Hallo Zech - ein herzliches Willkommen bei uns Wortkriegern. Schauen wir mal, ob dein Erstlingswerk was drauf hat!
Das dunkle Himmelszelt breitet sich über unseren Köpfen aus.
Der erste Satz in jeder Geschichte möchte etwas Besonderes sein. Er soll den Leser packen und zum Weiterlesen anregen - das hier ist ein Beispiel dafür, wie es nicht aussehen sollte. Der Satz ist eine langweilige Information, die man auch noch hinterfragen kann: Entsteht der Himmel gerade erst? Ich glaube schon, dass er bereits ne ganze Weile da ist. Die folgenden Sätze werden auch nicht besser - an sich ist das ja ein schöner Aufbau einer Grundstimmung, aber für den Anfang einer Geschichte eignet sich so etwas nicht - zumal der Text eh nicht besonders lang ist.
Mondes, der die grauen Wolkendecken zu schlucken scheint.
Das Bild funktioniert bei mir nicht. Der Mond wird höchstens durch Wolken verdeckt. Für mich hat es noch nie den Eindruck gemacht, als ob unser Trabant da oben so wirklich begierig auf Wolken ist. Entfernungstechnisch wäre das auch so eine Sache, meinst du nicht? Wenn der sich auf den Weg machen sollte um die Wolken zu fressen, haben wir hier auf der Erde bald ein gehöriges Problem mit dem Meeresspiegel. Ich könnte die Situation jetzt ins Alberne ziehen und fragen, ob der Mond vielleicht ein schwarzes Loch ist, aber das halte ich für eher unwahrscheinlich.
Meine braunen, eng gebundenen Wanderschuhe versinken im maroden Waldboden.
Die Informationen, dass seine Schuhe braun und eng angebunden sind, sind für den Verlauf der Handlung völlig irrelevant. Du könntest es auf die Wanderschuhe beschränken.
Des Weiteren:
Meine braunen, eng gebundenen Wanderschuhe versinken im maroden Waldboden. Gelegentlich treffen sie auf verwahrloste Astreste und ein eng vertrautes Knarzen ertönt.
Doppelt gemoppelt. Finde ein Synonym für "eng" und tausch's an einer Stelle aus, sonst könnte es passieren, dass dein Leser an dieser Stelle in der Zeile verrutscht. Wortwiederholungen können ein Stilmittel sein, aber an dieser Stelle funktioniert das nicht.
Ich blicke in mir ungeläufig erscheinende Gesichter. Angestrengte Gesichter. Weinende Gesichter. Gesichter, mit Hoffnung erfüllt
Hier geht's z.B. in Ordnung. Es ist zwar nicht hübsch, aber es ist ein Stilmittel.
''Ihr seid tatsächlich die einzigen Überlebenden?'', fragt der bärtige, alte Mann mit Nachdruck in die Runde.
Gab es davor schon ein Gespräch oder wieso sieht er sich gezwungen, die Leute mit Nachdruck anzusprechen? Die kommen gerade an und - so wie die Szene auf mich wirkt - ist das Letzte, was sie gerade brauchen können, ein herumkrakeelender alter Mann.
Wir befinden uns in einem hölzernen Haus.
Seit wann? Siehst du, das haben wir nicht mitbekommen. Wir wissen zwar, dass seine Schuhe braun und eng sind, aber ganze Teile der Handlung fehlen. Ich stelle mir gerade vor, dass der alte Mann die fragt, ob sie die einzigen Überlebenden sind, dann gehen alle schweigend in die Hütte und erst da wird ihm geantwortet.
Der Alte hatte uns mehr oder weniger freiwillig aufgenommen
Wann? Gerade eben? Schon vor einem Jahr? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß etwas über die Schuhe des Protagonisten.
Ein breit gebauter Mann mit Stupsnase und runder Brille erhebt sich
Siehst du, das finde ich in Ordnung. Hier zeichnest du innerhalb eines Satzes ein Bild über eine Figur, ohne mir die ganze Denkarbeit abzunehmen. Es bleibt genug Spielraum für meine eigene Fantasie, um die Person zu gestalten. Mehr Informationen braucht der Leser eigentlich nicht.
der Drache der dunklen Nacht hat unser gesamtes Dorf ausgelöscht – mit einem einzigen Atemzug.''
Böse-Kreatur-hat-einen-fies-klingenden-Namen-Klischee! Man muss ja wissen, dass man es mit etwas Bösem zu tun hat.
Die Zähne der jungen Frau hinter mir lassen furchterregende Geräusche ertönen.
Was? Sind die Zähne der jungen Frau eine progessive Jazzband oder was meinst du? Knirscht sie mit den Zähnen? Da kannst du ruhig deutlicher sein.
Sie zittert derart, dass sogar ihre grüne Pelzdecke, zum Umhang umfunktioniert, nicht in der Lage dazu ist, ihr vor Furcht erstarrtes Gesicht zu verdecken.
Sie ist ja auch kein Wellensittich, der man eine Decke über den Kopf geworfen hat, damit sie sich beruhigt. Sie trägt die Decke als Umhang und nicht als Kopfbedeckung. Die Formulierung in diesem Satz hakt. Außerdem würde ich mit einem Doppelpunkt aufhören, da du danach eine Beschreibung des Gesichts folgen lässt, obwohl wir ganz gut ohne zurecht kommen würden.
''Er… seine weißen Augen… vor meinem Gesicht.. ah…'' Sie scheint ihren Verstand zu verlieren, was ihr zu diesem Zeitpunkt wohl nicht zu verübeln ist.
Die Stelle ist unfreiwillig komisch. Für das, was da gerade passiert, fasst es der Protagonist viel zu selbstverständlich zusammen. Er tut ja gerade so, als wäre eine Geisteskrankheit nur eine Kleinigkeit, die man an- und abstellen kann, wann man will.
Einer Mutter, der ihr Kind genommen worden ist, ist nicht mehr zu helfen. Menschen sind erbärmliche Kreaturen. Nur auf sich selbst bedacht.
Die persönliche Aussage des Protagonisten ist an dieser Stelle unnötig und deplatziert.
"Pfah. Die Frau hat ihr Kind verloren. Was für eine Schnarchtante. Gerade eben habe ich noch gesagt, dass man es ihr nicht verübeln kann, wenn sie nach dem Erlebten den Verstand verliert und jetzt blicke ich auf sie herab, weil sie ihr Kind verloren hat. Die soll si ch mal nicht so anstellen!"
Erzählerisch inkonsistent!
Auch dieser Frau geht es in diesem Moment nicht um ihr Kind. Ich habe es gesehen. Sie hat es zurückgelassen, um den Fängen des pechschwarzen Drachen zu entgehen.
Warum hat er es nicht gerettet und nur daneben gestanden, wenn er es gesehen hat? Er ist keinen Deut besser. Das Verhalten ist in dieser Situation völlig normal - und wenn man dann wieder in der Lage ist, einen klaren Gedanken zu fassen, schlägt dir so eine Situation noch fester ins Gesicht, weil dir klar wird, was du gemacht hast, um deinen eigenen Arsch zu retten. Ich meine, was würdest du jetzt tun, wenn ein riesiger, schwarzer Drache bei dir am Fenster auftauchen würde? Du würdest sicherlich nicht erst bei allen anderen Bescheid sagen, sondern rennen wie ein Bekloppter. Das nennt sich Selbsterhaltungstrieb. Ist nicht nur bei Menschen vorhanden - Tiere sind in diesen Belangen nämlich noch viel grausamer: Die opfern das schwächste Glied, um zu flüchten.
Auch der alte Mann ist kein Bilderbuchsamariter. Es ist in seinen Augen deutlich zu erkennen.
Wie? Hat er sich "Ich bin kein Bilderbuchsamariter, bin machtgierig und geldgeil, außerdem lasse ich meine Frauen verhungern" auf die Iris tättowieren lassen? Außerdem kann er ja so schlecht nicht sein, immerhin hat er Fremde mit Decken versorgt und sie bei sich untergebracht.
Diese dreckigen Menschenseelen. Bis auf alle Enden dieser Zeit sollten sie von der nachtschwarzen Gotteskraft verfolgt werden.
Was ist denn der Protagonist für ein Arschloch? Ganz im Ernst. Bisher hat er mir nur erzählt, dass seine Schuhe braun und eng sind, dann hat er über andere geurteilt und scheint sich selbst auf ein Podest zu stellen. Er macht überhaupt nichts!
''Unsere Ressourcen sind leider stark begrenzt'', beginnt der Alte erneut
Er beginnt nicht erneut, er sagt das. Bis hierhin hat er nämlich nur gefragt, ob das alle Überlebenden sind und mehr nicht. Du tust gerade so, als hätte er pausenlos gelabert.
''Ich wäre bereit jedes Angebot einzugehen, insofern meine Frau sich in Sicherheit wägen kann'', sagt der Mann entschlossen.
Das klingt nicht entschlossen, sondern eher so, als hätte er nen Brief aufgesetzt. So spricht niemand. Schon gar nicht in so einer Situation.
Ehrlichkeit entspringt aus seiner markanten Brust.
Also wirklich, das ist der Autor, der mir die Charakterzüge seiner Figuren vorkaut. Das ist reines Tell. Zeig mir, dass er ehrlich ist und sags mir nicht. Show, dont tell. Woher soll dieser Charakter das alles wissen? Er scheint dort niemanden zu kennen, aber stellt hier ein psychologisches Profil nach dem anderen auf.
''Das freut mich zu hören!'', antwortet der alte Widerling.
Warum ist er jetzt auf einmal der alte Widerling? Sind wir bei der Bild? Meinst du, dass wir nicht im Stande sind, die Charaktere selbst zu entschlüsseln und daher ganz dringend Anweisungen brauchen, wer hier der Gute und wer der Schlechte ist?
''Du wirst diese Stadt verlassen, um nach dem Drachen zu sehen und schlägst Alarm, sollte er hier erscheinen.'
Was ist das denn für ein bescheuerter Plan? Der Drache kann fliegen. Wenn der Typ vor der Stadt steht und das Viech sieht, ist es schon fast da - selbst wenn er mitten im Wald steht, kann er nicht schneller in die Stadt rennen als der Drache hinfliegen kann.
"Leute! Der Drache kommt!" Der Typ schaut sich um. Die Häuser liegen in Trümmern und der Markt steht in Flammen. Überall liegen verkohlte Leichen. "Oh. Ihr habts schon selbst gemerkt."
''Sämtliche weitere Männer werden anfangen einen Schutzwall um mein Haus im Osten der Stadt zu errichten.
WOZU?! Wenn der Drache ein ganzes Dorf mit einem Atemzug vernichten kann, wird ein Wall aus Palisaden oder Steinen überhaupt nichts bringen. Wenn die diesen Vorschlag annehmen, sind sie genau so blöd wie der alte Sack.
''Was geht dich das an, du versoffener Penner?''
Ich zitiere aus einer meiner liebsten Fanfics: "WHAT THE HELL ARE YOU DOING YOU MOTHERFUKERS!"
Its Dumblydore all over again.
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Die Geschichte ist schlecht. Sie hat ein Pacingproblem, schmückt die falschen Stellen und möchte so gerne Game of Thrones sein, was im Genaueren heißt, dass alles schlecht ist, jedem geht es mies und im Allgemeinen gibt es nur üble Menschen auf der Welt. Weißt du, warum das nicht gelingt? Du hast eine sehr genaue Vorstellung davon, wie wir den Text lesen sollen. Diese Figur da, die sollen wir mögen und den da drüben, den musst du hassen! Das wirkt nicht natürlich. Der Alte ist z.B. nur böse, weil du ihn böse haben möchtest - wobei ich mir nicht mal sicher bin, ob er schon so angefangen hat. Ich glaube, du hattest etwas völlig anderes im Kopf, als du angefangen hast, die Geschichte zu schreiben - und das ist dann daraus geworden. An deiner Stelle würde ich die ganze Geschichte nochmal grundsätzlich überarbeiten, denn in dieser Form ist es ein reines Durcheinander.
Was den "Twist" angeht: Er hat sich angedeutet und erklärt, warum der Prot plötzlich anfängt, auf die Menschen zu schimpfen, obwohl zuvor noch davon gesprochen hat, dass die Angst sein ständiger Begleiter ist. Das ist auch inkonsistent und stützt meine These, dass diese Geshichte ursprünglich etwas völlig anderes werden sollte. Außerdem habe ich noch ein paar Fragen: Wo hat der Drache die Klamotten in seiner Größe her? Warum reist er mit dieser Menschengruppe? Wenn die aus einer Stadt kommen, wieso erkennt ihn dann keiner und warum macht das niemanden stutzig?
Das reicht jetzt aber auch mal. Mir hat die Geschichte leider gar nicht gefallen.