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- 01.01.2015
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- Anmerkungen zum Text
Ihr Lieben, die Challenge hat mich sofort gereizt - eine Kuschelgeschichte, wo mir doch Konflikte soooo schwer fallen. Allerdings habe ich mal wieder ohne Blick in den Kalender geschrieben und vor drei Wochen fing der übliche Stress in der Gärtnerei an und ich habe kaum noch was geschafft. Aber ich wollte die Geschichte sogerne hier mit einstellen ...
Also habe ich mir Hilfe an Bord geholt und so wie die Geshcichte jetzt hier steht, ist sie ein Gemeinschaftswerk von @Fliege und mir. Die Grundidee und Text sind von mir, Titel und vor allem das Fehlen all der Dopplungen, unnützer Infos und Logikbrüche gehen auf Flieges Konto. Der Perspektivwechsel gehört zu meinen Baustellen, ich habe ihn nach nochmal drüber grübeln lieber gelassen, für mich geht er in Ordnung, von der Gegenseite stecke ich die "Haue" ein und überlege weiter, wie ich es anders lösen könnte.
Drei Kissen sind lange nicht genug
Graue Wände, Neonlicht, dazu der viel zu saubere Geruch eines Seniorenheimes. Schwester Stefanie lässt einen Armvoll gelber, oranger und purpurfarbener Pompondahlien auf den Flurtisch fallen. „Jetzt bringen wir hier erst mal die Sonne meines Urlaubs herein.“
Fix arrangiert sie aus einigen Blüten einen knalligen, großen Strauß. In kleine Vasen steckt sie je eine Blüte und etwas Grün. Erschrocken fährt sie herum, im Türrahmen zum Stationszimmer ist ein schlaksiger Junge aufgetaucht – Paul.
Warum noch mal hat sie den neuen Auszubildenden aufgedrückt bekommen? Als hätte sie nicht ohnehin schon genug zu tun.
Sie nickt zu den Vasen hin: „Nimm ein paar davon mit!"
Bevor sie an die erste Zimmertür klopft, fragt sie: „Wer ist hier neu eingezogen und was wissen wir bereits?"
Paul balanciert Vase und Akte. Auch nach zwei Wochen ist er noch unsicher. Er holt tief Luft und beginnt nervös aufzusagen: „Lotte Nonnenmacher.“ Er grinst, spricht jedoch sofort stockend weiter, als er Stefanies Blick auffängt. “Geboren 1938, Kurzzeitpflege, bettlägerig, Demenz.“
Stefanie stellt sich neben ihn und liest selbst. Kopfschüttelnd weist sie Paul auf die Fragezeichen hinter Kurzzeitpflege und Demenz hin. „Außerdem steht da ‚einsetzende Demenz‘ – nicht unwichtig, da sollten wir drauf achten. Nun, wie alt ist Frau Nonnenmacher?“
Paul öffnet den Mund. „Na, so schwierig ist das ja nicht auszurechnen, oder?“ Stefanie runzelt die Stirn und öffnet endlich die Tür.
Paul starrt auf den Rücken der als besonders streng verrufenen Schwester „Dreiundachtzig natürlich.“
„Guten Morgen, Frau Nonnenmacher!“ Stefanie betritt mit Schwung das dämmerige Zimmer.
„Du bist auch nicht meine Tochter!“, stellt Lotte Nonnenmacher zittrig fest.
„Richtig, ich bin Schwester Stefanie und das hier ist Paul, ein angehender Pfleger.“
Die alte Dame liegt flach im Bett, eine Hand umklammert die Bettkante. Mühsam hebt sie den Kopf, versucht etwas in dem schummrigen Licht zu erkennen. Mit einem Stöhnen sinkt ihr Kopf zurück auf das schmale Kissen. Sofort tritt Stefanie ans Bett, stützt den mageren Körper und kontrolliert den gelegten Zugang, den Vorrat an Kochsalzlösung und schüttelt das Kopfkissen auf.
„War Ihre Tochter denn heute schon da?“ Stefanie zeigt währenddessen aufs Fenster und nickt Paul aufmunternd zu.
Der stolpert über einen Hocker, Blumenwasser verspritzt. Sein haltsuchender Griff reißt einen Teil der zugezogenen Vorhänge herunter.
Stefanie rollt mit den Augen und wendet sich wieder Frau Nonnenmacher zu.
„Ich weiß nicht. War sie?“
Stefanie übergeht die Gegenfrage. „Kann ich sonst etwas für Sie tun?“
„Hier ist gar keine Luft drin.“ Die ausgemergelte Frau fasst sich an den Hals.
„Im Ernst?“ Stefanie greift nach Frau Nonnenmachers Händen, „Ihre Hände sind ganz kalt. Paul bringt Ihnen gleich noch eine Decke und ich messe derweil Fieber.“
„Keine Decke, lieber ein paar Kissen. Hier ist alles hart.“
Nachdem Stefanie die Werte und Eindrücke in der Mappe vermerkt hat, kontrolliert sie mit einem letzten Blick, ob alles in Ordnung ist.
Paul hat den Vorhang wieder hergerichtet, doch wo ist die Vase abgeblieben? Der Nachttisch ist vorgezogen und dort, im Blickfeld von Frau Nonnenmacher, hat er die Blumen abgestellt.
Ein Lächeln zieht über Stefanies ernstes Gesicht, sie streichelt kurz über Frau Nonnenmachers Schultern und verlässt das Zimmer.
Das leise: „Ich möchte so gerne in den Garten …“, hört sie nicht mehr.
„Paul, kümmere dich bitte um die Decke und verteile die restlichen Vasen.“
Der linst auf seine Uhr. „Es ist Frühstück!“
Stefanie schaut ihn nur an und geht kopfschüttelnd Richtung Pausenraum. Den Test bestehen wirklich wenige.
Am Pausentisch wird heftig über verkürzte Pflegezeiten diskutiert, was lautstark bis in den Flur zu hören ist.
„Na, dann sparen wir halt das Abwischen nach dem Stuhlgang ein …“
Stefanie lässt die flache Hand an den Türrahmen klatschen. Das wischt das Grinsen und weitere dumme Vorschläge vom Tisch.
„Hast du Paul schon vergrault, am ersten Tag nach deinem Urlaub?“
Stefanie lächelt und sagt: „Er verteilt noch schnell die Vasen. Wirkt etwas konfus.“
„Wir haben ihn vor dir gewarnt, wahrscheinlich hat er einfach Schiss, dass du ihn frisst.“
Stefanie fletscht mit einem Grinsen die Zähne und schaut dann Paul entgegen, der gerade den Raum betritt. Er nickt, es war wirklich kein Problem, die Aufgabe noch schnell zu erledigen.
Am Tisch drehen sich die Gespräche um das Fernsehprogramm des letzten Abends, die neue Sushi-Bar im Ort und immer wieder um die vorgeschriebenen Pflegezeiten, wie soll man das nur noch schaffen?
„Irgendwer muss sich um Frau Nonnenmacher kümmern, sie liegt allein im abgedunkelten Zimmer, wirkt leicht verwirrt.“
„Wir haben versucht, sie in den Gemeinschaftsraum zu setzen, aber sie hält es im Rollstuhl nicht lange aus.“
„Bekommt sie Besuch?“
„Nein, die Kinder wohnen zwar in der Stadt, sind aber sehr beschäftigt.“ Ihr Kollege malt mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft.
„Vielleicht kann Paul sie nachher einmal in den Aufenthaltsraum fahren und mit jemandem bekannt machen? Die Lehmann ist doch recht munter, die freut sich über wen zum Zuquatschen. Paul?“ Stefanie schaut sich suchend nach dem Pflegeschüler um.
Paul hat sich hinausgeschlichen. Es macht ihn nervös, ständig beobachtet zu werden. Dann doch lieber bei den Alten im Zimmer, irgendwas gibt es dort immer zu richten. Manchmal einfach nur zuhören oder da sein oder seltsame Wünsche erfüllen. Oma Nonnenmacher hat gerade nicht schlecht geschaut, als er zusätzlich zur Decke noch ein paar Kissen aus der Vorratskammer mitgebracht hat. Das eine, ein rosa Samtkissen, schien ihr besonders zu gefallen.
Er vergewissert sich, dass das die Zeit reicht, fünf Minuten Pause bleiben noch. Mit einem Lächeln setzt er sich auf die einzige Parkbank, die jetzt schon in der Sonne liegt. Er atmet tief durch, hebt den Kopf und lässt die rauschenden Buchenblätter auf sich wirken. Eine Amsel schackert, schimpft laut und fliegt an ihm vorbei. Einige Spatzen tschilpen wütend und Paul schaut sich suchend um.
Da ist der Störenfried: ein dicker Kater, schwarz mit weißen Pfoten kommt mit aufgerichtetem Schwanz auf ihn zu. Paul wartet erst einmal ab, legt den Kopf schräg und schaut dem Tier kurz in die Augen. Seine Oma hat immer gesagt, man solle den Tieren Respekt erweisen, sie nicht niederstarren. Der Kater schaut zurück, schlenzt mit dem Schwanz an Pauls Bein entlang und maunzt. Das kleine Stück Wurst, das Paul aus seiner Mittagsschnitte puhlt, nimmt er gnädig entgegen. Noch ein Maunzen. Paul lächelt, es geht nichts über das Selbstbewusstsein eines Katers. „Echt jetzt? Ich kriege ein Dankeschön?“ Der Kater stupst mit seinem dicken Kopf gegen Pauls Hand, fordert zum Streicheln auf. Der lässt sich nicht länger bitten und knuddelt den neuen Freund. „Aber du solltest dich nicht von den Schwestern erwischen lassen, die haben‘s nicht so mit Streunern.“
Bevor ihn weiterer Ärger trifft, rafft Paul sich auf. Nachdem er Frühstücktabletts eingesammelt, Wasserflaschen verteilt und einer Schwester beim Ausfüllen der Patientenakte geholfen hat, findet ihn Stefanie.
„Traust Du dir zu, Frau Nonnenmacher für eine Stunde Gesellschaft zu leisten?“
Paul öffnet den Mund, will etwas sagen.
„Du sollst nichts tun, nur ein wenig mit ihr schwatzen, sie in den Gemeinschaftsbereich bringen, sie ein bisschen animieren. So schwer ist das nicht.“
„Kein Ding. Ich unterhalte mich immer gern mit meiner Oma. Und die Frau sieht traurig aus.“ Ohne weitere Worte geht er los und greift sich im Vorbeigehen eine der Zeitungen vom Pausentisch. Das er noch kurz in die Bettenkammer abbiegt, hat hoffentlich niemand gesehen.
Ein Kollege, der in Hörweite steht, sieht Stefanie hinterherschauen und grinst. „Na, hast du gedacht, er kneift? Der mag Menschen. Anderes hapert, aber er mag Menschen.“
„Wo hakt es denn bei ihm?“
„Lesen und schreiben ist gar nicht seins. Aber ich finde, er hat eine Chance verdient.“
Als Paul das Zimmer von Frau Nonnenmacher betritt, hört er leises Schluchzen. Er schließt die Tür etwas lauter, tritt erst einmal zum Fenster. Paul findet, jeder hat das Recht auf seinen Privatbereich. Die Sonne scheint jetzt mit voller Kraft in den kleinen Raum, daher greift er nach den Vorhängen. Vom Bett kommt ein Schniefen.
„Nicht dunkel!“
Paul dreht sich zu Frau Nonnenmacher. „Echt? Es wird superwarm hier drin werden.“
„Mach das Fenster auf, ist eh zu wenig Luft.“
Paul zuckt mit den Schultern, öffnet ein Fenster weit und wirft einen sehnsüchtigen Blick auf den Flieder, seinen Lieblingsplatz. Der Kater schleicht noch immer umher, als er Paul am Fenster erkennt, läuft er auf ihn zu.
„Nee! Du genieß mal den Tag dort draußen.“
„Mit wem redest du?“ Die Stimme von Frau Nonnenmacher klingt wieder fester, sie hat sich gefangen.
„Bitte.“ Er reicht ihr die Taschentücher und holt einen feuchten Waschlappen aus dem Bad. Sanft wischt er ihr über die Stirn und die faltigen Wangen.
„Das tut gut, Danke! Hier kommt keiner, ich bin ganz allein.“
„Wie? Bin ich keiner?“ Paul grinst und schiebt das mitgebrachte Kissen auch noch unter ihren Kopf „Lust auf Geschichten erzählen?“
„Auf was?“
Paul wedelt mit der Zeitung. „Jeder sucht sich ein Bild aus und erzählt eine Geschichte dazu. Sie können natürlich auch einfach so eine Geschichte erzählen.“
Sehnsüchtig schaut Frau Nonnenmacher ihn an. „Kannst du mir nicht einfach vorlesen? Ich habe schon seit Tagen keine Zeitung gelesen.“
Paul rutscht unruhig hin und her. „Beim nächsten Mal, bestimmt! Aber heute würde ich so gerne etwas aus Ihrem Leben hören. Also?“
Er hält ihr die Zeitung hin. Zögernd greift Frau Nonnenmacher zu und dreht die Tageszeitung hin- und her. Dann ein kleines Lächeln und sie streicht über ein Babybild. „Wie Anna, meine Älteste. Ich habe fünf Kinder bekommen, eines süßer als das andere, und aus allen ist etwas geworden. Nun haben sie Kinder und Kindeskinder. Wenn alle zu Besuch kamen, brauchte ich drei vollständige Tafelgeschirre. Einige von den Urenkeln habe ich noch nie gesehen, doch für fast alle eine Babydecke genäht, Patchwork, immer in einer anderen Farbe.“ Sie streckt Paul ihre gekrümmten Hände entgegen. „Es geht nicht mehr. Nichts geht mehr.“
Paul ergreift ihre Hand. „Danke! Das war eine schöne Erinnerung. Jetzt bin ich dran.“ Paul durchblättert die Zeitung und sucht ein passendes Bild. Er tippt auf die Abbildung der Nordbahn. „Seit ich denken kann, wollte ich Eisenbahner werden, am besten in so einer richtigen Dampflok. Hab ein Praktikum bei der Bahn gemacht.“ Er tippt auf das Foto des kleinen Nahverkehrszuges. „Mir war drei Tage lang schlecht – zu eng, zu ruckelig, zu viel Technik.“
Er hält Frau Nonnenmacher die Wasserflasche an die Lippen. „Und nun bin ich hier.“
Sie schenkt ihm ein kleines Lächeln. „Das ist fein, da bin ich nicht so allein.“
Es klopft und ein Pfleger schiebt einen Rollstuhl herein. Paul nimmt die Decke beiseite, zieht die Kuschelsöckchen an Frau Nonnenmachers Füßen zurecht und reicht ihr eines der kleineren Kissen. Sanft streicht sie über den Samtbezug. Der Pfleger runzelt die Stirn, schweigt aber und setzt die schmale Frau in den Rollstuhl.
Paul legt die Decke über ihre Beine. „Können wir?“
Frau Nonnenmacher zieht den Kopf zwischen die Schultern und drückt das Kissen fest an ihre Brust.
„Da beißt keiner!“ Vorsichtig kurvt Paul mit dem Rollstuhl Richtung Aufenthaltsraum. Meist sitzen dort ein paar der aktiveren Hausbewohner und freuen sich über Gesellschaft.
„Hallo Frau Lehmann, wie wäre es mit etwas Gesellschaft? Darf ich Ihnen Frau Nonnenmacher vorstellen?“
Die alte Dame legt gesteigerten Wert auf Umgangsformen, das hat sie Paul in der letzten Woche eingebläut. Wenn er morgens nicht korrekt alle im Aufenthaltsraum begrüßte, tuschelte sie lautstark über ‚Erziehung‘ und ‚Benehmen‘.
„Was stimmt denn nicht?“, hatte er gefragt und prompt eine Einweisung in angemessene Begrüßung, inklusive Rückblick auf Diener und Knickse, erhalten. Allmählich macht er wohl alles richtig, gestern gab es sogar eine Einladung zum Canasta.
Doch Frau Lehmann schüttelt nur mitleidig den Kopf, nachdem sie einen Blick auf Frau Nonnenmacher geworfen hat. „Das wird nichts, gerne an einem besseren Tag.“
Jetzt bemerkt auch Paul, dass der Blick seines Schützlings verschleiert, unfixiert ist. Sie schaut zwar Richtung Tisch und nickt, aber ihr Gesicht ist schlaff und zeigt keine Reaktion. So war es letztes Mal auch, im Sitzen driftet Frau Nonnenmacher in eine anderen Welt.
Die Lehmannsche winkt ihn dichter an sich heran. „Ich habe von den Schwestern gehört, dass sie nach Hause will, nicht hier im Heim leben. Weil sie hier niemand in den Arm nimmt. Hat sie zu Hause denn noch jemanden?“ Paul schüttelt den Kopf. Das rosa Sofakissen in Frau Nonnenmachers Arm droht abzustürzen, sie hält es nicht mehr fest genug und Paul legt es ihr auf den Schoß.
Ein Kollege legt Frau Nonnenmacher ins Bett und Paul richtet die Kissen, alle drei, wartet, dass sie wieder im Hier und Jetzt ankommt. Nur leises Wimmern. Viel ist nicht zu verstehen: „Garten, allein, keine Luft.“
Paul öffnet das Fenster weit. „Riechen Sie den Flieder? Gleich dort ist ein weißer, und weiter hinten, unter der Buche, gibt es noch einen wilden in zartem Lila, der duftet noch viel besser. Ich bringe Ihnen nachher eine Blüte“, versucht er sie zurückzuholen. Doch sie reagiert nicht und langsam wird es ihm unheimlich. Er geht ins Stationszimmer, sucht nach einer Schwester. Doch offensichtlich sind sie alle beschäftigt. Durchs Fenster hat er gerade noch Stefanie mit der Rollatorgruppe gesehen.
Er stürzt nach draußen, auf Stefanie zu und beschreibt ihr das Verhalten von Frau Nonnenmacher. Sie zeigt auf das offenstehende Fenster von Frau Nonnenmachers Zimmer.
„Das kann schiefgehen, zur Sicherheit dürfen die Fenster nur angekippt werden.“ Aber ein bisschen nervös macht der Bericht sie wohl doch, denn sie geht ans Fenster und beugt sich hinein. Frau Nonnenmachers Augen sind geschlossen und sie wimmert leise vor sich hin. Stefanie fragt Paul: „So war sie schon im Rollstuhl?“
Bevor er etwas sagen kann, nehmen beide eine Bewegung im Zimmer wahr. Der dicke, schwarze Kater stellt sich am Bett auf und tippt mit einer Tatze auf Frau Nonnenmachers Arm. Noch mal. Und noch mal. Die alte Dame öffnet die Augen, leicht hebt sie die Bettdecke an. Mit einem Satz springt der dicke Kater hoch, dreht sich dreimal um sich selbst und schmiegt dann seinen Kopf dicht an den Hals von Frau Nonnenmacher. Diese beginnt zu summen, lächelt und schließt die Augen wieder. Den Kater hält sie fest umarmt.
Stefanie runzelt die Stirn, öffnet den Mund. Schnell zieht Paul sie vom Fenster weg.
„Das geht absolut nicht, wie unhygienisch ist das denn?“
„Bitte!“, fleht er. „Ich glaube, es tut ihr gut!“
„Aber … das ist was anderes als der Wellensittich von Frau Lehmann.“ Stefanie schüttelt den Kopf, starrt nochmals zum Fenster. Sie schweigt, kaut auf ihrer Unterlippe herum, hadert anscheinend mit einer Entscheidung. Schließlich wendet sie sich wieder Paul zu. „Dann kümmere dich! Mit allem was dazu gehört, Flöhe, Futter, saubere Füße. Und vorher muss ich das mit der Heimleitung besprechen.“
„Ich mach das! Versprochen! Ehrenwort.“
„Na, dann! Fang mal gleich damit an. Das Bettzeug ist dreckig.“
Paul rennt in Richtung Wäschekammer. Er wird viele frische Bezüge benötigen, bevor der Kater lernt, seine Pfoten abzutreten. Vielleicht kann er ihn an ein Extrakissen gewöhnen, dunkel und schmutzaufsaugend, aber ganz weich.