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Die Zukunft liegt in deiner Hand

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21.02.2005
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Die Zukunft liegt in deiner Hand

Erich Gallemann verlies wütend die Wohnung, die sich im 12. Stock eines Blocks in Kaiserslautern befand. Eine Wahrsagerin! Zu einer Wahrsagerin war er gegangen! Und wie hatte es so weit kommen können? Das Fernsehen war schuld.
Er hatte herumgezappt und war bei einem politischen Magazin hängen geblieben, obwohl ihn Freunde vor so einem pessimistischen Scheißdreck gewarnt hatten; aber nein, er musste natürlich zusehen, statt gleich weiter zu zappen.
Die Renten seien unsicher, hieß es, und die Zukunft ungewiss. Natürlich nur für jemanden, der sie nicht kennt, dachte Gallemann gleich. Gallemann liebte aber keine Überraschungen. Obwohl Überraschungen letztlich nur fehlende Kenntnis des Zusammenhangs waren, sagte sein Sachverstand.

Gut, wir schmelzen die Polkappen ab und wundern uns ernsthaft über Flutkatastrophen und solche Sachen, dachte er, und überhaupt war es ein wenig – seltsam, – dass die Könige des Planeten sich trotz Fortschritts ständig selbst anpassen mussten, statt die Umgebung so zu gestalten, wie es ihrer Natur entsprach. Aber was hatte das mit ihm zu tun?
Er arbeitete und zahlte Rentenversicherungsbeiträge; jetzt hatte er diese Wahrsagerin aufgesucht, um zu erfahren, wie es ihm im Alter gehen würde.
Er hatte sich seinen schönen dunkelblauen Anzug angezogen, um beim feierlichen Augenblick der feierlichen Enthüllung seiner feierlichen Zukunft feierlich auszusehen. Dann war er zu ihr gefahren.
150 Euro hatte die elende Essiggurke verlangt, mit ihrer Glaskugel rumgemacht, in die er schauen durfte (obwohl absolut nichts darin zu sehen war), und bevor es dann los gegangen war, hatte sie gesagt: „Danke für Ihren Besuch.“ Und das war’s gewesen. 150 Euro.
Gallemann war stinksauer. Nichts hatte er in Erfahrung gebracht.
Schluss mit dem Unsinn! Er würde einfach eine gediegene Lebensversicherung abschließen und damit fertig mit dem Scheißdreck, der kein Thema mehr sein würde.

Er bahnte sich seinen Weg durch diese Heerscharen Lauterer Penner, und als einer dieser Trauergreise es wagte, ihn anzuquatschen: „Lieber Herr, ich habe Hunger!“, war er so ungehalten, dass er ihm einfach die Faust in die Fresse rammte und weiter ging.
Die Lebensversicherungsgesellschaft in Form ihres Beraters versprach einen super Lebensabend – Bilder waren zu sehen von zufriedenen grauhaarigen Männern, die auf ihren Yachten die Welt umsegelten; wenn sie etwas in ihrem Leben anders gemacht haben wollten, so hätten sie gleich Fielmann-Brillen gekauft; so würde auch er sein.
„Vertrauen Sie uns“, sagte der Berater und lächelte.
Gallemann vertraute ihm.

Vierzig Jahre später, in der Gosse, hatte Erich Gallemann ein seltsames Gefühl von Vertrautheit, ein Deja-Vu wohl, als er sehr hungrig auf diesen gutgekleideten Mann mittleren Alters in blauem Anzug zuging, um einen Almosen zu erhalten. „Lieber Herr, ich habe Hunger“, sagte er, - das war der Spruch, der manchmal Erfolg hatte. Aber diesmal schlug ihm der Angesprochene ohne Kommentar die Faust ins Gesicht. Gallemann kippte um und blieb liegen. Blut rann ihm aus der Nase. Es war keine Empörung, die er empfand, sondern Scham.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hat mir im Allgemeinen gefallen. Leider nicht satirisch. Wäre eher was für Gesellschaft. Hätte man an machen Stellen viell. noch etwas ausbauen können. Die Kursivschrift an einigen Stellen find ich deplatziert und überflüssig. Wirkt auch ohne. Ansonsten ne nette, kleine Geschichte. Ich nehme an, die Wahrsagerin hat ihn gar nicht abgezockt und die Kugel die Wahrheit gesagt: Ihre Zukunft sieht sehr düster aus! ;)

 

Hallo Pandora (die mit der Pandoras Box?) -


danke für deine Antwort!

Wo hättest dus ausgebaut?
Ich bin selbst unsicher mit dem Text. Es geht mir um die Durchlässigkeit zwischen OPfer- und Täterschaft.

Kursiv nehme ich als "Betonungshilfe" beim Lesen.

Über die Wahrsagerin sage ich hier nix weiter als: die schon eine ganz Ausgebuffte ;-) .

 

Hey Füller,

<<Wo hättest dus ausgebaut?>>

Naja, über die Hälfte des Textes gehts um die Wahrsagerin, was ja mit Sicherheit nicht das einschneideste Erlebnis des Ports war, dann kommen zwei Sätze zur Lebensversicherung und dann das Ende. Ist ein bißchen wenig für ein ganzes Leben mE. Könntest halt schon mehr aus ger Geschichte rausholen. Wo genau mußt du dann selber wissen.

<<Es geht mir um die Durchlässigkeit zwischen Opfer- und Täterschaft.>>

Hm. Hättest du auch mehr rausarbeiten können. Wie der Prot halt vorher so ist und warum er zuhaut. Kommt sehr plötzlich in der Geschichte.

Was macht die Geschichte für dich eigentl. zur Satire?

<<Kursiv nehme ich als "Betonungshilfe" beim Lesen.>>

Klar, sollte man aber wenn möglich vermeiden, zumal du einige Worte betonen willst, die diese Sonderbetonung nicht brauchen.

Gruß,
die mit dem Tonkrug

 

Was macht die Geschichte für dich eigentl. zur Satire?

Gute Frage; ich weiß es nicht, es kam mir so vor - vielleicht das politische Thema verknüpft mit dem paradoxen Ende? Schließlich haut er sich am Ende selbst in die Schnauze, und beide Male (also in beiden Ichs) fühlt er sich im Recht?

Viele Grüße, was sagen die anderen dazu?

[Was hast n drin, in deim Tonkrug?]

 

Hallo Tintenfüller!
"Erich Gallemann verlies wütend die Wohnung, die sich im 12. Stock eines Blocks in Kaiserslautern befand." - Jeder zweite macht diesen Fehler, verließ, oder sollte das eine Anspielung auf ein Verlies sein? Und die Zwölf könntest du ruhig ausschreiben.
"Er hatte sich seinen schönen dunkelblauen Anzug angezogen, um beim feierlichen Augenblick der feierlichen Enthüllung seiner feierlichen Zukunft feierlich auszusehen." - Das erste feierlich würde ich weglassen, wirkt m.E. stärker.
"150 Euro hatte die elende Essiggurke verlangt, mit ihrer Glaskugel rumgemacht, in die er schauen durfte (obwohl absolut nichts darin zu sehen war), und bevor es dann los gegangen war, hatte sie gesagt: „Danke für Ihren Besuch." Und das war's gewesen. 150 Euro." - Diesen Abschnitt kapiere ich nicht. Sie hat nichts gesagt? Und er hat bezahlt?
Die Kursivschrift würde ich auch weglassen, besonders hier: "wundern uns ernsthaft über Flutkatastrophen"; "mit ihrer Glaskugel rumgemacht,".

"Ich bin selbst unsicher mit dem Text. Es geht mir um die Durchlässigkeit zwischen OPfer- und Täterschaft." - So? Dann sind die ersten zwei Absätze nur eine Einleitung? Dann wäre aber die Einleitung länger als deine eigentliche Aussage. Da solltest du noch dran arbeiten.

Insgesamt eine nette kleine Erzählung.
Grüße
Chris

 

"Erich Gallemann verlies wütend die Wohnung,
Danke, wird verbessert!

So? Dann sind die ersten zwei Absätze nur eine Einleitung? Dann wäre aber die Einleitung länger als deine eigentliche Aussage.
Nein, von einer Einleitung würde ich hier nciht sprechen.

Manchmal sieht eine Rechnung aber so aus:


90,000,000,000 - 89,999,999,999 = 1.


*g

 
Zuletzt bearbeitet:

Mahlzeit!

Kurz mein Eindruck vom Text: Stilistisch sehr ausbaufähig, das wirkt teilweise schon fast wie Umgangssprache und daher stellenweise unfreiwillig komisch. Schön zu lesen oder wirklich unterhaltsam fand ich es jedenfalls nicht.

Inhaltlich komme ich dezent ins Kopfkratzen ... worauf genau willst du mit dieser Geschichte hinaus? Das ist ein wirres Kaleidoskop von Gedanken und unverständlichen Aussagen (was z.B. soll das mit dem Anpassen etc. - und was hat das in der Geschichte zu suchen?), das Wahrsagerinnenmotiv wird nur angerissen und dann hängen gelassen (ein paar platte Sätze in reinstem Tell statt Show und das war's), steht nackt und ohne einen roten Faden am Leib da und zittert vor sich hin, auch der Rest wirkt irgendwie ... zusammenhangslos. Mir fehlt ein thematischer Focus, vom satirischen Ansatz ganz zu schweigen. Deine Welt scheint sich zudem in 40 Jahren nur wenig zu verändern - sehr seltsam. Und deine im Kommentar gemachte Behauptung, dass er selbst sich am Ende ins Gesicht haut ... ähm ... Zeitreise? Unlogisch? Bahnhof? :susp:

 

Hi+danke.

Ich war mir mit dem Ding auch sehr unschlüssig. Ich denke, ich werde es einfach zum Eimer bringen.

:aua:

 

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