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Die Wetterfee
Molly schimpfte… seit einer Wochen schon konnte sie nicht zum Spielen nach draußen gehen. Dabei waren doch Sommerferien, und sie freute sich schon das ganze Jahr auf die Freizeit , das herrliche Wetter, saftiges grünes Gras, Schmetterlinge und zwitschernde Vögel. Doch in diesem Jahr stürmte, hagelte und schneite es, ohne ein Ende in Sicht.
Auch ihr Bruder Mike ärgerte sich über das Wetter. Schon drei mal hatte er versucht einen Drachen am Flussufer steigen zu lassen, und jedes mal zeriss der Stoff im Sturm. Auch er hatte sich auf den Sommer gefreut. Nun saßen die beiden Kinder im Spielzimmer des Hauses, sahen dem neuerlichen Schneefall zu und bliesen Trübsal.
Da kam Molly eine Idee. Die Großmutter erzählte ihnen einmal von der Wetterfee, die irgendwo auf einer Wolke saß und das Wetter steuerte. Vielleicht war sie krank geworden oder verreist? Sie schlug Mike vor die Fee aufzusuchen und um den wohlverdienten Sommer zu bitten. Die Kinder waren begeistert und voller Tatendrang, wenngleich sie nicht wussten, wie um Himmels Willen sie auf eine Wolke gelangen sollten. Trotzdem rannten sie sogleich hinunter zu Mutter in die Küche und berichteten von ihrem Vorhaben.
Mutter lachte, faselte etwas von „Klimawandel“ und winkte kopfschüttelnd ab. Feen gebe es nicht, es täte ihr leid um die verpassten Sommerferien, aber bei diesem Schneesturm wolle sie die Kinder nicht zum spielen hinaus gehen lassen. Enttäuscht trotteten Molly und Mike wieder hoch in ihr Spielzimmer und starrten aus dem Fenster. Da flüsterte Mike: „Du Molly, warum schleichen wir uns nicht einfach aus dem Haus, wenn Mutter und Vater fernsehen und uns zu Bett schicken“?
Die Schwester stimmte dem Vorschlag sofort zu. Gemeinsam warteten die Kinder geduldig auf den Abend und feilten derweil weiter an ihrem Plan. Als die Mutter zum Abendessen hinunterrief, versuchten sie ihre Euphorie zu verbergen und schimpften noch etwas über das Wetter. Als sie aufgegessen, und gemeinsam mit Vater den Tisch abgeräumt hatten, putzten sie sich die Zähne, zogen ihre Pyjamas an, wünschten den Eltern eine gute Nacht und stiegen nach oben in ihre Zimmer.
Sie warteten geduldig bis Mutter und Vater sich im Wohnzimmer vor den Fernseher hockten und das Licht erlosch. Dann schlichen beide zur Diele, streiften ihre Mäntel über das Schlafzeug , und schlichen auf leisen Sohlen die Treppe hinunter, am Wohnzimmer vorbei bis zur Haustür. Dort zogen sie ihre Stiefel an und verließen das Haus. Draußen hatte es aufgehört zu schneien und die Sonne ließ sich durch die dichte Wolkendecke blicken. Viel Zeit würde ihnen nicht bleiben, bis es dunkel wurde, und sie wieder Heim mussten. So flitzten sie über das Feld hinterm Haus den wärmenden Sonnenstrahlen entgegen. Die Sonne lugte durch eine besonders dicke Wolke, das musste die Wolke der Wetterfee sein. Vielleicht versuchte sie ja die Sonne scheinen zu lassen, aber etwas hinderte sie daran?! Sie rannten weiter über das Feld, bis die Wolke genau über ihnen schwebte und blickten in den Himmel. Es war unerreichbar hoch, niemals würden sie dorthin gelangen. Molly sank zu Boden und fing zu weinen an. Mike kniete sich neben sie und tröstete seine Schwester. Er zog Molly hoch, und wollte mit ihr nach Hause gehen, bevor die Eltern ihre Abwesenheit bemerkten, als plötzlich der Himmel über ihnen aufbrach und einen herrlichen bunten Regenbogen zur Erde hinunterschickte.
Die beiden Geschwister starrten sich mit offenen Mündern an, nahmen sich bei den Händen und wagten sich ein paar Schritte auf den Regenbogen zu. Mike wagte sich als erster den bunten Lichtstrahl zu berühren. „Hey Molly“ würgte er hervor, „ das hier ist kein einfacher Regenbogen, er fühlt sich ganz fest an, wie der Boden in Mutters Küche“. Die Kinder gingen vorsichtig weiter, und traten einen Schritt auf den sonderbaren Regenbogen. Und tatsächlich, man konnte auf ihm stehen. So liefen sie immer weiter und stiegen dabei immer höher zum Himmel empor, bis sie die Wolke erreichten. Dort oben war es grau und finster, und die Luft war feucht und schwer. Da bewegte sich etwas im Nebel. „Ist jemand hier“ fragte Molly. Da hauchte eine leise schwache Stimme: „Ich bin hier, die Wetterfee, seit einer Woche warte ich schon auf euch, nun seid ihr endlich zu mir gekommen“. „Du wartest auf UNS“ stotterte Molly. „Ja, gewiss auf euch“, hauchte die Fee, ich bin sehr krank geworden und nur 2 besondere Kinder wie ihr, könnt mir helfen wieder gesund zu werden“. „Ich brauche Medizin von der Erde, sonst werde ich mich in 3 Tagen in einen schäbigen Troll verwandeln, und nie wieder die Sonne scheinen lassen können“. „Werdet ihr mir helfen“?
„Aber natürlich“, antworteten die Kinder wie aus einem Munde, „was können wir tun“? „Ich brauche einen Esslöffel Erdnussbutter , 2 Gummibärchen und einen Teelöffel Zitronenlimonade, um wieder gesund zu werden“. „Bist du sicher, dass das hilft“, fragte Mike, wir auf der Erde bekommen Medizin vom Doktor wenn wir krank sind“. „Ich bin sicher“ entgegnete die Fee, aber leider kann ich nicht hinunter auf die Erde kommen um mir die Zutaten zu holen, dort unten würde ich zu Staub zerfallen“. „ Oh das wäre ja furchtbar“, sagte Molly „wir werden dir gleich morgen alles bringen, wonach du verlangst“. Da trat die Fee aus dem Nebel und schritt anmutig auf die Geschwister zu. Die Kinder erstarrten im Angesicht ihrer Schönheit. Sie trug ein seidenes weißes Kleid, hatte lange blonde Locken und Augen – so blau wie der Himmel an einem klaren Sommertag. Sie war blass und hatte Ränder unter den Augen – ja, sie war wirklich krank. Sie drückte den Kindern einen Schlüssel und eine Karte in die Hand und erklärte, dass die Karte den Weg zu einer geheimen Tür aufzeigt, die mit dem Schlüssel geöffnet werden konnte. Hinter dieser Tür befand sich eine Treppe, die hinauf zur Wolke führte. Noch einmal konnte sie keinen Regenbogen zur Erde schicken, dafür war sie schon zu schwach. Dies war nun der einzige Weg ihr die Medizin zu bringen. Mike und Molly mussten versprechen niemandem um das Geheimnis der Karte und der Tür zu erzählen. Die beiden schworen es, und die Fee küsste sie zum Abschied auf die Stirn, und schickte sie die Treppe hinunter, zurück auf die Erde. Unten angekommen faltete Mike die Karte sorgfältig zusammen und steckte sie in die Tasche seines Mantels. Molly nahm den Schlüssel und schob ihn in einen ihrer Stiefel. Dann rannten sie über das Feld zurück zum Haus, schlichen sich hinein, legten Mantel und Schuhwerk ab, und gingen zurück in ihre Betten. Erschöpft, aber glücklich schliefen sie ein und erwachten erst am nächsten Morgen, als die Mutter zum Frühstück rief. Die Geschwister putzten die Zähne, zogen frische Wäsche an und liefen hinunter in die Küche. Die Eltern hatten nichts von ihrem Ausflug bemerkt, so schlangen sie das Frühstück hinunter und räumten den Tisch ab, während der Vater zur Arbeit aufbrach, und die Mutter in der Waschküche bügelte. Heimlich stahlen sie einen Esslöffel Erdnussbutter und 2 Gummibärchen. Dann streiften sie Mantel und Stiefel über und machten sich im Regen auf den Weg zur Großmutter. Dort angekommen, klagten sie über das schlechte Wetter, und ließen sich von Großmutters selbstgemachter Zitronenlimonade entschädigen. Sie nahmen ein Fläschen davon an sich, verabschiedeten sich rasch und liefen zurück zu dem Feld hinter dem Elternhaus. Dort zog Mike die Karte aus der Tasche und faltete sie auseinander. Die Kinder steckten die Köpfe zusammen, und staunten nicht schlecht, als sich selbst darauf abgebildet vorfanden, vor ihnen in Gold gezeichnet ein Weg, der zur geheimen Tür führte. Langsam folgten sie der Zeichnung, bis sie an einem Baum, ein mit Ranken bewachsenes Schlüsselloch entdeckten. Es war so gut versteckt, niemals hätten sie es ohne die Karte gefunden. Molly holte den Schlüssel hervor, schob ihn ins Schloss uns öffnete die Tür. Wie versprochen, erblickten sie dahinter eine schlichte Treppe und stiegen sie schnell empor.
Oben angekommen, fanden sie sich wieder auf der Wolke wieder, die sie schon am Abend zuvor besucht hatten, und riefen im grauen Nebel nach der Wetterfee. Ganz leise hauchte sie „Hier bin ich, hier drüben“. Mit letzter Kraft richtete sie sich auf, und winkte die Kinder zu sich. „Wir haben alle Zutaten für deine Medizin besorgt“, berichtete Molly. Die Fee holte eine goldene Schale hervor und bat die Kinder, alle Zutaten hineinzugeben. Mike und Molly taten wie ihnen aufgetragen wurde, gaben einen Esslöffel Erdnussbutter, 2 Gummibärchen und einen Teelöffel Zitronenlimonade in die Schale und verrührten alles miteinander. Die Fee nahm die Schüssel entgegen, und trank das Gebräu in einem Zug. Sie schüttelte sich und verzog das Gesicht. Dann plötzlich hob sie vom Boden ab, und schwebte in der Luft. Sie schloss die Augen und breitete die Arme aus, als ihr Flügel auf dem Rücken wuchsen. Wunderschöne bunte Lichtstrahlen schossen aus ihrem Körper. Dann sank sie wieder auf die Wolke, streckte sich und schenkte den verblüfften Geschwistern ein Lächeln. „ Ich hatte meine Flügel verloren, als ich unterwegs zu dieser Schlechtwetterwolke war, so wurde ich krank, und konnte nicht zurück auf die Sonnenwolke“. „Wisst ihr, ab und zu muss ich es auch im Sommer regnen lassen. Nur so wachsen all die schönen Blumen, und alle Tiere haben genug zu trinken“.
„Dank euch habe ich meine Flügel wieder und bin gesund, nun kann ich die Sonne wieder scheinen lassen und die Vögel singen hören“. „Vor vielen vielen Jahren ist mir schon einmal ein solches Unglück passiert“. Aber kein Kind auf Erden glaubte an mich, und so war ich meinem Schicksal als Troll schon sehr nahe. Nur ein einziges Kind wagte sich vor, und besuchte mich auf meiner Wolke um mir zu helfen – Eure Großmutter“. „Oh wirklich“, staunte Molly, „dann war also die Geschichte die Großmutter uns über dich erzählt hat wahr“. „Ja“, flötete die Fee, und ihre Stimme klang nicht mehr heiser, sondern wie ein helles Glockenspiel. „In Zukunft passe ich im Nebel der Schlechtwetterwolke besser auf mich auf, das verspreche ich“. „Ich danke euch für eure Hilfe – hier, nehmt dieses Glas als Geschenk, darin ist etwas Wetter „. Damit könnt ihr die Sonne in euren Zimmern scheinen lassen, wann immer ihr wollt, gebt gut darauf acht, und verratet niemandem euer Geheimnis“. „Nein, niemals, versprachen die Kinder“. „Nun, dann geht schnell wieder hinab zur Erde, und kommt mich bald wieder besuchen“. Die Geschwister verabschiedeten sich von der schönen Fee, und liefen die Stufen der Treppe hinunter. Als sie unten die Tür öffneten, trauten sie ihren Augen kaum. Die Sonne schien, Schmetterlinge flatterten über das Feld und die Vögel in den Bäumen sangen fröhliche Lieder. Molly und Mike nahmen sich bei den Händen, lachten und gingen Heim. Sie verstecken das Glas Wetter oben in ihrem Spielzimmer und freuten sich schon, es im Winter benutzen zu können. Als sie am Nachmittag Besuch von der Großmutter bekamen, sagte die Mutter: „ Das Wetter spielt wirklich verrückt, gestern schneite es, und heute scheint die Sonne“. „Nun wird es nicht mehr schneien und stürmen, der Sommer ist da“, entgegneten die Kinder, und warfen der Großmutter einen verstohlenen Blick zu. Sie lächelte, prostete den Kindern mit der Zitronenlimonade in ihrem Glas zu. Dann zogen Mike und Molly ihre Schuhe an, traten in die warmen Sonnenstrahlen hinaus und genossen den Rest ihrer Ferien.