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Die Zahnbürstenhexe

Beitritt
09.08.2004
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Die Zahnbürstenhexe

Timo will nicht einschlafen. Letzte Nacht hatte er einen schrecklichen Traum. Eine fürchterlich aussehende und noch viel fürchterlicher grinsende Hexe hatte ihn, auf einem ausgefransten Besen, bewaffnet mit einer Zahnbürste, die ganze Nacht verfolgt. Schlimm war das. Ganz schlimm. Fast noch schlimmer als die allabendliche "Zähneputz"-Prozedur.

Timo, drei Jahre alt, hasst Zähne putzen. Warum nur braucht man Zähne? Und wenn sie halt nun mal da sind, weshalb müssen sie so sauber sein, dass man sich praktisch drin spiegeln kann. Völlig unnötiger Zeitaufwand. In dieser Zeit könnte man viel Vernünftigeres erledigen: Eis essen, die Katze erschrecken, Schnecken einsammeln und in unserem Briefkasten zu einer grossen Familie zusammenführen. Lauter ganz wichtige Dinge, die wegen solchem Firlefanz wie Zähneputzen auf der Strecke bleiben.

Jedenfalls weiss Timo eines: Diese Nacht will er unter keinen Umständen, auf keinen Fall, nie und nimmer, absolut nicht einschlafen. Dieser Zahnbürstenhexe will er nicht nochmals begegnen. Wenn er nur an die krumme Nase, das hämische Grinsen und überhaupt...er schaudert. Ganz viele Sekunden, das weiss er sicher, hat er es schon geschafft, seine müden Augen offen zu halten. Nicht mehr lange und die Nacht ist vorbei. Er rollt sich zur Seite. Nur ganz kurz, da wird schon nichts passieren. Die Hexe hat bestimmt schon Feierabend gemacht, als sie gesehen hat, wie tapfer sich Timo gegen den Schlaf wehrt.

Plötzlich sieht er eine große, schwarze Zahnbürste mit riesigen, kratzigen Borsten hinter einem dichten Busch hervorlugen. Dahinter hört er eine sehr unangenehme Stimme, die etwas noch viel unangenehmeres sagt: "Komm zu mir lieber Timo. Komm zu mir! Komm!!"
Timo ist zwar klein und unerfahren, aber dumm ist er nicht. Natürlich bleibt er wo er ist und hofft inständig, dass die Zahnbürstenhexe da bleibt, wo sie hingehört: Weit weg von Timo.

Plötzlich bewegt sich unmittelbar neben unserem tapferen, kleinen Mann eine Gestalt. Die Hexe! Timo versucht zu schreien, aber da er ja träumt, hört sich dieses Schreien eher wie ein heiseres Krächzen an. Er traut sich kaum, den Kopf auch nur für ein paar Millimeter zu drehen. Die Angst, in dieses fürchterliche Gesicht schauen zu müssen, ist viel zu groß.
Eine kleine, zottelige Gestalt bewegt sich in Richtung Busch. Zu der riesigen Zahnbürste.
Es ist nicht die Hexe. Es ist der innigstgeliebte Teddy Purzel. Sein kuscheliger, treuer Gefährte, der all die drei langen Jahre mit ihm durch dick und dünn gegangen ist. Zugegeben, er liegt lieber, aber wenns sein müsste, da ist sich Timo sicher, würde er auch gehen. Ausgerechnet jetzt steht er auf, sein kuscheliges Bärchen. In der Stunde der grössten Gefahr, wo liegenbleiben eigentlich das einzig Richtige wäre, ausgerechnet jetzt steht er auf und läuft möglicherweise direkt in die Arme der bösen Hexe.Das kann Timo nicht zulassen. Er muss ihn retten! Tausend Gedanken gehen ihm durch den Kopf. Doch bevor er eine Entscheidung fällen kann, verschwindet Purzel hinter dem Busch. Es ist zu spät! Er ist verloren! In den Fängen der schrecklichen Zahnbürstenhexe.

Timo erwacht. War alles nur ein Albtraum? Oder schreckliche Wirklichkeit? Er greift neben sich und hofft ganz ganz fest, das zu ertasten, was ihm am liebsten ist. Da spürt er es. Etwas flauschig, weiches, vertrautes, angenehmes...Juhuuu! Es war nur ein Traum! Er knuddelt seinen knuddeligen Purzel, küsst ihn ganz lange und bettet ihn anschliessend weich und warm unter die eigens für Purzel gekaufte Decke. Timo wartete noch ein Weilchen, bis er sicher ist, dass sein Teddy schläft. Für die anschliessende Mission kann er ihn nicht brauchen. Da muss er alleine durch. Ihn fröstelt beim Gedanken an sein geradezu heldenhaftes Vorhaben.

Er steigt aus seinem Bett und und tastet sich im Dunkeln zur Türklinke. Er öffnet die Türe und erreicht den hell erleuchteten Korridor.

Im Wohnzimmer schauen Mama und Papa fern.
"Hallo Mama, hallo Papa! Ich geh' nur schnell die Zähne nochmals putzen. Ich glaube, sie sind noch nicht ganz sauber!"
In den offenen Mündern sieht Timo schnell, dass auch seine Eltern ein Fall für die Zahnbürstenhexe wären. Na egal, es geht um wichtigeres. Um ihn und um Purzel.

Lange, lange, elend lange putzt und putzt sich Timo die Zähne. Beim Spülen sieht er sogar Blut vom wundgescheuerten Zahnfleisch. Eigentlich ein gutes Zeichen. Die müssen jetzt wirklich porentief sauber sein.

"Gute Nacht Mama, gute Nacht Papa." Hoffentlich erkälten sie sich nicht. Ihre Münder stehen immer noch ganz weit offen.

Timo steigt ins Bett und nimmt Purzel in die Arme. Jetzt kann sie kommen, die böse Hexe.

Sie ist nie wieder gekommen, weder an diesem, noch an allen drauffolgenden Abenden, an denen er, zwar nicht gerne, aber fast immer freiwillig, seine Zähne geputzt hat.

Schließlich hat die Zahnbürstenhexe mit den Kindern, die sich allabendlich gegen das Zähneputzen wehren, bestimmt mehr als genug zu tun. Oder?

 

Hallo Ralf!

Hat mir wirklich gefallen, mit Witz und Schwung erzählt! In dem Stil sicher etwas für etwas ältere Kinder ... na, was soll ich noch sagen? Nette Idee, sehr gut umgesetzt. Auf Wortwiederholungen kannst Du nochmal durchsehen, vor allem bei der Teddybärenstelle. Ansonsten: nix zu meckern!

schöne Grüße
Anne

 

Hoi Anne

Vielen Dank fürs Lesen und deine Kritik! Freut mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat.

In dem Stil sicher etwas für etwas ältere Kinder
Eigentlich wollte ich die Geschichte ja meinem Sohn erzählen, sobald er im "erzählfähigen" Alter ist. In diesem Fall werde ich wohl noch eine weitere Geschichte schreiben müssen, die eher ein jüngeres Publikum anspricht. Ist vermutlich gar nicht so einfach, ohne gleich ins allzu kindliche zu verfallen.

Danke nochmals!

Gruss Rolf ;)

 
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Hallo Rolf,

deine Geschichte beginnt flott und witzig. Ich musste sofort mehrfach scchmunzeln. Auch das Abenteuer mit dem Teddy, der fast in die Klauen der widerlichen Hexe gerät ist spannend und aufregend.

Trotzdem habe ich einen Kritikpunkt: Teilweise ist Deine Sprache für Drei- Vierjährige zu kompliziert. Da dein Protagonist drei Jahre alt ist, gehe ich mal davon aus, dass die Geschichte für genau diese Alterstufe verfasst wurde, damit sich die zuhörenden Kinder mit dem Helden Timo identifizieren können. Daraufhin würde ich den Text noch einmal durchgehen.

Ich habe noch ein paar Dinge gefunden, an denen du vielleicht noch etwas ändern könntest:
"Wenn er nur an die krumme Nase, das hämische Grinsen (hier würde ich das Verb "denkt" einfügen) und überhaupt...er schaudert. "

"Ganz viele Sekunden, dass (ein s zuviel!) weiss er sicher"

"Plötzlich bewegt sich unmittelbar neben unserem tapferen, kleinen Schneckenzusammenführer eine Gestalt." --> Schneckenzusammenführer ist eine für Erwachsene sehr witzige Bezeichnung, drei- bis vierjährige Kinder allerdings verstehen diese Ironie wohl kaum ...

"Ausgerechnet jetzt steht er (es, das Bärchen) auf, sein kuscheliges Bärchen." Ich würde mir diesen ganzen Absatz noch einmal ansehen, du verwendest dort ziemlich oft das Wort "er" und man muss manchmal sehr genau hinsehen, um zu wissen, ob du Purzel oder Timo damit meinst. Eine Möglichkeit wäre vielleicht, das Bärchen Purzel durchgängig als "es" zu bezeichnen, aber das ist nur ein Vorschlag von mir.

"küsst ihn inniglich" --> inniglich ist kein sehr kindlicher Begriff, ich würde so ein Wort eher in einem altertümlichen Märchen erwarten, in deiner Geschichte fällt er aus dem Rahmen.

Liebe Grüße
al-dente

 

Hoi al-dente

Vielen Dank fürs s'lesen und deine konstruktive Kritik!

Erstmals Entschuldigung für die späte Antwort. Die Grippehexe hat uns erwischt ;)

Freut mich, dass dir meine Geschichte im Grossen und Ganzen gefallen hat.

Zu deinen Kritikpunkten muss ich dir leider fast uneingeschränkt Recht geben. Vor allem die Zielgruppe, welche wirklich etwa drei- bis vierjährig sein sollte, habe ich teilweise sicher verfehlt. Ironische Anmerkungen gehören in so eine Geschichte schon eher nicht hin. Ich werde sie dahingehend sicher nochmals überarbeiten. So dass mich mein Sohn irgendwann mal nicht nur gross und verständnislos ansieht.

"Wenn er nur an die krumme Nase, das hämische Grinsen (hier würde ich das Verb "denkt" einfügen) und überhaupt...er schaudert. "
Das Verb "denkt" habe ich hier darum weggelassen, weil ich zeigen wollte, dass sich seine Gedanken überschlagen.

"küsst ihn inniglich" --> inniglich ist kein sehr kindlicher Begriff, ich würde so ein Wort eher in einem altertümlichen Märchen erwarten, in deiner Geschichte fällt er aus dem Rahmen.
Stimmt!

"Ganz viele Sekunden, dass (ein s zuviel!) weiss er sicher"
Das sowieso.

Danke!

Gruss Rolf

 

Hallo rolfschoenenberger,

hat mir recht gut gefallen deine Geschichte. Ich glaube schon, dass es gelingen könnte, mit dieser Story, Kindern das Zähneputzen schmackhaft zu machen.

Nur fand ich mehrmalige Wiederholung von Worten nicht so gut. Sie hat den Lesefluss bei mir etwas gehemmt.

Beispiel:

Eine fürchterlich aussehende und noch viel fürchterlicher grinsende Hexe hatte ihn, ...

oder

Diese Nacht will er unter keinen Umständen, auf keinen Fall, nie und nimmer, absolut nicht einschlafen.

Das kommt noch einige Male vor.

Auch den vorletzten Satz musste ich zwei Mal lesen. Er war etwas verwirrend.

Sie ist nie wieder gekommen, seit jenem und allen drauffolgenden Abenden, an denen er fast immer freiwillig, nicht gerne, aber meistens freiwillig und sauber, wenn auch nicht gerne, seine Zähne putzt.

Aber das ist nur meine Meinung.

Was ist eigentlich eine Türfalle? Den Ausdruck kennte ich hier in Hessen nicht.

Viele Grüße

bambu

 

Hallo rolfschoeneberger,

deine Geschichte ist wirklich witzig. Nachdem ich drei Kinder habe, die zu eifrigen Zuhörern dieser Geschichte gehören könnten, fiel es mir nicht schwer, mich von der Zahnbürstenhexe mitreißen zu lassen. Leider ist der Bär nur hinter dem Busch verschwunden. Vielleicht hätte er doch die Hexe verscheuchen können. Für Kinder ist so eine Hexe immer noch da, wenn sie nicht von einem entsprechenden Helden verjagt worden ist .... naja ist nur so `ne Idee ...

Übrigens: schließlich (statt schliesslich) und große (statt grosse)

Freu´mich auf die nächste Geschichte!

Grüße,
teo

 

Hoi Bambu, hoi Teo

Freut mich, dass ihr meine kleine Geschichte gelesen und für im Großen und Ganzen gut befunden habt!

@bambu

Nur fand ich mehrmalige Wiederholung von Worten nicht so gut. Sie hat den Lesefluss bei mir etwas gehemmt.
Gewisse Wiederholungen habe ich bewusst eingebaut. Ich hatte das Gefühl, dass Kinder welche aufgeregt sind oder Angst haben, gerne zu Wiederholungen greifen. Aber wenn’s den Redefluss stört, werde ich gewisse Stellen nochmals überdenken.

Was ist eigentlich eine Türfalle? Den Ausdruck kennte ich hier in Hessen nicht.
Das liegt vermutlich nicht daran, dass du in Hessen lebst, sondern, so vermute ich mal, weil ich in der Schweiz lebe :D
Das ist die Türklinke. Ich ändere es.


@Teo

Leider ist der Bär nur hinter dem Busch verschwunden. Vielleicht hätte er doch die Hexe verscheuchen können. Für Kinder ist so eine Hexe immer noch da, wenn sie nicht von einem entsprechenden Helden verjagt worden ist .... naja ist nur so `ne Idee ...
Kann ich mir gut vorstellen, dass dies für die Kinder noch wichtig wäre. Da hast du halt schon mehr Erfahrung. Na ja..ich möchte die Hexe eben nicht ganz zum Verschwinden bringen. Sobalds mit dem Zähneputzen wieder etwas hapert…Aber die Kinder habens selber in der Hand ;)

Übrigens: schließlich (statt schliesslich) und große (statt grosse)
Tja…da wärs wieder: Mein Problem als Ausländer. Wird geändert. Danke.

Danke nochmals für eure Kritik!


Gruß Rolf

 

Hallo Rolf,

deine Geschichte habe ich gerne gelesen, weshalb ich mich im Großen und Ganzen meinen Vorrednern anschließen kann. Sie liest sich flüssig und lädt zum Schmunzeln, aber auch zum Mitbangen ein, und die Moral vermittelst du ohne den berüchtigeten erhobenen Zeigefinger. Schön!

Ich persönlich mag übrigens solche Ausdrücke:

Eine fürchterlich aussehende und noch viel fürchterlicher grinsende Hexe
Aber das ist wohl Geschmackssache. Ein paar Anmerkungen noch:
Sie ist nie wieder gekommen, seit jenem und allen drauffolgenden Abenden, an denen er fast immer freiwillig, nicht gerne, aber meistens freiwillig und sauber, wenn auch nicht gerne, seine Zähne putzt.
"seit jenem und allen darauffolgenden Abenden" würde ich entweder durch "seit diesem Abend" oder "weder an diesem, noch den darauffolgenden Abenden" ersetzen. Der Rest ist sehr kompliziert und enthält auch für meinen Geschmack zu viele Wiederholungen, da findest du doch bestimmt eine schönere Formulierung :).
Schließlich hat die Zahnbürstenhexe mit den Kindern, die sich allabendlich gegen s'Zähneputzen wehren, bestimmt mehr als genug zu tun. Oder?
Warum nicht "das Zähneputzen"? Ansonsten, wenn du es gerne abkürzen möchtest, gehört der Apostroph vor das s: "gegen 's Zähneputzen" (- Oder sogar ohne Apostroph, wie bei "fürs"? Mein Duden äußert sich da nicht richtig.)
Jetzt aber genug gemeckert!

Sonnige Grüße,
Juliane

 
Zuletzt bearbeitet:

Hoi Juliane

Vielen Dank fürs Lesen, deine Rückmeldung..
…und natürlich dafür, dass dir meine Geschichte gefallen hat ;)

Deine Kritikpunkte habe ich umgesetzt. Vorallem den etwas verwirrenden Satz habe ich geändert.

Den moralischen Zeigefinger sollte man vermutlich eh auf der Seite lassen, wenn man möchte, dass die Geschichte bei den Kindern gut ankommt. Schliesslich soll sie unterhalten und nicht belehren.

Danke für deine Mühe und liebe Grüsse Rolf

 

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