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Die Wette

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04.02.2003
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Die Wette

Warum hatte er sich bloß auf diese Sache eingelassen?
Sein Atem ging immer noch heftig und stoßweise.
Eine Wette! Eine dumme Wette. Deswegen war er hier. Die Idee hätte ihm von Anfang an albern erscheinen müssen, aber irgendwie hatte er sich provozieren lassen. Wie hatte er nur so dumm sein können, einzuwilligen eine Nacht in dieser Lagerhalle zu verbringen?

Und zudem bekommst du noch nicht einmal etwas dafür... du warst dumm... sehr, sehr dumm, John. Was ist mit Denise? Sie fand die ganze Sache von Anfang an albern; und jetzt - jetzt ist sie da draußen...wegen DIR John!

Langsam normalisierte sich sein Atem und sein Kopf begann sich zu klären.
Was hatte er eben eigentlich gesehen? Er hatte Denise gesucht und sich tastend an den Containern entlangbewegt. Wieso musste es auch so finster sein?
Dann war plötzlich etwas da. Einen Schatten... nein – ein Umriss wäre passender. Etwas Großes bewegte sich lautlos durch die Finsternis vor ihm.
Einen zeitlosen Moment lang hatte er es angestarrt, wie hypnotisiert von seiner Fremdartigkeit. Er war noch nie mit einem Gefühl von solcher Intensität konfrontiert worden. Sein Unterbewusstsein hatte ihm förmlich zugeschrien: Raubtier.
Er hatte das Gefühl „Raubtier“ in jeder Faser seines Körpers verspürt.
Hastig, aber so leise wie möglich war er durch die Dunkelheit gestolpert und hatte sich auf einen der herumstehenden Container geflüchtet.
Übelkeit stieg in ihm auf und schwarze Punkte begannen vor seinem Gesichtsfeld zu tanzen.
Jetzt nur keinen Kreislaufzusammenbruch riskieren... Wenn du ohnmächtig wirst... vielleicht findet es dich dann, während du hier liegst und du weißt ganz genau, was dann passiert, oder?
Er legte sich hin und verdrängte für einen Moment den Gedanken an das Etwas aus seinem Kopf. Der Schwindel ließ nach, als er sich mit den Fingern an dem Rand der Kiste festkrallte und das kühle Eisen spürte. Der Container war gerade groß genug, dass er sich ausstrecken konnte, ohne seine Beine oder Arme in die Schwärze unter ihm zu tauchen.
Oh Gott! Was war mit Denise? Sie hatte es satt gehabt, in der Dunkelheit zu sitzen und wollte nach einem Lichtschalter suchen. Müde wie er war, blieb er einfach liegen, hatte sie widerspruchslos gehen lassen. Sekunden, nachdem sie fort war kamen ihm jedoch Zweifel an ihrer Idee.
Was, wenn man sie entdeckte? Sie würden wahrscheinlich aufgegriffen und angeklagt werden, wegen so etwas wie „Hausfriedensbruch“. Was, wenn es auf dem Gelände einen Nachtwächter gab, wohnmöglich noch Kameras an den Wänden, oder der Decke montiert waren, die alles aufzeichneten?
Also hatte er sich entschlossen, Denise zu folgen. Stattdessen aber hatte er dieses Ding gefunden.

Vielleicht hat es dich gesehen, John. Vielleicht wartet es unten vor dem Container auf dich.

Mit einem schnellen Blick vergewisserte er sich, dass er allein war. Dann kehrten seine Gedanken zurück zu Denise. Er war noch nicht lange mit ihr zusammen, liebte sie noch nicht einmal, empfand aber dennoch starke Zuneigung zu ihr.
Was, wenn es sie fand? Er hatte nicht viel von dem Wesen erkennen können, jedoch das, was er gesehen hatte, erschreckte ihn zutiefst. Es war groß und von der Statue her humanoid, ähnlich einem Menschenaffen vielleicht. Trotzdem konnte es kein Affe gewesen sein, den er dort unten gesehen hatte. Denn den Vorderpfoten entwuchsen lange, fast nadeldünne Klauen. Die Bewegungen des Wesens hatten die hölzerne Qualität einer Marionette. Schwankend und staksend schob es sich durch die Finsternis. Trotzdem war er sich fast sicher, nicht den geringsten Laut vernommen zu haben. Was ihn gewarnt hatte war etwas anderes. Das Gesicht des Wesens. Unnatürlich anmutende, weiße Augen leuchteten über einer beängstigend spitzen Schnauze. Irgendetwas an diesen Augen war merkwürdig. Sie hatten einen starren Ausdruck. Irgendwie pupillenlos und...
...tot. Die Augen waren tot, Johny.

Der Gedanke ließ ihn zusammenfahren. Er musste Denise suchen und sie hier raus bringen. Gerade als er sich erheben wollte, vernahm er ein Geräusch; Schritte. Einen Moment hielt er inne. Was, wenn er sich das unheimliche Wesen nur eingebildet hatte? Was, wenn die Schritte von einem Nachtwächter stammten?
Dann hörte er die Stimme von Denise, die durch die Stille schnitt: „John?“
Halb erleichtert, halb entsetzt über das laute Geräusch setzte er sich auf.
„John bist du das? Sag doch was.“
Er erstarrte in der Bewegung.

Nein John, das bist du nicht. Du liegst hier auf dem Container, ängstlich wie ein kleines Kind.

Ein trockener, knackender Laut ertönte, der sich anhörte, als zerbreche man einen dicken Ast.
Dann folgte Stille.

Es hat sie, John. Du hättest es verhindern können, aber nun ist es zu spät. Es hat sie gehört und... geholt.

Angestrengt lauschte er in die Stille, jedoch kein Laut drang zu ihm herüber. Das durfte nicht wahr sein. Es konnte nicht wahr sein. So etwas war unmöglich. Die Laute, die er vernommen hatte mussten irgendwie anders zu erklären sein.

Doch! Es ist wahr, John. Du solltest jetzt sehr, sehr vorsichtig sein. Denise ist tot, aber du kannst hier rauskommen, wenn du geschickt bist.

Ein Zittern stieg in seiner Brust auf und Tränen schossen ihm in die Augen. Sein Atem ging schnell und stoßweise.

Beherrsch dich, Johny! Du willst nicht wie Denise enden, oder? Du weißt, dass es dich hören würde.

Ein leises Schluchzen entrang sich seiner Brust. Nicht laut, doch deutlich zu hören. Entsetzt hielt er die Luft an und lauschte. Seine Sinne waren ungewöhnlich geschärft. Regungslos, wie gelähmt in seiner Anspannung starrte er in die Dunkelheit vor sich und sondierte die Stille.
„John?“ Er fuhr zusammen. Die Stimme hatte sich nicht nach Denise angehört. Es hatte Denise ähnlich geklungen, aber mehr so, als würde etwas versuchen ihre Stimme zu imitieren. Ein verräterisches Zischen hatte darin mitgeschwungen und ja... die Stimme schien irgendwie zu leiern.
„John?“
Näher!
Der zweite Ruf war keine fünf Meter von dem Container entfernt erklungen. Gegen seinen Willen verfiel er in eine Art Angststarre und hielt den Atem an, während er lauschte.
Ein leises Schnüffeln drang an sein Ohr. Es war bei ihm.
„John?“
Er zuckte zusammen. Erneut stiegen ihm Tränen in die Augen. Er begann zu zittern.
„John?“
Erneut das Schnüffeln, dann kratzte etwas an dem Metall des Containers.
„Was willst du von mir?“ Seine Stimme klang unglaublich dünn und kraftlos in seinen eigenen Ohren.
„John?“
Laut schluchzend rollte er sich zusammen.
„Geh weg!“ Vielleicht war er hier oben in Sicherheit. Vielleicht konnte es ihn auf dem Container nicht erreichen.

Warum bist du nicht leise gewesen? Warum nicht wenigstens weggelaufen? Ach, Johny, ich...

Ein scharfer Schmerz durchfuhr ihn. Er schrie auf und zog sich noch mehr zusammen. Als er sein Bein betastete spürte er eine warme Flüssigkeit durch seine Hose sickern. Blut! Es hatte ihn verletzt. Panisch wandte er seinen Blick nach unten. Dort, nahe seinen Beinen tasteten dünne, scharfe Klauen über das stumpfe Metall. Unter Schmerzen zog er sich hoch. Weg! Aus der Reichweite dieser Krallen.
Wie als Reaktion auf seine Bewegung wurde die Klauenhand zurückgezogen.
Zitternd stand er auf, die rechte Hand auf sein verwundetes Bein gepresst. Wieder begann sich alles vor seinen Augen zu drehen.
Hastig sah er sich um. Da war nichts. Benommen blinzelte er. Es war fort.

Du weißt genau, dass es nicht fort ist. Es wartet. Es liegt in den Schatten und wartet auf dich.

Plötzliche Übelkeit stieg in ihm auf. Für einen Moment versuchte er dagegen anzukämpfen, dann erbrach er sich auf das Metall vor ihm.
Als er den Blick erneut hob, sah er ihm direkt in die Augen.
Er erblickte den unendlichen Raum in deren Leere.
Für einen Moment fühlte er sich großartig, fast erhaben ob des Anblicks der Weite. Dann begann er zu fallen. Hinab...in nie zuvor gekannte Tiefen.
Es hatte nie seinen Körper gewollt...

 

Der Schreibstil der Geschichte wirkt schon ganz gut. Man liest den Text fließend und es gelingt Dir auch Spannung aufzubauen. Allerdings finde ich die Handlung nicht so gelungen oder besser gesagt unvollständig.

Anfangs hat man das Gefühl, John hätte solche Visionen und würde seine Freundin in der Lagerhalle sehen und fürchten etwas würde sie dort holen. Dann stellt sich die Frage, warum er nicht mehr in dem Lagerhaus ist oder findet das Ganze in der Lagerhalle statt?

Auch störte mich, dass Du erst das Monster nicht beschreibst, bzw. sagtest es sei nur ein Schatten. Wenig später jedoch beschreibst Du es detailierter.

Die Idee ist nicht neu, aber durch eine ausführlichere Handlung, wäre die Story gar nicht schlecht und mit ein wenig Überabreitung könntest Du die Geschichte aufwerten. Mein Vorschlag wäre, die Wette genauer zu beschreiben. Es ist alles sehr generell gehalten und wirkt daher eben nur zweckmäßig als Einstieg in die Story. Desweiteren, wenn Du seine Freundin umbringen lässt von dem Monster, dann würde ich diese Szene viel mehr ausgestalten. Es bricht nicht nur ein Knochen, sondern da kann man Fressgeräusche beschreiben. Auch ein Schrei kann schon Angst hervorrufen.

Meine Idee wäre jedoch, dass seine Freundin vielleicht schon "umgewandelt wurde" und ihn holt. Ich weiß, das ist nicht sehr neu, aber ehrlich gesagt wirkt es vielleicht grausiger, als ein Monster zu dem man keinen Bezug aufbauen kann. Es ist keine Erklärung vorhanden, was das Monster ist.

Bisher sehe ich nur die Fassung für den Edelstein. Mehr Background und Detail und Ausbau der Szenen würden die Geschichte verbessern.

Wie gesagt, deine Schreibe ist gut lesbar und auch die Gedankeneinwürfe sind nicht schlecht. Ein paar Rechtschreibfehler sind vorhanden, doch geht es mir mehr um den Inhalt der Story.

Der letzte Satz war für mich total unverständlich.

Fazit: Eine spannende Kurzweil, die jedoch durch zu wenig Background und einem etwas unbefriedigenden Ende geschmälert wird. Schreibstil ist überzeugend, doch die Szenen brauchen mehr "Farbe".

Gruß
bf

 

Hey MoC,

ich finde, die Geschichte hat was.

Aber das Ende kommt irgend wie völlig überraschend - im Sinne von schnell...

Und es ist nicht erklärt, warum das Monster seiner Freundin das Genick bricht, aber ihm die Seele absaugt.

Wenn das Monster das bei der Freundin vorher auch gemacht hat, dann ist die Szene schlecht beschrieben, da zwischen dem letzten "John" und dem Knacken - dem Leser - zuwenig Zeit vergeht...

Der Hintergrund stört mich nicht besonders, weil ich im Gegenteil finde, dass auch solche Geschichten faszinieren. Mich zumindest.
Der Leser weiss bis zum Schluss nie mehr als der Protagonist. Das ist auch eine Art von Grauen, die ich gut nachvollziehen kann.

Aber auch ich hätte gerne mehr über den Hintergrund der Wette gewusst.

Henry Bienek

 

Hallo!

Danke für die doch einigermaßen guten Bewertungen...;-)

Die Sache ist folgende: Das Ziel bei der Geschichte waren 2 Seiten maximum.

Ich werde in nächster Zeit Kanada hier Posten.

Eine längere Kurzgeschichte mit ähnlichem Thema.

Vielleicht schaut Ihr dann nochmal rein...

Ein wenig ungenau ist die Story absichtlich. Ich finde Grusel wird dadurch erzeugt, daß der Leser vieles nur erahnen kann.

Gruß...
...MasterofC

 

Ich muss Badfinger recht geben - der Schluss hat mich auch nicht so richtig ergriffen - was zum Teufel wollte das Viech
denn, wenn nicht seinen Körper?
Seinen Geist?
Natürlich muss man nichts erklären zum Schluss. Ich hätte wahrscheinlich die letzte Passage " Für einen Moment fühlte er sich großartig, fast erhaben ob des Anblicks der Weite. Dann begann er zu fallen. Hinab...in nie zuvor gekannte Tiefen.." einfach so stehen lassen.
Was das Viech wirklich wollte, soll der Leser mit Grauen ahnen - aber gesagt hätte ich es nicht.
Insgesamt finde ich die Geschichte schon sehr sauber dargestellt - insbesondere die Ausdrucksweise ist sehr bildhaft.

Da man mit Fremdwörtern vorsichtig sein
muss - nicht jeder Leser weiß, was humanoid bedeuten könnte,(
Es war groß und von der Statue her humanoid) - hätte hier wahrscheinlich
genügt zu sagen, dass es von menschenähnlicher Gestalt war.....
Wenn ich Fremdwörter benutze, schreibe ich manchmal einfach den deutschen Ausdruck zusätzlich in die Fussnote - dann hat mancher Leser den aha-effekt.
Der kommt immer gut an.
Es war groß und von der Statue her humanoid*

*menschenähnlich.

Insgesamt gefällt mir die Geschichte.
Mach weiter so!

 

Nochmal danke für die Lektur ;-)

Ich hoffe Ihr bringt genügend Geduld auf um Kanada zu lesen. Da hatte ich nämlich im Unterschied zu der Geschichte richtig Platz mich zu entfalten...

Ob das dann auch noch gefällt wird man sehen.

Ich werds jetzt Posten.

Gruß...

...MasterofC

 

Du hast übrigens recht mit der menschenähnlichen Gestalt und dem Ende...der letzte Satz ist echt überdramatisierend und spannungsauflösend.

Ich denke, der wird gekürzt.

Hört sich auch ein wenig zu geschwollen an.

 

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