Die Weltformel
Wir schreiben das Jahr 2105. Isaac Zweistein steigt aus seinem Daimler-BMW Hydrogen 530H2 (die beiden letzten großen deutschen Autokonzerne fusionierten vor ca. 10 Jahren um sich gegen Übernahmeabsichten des weltgrößten Autobauers, der Chinese Automobile State Company CASC, zu wappnen) und macht sich auf den Weg zu dem riesigen Kongresszentrum der Zürich-Universität, einem grell türkis-lilafarbenen, von einer multiflexiblen Wassermembran umhüllten und eindeutig der dominierenden Kunstrichtung der späten 80er Jahre, dem New Second Age Gaganism, zuzuordnendem Gebäude.
Zweistein, geboren am 14. 03. 2079 im bayrisch-schwäbischen Neu-Ulm als Sohn einer nach Deutschland zurückgekehrten jüdischen Familie, war schon als Kind naturwissenschaftlich begabt und zeigte früh beeindruckendes Talent bei physikalischen Problemstellungen verschiedenster Art. Mit 19 wurde er Professor für theoretische flasigniastische Physik am Harvard Institute of Technology (HIT) in Boston und galt früh als größtes wissenschaftliches Genie seit dem großen Weltbilderschütterer Einstein und der Multiversenbeweiserin Wang (2010 – 2089).
Die Spannung in dem 500 Personen fassendenen Hörsaal der bedeutendsten Universität der Welt ist zum Zerreißen gespannt, als Isaac Zweistein an das Glasplasma-Rednerpult tritt und verkündet: „Meine Damen und Herren, etwas wonach sich die gesamte Menschheit sehnte, ist vollbracht. Ich habe die Weltformel zur korrekten Beschreibung sämtlicher Phänomene im Multiversum, ihrer Zusammenhänge und Wechselwirkungen, gefunden. Einsteins, Hawkings, Wangs und unser aller Traum ist damit endlich vollbracht.“
Alle jubeln und umarmen sich, verkünden das Ende aller Religionen, preisen sich als die wahren Weisen des Multiversums, die Krone der Schöpfung und feiern ihren Messias Zweistein. Nur in der letzten Reihe, unbeachtet von all den Exstatikern um ihn herum, grübelt eine unvoreingenommene Putzfrau: „Kann mir diese Formel denn auch erklären, warum es überhaupt etwas gibt und nicht Nichts?“