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Diskofieber
Diskofieber
Etwa noch eine viertel Stunde... Gott- schon jetzt brodelt alles in mir. Ich bin von Kopf bis Fuß auf tanzen eingestellt. Länger als eine viertel Stunde könnte ich mich wohl kaum noch zurückhalten. A L L E S in mir sehnt sich, schreit, verlangt danach zu tanzen.
Ich sitze im Auto- nicht allein. Wir sind alle unglaublich aufgestylt. Überall Glimmer, Glitter, Nieten, Hochglanz.
Ich schaue aus dem Fenster. Es ist grau. Der Regen prasselt an die Fensterscheiben. Immer wieder tun sich ein paar Tropfen zusammen, verschmelzen, scheinen im Rhythmus die Scheibe hinunter zu fließen. Alles um mich herum geschieht im Takt der Musik. Jeder Basschlag erschüttert das Auto, lässt mich vibrieren, macht mich noch ungeduldiger.
Noch knapp zehn Minuten... In manchen Situationen gleicht jede Sekunde einer Ewigkeit, multipliziert mit zehn und man hat in etwa eine Vorstellung des Raum-Zeitverhältnisses, zumindest erscheint es mir so.
Wir fahren so schnell, dass die Laternen am Straßenrand in ihren Abständen wie Spotlight in der Disco auf mich wirken. Sogar der Glimmer auf den T-Shirts, Hosen und dem Schmuck reflektiert das schwache Licht wie Diskokugeln. – Ich will endlich tanzen.
"Wie spät?" Die Uhr ist direkt vor mir, eingebaut in das schwarze Armaturenbrett. Trotzdem, ich kann mir die Frage nicht verkneifen. Ich kenne die Antwort, immerhin habe ich diese Frage innerhalb der letzten dreißig Minuten oft genug gestellt. -"Schau doch selbst. Ich muss mich auf die Straße konzentrieren." Ja, ja... ich weiß.
Noch fünf Minuten... Die anfangs so unregelmäßigen, flüchtigen "Zuckungen" sind schon längst in wildes Toben übergegangen. Einige Arme wedeln durch die Luft, darunter auch meine. Sie scheinen die Schwingungen der Musik in Bewegungswellen umzusetzen.
Wir sind da! – Endlich. Es ist wie immer, keiner traut sich den Anfang zu machen, sich als erster an die Schlange zu wagen. Ich bin selbst erstaunt wie selbstverständlich ich losmarschiere und nun das Ende der Schlange darstelle.
Ein paar Meter vor mir: Ein Mann diskutiert gerade mit dem Türsteher. "Schnurrbart is` nich`, komm ohne wieder!" –"Ey, komm Kollege, is` nich` Dein Ernst." –"Pass auf mein Lieber, ich lass` Dich hier nich` mit Schnurrbart rein. No way! Und jetzt mach Platz für die anderen."
Noch etwa vier Leute stehen vor uns. – Jetzt wird es ernst. Ist mein Dekolleté in Ordnung, sitzt die Jeans, und liegen die Haare? Wie Tausende von Bleikugeln schießen mir nur noch diese Gedanken durch den Kopf. – Ich will doch nur tanzen.
Die Leute vor uns brauchen unglaublich lange. Zum Glück, das gibt mir die Zeit mir noch irgendeine dumme Ausrede wegen dem nicht vorhandenen Ausweiß einfallen zu lassen.
Wir sind dran. "Sorry Girls, aber ihr seht nicht aus wie achtzehn." Ach nein! Das wusste ich auch vor ihm. Alle rüsten auf Hundeblick um. "Nichts zu machen! No way!" Na und wenn schon. Das Auto hat eine geniale Anlage. – Wir feiern draußen weiter!
Ich drehe mich um. Am Ende der Schlange: "Der Mann mit dem Bart" inzwischen ohne Bart.