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Diva

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28.08.2012
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Diva

Draußen zog ein kräftiges Gewitter auf.

Obwohl ich die Heizung voll aufgedreht hatte, war mir kalt und unbehaglich zumute. Daran konnte auch der Wodka nichts ändern, der mir mittlerweile nicht nur zu den Ohren, sondern auch aus den Mundwinkeln herauskam, als wollte er mir verdeutlichen, dass nichtmal er es mit mir aushielt. Und das, obwohl er nicht allzu wählerisch sein konnte: Immerhin trieb er sich nur allzu gern bei den vollgepissten Ausgestoßenen am Bahnhof herum.

Ich hatte mit solchen Menschen wenig gemeinsam, zumindest hatte man, seit ich mich erinnern kann, versucht, mir das einzureden. Ich selbst hatte daran so meine Zweifel, die sich heute Nacht zumindest insofern als berechtigt herausstellten, als dass ich mich genau wie diese Männer und Frauen in meinen eigenen Körpferflüssigkeiten schlafen legte, ohne mir darüber wirklich im Klaren zu sein.

So lag ich also gebettet auf Blut, Erbrochenem, Pisse und Scheiße auf dem Marmorboden des Foyers, geblendet vom Schein des Kronleuchters, dem Blitzlichtgewitter der wilden Meute vor den Türen meines Palasts, sowie dem vereinzelten Aufblitzen der Kamera des Tatortphotographen.

Selbst im Tod gönnen die Schweine mir meine wohlverdiente Ruhe nicht.

 

Hallo erstmal :)

Ich habe auf dem Gebiet der Kurzgeschichten bisher keinerlei Erfahrungen, wollte aber schon immer etwas in diese Richtung machen und bin so auf diese Seite gestoßen. Ich hoffe, dass ich hier einige Erfahrungen sammeln kann und bedanke mich schonmal für eure Aufmerksamkeit.

 

Hej Neska,

das ist kurz.

Eigentlich mag ich solche Schnipsel und sprachlich gefällt es mir größtenteils, aber ein paar Ungereimtheiten sind für mich drin und die fallen dann bei der Kürze doppelt ins Gewicht.

als wollte er mir verdeutlichen
"verdeutlichen" ist mir zu verschwurbelt. Warum sollte eine alkoholische Flüssigkeit etwas verdeutlichen wollen? Besser fände ich: Als könnte nicht mal er es mit mir aushalten.

Ungenau finde ich, dass zu Beginn von Unwohlsein gesprochen und in letzten Satz vom Tod die Rede ist.

Und bedenklich finde ich auch (eine) "Heizung aufdrehen" in Kombination mit Palast, Foyer und Marmorboden.

geblendet vom Schein des Kronleuchters
Ein Kronenleuchter besitzt sie eher nicht, die Fähigkeit zu blenden. Er kann alles mögliche, glänzen, glitzern, funkeln vielleicht, aber blenden ...

So lag ich also gebettet auf Blut, Erbrochenem, Pisse und Scheiße
Klingt so wenig nach Diva.

Gerührt hat mich der Photograph :)

Viel Spaß noch, hier

LG
Ane

 

Hallo Neska,

Und das, obwohl er nicht allzu wählerisch sein konnte: Immerhin trieb er sich nur allzu gern bei den vollgepissten Ausgestoßenen am Bahnhof herum.

Die Personifizierung des Wodkas ist einerseits originell. Andererseits stört sie den Lesefluss. Ich würde es ohne dieses "Gimmick" formulieren.

dem Blitzlichtgewitter der wilden Meute

"wilde Meute" empfinde ich als Synonym für Paparazzi als ungeeignet; ein Sensationsjournalist ist doch eher cool und berechnend als wild. Vielleicht eher "dem Blitzlichtgewitter der sensationsgeilen Meute"?


Insgesamt eine nette Geschichte, trotz magerer (bzw. fehlender) Handlung. Vor meinem inneren Auge stellt sich das als allmählicher Zoom-our dar: Zunächst nur das Gesicht der Person mit dem herauslaufenden Wodka, dann der Körper, in seinem eigenen Blut liegend, schließlich die Umgebung mit den Fotografen und Paparazzi.

Schönen Gruß
carne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Neska

Ich bin etwas gespalten mit deinem kleinen Tatort.

In einem Roman, oder einer zweihundertseitigen Erzählung, hat man alle Zeit der Welt, Ort, Umfeld und Charaktere zu beschreiben. Doch je kürzer eine Geschichte, umso präziser und aussagekräftiger müssen die Worte gesetzt sein, damit der Leser die fehlenden Bilder und Handlungsabläufe zwischen den Zeilen erkennen kann.

Deshalb funktioniert dein Text auch nicht als Kürzestgeschichte, sondern eher als Schlaglicht auf das tragische Ableben der "Diva" aufgrund des exzessiven Alkoholgenusses.

Immerhin trieb er sich nur allzu gern bei den vollgepissten Ausgestoßenen am Bahnhof herum.
Das liesst sich holprig, vollgepisst ist bereits ein starkes Wort, da wirkt das nachfolgende fünfsilbige "Ausgestossenen" eher bemüht, besser konsequent "bei den vollgepissten Pennern" bleiben.

Auch liessen mich die Logikbrüche beim Lesen mehrmals stolpern.
So betrachtet sich die Diva zwar postmortem als Erzähler/in von aussen, empfindet aber gleichzeitig Kälte und spürt die Körperflüssigkeiten, wie wenn sie noch bei Bewusstsein, oder im Begriff zu Sterben wäre.

Das Blenden des Kronleuchters wurde schon erwähnt, aber auch das Blitzlicht der Reporter, die sich "vor den Türen meines Palasts" befinden, ist es eher unmöglich, die Augen der Diva zu erreichen.

Die Personifizierung des Wodkas finde ich nur teilweise gelungen. In dem er sich "bei den Ausgestossenen herumtreibt" erhält er eine Rolle, die für mein Empfinden zu aktiv ist. Bruder Wodka kann verführen, anmachen, leise flüstern "nimm mich", aber sich herumtreiben, nö, das ist mir zu dick aufgetragen.

Mit dem Schlusssatz wirfst du dann alle Protagonisten in einen Topf, also auch den Tatortfotografen(:p), der ja nur seinen Scheissjob machen muss.

Aber das klingt jetzt stärker nach Verriss, als dein Erstling es verdient. Ich finde nämlich die Idee nicht schlecht und spüre, dass du dich dem Thema Kurzgeschichte annähern möchtest, ohne gleich seitenlange Schnellschüsse mit massig Anfängerfehlern zu produziern.

Viel Spass noch,
Gruss dot

 

Vielen Dank euch dreien, werde mir eure Kritik auf jeden Fall zu Herzen nehmen und zukünftig probieren, die angesprochenen Schwachpunkte zu verbessern. Vermute ja auch stark, dass das mit ein bisschen Routine von ganz alleine kommt :)

 

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