deine Geschichte gelesen. Also, wenn ich davon ausgehe, dass sich die Philosophie mit den Sinnfragen unseres Seins beschäftigt, so finde ich dafür in deiner Geschichte keinen wirklichen Ansatzpunkt: Zwei Menschen haben sich auseinandergelebt (oder so), die Frau stürzt den sie nervenden Mann von der Klippe und informiert seine/ihre Freundin. Was ist daran philosophisch?

Fazit: Du versuchst hier auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Das machen wir alle, die wir seine Stories lieben. Aber das ist sehr schwer. Es reicht nicht, nur die Spitze des Eisbergs darzustellen, der Leser muss auch den darunter liegenden Eisberg erahnen können. Das ist die Kunst. Da bleibt dein Text für mein Empfinden zu sehr im Bereich des ‚Irgendwie’. Du übertreibst in der Sinnlosigkeit der Gespräche, sie wirken zu konstruiert und in sich zu widersprüchlich. Deine Geschichte erreicht mMn ihr Ziel nicht.

Noch ein paar Kleingikeiten:

Über dem Meer flirte die Sonne.
flirren

Er bestellte Krebssuppe, sie Thonsalat.
Wenn schon, dann in Verbindung mit Krebssuppe ‚Thunfischsalat’

«Na alles, das ganze.»
das Ganze

Ja, die Stories. Aber da ist etwas, etwas dunkles,
etwas Dunkles

erinnerten ihn an das Pier 42 in San Antonio
laut Duden:
Pier, der oder die

Sie bestellte sich einen Meersalat mit Crevetten
Ich kenne nur Meeresfrüchtesalat

Zum Titel:
Ich vermute mal, du hast Hemingway nun sterben lassen. Er stirbt nicht, wie die Lemminge, die sich (was ja in Wirklichkeit nicht so ist) ohne erkennbaren Grund ins Meer stürzen, sondern wird von seiner genervten Lebensgefährtin von der Klippe gestürzt. Habe ich das zumindest richtig verstanden?

Ansonsten habe ich eine gut formulierte, aber inhaltlich nicht gut ausgeführte Geschichte gelesen, sofern ich sie nicht auf das simple Schema 'genervte Frau stürzt Storie-Schreiber von den Klippen und wendet sich seiner Freundin zu' reduziere.

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Hallo teoma,
endlich wieder eine Geschichte von Dir. An der Philosophie räts'le ich noch, obwohl ich schon einiges von Dir gelernt habe. Ich sehe das Nilpferd.
Hier meine Interpretation: Der Typ hat einen Kriegsschaden, ist unheilber geisteskrank. Vorher war er Schriftsteller. Hatte dabei Mieses von sich gegeben. Seine Freundin und seine frühere Verlegerin, ganz klar zwei verschiedene Personen, planen seine Erlösung, einen Mord. Er spielt mit.
Der Vietnam-Krieg kommt wie eine reverse Epiphanie. Das seine Stimme übertönende Radio erinnert ihn an den Krach im Gefecht. Damals hat ihm auch niemand zugehört. Es wurde einfach weiter geschossen. Alles Matadore. In der Dunkelheit. Und ich habe ein paar Kommas dazugeschossen.

«Warum bist du so grob?»[,] fragte sie.
«War’s nicht genauso, wie ich’s gesagt habe?»[,] fragte sie.
«Willst du fahren?»[,] fragte er.
«Die Stories?»[,] fragte er zurück.
«Wieso schreibst [du] eigentlich?»
Der Typ könnte seinen Bruder ermordet haben. Der Bruder war dauerhaft überhitzt gewesen. Nach dem Krieg. Eine zyklische Handlung. Im Titel sind es drei Tage Ligurien, im Untertitel zwei und in der Handlung etwa ein Tag. Das geht gegen Null. (Die Tage sind gezählt.) Aber Buk war ein guter Freund im Krieg.
Da wird viel Kurzes gesagt, in der Geschichte. Willst es sagen, wie andere, so prägnant, mit viel Dialog. Wirr. Kann gut ankommen. Bei manchen. Bei mir auch.
Viele Grüsse
Fugu

 

Hallo Kanji

Dass dir die Geschichte dicht vorkommt, freut mich. Das ist ein Vorsatz, den ich schon lange hege. Nach meiner ersten hier nahm ich mir vor, dichter zu erzählen.

Ich bin gespannt, was andere Kommentatoren noch herausholen werden.

Hoffen wir, dass noch welche kommen. Gespannt bin ich nämlich auch. Bei meiner zweiten Geschichte hat es freilich ein Jahr gedauert, bis der erste Kritiker ihren Kern erfasste.

Dass ich noch etliche Fragen im Kopf habe, lass ich erst mal so sein. Wegen der Wirkung auf mich.

… oder wegen dem, wie du auf die Geschichte einwirkst?

Danke herzlich für die Kritik
Gruß teoma

PS: Barnhelm und Fugusan werde ich antworten sobald Zeit dazu habe, danke aber schon im Voraus.

 

Hallo Barnhelm

Danke für deine Beitrag. Du schreibst:

Fazit: Du versuchst hier auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Das machen wir alle, die wir seine Stories lieben. Aber das ist sehr schwer. Es reicht nicht, nur die Spitze des Eisbergs darzustellen, der Leser muss auch den darunter liegenden Eisberg erahnen können. Das ist die Kunst. Da bleibt dein Text für mein Empfinden zu sehr im Bereich des ‚Irgendwie’. Du übertreibst in der Sinnlosigkeit der Gespräche, sie wirken zu konstruiert und in sich zu widersprüchlich. Deine Geschichte erreicht mMn ihr Ziel nicht.

Und was sagst du zu dem Vergleich zwischen Eisberg und Nilpferd? Wie langweilig es wäre, wenn ich bloß versucht hätte, auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Ich würde sterben vor Langweile, so langweilig wäre das. Das Ziel der Geschichte? Zuerst dachte ich: Es ist sicher einfach wie Hemingway zu schreiben. Das wollte ich testen. Es war so. Innert zwei Stunden hatte ich sechs Seiten geschrieben. Aber das war vor einem halben oder dreiviertel Jahr. Seither hat sich vieles getan. Die vorliegende Version der Geschichte ist die Vierte. Vielleicht weicht sie inzwischen zu sehr von den allgemeinen Erwartungen ab. Aber einfach nur nach dem Schema H. zu schreiben, war wirklich langweilig. Du sagst also, dass ich hier versuche auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Aber ich sage: Das ist nur die halbe Wahrheit.

Ja, und dann der Tag ‚Philosophisches’. Deshalb habe ich eigentlich deine Geschichte gelesen. Also, wenn ich davon ausgehe, dass sich die Philosophie mit den Sinnfragen unseres Seins beschäftigt, so finde ich dafür in deiner Geschichte keinen wirklichen Ansatzpunkt: Zwei Menschen haben sich auseinandergelebt (oder so), die Frau stürzt den sie nervenden Mann von der Klippe und informiert seine/ihre Freundin. Was ist daran philosophisch?

Philosophische Fragen finde ich überaus spannend. Sinnfragen habe ich mir aber schon lange keine mehr gestellt. Die praktische Philosophie ist mir zu wenig praktisch und viel zu oft religiös oder semi-religiös. Mich beschäftigen eher Fragen wie: Welches sind die grundlegenden Kategorien der Dinge? Was unterscheidet das Nebensächliche vom Wesentlichen? Welche Arten der Abstraktion gibt es? Was machen abstrakte Begriffe, die in konkret gemeinten Sätzen vorkommen? Wie wirken sich Metaphern auf das Denken aus? Wann verfälschen oder verdeutlichen Vergleiche die Wahrheit? – Das sind philosophische Fragen, die zwar sinnvoll, aber keine Sinnfragen sind. Das Stichwort Philosophisches bedeutet also nicht zwingend, dass eine Geschichte irgendeine Art von Lebenssinn vermittelt.

Sagen wir es so: Die Geschichte stellt eine gewisse Art des Denkens dar und hinterfragt sie.

Ich vermute mal, du hast Hemingway nun sterben lassen. Er stirbt nicht, wie die Lemminge, die sich (was ja in Wirklichkeit nicht so ist) ohne erkennbaren Grund ins Meer stürzen, sondern wird von seiner genervten Lebensgefährtin von der Klippe gestürzt. Habe ich das zumindest richtig verstanden?

Besser man liest nur, was auch wirklich geschrieben steht. Sonst gleicht man dem Kind, das sich vor dunklen Ecken fürchtet, dem Irren, der überall seinen Wahn bestätigt sieht, oder dem Einfältigen, der im Vagen immer gleich zu erkennen glaubt, worüber zuvor geraunt wurde.

Noch kann ich mit deiner Kritik wenig anfangen. Vielleicht könnte ich eine romantische Szene einschieben, die das frustrierend sinnlose der Gespräche der beiden Helden etwas auflockert oder so. Mal schauen, und vielleicht kommt ja auch noch weiters von dir.

Gruß teoma

PS: Fugusan habe ich nicht vergessen.

 

Lieber teoma,

Du sagst also, dass ich hier versuche auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Aber ich sage: Das ist nur die halbe Wahrheit.
Verrätst du mir die ganze Wahrheit?
Mich beschäftigen eher Fragen wie: Welches sind die grundlegenden Kategorien der Dinge? Was unterscheidet das Nebensächliche vom Wesentlichen? Welche Arten der Abstraktion gibt es? Was machen abstrakte Begriffe, die in konkret gemeinten Sätzen vorkommen? Wie wirken sich Metaphern auf das Denken aus? Wann verfälschen oder verdeutlichen Vergleiche die Wahrheit? – Das sind philosophische Fragen, die zwar sinnvoll, aber keine Sinnfragen sind. Das Stichwort Philosophisches bedeutet also nicht zwingend, dass eine Geschichte irgendeine Art von Lebenssinn vermittelt.
Das ist sicherlich eine sehr interessante Auffassung von Philosophie. Aber mir bleibt unklar, was du damit sagen möchtest. Und deshalb erschließt sich mir deine Geschichte vermutlich auch nicht. Sei so nett und gibt mir ein konkretes Beispiel für deine Auffassung von Philosophie.

Sagen wir es so: Die Geschichte stellt eine gewisse Art des Denkens dar und hinterfragt sie.
Auch hier ist mir nicht klar, was du sagen möchtest. Welche Art des Denkens? Und inwiefern hinterfragt deine Geschichte sie? Gib mir einen Anhaltspunkt und ich versuche, dir zu folgen.

Besser man liest nur, was auch wirklich geschrieben steht. Sonst gleicht man dem Kind, das sich vor dunklen Ecken fürchtet, dem Irren, der überall seinen Wahn bestätigt sieht, oder dem Einfältigen, der im Vagen immer gleich zu erkennen glaubt, worüber zuvor geraunt wurde.
Huch! Nein, ich möchte weder ein Irrer noch ein Einfältiger sein, ein Kind - ja, vielleicht.
Da ziehe ich meine Annahme lieber zurück. Ich habe eh befürchtet, dass ich mit meiner Interpretation des Wortspiels 'Lemmingway-Geschichte' auf dem Holzweg war.

Vielleicht könnte ich eine romantische Szene einschieben, die das frustrierend sinnlose der Gespräche der beiden Helden etwas auflockert oder so.
Aber lieber teoma, wirklich, ich brauche keine romantische Szene oder so. Ich glaube, auch die wird mir bei den Fragen, die sich mir nach dem Lesen deiner Geschichte und deiner Antwort stellen, nicht wirklich helfen. Ich schließe mich Kanji an und warte auf weitere (hoffentlich erleuchtende) Kommentare.

Liebe Grüße
barnhelm

 
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Er war ganz der Stier, dem man ein rotes Tuch vorhält. Er steigerte sich in einen Kampf mit dem Radiomoderatoren hinein. Sie lächelte, denn er hatte nicht bemerkt, wer von ihnen der Matador war.

Hallo teoma,

Zeit mal wieder vorbeizuschauen.

Ja, was waren das noch für große Zeiten, als der große Ernest Miller Hemingway den Grizzly noch mit der bloßen Hand einfing und Humphrey Bogart auf den Hocker steigen musste, um Ingrid Bergmans gespitzten Mund zu erreichen (wie hätte das ausgesehen, hätt sie sich bücken oder auch nur hinunterbeugen müssen ...). Da gab es noch Helden mit eigenem Kopf. Da wusste der ganze Kerl noch, wo der Hammer hing! In der Werkstatt oder seiner Hose. Vorbei die Zeiten (mach's noch einmal, Sam, ist da schon rausgewachsen) und der achtbeste Liebhaber auf der Welt ist ja auch schon was ... und Gespräche wie

«Lass sie dort nicht stehen», sagte sie. «Die Badetücher müssen zum Trocknen aufgehängt werden.»
«Ja», sagte er und ging auf die Toilette. Sie hörte ihn urinieren.
[...]
«Hast du die Strandsachen aufgehängt?»
«Nein, habe ich nicht.»
könnten aus dem täglichen Alltag eines Paares stammen, das genauso - gut oder schlecht - sich anschwiege am Frühstückstisch und die Zeitung läse.

Hätte ich nicht schon den Loriot-Orden an snif vergeben, er gebührte Dir, bliebe auf jeden Fall der Schweiz zugesprochen. Aber halt, gelegentlich vermeine ich Flüchtigkeit zu erkennen:

Über dem Meer flirte die Sonne.
Hier verwechselstu „flirten“ (… flirtete die Sonne?) und „flirren“, das wohl von der Herkunft her aus flimmern und schwirren zusammengesetzt wurde …

Ich weiß, hat jetzt eine gewisse Tragikomik, aber im dt. ist der Plural von Story anders als in ihrem Herkunftsland,

«Die Stor[y]s?»
- oder sollte der Originaltext aus dem Heiligen Wald in der Nähe der Stadt der Engel kommen?

Hier wird irrtümlich die Konjunktion „soweit“ gewählt (soweit ich weiß ...)

«Ja, wenn’s so[...]weit ist, wirst du’s sehen.»

Fischer, Netz[...]e und Wellblechschuppen …

«Habe ich dir schon von Buk erzählt?»[,] sagte er.
«Ja, hast du[.]»
Mit den Abschlüssen der wörtl. Rede hastu's manchmal ... Musstu weiter durchschauen!

Nach der bisherigen Konversation (eigentlich müsste ich ja Plural verwenden) müsste, besser: dürfte hier was fehlen

«Wieso schreibst eigentlich?»
wahrscheinlich das vertraute „du“ …, oder doch ein Apostroph am Verb!

Die sieben Achtel müsstestu auch noch mal anschauen …, Singular und Plural Achtel, wie das Möbel in der guten Stube.

Ausgesprochen gern gelesen vom

Friedel

 
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Hallo Fugusan

Hat lange gedauert, bis ich antworte. Hoffe, du entschuldigst.

Seine Freundin und seine frühere Verlegerin, ganz klar zwei verschiedene Personen, planen seine Erlösung, einen Mord.

Das ist originell. In der zweiten Frau sah ich eher eine Ex-Freundin, die der Noch-Freundin hilf, sich selber zu erlösen.
Eigentlich kann man bei dieser Geschichte vieles nicht wissen oder sagen. Man kann zum Beispiel nicht sagen, wer die dritte Person ist. Man kann auch nicht sagen, was mit ihm passiert. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass sie ihr Leben mit einem Mord belastet, nur weil sie ihn verlassen oder erlösen will.

Ich zitiere die entscheidende, fragliche Stelle:

–oOo–​

Natürlich verschweige ich absichtlich, was zuletzt auf der Klippe passiert. Ich lege es darauf an, dass viele Leser ihre Lemmingway-Gedanken nicht zügeln. Die Provokation fängt schon damit an, dass im Untertitel mi dem Name Hemingways gespielt wird. Ich bin aber kein Fan seiner Geschichten. Mit der Eisberg-Nilpferd-Metapher lade ich zum Hinterfragen des Epigonentums rund um Hemingway ein. Darum auch das Stichwort Philosophie. Mich erinnert das Eisberg-Geraune an einen ehrwürdigen Herrn aus Wien, der in Amerika überaus populär war. Er meinte: Auf einen bewussten Wunsch, eine bewusste Angst usw. kommen sieben unbewusste Wünsche oder Ängste usw. Besagter Herr meinte auch, dass wir nur darum leicht durchs Leben kommen, weil wir sieben von achte Wünschen aus dem Bewusstsein verdrängen. Mit den Worten Hemingways: «Ein Eisberg bewegt sich darum so anmutig, da sich nur ein Achtel von ihm über Wasser befindet.» Sigmund Freud lehrte freilich nicht nur eine Theorie, sondern begründete auch eine Praxis, nämlich die des freien, aufmerksamen Zuhörens. Er nannte diese Art des Zuhörens «frei schwebend». Darauf spiele ich an, was freilich bisher keine Sau bemerkt hat, Himmelherrgott!

Deine Kritik – und auch die von Barnhelm – haben mir Schwächen der Geschichte aufgezeigt. Einerseits die Stelle mit dem Bruder: Ich muss klar machen, dass er ein Schwätzer ist, der nie in Vietnam war und stattdessen seinen jüngeren, kindlich unerfahrenen und leichtgläubigen Bruder ausnützt, um sich selber großartig zu fühlen. Das ist die eine Schwäche und die andere betrifft allenfalls das Denken der Frau: Wie sie zu ihrer Erkenntnis kommt, bleibt verborgen. Ich bin allerdings noch zweifelnd. Soll ich den Weg zu ihrer Einsicht zeigen? Oder schwäche ich dann die Geschichte, indem ich statt einem Achtel zwei Achtel zeige?

Die verschiedenen Zeitangaben in Titel Eins und Titel Zwei waren übrigens ein Fehler.

Danke noch für die dazugeschossenen Beistriche.
Gruß teoma

 

Hallo teoma,
danke für die Erklärungen. Vielleicht ist es besser, man verdrängt alle Wünsche aus dem Bewusstsein. Ich stelle mir jetzt den Typen vor, wie er frei schwebend vor der Klippe hängt und zwischen Leben und Tod entscheiden kann. Das ware dann einer, der in verschiedenen Quantenzuständen erschiene. Während dem Liebesspiel mit einer Freundin könnte er zur anderen verschwinden. Klar, dass die beiden Frauen sauer werden.

Die verschiedenen Zeitangaben in Titel Eins und Titel Zwei waren übrigens ein Fehler.
Schade, gerade darin hatte ich eine Absicht gesehen.
Aber aus psycholologischer Sicht für mich trotzdem eine amüsante Geschichte.
Viele Grüsse und Frohe Ostern
Fugu

 
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Hallo Barnhelm

Du sagst also, dass ich hier versuche auf den Spuren Hemingways zu wandeln. Aber ich sage: Das ist nur die halbe Wahrheit.

Verrätst du mir die ganze Wahrheit?

Barnhelm, was soll ich dir noch verraten? Glaubst du da sei noch etwas, etwas Verborgenes? Kriegst du den Eisberg nicht aus dem Kopf? Meinst du, was da ist, könne unmöglich alles sein. Glaubst du, da müsse noch etwas sein, etwas, das er verschweigt, etwas, das tiefer liegt, also etwas, das bedeutend wär, dem Leser aber vorenthalten wird? – Na klar, Barnhelm, das ist noch etwas, glaub mir, aber darüber kann man nicht einfach so reden. :D Vertrau mir, wichtig ist vor allem: Lass dir von niemandem ausreden, dass da nicht doch noch etwas zu finden ist. Nie aufgeben, gell! Wer sucht, der findet. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Wenn du dann fühlst, was da unergründlich tief drin verborgen liegt, dann gehörst du zu den Menschen, denen ein Licht aufgegangen ist.

Sei so nett und gibt mir ein konkretes Beispiel für deine Auffassung von Philosophie

Die Frage war ursprünglich: Welche Frage zum Sinn des Seins meine Geschichte beantworte. Ich sagte daraufhin: Keine. Philosophisch ist sie trotzdem, weil Philosophen sich auch mit anderen Fragen befassen.

Die Kerndisziplinen der theoretischen Philosophie stellen die Metaphysik, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie und die Philosophie des Geistes dar. Darüber hinaus werden als weitere Teildisziplinen häufig die Ontologie, Logik, Naturphilosophie, Wissenschaftstheorie und Philosophie der Mathematik genannt. Der theoretischen Philosophie steht die Praktische Philosophie gegenüber […]

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Auf mich wirkt es so, als würdest du, liebe Barnhelm, die Philosophie auf die großen, allgemeinen Sinnfragen beschränken. In diesem Sinne erscheint meine Geschichte natürlich nicht philosophisch. Es gibt aber diverse Teilgebiete der Philosophie, die kaum je soweit gehen, Sinnfragen des Seins zu erörtern. Beispiel:

Die Sprachphilosophie ist die Disziplin der Philosophie, die sich mit Sprache und Bedeutung beschäftigt, vor allem mit dem Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit und dem Verhältnis von Sprache und Bewusstsein (bzw. Denken).

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Sagen wir es so: Die Geschichte stellt eine gewisse Art des Denkens dar und hinterfragt sie.

Auch hier ist mir nicht klar, was du sagen möchtest. Welche Art des Denkens? Und inwiefern hinterfragt deine Geschichte sie? Gib mir einen Anhaltspunkt und ich versuche, dir zu folgen.

Die Frau in der Geschichte hinterfragt das Denken (Denkmuster und Denkbilder) ihres Freundes. Sie kommt zu dem Schluss, dass sie damit nichts mehr anfangen kann. Sie glaubt nicht mehr daran. Warum? – Die Frage, warum sie an das Geheimnis in der dunklen Tiefe nicht mehr glaubt, beantwortet sie im letzten Teil der Geschichte.
Aber, liebe Barnhelm, die Frage ist natürlich: Ist das alles oder liegt da noch etwas vor, um das es eigentlich geht? – Selbstverständlich, liegt da noch etwas im Dunkeln. Schiller meinte zwar, der Dilettant verwechsle das Dunkle mit dem Tiefen, aber glaube mir, Hemingway sagte etwas anderes. Du selber weißt ja auch, dass es nicht darum geht, etwas klar zu sagen, sondern darum, es richtig anzudeuten. ;) Sind wir uns da einig?

Ich schließe mich @Kanji an und warte auf weitere (hoffentlich erleuchtende) Kommentare.

Das ist gut. Ich habe ja schon am Anfang gesagt, dass du zuletzt zu den Erleuchteten gehören kannst, wenn du ausreichend hartnäckig suchst. Vielleicht sprechen andere noch Einzelheiten an, die dir bisher nicht aufgefallen sind.

Allerdings habe ich jetzt versuchsweise den reflektierenden Teil aus der Geschichte gestrichen und dementsprechend auch das Stichwort geändert. Mal schauen, wie dann darauf reagiert wird, falls überhaupt. Wir werden also sehen.

Grüsse und wünsche schöne Ostern
teoma

 

Sali Fadri

Ich meine:Hallo Fridel. Fadri ist die rätoromanische Variante von Friedrich. Hier im Kanton der (kauder)welschen Zungen wärest du also der Fadri.

Ja, was waren das noch für große Zeiten, als der große Ernest Miller Hemingway den Grizzly noch mit der bloßen Hand einfing und Humphrey Bogart auf den Hocker steigen musste, um Ingrid Bergmans gespitzten Mund zu erreichen (wie hätte das ausgesehen, hätt sie sich bücken oder auch nur hinunterbeugen müssen ...). Da gab es noch Helden mit eigenem Kopf. Da wusste der ganze Kerl noch, wo der Hammer hing! In der Werkstatt oder seiner Hose.

Gut, man kann also erkennen, dass er noch ein «richtiger Mann» ist, der keine halben Sachen macht, obschon sie ja eigentlich der Matodor ist. Du hast aber John Wayne vergessen. Humphrey Bogart, John Wayne und Ernest Hemingway – das Dreigestirn am Himmel wahrer Männlichkeit. ;)

Hätte ich nicht schon den Loriot-Orden an snif vergeben, er gebührte Dir, bliebe auf jeden Fall der Schweiz zugesprochen.

Danke.

Ich weiß, hat jetzt eine gewisse Tragikomik, aber im dt. ist der Plural von Story anders als in ihrem Herkunftsland,

Die sieben Achtel müsstestu auch noch mal anschauen …, Singular und Plural Achtel, wie das Möbel in der guten Stube.

Das muss ich noch nachschauen. So lernt man, wie`s geht, nicht wahr?

Danke und schöne Ostern noch
Gruß teoma

 

Hej teoma,

Ich. Schon wieder. Leider habe ich die erste Story in ihren Einzelheiten nicht mehr im Kopf (ach nee) und so muss ich einen erneuten Eindruck der Geschichte darlegen, d.h. möchte ich.

Sie erscheint mir weit reduzierter, was ok ist. War das Ende vorher auch so rational und abgebrüht? Ich hatte es subtiler in Erinnerung und würde mir besser zum Verlauf der Story gefallen.

Die Vater-Sohn-Problematik wiederum erscheint mir deutlicher. Die Paar-Beziehung dagegen eher weniger tiefgängig.

Keine Ahnung, was mich so irritiert und unbefriedigt zurücklässt. Es ist nicht sein Ableben, auch nicht sein Charakter ... was soll's: so sind Geschichten eben. Es bleiben immer Fragen und ehrlich gesagt, je mehr Fragen ich habe, desto lieber sind mir die Geschichten. Naja. Nicht immer. :hmm:

Was du damit anfangen kannst, ist unklar. Aber ein Leser-Eindruck mehr kann ja nicht schaden.

Herzlicher Gruß, Kanji

 

Hi,
der Stiel ist sehr gelungen, die verknappten sätze, die rätselhaften Sprünge, diese ganze Unklarheit erschafft eine Stimmung in der man sich verlieren kann. Das Ende in Verbindung mit dem Untertitel ist kurios und fast amüsant. Insgesammt ein gelungener Text der viele Fragen offen lässt und dadurch zum wieder lesen einläd.
Gruß Marot

 

Hallo Kanji

Leider habe ich die erste Story in ihren Einzelheiten nicht mehr im Kopf

Hier zum Vergleich die alte Version der veränderten Stellen. Der Rest ist gleich geblieben.

Eine Weile schwiegen sie. Dann sagte er: «Weißt du, als mein Bruder noch lebte, sagte er einmal: Kleiner, hör mir gut zu! Im Leben ist es wie damals, in Vietnam, in den Sechzigern. Es war da verdammt heiß. – Danach schaute er mich prüfend an. Ich wusste, dass ich antworten musste. Ich sagte: Na klar, dort war es verdammt heiß. Er sah, dass ich nichts verstanden hatte, und sagte: Glaub mir, Kleiner, irgendwann wirst du’s verstehen.»
Man konnte das Meer hören, dessen Wogen gegen die Küste rauschten. Eine Möwe schrie. Man konnte Seetang riechen. Der Mond schien. Die Möwe flog auf das Meer hinaus.
«Vietnam?», fragte sie. «Habe ich richtig gehört, du redest von Vietnam?»
«Ja, mein Bruder sagte oft solche Dinge. Da war etwas in ihm. Ich weiß nicht, was. Aber es war etwas Dunkles.»
«Na klar, da ist etwas, das dir nicht klar ist, aber wichtig vorkommt. Ich habe allerdings jemanden getroffen. Mir ist jetzt alles klar.» Sie trat näher an ihn heran. Er stand zwischen ihr und dem Rand der Klippe.

Sie war erstaunt, wie schnell es gegangen war. Vielleicht war da wirklich etwas Dunkles gewesen. Sie lachte. Immer hatte er geraunt: Ein Eisberg liegt zu Sieben Achteln unter Wasser und der Mensch handelt zu Neun Zehnteln aus Gründen, die er bloß ahnt. Schon einmal etwas vom Unterbewusstsein gehört? – Dort liegt so vieles verborgen. Das kannst du nicht verstehen, aber glaub mir einfach.
Sie startete den Wagen und fuhr über den Feldweg zur Autostraße. Sie bog auf die Fahrbahn ein.
Ihr fiel ein Nilpferd ein. Liegt das Nilpferd im Nil, liegen auch sieben Achteln unter Wasser. Trotzdem erkennt man, dass es ein im Nil liegendes Nilpferd ist. Man weiß, dass es vier kurze Beine, einen Wanst und einen fetten Arsch hat. Niemand raunt dauernd herum: Uh, da ist noch etwas, etwas Verborgenes, etwas Geheimnisvolles, etwas Besonders, uh!
Als sie auf die Autobahn fuhr, machte sie das Radio an. Auf dem Beifahrersitz lag ihre Handtasche. Sie griff hinein und zog ein Handy hervor.

Du schreibst:

Sie erscheint mir weit reduzierter, was ok ist. War das Ende vorher auch so rational und abgebrüht? Ich hatte es subtiler in Erinnerung und würde mir besser zum Verlauf der Story gefallen.

Vorher wurden am Schluss ihre Gedanken zitiert. Sie dachte nach über seine Idee vom Gewichtigen, das er überall dort sucht, wo es so dunkel ist, dass man nichts sehen kann; so z.B. in einem dunklen Ausspruch seines Bruders. Geistig-seelische Vorgänge sind in der Regel subtil. Also ist der Schluss jetzt weniger subtil. Den neuen Schluss kann nun jeder herunterlesen, ohne dass er etwas verstehen muss. Man kann sich dabei etwas denken oder auch nicht.
Du fragst, ob der Schluss vorher auch so rational und abgebrüht gewesen sei, wie er jetzt ist. Die Antwort lautet: Nein, war er nicht. Es liegt eben genau daran, dass unterdessen ihr emotionales Eintreten für ein eisbergfreies Denken fehlt.

Die Vater-Sohn-Problematik wiederum erscheint mir deutlicher. Die Paar-Beziehung dagegen eher weniger tiefgängig.

Man könnte ihn einen autoritären Charakter nennen. Erich Fromm bezeichnete damit Menschen, die Höherrangige unterwürfig anhündeln und gleichzeitig von Menschen geringeren Ranges verlangen, dass die für sie den Affen spielen. So ausgedrückt wirkt es harmlos und der Geschichte angemessen. Es geht nunmal nicht um eine existenziell dramatische Sache. An einen Mord zu denken, erübrigt sich. Er verhält sich ihr gegenüber gönnerhaft, das ist alles. Mit herablassend gönnerhaftem Gestus lässt er sie den Wein aussuchen, belehrt er sie über die Art und Weise, wie Väter schon immer gewesen seien usw. Kurzum: Er verkörpert den Endzustand, der nach einem Vater-Sohn-Konflikt eintritt. Gemäß WHO-Kodierung das Post-Ödipussi-Syndrom? ;)

Ist schönes Wetter heute. Die Wege sind aper bis zu den Maiensässen. Jetzt spaziere ich noch den Berg hoch.

Dank und Gruß
teoma

 

Hallo Marot

der Stiel ist sehr gelungen, die verknappten sätze, die rätselhaften Sprünge, diese ganze Unklarheit erschafft eine Stimmung in der man sich verlieren kann

Ich dachte, was die Gedankenführung angeht, an Kleist. Seine Sätze versetzen den Leser oftmals in den Zustand der Schwebe. Man versteht nicht sofort, sondern schwebt von Beistrich zu Beistrich, von Punkt zu Punkt, bis man an den Punkt kommt, an dem man versteht.

Das Ende in Verbindung mit dem Untertitel ist kurios und fast amüsant.

Ich kann natürlich aufgrund deiner knappen Aussage nur raten, was dich daran amüsiert. Amüsiert habe ich mich aber auch. Das Schreiben war amüsant. Hart war es machmal, weil ich den Wortschatz so furchtbar schrecklich einschränken und ausdünnen und verkindlichen und verknappen musste. Auch der Satzbau … Als ich mich daran gewöhnt hatte, wurde es freilich amüsant.

Gruss teoma

 

Hi teoma,
ich finde es fast Amüsant, trotz des Schrenkens mit dem man konfrontiert wird, weil es erstens so plötzlich kommt und so nebensächlich dennoch, das macht es fats zu schwarzem Humor und außerdem wegen dem Unetrtitel.
Die anspielung auf Hemmingway ist klar, aber die Lemminge fand ich lustig. Mann und Frau folgen sich gegenseitig auf eine sinnlose Reise durch völlig aneinander vorbeiführenden Gesprächen und am Ende stürtzt der Mann die Klippe runter.
Da musste ich schmunzeln, aber vielleicht bin ich auch einfach nur ein Schwein :D
Liebe Grüße
Marot

 

Hallo Marot

Ist jetzt schon fast wie in einem Chat.

Alles klar, jetzt verstehe ich schon mehr. Ob er am Ende am Fuss der Klippe endet, ist zwar nicht sicher. Aber kann sehr wohl so gelesen werden. Dass man darüber lacht, ist durchaus menschlich. Es ist ja auch nur eine Geschichte. Da müssen wir es nicht so genau nehmen mit dem Schwein sein oder nicht.

Jetzt muss ich aber gehen, sonst fährt das Postauto ohne mich.
Gruss teoma

 

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