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Donnerstag
Es war an einem Donnerstag. Ein riesiger Braunbär stapfte wütend durch den Wald. Sein Honigtopf war alle! Mit den Tatzen schlug er rechts und links in die Büsche. Zweige und Blätter wirbelten herum. Kein Honig mehr! Ein Baum stand ihm im Weg. Der Bär brüllte gewaltig und fing an zu rennen. Er stieß so heftig mit seiner Schulter gegen den Baum, dass dieser laut krachend umstürzte. Der Bär wurde immer wütender. Ein Fels stand ihm im Weg. Er brüllte umso lauter und rannte so schnell er konnte auf den Felsen zu.
Als der Bär wieder aufwachte, lag er auf dem Rücken und blickte in den blauen Himmel. In seinem Kopf summte und surrte es. Da spürte er ein Kribbeln auf dem Bauch. Eine winzige rote Waldameise spazierte mit ihren vier Hinterbeinen auf seinem Fell herum. In den vorderen Beinen hielt sie jeweils eine Tannennadel. Sie zog die beiden Tannennadeln, wie zwei Degen, zischend durch die Luft und fragte: »Warum liegst du hier im Gras?«
Der Bär antwortete »Ich bin gegen einen Felsen gerannt.«
»Wozu das denn?« Die Ameise schüttelte den Kopf und ihre Fühler.
»Ich weiß nicht. Ich war so wütend.«
Die Ameise trat einen Schritt zurück, »Hast du das öfter?«
»Mmmmm«, brummte der Bär.
»Und, wie ist es jetzt?«, fragte die Ameise mitfühlend: »Geht es Dir besser?«
»Ja, ja. Ganz friedlich. Was machst du den da mit den beiden Tannennadeln?«
»Ich lerne zweihändig fechten«, antwortete die Ameise stolz. »Ich kenne auch ein Super-Mittel gegen Wut. Du musst wissen, ich werde dauernd wütend. Auf die Millionen anderer Ameisen. Auf das endlose schwere Schleppen. Und am meisten auf mich selbst.«
Der Bär staunte, dass eine kleine Ameise so viele Gründe hatte, wütend zu werden. »Stapfst du durch den Wald und haust alles kurz und klein?«
»Nein, nein«, erwiderte die Ameise. »Wenn ich wütend bin, dann zwinkere ich mit den Augen. So schnell es geht. Es dauert keine Minute und ich bin den Ärger los.« Sie sprang in einem hohen Bogen vom Bauch des Bären.
Der Bär stand auf und stellte sich auf die Hintertatzen. Sein Bauch grummelte gar fürchterlich. Er erinnerte sich an den leeren Honigtopf und fletschte die Zähne.
Die Ameise schrie: »Zwinkern!«
Erst brummte er. Doch dann fing er an zu zwinkern. Die Sonne blitzte in den braunen Augen. Hell. Dunkel. Hell. Dunkel. Er zwinkerte immer schneller und verlor seinen Groll. Fröhlich tanzend drehte sich der Bär um die Ameise: »Das ist viel besser, als mit dem Kopf gegen einen Felsen zu rennen.« Der Braunbär winkte der roten Waldameise zum Abschied und trollte sich in den Wald. Auf der Suche nach Beeren, Pilzen und Nüssen.