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- Anmerkungen zum Text
Ein Versuch, Dialoge zu üben.
Die Werkstatt
„Schon da?“ fragt mein Vater, als ich die Tür zur Werkstatt öffne. Auf der Bühne steht ein Barkass. Wo hat er den schon wieder her? „Gut. Ich kann mal ne Hand gebrauchen.“
Ich setze mich auf den Fahrersitz und er zeigt auf die Motorabdeckung im Boden. „Nimm die mal hoch. Ich will mir kurz den Motor ansehen.“
Die Abdeckung lässt sich problemlos anheben.
„Wie läufts?“ fragt er über das Loch im Boden gebeugt. Er versucht den Zündkerzenstecker herauszuziehen.
„Gut“, sage ich. „Im Februar sind Prüfungen.“
„Dann bist du ja bald durch. Gibst‘ mir mal die Nuss …“
„Ja.“
„Und weißt‘ schon, wie‘s dann weitergeht?“ Er legt den Schlüssel an die Zündkerze, bekommt sie aber nicht gelöst. „Bringst du mir mal das WD-40?“
„Mal sehen …“, sage ich und hole die Dose.
„Du hast ein Händchen für Autos. Die Kunden mögen dich. Und du weißt, wie‘s läuft.“
„Klar, bin ja hier drin aufgewachsen.“
„Deine Schwestern haben jedenfalls kein Interesse.“ Er sprüht die farblose Flüssigkeit um das Gewinde der drei Kerzen.
„Ich weiß.“
„Du musst dich ja nicht gleich festlegen. Aber es wäre gut, wenn du drüber nachdenkst.“
„Es ist nur …“
„Ja?“
„Ach, keine Ahnung. Vielleicht gehe ich in die Schweiz.“
Er richtet sich auf und schaut mich an. „In die Schweiz?“
„Ja, vielleicht, die haben da auch Autos, weißt du ...“
„Aha.“ Er beugt sich wieder über den Motor. „Ich hab immer gedacht, du bleibst hier. Aber gut. Du bist jung. Kannst ja erst mal was ausprobieren. Kommst schon noch drauf, was du willst.“
„Ich helf dir mit dem Motor“, sage ich. „Jetzt am Wochenende.“
„Musst du nicht. Ich komm schon klar.“
„Aber ich bin ja da, dann kann ich auch helfen.“
„Nee, lass mal, is ja dein Wochenende. Mach mal, was du willst. Triff dich mit Tom oder so.“
Er legt noch mal den Schlüssel an die Kerze und tatsächlich lässt sich das rostige Ding auslösen. Die Elektrode ist kaum noch zu erkennen.
„Wie alt ist die Kiste eigentlich?“
„Fast doppelt so alt wie du. Hat Gregor für mich aufgetan.“
„Schön mit Zweitaktsound …“
Er nickt, setzt den Schlüssel an der zweiten Kerze an und löst auch die heraus. Die dritte bewegt sich nicht.
„Hauptsache, sie bricht nicht ab …“, sage ich.
„Weißt du, nicht alles, was alt ist, muss auf den Schrott.“
„Hab ich nie gesagt.“
„Nee, hast du nich.“
„Am besten lässt du‘s über Nacht einwirken.“
„Is wohl so, bei manchen dauert‘s eben länger.“
Wir schweigen.
Dann sagt er: „Weißt du, Alex, irgendwann reicht‘s aber auch mit dem Rumgeeier.“
„Was meinst du?“
„Ich meine, dass ich auch mal wissen will, woran ich bin. Kommst du her und übernimmst die Werkstatt? Gehst du in die Schweiz? Bleibst du in Rostock?“
„Papa, ich …“
„Ich weiß schon, du weißt es noch nicht … Aber ich warte, dass du aus dem Quark kommst.“
„Ich will doch gar nicht, dass du wartest.“
Er seufzt. „Na komm, lass uns reingehen. Gibt sonst Ärger mit deiner Mutter.“
„Ja, wär blöd an ihrem Geburtstag.“
„Mal gucken, ob wir die Kerze dann morgen rauskriegen.“
„Ich fahr nach der Feier zurück.“
Er wischt sich die Hände an einem Lappen ab, zieht seinen Kittel aus und hängt ihn an die Wand. „Mach, wie du meinst.“
Dann gehen wir raus und die Tür der Werkstatt fällt hinter uns zu.