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Doc, haste noch was?

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28.12.2014
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Doc, haste noch was?

Das schwarze Asphaltband verlief geradeaus über die sanften Hügel. Äcker mit dunklen, durchfurchten Böden säumten die Straße. Die Strahlen der hochstehenden Mittagssonne reflektierten sich auf der glatten Kühlerhaube unseres Autos. Laut dröhnten die Stones aus den voll aufgedrehten Boxen: „Can´t you hear me knocking?“ Mein Kumpel Jakob war bester Laune, erzählte von den großen Festivals in Deutschland, der Zeit, in der noch Jimi Hendrix, Santana oder Canned Head aufgetreten waren. Der guten alten Zeit!

Wild trommelte er auf dem Armaturenbrett im Rhythmus des Schlagzeugs. Seine Augen waren halb geschlossen, den Kopf schüttelte er im Takt der Musik. Glut löste sich von seiner locker im Mundwinkel hängenden Zigarette und bröckelte als feine, graue Asche auf seine Jacke. Jakob, so wie ich ihn kannte!

Wir waren bereits zwei Stunden unterwegs und so langsam erfasste uns die Vorfreude auf das bevorstehende Ereignis. Nach einem fast drei Jahrzehnte andauernden musikalischen Tiefschlaf waren wir endlich wieder „on the road“, auf dem Weg zu den Idolen unserer Jugend. Heute sollten wir nach langen Jahren endlich unsere ehemaligen Helden und Idole wiedersehen, die es noch - oder wieder -, gab: Hölderlin, Kraan, Amon Düül, Guru Guru, Frumpy und viele mehr.

Ich konnte mich Jakobs guter Laune nicht entziehen, der neben mir nun Jethro Tulls „Locomotive breath“ mitgrölte und sich an der Luftgitarre mächtig verausgabte. Unser stinknormaler, langweiliger, silberner Ford Focus verwandelte sich in einen alten, klapprigen, lindgrünen VW-Bus mit großem „PEACE“-Aufkleber an der Seitentür und Regenbogen-Design auf der Heckklappe. In Gedanken sah ich uns mit langen, verfilzten Haaren, Stirnbändern, Batikhemden und engsitzenden, unterhalb der Knie weit geschnittenen zweifarbigen Jeans mit breiten Ledergürteln.

Die größer werdende Autokarawane mit jungen und jung gebliebenen Musikfans war ein deutliches Zeichen auf das in greifbarer Nähe liegende Ziel. Vorsichtig lenkte ich unser Auto auf den Parkplatz, den uns ein langhaariger, missmutiger Kerl mit Lederjacke zuwies und der aus einer von einem Bauern als Parkplatz freigegebenen abgemähten, holprigen Wiese bestand. Wir konnten es kaum erwarten, packten Bierkasten und Jacken und machten uns über die weitläufige Wiese auf den Weg zur Bühne, die wenige Meter vor dem Wald aufgebaut war. Das Zelt würden wir später aufstellen, erst einmal wollten wir Musik hören. Dafür waren wir schließlich gekommen!

Es wurde ein unvergesslicher Abend. Die Musiker ließen die guten, alten Zeiten aufleben und verstanden es, jüngere und ältere Zuhörer gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen. Wir schwelgten in Erinnerungen, tauschten Geschichten aus, fast vergessene Episoden aus unserem Leben wurden in dieser einzigartigen Atmosphäre an die Oberfläche gespült und gegenwärtig, als seien sie erst gestern passiert. Entspannt lagen wir auf der Wiese unweit der Bühne, mitten zwischen den anderen Musikfans, die aufmerksam der Musik lauschten und wie wir aufgeräumter Stimmung waren. Einige schüttelten ihre Köpfe im Takt der Musik, andere rauchten und tranken Bier oder Rotwein aus großen, bauchigen Flaschen. Ein süßlicher Geruch lag in der Luft, mischte sich mit dem Duft gegrillten Fleisches und Holzkohle.

Irgendetwas fehlte!
Plötzlich kam mir ein Einfall, überkam mich die Sehnsucht nach etwas, das ich schon lange nicht mehr genossen hatte, das aber aus diesem Abend erst ein unvergessliches Erlebnis machen sollte. Ich schaute Doc, wie ich Jakob in solchen Augenblicken gerne nannte, fragend an:
„Doc, haste noch was? Ich brauch jetzt was!“

Jakob blickte zu mir rüber, grinste. Mit einer bedächtigen Bewegung öffnete er die Brusttasche seiner Jeansjacke, holte ein zerknittertes Päckchen Tabak hervor und entnahm einer kleinen, flachen Pappschachtel ein weißes Zigarettenpapierchen, auf das er mit geschickten und geübten Bewegungen den Tabak verteilte, es zu einer dicken Zigarette drehte, mit Spucke verklebte und mir rüberreichte.
„Spezialmischung. Betriebsgeheimnis, wie immer!“

Er reichte mir ein Feuerzeug und schon wenige Sekunden später hatte ich einen tiefen Zug genommen. Die Wirkung war bemerkenswert. Schwindelerregend. Neben dem Bierkasten liegend genoss ich mit geschlossenen Augen die Musik und das Feuerwerk, das sich in meinem Kopf entfaltete. Bunte, grelle, ineinanderlaufende Farben mischten sich mit dem Klang der Musik zu einem Gefühl, als ob mich fliegende Züge im Vorbeirauschen in Rotation bringen würden.
Ich verlor das Gefühl für Zeit und Raum, überließ mich der Musik wie einem infernalischen Gewitter, das in meinem Kopf tobte und mir den Sinn für das Hier und Heute raubte.

Langsam senkte sich die Müdigkeit in meine Glieder, gleichsam schwereloser Zustand, Wärme durchflutende Wohltat bemächtigte sich meines Körpers.
Guru Guru spielten gerade ihre letzte Zugabe und es muss schon weit nach Mitternacht gewesen sein, als wir uns entschlossen, zum Zeltplatz zu gehen. Der Weg schien weit und wir stolperten oft über Unebenheiten des Bodens oder über Festivalbesucher, die auf dem Boden lagen oder saßen. Hier, weitab der Bühne, war es stockdunkel. In weiter Entfernung brannte ein großes, helles Feuer, dort mussten wir hin.

Plötzlich sah ich sie! Sie saßen um das Feuer, Fetzen einer Sprache, die ich nicht verstand, drangen an mein Ohr. Ich zählte vierzig oder fünfzig, vielleicht sechzig Mann. Sie hatten lange Haare, trugen Jacken mit bunten Stickereien. Einige tanzten um das Feuer, schienen zu singen, irgendetwas vor sich hin zu murmeln. In einiger Entfernung sah ich ihre Pferde. Dunkle, stolze Pferde mit glänzendem Zaumzeug. Sie standen bewegungslos da. Einige hatten bunte Decken umgelegt, zwei Wachen standen dicht dabei, ließen sie nicht aus den Augen.

Ich packte Jakob am Arm, riss ihn nieder und deutete ihm, sich mit mir hinter einem Baum zu verstecken.
„Indianer, Doc. Das sind Indianer! Haste noch was? Ich brauch jetzt was!“
Jakob, der Schweigsame, guckte nur kurz zu mir hinüber und begann dann, erneut eine Zigarette zu drehen. Wir saßen hinter dem Baum, kaum wagte ich, das Treiben der Indianer zu beobachten. Ich sah ihr Lagerfeuer, ihre Tänze, die stolzen, wilden Krieger, ihre Pferde und eine weitere kleinere Gruppe, die zusammensaß und eine Pfeife kreisen ließ.

Tief inhalierte ich den wärmenden Rauch und wieder begann sich alles um mich zu drehen. Der Schein des Feuers vermischte sich mit den dunklen Konturen des Waldes, die Baumspitzen zogen sich über meinen Kopf zu einem Hexenkreis zusammen. Wärme durchströmte mich, ich schloss die Augen...


Jakobs Husten weckte mich. Er lehnte am Baum, zog an einer Zigarette und trank sein erstes Bier. Mir war kalt, die dünne Jacke wärmte kaum. Ich spürte den feuchten Boden unter mir. Die Dunkelheit hatte ersten, zögernden Sonnenstrahlen Platz gemacht, im Gras glitzerte der Morgentau, die Luft war klar. Es hämmerte in meinem Kopf. Da durchzuckte mich ein Gedanke: „Die Indianer, Jakob. Wo sind die Indianer?“
„Scheiß Indianer. Guck Dich mal um!“ Jakob lachte.
Ich zitterte. War es die Kälte des frühen Tages? War es das Erlebnis der vergangenen Nacht?
Ich versuchte, wieder einen klaren Gedanken zu fassen, den neuen Tag mit frischer Tatkraft zu erfüllen. Du musst im Leben mutig sein auch wenn es Dich das Leben kostet, dachte ich mir und wagte einen vorsichtigen Blick auf den Platz, auf dem in der Nacht die Indianer gelagert hatten. Wo gestern Nacht noch stolze Pferde gegrast hatten, standen jetzt schwere Motorräder, ihre Armaturen glänzten in der frühen Morgensonne, die zaghaft ihre Strahlen durch den Morgennebel schickte. Langhaarige, grimmig dreinblickende Kerle in bestickten Ledermonturen oder Jeans packten ihre Satteltaschen.
Die Motoren der Kräder brummelten, infernalischer Lärm setzte ein, als sich die schätzungsweise fünfzig Maschinen bewegten und sich rasch entfernten. Staub wirbelte auf. Der Spuk war vorbei. Mein Kopf hämmerte. Immer noch zitterte ich am ganzen Körper.
Das also waren meine Indianer!
Ich schaute zu Doc hinüber, ich brauchte jetzt was!
„Doc, haste ne Kopfschmerztablette?“

 

Hallo Freegrazer,

wer hat sie nicht, ab und an die Sehnsucht nach früher, ganz sentimental, als man noch ohne Verantwortung für Job und Familie in den Tag lebte und entsprechend auch auf der Rolle war?


Irgendetwas fehlte!

Mir jedenfalls die Dialoge.

Ich kam nicht rein in die Geschichte, ich kenne das ja auch alles, aber das wird mit so einem Blick von außen erzählt, so abgeklärt, irgendwie steril, mir fällt grade kein anderes Wort dafür ein.

Ein typischer Absatz dafür ist:


Es wurde ein unvergesslicher Abend. Die Musiker ließen die guten, alten Zeiten aufleben und verstanden es, jüngere und ältere Zuhörer gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen. Wir schwelgten in Erinnerungen, tauschten Geschichten aus, fast vergessene Episoden aus unserem Leben wurden in dieser einzigartigen Atmosphäre an die Oberfläche gespült und gegenwärtig, als seien sie erst gestern passiert. Entspannt lagen wir auf der Wiese unweit der Bühne, mitten zwischen den anderen Musikfans, die aufmerksam der Musik lauschten und wie wir aufgeräumter Stimmung waren. Einige schüttelten ihre Köpfe im Takt der Musik, andere rauchten und tranken Bier oder Rotwein aus großen, bauchigen Flaschen. Ein süßlicher Geruch lag in der Luft, mischte sich mit dem Duft gegrillten Fleisches und Holzkohle.

Das liest sich so fern von der ganzen Szenerie. Nach meinem Geschmack müsstest du die Leser viel näher ranziehen, viel mit Dialogen, mit eben einer Episode von früher, wieder mal einen Blick zwischendurch auf das Jetzt mit schütterem Haar und Bierbauch.

Die Idee, bekifft die Rocker als Indianer zu sehen, ist ganz witzig. Das Ende mit der Kopfwehtablette zieht etwas auf eine Pointe hin, die für mich von der Erzählabsicht nicht so ganz zum Anfang des Textes passen mag.

Sauber geschrieben, aber für mich noch mit zuwenig Herzblut, das mich mitfiebern ließe.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Freegrazer,

mir ging es ähnlich wie bernadette, ich las das eher unbeeindruckt. Obwohl mich das Thema - sentimentale Zeitreise in die eigene Jugend - ja schon aufgrund meines Alters interessieren könnte/sollte.
Aber die Art wie du es erzählst, konnte mich einfach nicht überzeugen, auch wenn es sprachlich-handwerklich nicht viel daran auszusetzen gibt. Aber mir klingt das viel zu berichtartig, zu linear und brav, ja, beinahe betulich erzählt, fast, und das klingt jetzt vermutlich echt grausam, wie ein Schulaufsatz zum Thema „Mein schönstes Rockkonzert.“ Mir fehlt darin das Außergewöhnliche, irgendwas wahrhaft Erzählenswertes, das die Geschichte über eine nette Anekdote, wie man sie im Freundeskreis erzählt, hinaushebt. Also wenn schon kiffen, dann hemmungslos, wenn schon halluzinieren, dann gehörig, sozusagen, du bist ja in einer Geschichte nicht der reinen Wahrheit verpflichtet, da könntest du ja so richtig reinhauen, so dass auch ein Leser, der dich nicht kennt, was davon hat. Und gerade dieses Setting böte doch genug Möglichkeiten, aus dem Vollen zu schöpfen, z.B. könntest, du wie bernadette es vorschlägt, mit dem Kontrast spielen zwischen der Eigenwahrnehmung des Erzählers als wilder Hund und wie er auf andere wirkt, irgendsowas, z.B. in Form einer dialoglastigen Konfrontation mit jüngeren Konzertbesuchern, keine Ahnung. Oder zumindest versuchen, die Faszination der Musik besser zu vermitteln, anstatt dich auf die schlichte Aufzählung von Bandnamen zu beschränken.

Es wurde ein unvergesslicher Abend. Die Musiker ließen die guten, alten Zeiten aufleben und verstanden es, jüngere und ältere Zuhörer gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen.
Also ich weiß nicht recht. Du wählst hier für mein Gefühl eine vollkommen falsche Sprache. Natürlich ist sie fehlerfrei, schön formuliert und gewählt, aber, verzeih, sie klingt einfach furchtbar langweilig.
Als hätte ein schöngeistiger Pensionist eine Rezension für ein Bezirksblatt geschrieben.

Und, ehrlich gesagt, der Höhepunkt der Geschichte, die imaginierten Indianer, die sich am nächsten Morgen als gewöhnliche Rocker entpuppen, ist, nun ja, nett eben, aber auch nicht viel mehr. Obendrein schwächst du dann die „Schlusspointe“ noch selbst ab, indem du deinen Protagonisten sie quasi erklären lässt:

Der Spuk war vorbei. Mein Kopf hämmerte. Immer noch zitterte ich am ganzen Körper.
Das also waren meine Indianer!
Ich schaute zu Doc hinüber, ich brauchte jetzt was!
„Doc, haste ne Kopfschmerztablette?“
Den hervorgehobenen Satz würde ich schleunigst rausschmeißen.

Ein süßlicher Geruch lag in der Luft, mischte sich mit dem Duft gegrillten Fleisches und Holzkohle.
So, wie es jetzt dasteht, bedeutet es, dass sich der süßliche Geruch mit Holzkohle mischt, wo du aber vermutlich den Duft der Holzkohle meinst.
besser: mit dem Duft gegrillten Fleisches und von Holzkohle.
Um ganz korrekt zu sein, müsste Duft im Plural stehen, weil es ja zwei verschiedene Düfte sind.

Jakob, der Schweigsame, guckte nur kurz zu mir hinüber [herüber]

Du musst im Leben mutig sein [Komma] auch wenn es Dich das Leben kostet, dachte ich mir

Die Idee, das Setting, der Plot gefallen mir. Mit der Ausführung allerdings wirst du dem Thema für meinen Geschmack nicht wirklich gerecht. Dein so offensichtliches Bemühen um korrekte und schöne Sprache geht in meinen Augen zu Lasten der Intensität des Textes.
Trau dich mehr, sag ich jetzt mal ganz salopp. Weil schreiben kannst du.

offshore

 
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Hola Freegrazer,
Deine neue Geschichte ist vermutlich autobiographisch inspiriert. Sie handelt von einer Welt, in der ich gern gewesen wäre, die für mich als „Bürger des ersten Arbeiter- und Bauernstaates“ aber in weiter Ferne lag – und ich deshalb fast nichts dazu sagen kann. Tut mir leid, diesmal. Immerhin hab’ ich den Absprung 1966 geschafft, aber gleich so gründlich, dass ich schon wieder in weiter Ferne war – weit weg von allen Rockkonzerten. Auch das Revival habe ich verpasst.
Deine Geschichte las ich mit Interesse und fand sie sehr unterhaltsam, nur bin ich irritiert über Deine Art der Darstellung. Der Leser bleibt ziemlich unberührt, obwohl ihm doch die Fetzen um die Ohren fliegen sollten! Volle Kanne ist vonnöten, schmeiß eine Handvoll Chili ins brave Ragout!

Jemand beginnt, sich erneut eine Zigarette zu drehen – das klingt so verwaltungstechnisch.
Ich lese vom Gefühl für Zeit und Raum, oder vom Sinn für das Hier und Heute – das hab’ ich doch schon mal gehört?
Und die Motoren der Kräder brummelten. Kräder – also Krafträder, deren Motoren brummeln - nach dem Rockkonzert? Ich muss doch bitten. (Im Krieg war mein Vater Kradmelder.)
Auch hier: ...als sich die fünfzig Maschinen bewegten und sich rasch entfernten...dachte ich, dass Du bestimmt spritziger und origineller schreiben kannst, besonders bei einem so fetzigen Thema.
Ich hoffe, Du nimmst mir meine Offenheit nicht krumm.
Ich grüße Dich!
Joséfelipe
PS: Bei Rockevents sollen angeblich immer heiße Bräute mit dabei sein - hast Du die unterschlagen?

 

Hallo Freegrazer,
Ich finde deinen Text gut. Die Worte meist passend gewählt, auch für dieses Thema. Meiner Meinung nach kann auch so eine Art Rock-Festival in der Hippiezeit in einer ruhigeren Sprache gehalten werden. Dennoch muss ich mich den anderen anschließen. In deinem Text fehlen einfach längere Dialoge und Gefühlsbeschreibungen.

 
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Hallo ernst offshore,

vielen Dank für deine Kritik! Du hast ja so recht, speziell wenn du sagst:

( ... )
Also ich weiß nicht recht. Du wählst hier für mein Gefühl eine vollkommen falsche Sprache. Natürlich ist sie fehlerfrei, schön formuliert und gewählt, aber, verzeih, sie klingt einfach furchtbar langweilig. Als hätte ein schöngeistiger Pensionist eine Rezension für ein Bezirksblatt geschrieben.

( ... ) Plot gefallen mir. Mit der Ausführung allerdings wirst du dem Thema für meinen Geschmack nicht wirklich gerecht. Dein so offensichtliches Bemühen um korrekte und schöne Sprache geht in meinen Augen zu Lasten der Intensität des Textes.
offshore


Stimmt und die Kritik kenne ich: Oft ersterben meine Texte in Schönheit. Ist aber ganz schwer, mir das selbst abzugewöhnen, denn dazu muß ich oft anders schreiben und nicht immer gefällt mir das Resultat dann.

Aber ja, mir geht ein wohlgeschliffener Satz über alles Andere. Werde dran arbeiten, mir dies abzugewöhnen. Stimmt auch, gerade diese KG hätte inhaltlich einiges zu bieten. Chance vertan! :hmm:

Darüber habe ich mich gefreut und dies läßt für die Zukunft hoffen:

Trau dich mehr, sag ich jetzt mal ganz salopp. Weil schreiben kannst du.

Gruß, Freegrazer


@ Bernadette,
@ Jokersmile,
euch natürlich auch vielen Dank für die Kritik, die ja in die gleiche Richtung ging.

@ josefélipe,
dir auch ein dickes Danke schön, aber ... die Sache mit den Bräuten, die macht mir jetzt Sorgen. Hätte ich nur mal nicht soviel kiffen sollen ... :D

 

Das schwarze Asphaltband verlief geradeaus über die sanften Hügel. Äcker mit dunklen, durchfurchten Böden säumten die Straße

Toller Anfang

 
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lockenkopf 156

Das sind nicht die Art Beiträge, die Jimmy gemeint hat. :rolleyes: Einzeiler als Koms sind hier nicht erwünscht

 
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Freegrazer schrieb:
die Kritik kenne ich: Oft ersterben meine Texte in Schönheit. Ist aber ganz schwer, mir das selbst abzugewöhnen, denn dazu muß ich oft anders schreiben und nicht immer gefällt mir das Resultat dann.
Aber ja, mir geht ein wohlgeschliffener Satz über alles Andere. Werde dran arbeiten, mir dies abzugewöhnen.

Das Problem kenne ich, Freegrazer. Ich bin ja selbst so ein stilverliebter Leser, dem der Stil einer Geschichte allemal mehr wert ist, als ein noch so hirnwegsprendender Plot. So handlungsarm kann ein Buch gar nicht sein, dass ich es nicht weiterlese, sofern mich der Stil begeistert. Umgekehrt geht’s mir genau so. Der interessanteste Plot geht mir am Arsch vorbei, wenn er schlecht geschrieben ist.
Guter Stil allerdings hat in meinen Augen nicht viel mit "wohlgeschliffenen Sätzen" zu tun - im Grunde sollte in jeder Geschichte jeder Satz wohlgeschliffen sein, wohlgeschliffen im Sinne von hundertmal auf Wortwahl, Syntax, Rhythmik und Sprachmelodie hinterfragt und überarbeitet - sondern vielmehr bedeutet guter Stil für mich, wenn es mir während des Lesens immer wieder mal den Atem verschlägt, wenn ich Formulierungen und Sätze lese, wie ich sie in eben dieser Form bisher eben noch nie gelesen habe, wenn ich die Individualität und die sprachliche Kreativität des Autors in jeder Zeile spüre, bis ich irgendwann den Stil gar nicht mehr hinterfrage, einfach weil er mir dem Sujet, dem Setting, den Figuren vollkommen und perfekt angemessen erscheint.
Um als Autor dieses hehre Ziel für sich selbst zu erreichen, genügt es in meinen Augen nicht, an Sätzen nur zu schleifen. Da muss man bisweilen schon mit dem (metaphorischen) Brecheisen dran.

Ich zitiere als Beispiel noch mal diese Sätze von dir:

Es wurde ein unvergesslicher Abend. Die Musiker ließen die guten, alten Zeiten aufleben und verstanden es, jüngere und ältere Zuhörer gleichermaßen in ihren Bann zu ziehen.
Die Sätze sind in der Tat „wohlgeschliffen“ und würden vermutlich jedem Deutschlehrer ein wohlwollendes Kopfnicken entlocken.
Aber in Wahrheit sind sie einfach furchtbar, tschuldige, ich muss natürlich subjektiv bleiben: Ich finde sie einfach furchtbar, furchtbar seelenlos, furchtbar zu Tode geschliffen, ohne Leben, ohne jegliches Gefühl.
Als Beispiel der Begriff „unvergesslicher Abend.“ Der Abend mag dem Protagonisten meinetwegen unvergesslich sein, aber mir, dem Leser, vermittelt dieses Wort genau nichts.

Die einzig tauglichen drei Strategien, um sich aus so einer selbstgeschaffenen „Schönschreib-Falle“ zu befreien, sind in meinen Augen viel lesen, viel lesen und viel lesen.
(Und danach zu beginnen, sich selbst auszuprobieren.)


Bleib auf jeden Fall dran, Freegrazer,

offshore

 

Hallo, Freegrazer!
Es ist ja schon viel zu dem Text gesagt worden, und ich hab auch nicht wirklich Neues hinzuzufügen. Sicher, man kann die Abwesenheit von Dialogen bemängeln, oder deiner Sprache, die, wie du selbst schreibst, ‚in Schönheit stirbt‘, mehr ‚Chili im Ragout‘ wünschen, wie josefelipe anmerkt.
Aber die Geschichte hat auch, angefangen bei den ersten beiden Sätzen,

Das schwarze Asphaltband verlief geradeaus über die sanften Hügel. Äcker mit dunklen, durchfurchten Böden säumten die Straße.
sehr schön formulierte Stellen, die in meinem Kopfkino äußerst gut rüberkommen, und eine wunderbare Atmosphäre vermitteln. Irgendwie hatte ich das Herzberg-Festival im Kopf.
Guru Guru spielten gerade ihre letzte Zugabe und es muss schon weit nach Mitternacht gewesen sein, als wir uns entschlossen, zum Zeltplatz zu gehen. Der Weg schien weit und wir stolperten oft über Unebenheiten des Bodens oder über Festivalbesucher, die auf dem Boden lagen oder saßen. Hier, weitab der Bühne, war es stockdunkel. In weiter Entfernung brannte ein großes, helles Feuer, dort mussten wir hin.
Der Schein des Feuers vermischte sich mit den dunklen Konturen des Waldes, die Baumspitzen zogen sich über meinen Kopf zu einem Hexenkreis zusammen.
Wo gestern Nacht noch stolze Pferde gegrast hatten, standen jetzt schwere Motorräder, ihre Armaturen glänzten in der frühen Morgensonne, die zaghaft ihre Strahlen durch den Morgennebel schickte.
Wie Offshore bereits erwähnt hat: schreiben kannst du! Und sehr wohltuend ist die Abwesenheit von Fehlern, was hier durchaus nicht die Regel ist.
Und nicht zuletzt hat mir folgende Aufzählung
Hölderlin, Kraan, Amon Düül, Guru Guru, Frumpy und viele mehr.
Das Herz gewärmt. Wunderbar. Kraaaaaan!
Also, Freegrazer, bleib dran. Bin gespannt, was noch kommt.
Schöne Grüße
Harry

 

Wa lakota,

Freegrazer,

ja, ja, früher war alles besser und Hells Angels waren mit Peter Fonda und Dennis Hopper wenn schon nicht freiheitsliebende, aber immerhin Liebhaber der Reisefreiheit, und Allan Ginsberg repräsentierte die Beatniks, Canned Heat spätestens mit “On The Road Again“ und sangen doch zugleich mit “Going Up The Country“ das Loblied der Landbewegung, von der heute sinnigerweise einige Repräsentanten im Silicon Valley vom ewigen Leben träumen und die Welt durch Kommerz verbessern wollen *– auch ein Hippie muss halt mal Pippi und nebenbei die Familie am Kacken halten (was die Stones – keineswegs Jünger der Landbewegung - ja ohne Brian Jones ganz gut hinbekamen, “It’s Only Rock ’n’ Roll“).
Menschen neigen dazu, Angenehmes gerne anzuschauen, Ungemach aber auszublenden. Da werden dann Uniformierte zu einem bunten Haufen Indianer – obwohl native people Nordamerikas gar keine Uniform kannten (selbst vereinheitlichte Haartrachten sind ein Mythos). Aber die Erinnerung malt halt gerne aus.

Hier in Deiner kleinen Erinnerung,

lieber Freegrazer,

hatte ich zu Anfang das Gefühl, dass in Dir ein bisschen Botho Strauss mitschwinge (was natürlich Zufall sein kann, aber wer weiß das schon … außer Dir), ohne dass es etwas mit der Uckermark zu tun haben muss. Aber kurz: Der Stil gefällt mir allemal!

Gleichwohl, zwo Trivialitäten, die erste ist schon für

Canned Head
oben richtiggestellt, die zwote ist ein lächerliches Komma, dessen Regel aber ansonsten bei gleichrangigen Adjektiven von Dir eingehalten wird (Flüchtigkeit?)
… weit geschnittenen[,] zweifarbigen Jeans …

Gern gelesen vom

Friedel,
Freund Hiawathas, Tecumsehs, Tatanka Yotankas und Makatataka Helas, vor allem aber Pocahontas (in der akustischen Version NY)

 

harrytherobot,

vielen Dank für deine Kritik und deine grundsätzlich positive Aussage zur Geschichte. Hat gut getan :) vor dem Hintergrund, nun grundsätzliche Fehler an der Geschichte erkannt zu haben.

Ja Herzberg, da hast du mich auf was gebracht ... ich wollte immer mal hin, vielleicht sollte ich mal, oder ?! Tatsächlich hatte ich solche Gedanken im Kopf, als ich die Geschichte schrieb.

gruß, Freegrazer


Friedrichard,

wie man als Kritiker mit nur einem kritischen Beitrag Angst und Schrecken verbreiten kann ;) habe ich gespürt, als ich deinen Kritik zu meiner "grünen Fee" laß. Ohje, der friedrichard schon wieder, durchzuckte es mich, als ich sah, dass du mir nun meinen Doc vorgenommen hast.

Aber: Mach weiter so! Du hast eine unvergleichliche Schreibe und selbst wenn du etwas Geschriebenes von mir völlig zerlegen würdest, ich würde es gerne lesen. :shy: Fast schon ein wenig Masochismus, ich weiß.

Übrigens: Der Botho Strauss wars nicht, der wartet noch darauf, von mir kennengelernt zu werden.

Gruß, freegrazer

 
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Hallo Freegazer!

Ich fand die Geschichte gut geschrieben! Trotzdem ging es auch mir ähnlich wie den anderen hier, wobei ich z.B. die Szene mit den Indianern wirklich gut/interessant/spannend fand.

Meine Gedanken, wie du vielleicht mehr "Herzblut" (jemand schrieb davon), in die Geschichte bekämst.

An den Anfang was Spannendes! Zwei, die autofahren, nun ja. Wie gesagt, formal gut geschrieben, aber inhaltlich lockt das keinen vom Hocker.
Warum nicht die Begegnung mit den Indianern, oder wenigstens das leicht verdrogte, an den Anfang? Das ist was "Spannendes", das zieht rein. ;)

Danach könntest du meiner Meinung nach genau so weiterschreiben wie zu Anfang (z.B. als Rückblick, Vorgeschichte), aber der Leser hätte schon mal ein Leckerli, eine "Möhre" vor der Nase.

Die Szene mit den Indianern würde ich an Deiner Stelle noch weiter "ausschlachten". Diese sind nämlich symbolisch ganz eng mit dem Plot deiner Geschichte verwoben: Freiheit, Jugendträume, Jungsträume.
Vielleicht gibt es da ja auch noch einen Medizinmann (Doc), der irgendeinen guten oder verqueren Rat parat hat?

Also wenn schon kiffen, dann hemmungslos, wenn schon halluzinieren, dann gehörig, sozusagen, du bist ja in einer Geschichte nicht der reinen Wahrheit verpflichtet, da könntest du ja so richtig reinhauen, so dass auch ein Leser, der dich nicht kennt, was davon hat.
Dieses Zitat von offshore kann ich nur unterschreiben!

Die Auflösung am Schluss ist lustig, mit einem gewissen Wehmut behaftet, würd ich auch so lassen.

Also ich finde die Geschichte prinzipiell gut und erzählenswert. Ich denke, da sind nur ein paar kleine Schrauben, die du drehen müsstest.


Viele Grüße

Reiki

 

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