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Die Welt in der Welt

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12.12.2014
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Die Welt in der Welt

Bill saß zusammengekauert an der Wand der stillen Zelle. Schummriges Licht fiel durch ein vergittertes Deckenfenster in den zimmergroßen Raum und seine schlafenden Insassen. Draußen musste es Abend sein. Leise Stimmen hallten den Kanalschacht zu ihnen hinab. Bill atmete die kalte, modrige Luft ein, die ihn davon abhielt, in tieferen Schlaf zu fallen.
So hielt sich sein Bewusstsein irgendwo zwischen dem wachen und schlafenden Zustand auf, wo die umgebenden Geräusche bizarrste Bilder in seinen Geist malten.
Das dauernde Tropfen machte ihn langsam verrückt und sein Kopf fühlte sich an, als wäre er ein Blecheimer. Das Standardgefühl, seitdem er hier unten in der Zelle saß.
Doch von einem Moment auf den anderen, hörte er etwas anderes. Ein leiser, heller Klang. Und bevor sein Bewusstsein überhaupt dazu kam, sich irgendein seltsames Bild auszudenken, um es in Bills Träume zu schicken, durchzuckte es ihn nocheinmal. Ein weißer Blitz, direkt vor seinem inneren Auge. Ein Klirren, das ihn endgültig aus seinen Träumen riss. Es schallte unangenehm in seinem Kopf nach, als Bill die Augen einen Spalt weit öffnete. Neugierig auf das, was ihn geweckt hatte.
Es war eine Münze, die da verloren auf dem nassen Beton lag. Sie schimmerte im diffusen Licht.
Die Lichtreflexe ließen auch Bills wirre Gedanken sich auf einen Punkt richten:
Wo kam diese Münze her und wem gehörte sie? Wollte eine höhere Macht im ein bisschen von seinem alten Leben zurückgeben? Ein Leben als Verbrecher. Zwischen den Gedanken flackerten Erinnerungen in ihm auf. Bilder von Banken, Tresoren, Bergen von Geld. Und da lag das Objekt der Begierde, dessen Brüder tausende Male durch Bills Hände gelaufen waren. Herrenlos. Geschenkt.
Der goldene Glanz weckte ein lange vergessen geglaubtes Gefühl in Bill. Eines, das schon lange nicht mehr gefüttert wurde und sich nun umso stärker in seinen Eingeweiden wand. Gier.
Er konnte das Metall riechen. Wie das Eisen im Blut eines Tieres.
Dieses Geld musste er haben. Ungeachtet aller Umstände.
Es platschte leise, als er seine Hand neben ihm auf dem Boden absetzte. Er erschrak bei dem Geräusch und der Kälte, die durch seine Nervenbahnen fuhren und ihn mit einem Satz in die Realität zurückholten.
Die Tropfen tropften, die leisen Stimmen von der Oberfläche sprachen und seine Zellenkumpanen schnarchten immer noch ihr altes Lied.
„Langsam, Bill“, ermahnte er sich in Gedanken.
Vorsichtig nun, setzte er sich auf. Sein Rücken weigerte sich, der gekrümmten Position zu entweichen und knackte protestierend. Unbeholfen hievte er seinen schlanken Körper weiter nach vorn. Immer die Münze im Blickwinkel behaltend, damit sie ihm ja keiner wegschnappte. Zentimeter für Zentimeter. Es war nur noch ein kurzes Stück, bis er sie greifen konnte...
Doch plötzlich spürte er, wie eine große, starke Hand seinen Oberarm umgriff und ihn festhielt. Ertappt fährt sein Kopf herum.
„Du hattest wohl gedacht, das kannst du ganz für dich haben?“, spottete Ed und lachte dreckig als er Bill's verwundertes Gesicht sah.
Dieser aber, von der Gier beflügelt, nutzte die Ablenkung seines Gegners, drehte er sich um und streckte blitzartig den Arm nach der Münze aus. Er fasste das Metall und zog es mit dem Gedanken an sich, es nie wieder loslassen zu wollen.
Zu Bills großem Entsetzen hatte sich Ed's Hand aber nicht von seinem Arm gelöst! Sie hielt ihn immer noch an der gleichen Stelle fest und …
Ohne zu wissen wie ihm geschah, brach auch Ed's massiger Körper über ihn herein. Das Gewicht drückte die Luft restlos aus Bill's Brustkorb und für einen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Seine Gelenke knackten und unbeabsichtigt entglitt die Münze seiner Hand. Mittlerweile musste jeder in dieser verdammten Zelle wach sein.
Bill blieb nicht viel Zeit sich zu regenerieren, denn im nächsten Augenblick durchfuhr ein tausendfaches Stechen seine Kopfhaut und trieb ihm die Tränen in die weit aufgerissenen Augen. Ed zog ihn brutal gen Himmel. Nein. Da war kein Himmel. Nur die in den Fels gehauene Zellendecke. Der Himmel lag dieses Mal, so nah wie noch nie, direkt vor ihm auf dem Boden! Doch er entfernte sich immer weiter von ihm, als Ed ihn an den Haaren von dem Gold wegzog. Durch diesen Gedanken fasste Bill seine letzte Kraft, und versuchte, seine Ellenbogen nach hinten in Ed's Bauch zu rammen. Doch er gab sein Vorhaben im nächsten Moment auf, als er erkannte, was Ed vorhatte!
Sein Kopf war jetzt ein ansehnliches Stück vom harten Beton entfernt, dessen raue Oberfläche gefährlich glitzerte ... Als wollte sie sich im nächsten Moment vernichtend auf Bill stürzen ...
Verzweifelt versuchte er nun die Hände vor sein Gesicht zu bekommen bevor sich Ed dazu entschied, sein Gewicht ein kleines Bisschen zu verlagern und die kleine Fliege Bill auszulöschen. Im entscheidenden Moment, Bill war in Gedanken schon im Himmel angekommen, kam etwas dazwischen. Er konnte sich nicht mehr ganz daran erinnern. Nur, dass sein Kopf grob zu Seite gerissen und dann sogar ganz losgelassen wurde. Sein Schädel prallte ungebremst auf den Boden. Für einen Augenblick nahm die Welt eine schwarze Farbe an.
Als er seine Augen wieder öffnete und sein Gehirn wieder dazu bereit war, Informationen zu verarbeiten, durchzuckte ihn ein mörderisches Kopfweh. Die Zelle drehte sich und Geräusche drangen von allen Seiten auf ihn ein. Seine rechte Gesichtshälfte klebte von Blut.
Einmal mehr roch es nach Metall. Da war der Gedanke wieder da. Mit unverminderter Stärke. Er hatte sie verloren. Wo war sie?
Bill rappelte sich auf, ignorierte die pochenden Schmerzen, und suchte auf dem Boden hastig nach der Münze.
Da! Er schnappte sich das glänzende Ding und verbarg es zitternd in seiner Faust.
Von der Helligkeit flüchtend, schleppte er sich an die Zellenwand.
Erst jetzt fand er Zeit, sich nach dem Geschehen umzudrehen.
Es sah so aus als hätten die anderen Gefangenen Ed von seinem Rücken hinuntergestoßen, denn er lag, umringt von Menschen, auf der anderen Seite des Raumes. Bill kauerte sich weiter zusammen, in der Hoffnung den Blicken der Mitgefangenen zu entgehen. Dennoch erreichte ihn nach kurzer Zeit das Wort ihres Anführers. „Spinnt ihr eigentlich!?“, schimpfte dieser. „Was habt ihr euch dabei gedacht, euch gegenseitig die Köpfe einzuschlagen!?“
Es war Nepumuk, der sprach.
“Warum streitet ihr euch?“, fuhr er mit unverändertem Ton fort.
Hätte Nep nicht den Rest der Gefangenen hinter sich gehabt, hätte Bill seinen Worten schon längst ein Ende gesetzt. Er sollte sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern.
Noch sprach Nep mehr zu Ed, dem offensichtlich Schuldigen und Bill drückte sich noch tiefer in den Schatten. Doch zu seinem Missfallen hob Ed nun den Kopf, schaute Bill direkt in die Augen und knurrte:
„Er hat die Münze ganz für sich allein haben wollen! Der Geizhals!“
„Ach daher dieses Geräusch…“ bemerkte Nep und blickte zu Bill.
„Ist das wahr?“, nun mit ruhigerem Tonfall.
Als sich ihre Blicke kreuzen, wendete Bill sofort seine Augen ab und schwieg.
„Warum streitet ihr euch wegen einer Münze??“, fragte er weiter.
Nun sahen sie ihn verwirrt an. War es nicht richtig, sich Geld beschaffen zu wollen?
„Warum?! Was meint ihr, bringt es euch denn für einen Vorteil?“, fragte er harsch, „Was wollt ihr euch damit kaufen?“
„Aber es ist doch Geld. Geld kann man immer brauchen...man könnte den Wärter bestechen...“, wendete Ed ein, “...oder wir benutzen es nach dem Gefängnis und …“
Nep unterbrach ihn grob: „Der Wärter wird uns alle zusammenschlagen und das Geld wegnehmen. Niemand wird es ihm verbieten.
Habt ihr denn vergessen, wo wir sind? Wer weiß, wann wir aus diesem Loch wieder rauskommen!?“
Seine Worte verhallten im Raum.
„Wir sind in keiner Welt, in der es Sinn macht, sich um Geld zu streiten“, sprach er weiter, jedes einzelne Wort betonend. „Jeder Klumpen Gold, ist hier nicht mehr Wert als irgendein Stein. Aber er richtet weit mehr Schaden an. Er vergiftet unsere Gesellschaft!“
Es war still in der Zelle.
Und langsam, ganz langsam dämmerte ihnen die Wahrheit. Sie sickerte durch Bills Bewusstsein, zerfraß seine Gier und ließ klare Flächen zurück.
Diese enge dunkle Welt hier unter hatte nicht viel gemein mit der weiten, hellen dort oben …
Bill saß durch die starken Worte niedergeschlagen an der Wand. Seine Augen blickten, weit aufgerissen und mit klarer Sicht, auf das auf einmal wertlos gewordene Metall in seiner Hand. Die lange Zeit der Pein und des Wartens, hatten den Boden für diese Erkenntnis bereitet. Geld war hier nichts wert. Geld war eine Illusion. Sein ganzes Leben hatte er dieser Illusion geopfert, die ihn letztendlich hinter Gitter gebracht hatte und ihm fast alles geraubt hatte. Was hatte dieses Stück noch Gutes an sich?
Er hob den Kopf und ließ die Finger locker werden, bis die Münze auf den Boden fiel. Das Klirren vertrieb die letzten kapitalistischen Schwaden aus seinem Bewusstsein und er hob das erste Mal an diesem Tag die gebrochene Stimme:
„Du hast Recht, Nepumuk ... nimm das weg. Ich will … nicht mehr zulassen, dass sie mein Leben in Gefahr bringt.“
Nep tat wie geheißen, betrachtete die Münze noch einen Moment und warf sie dann in eines der vielen Kanalrohre. Klimpernd verschwand sie in der Röhre und ließ die Männer in ihrem dunklen Gefängnis zurück.

 

Hola Fabian 93 -
tut mir leid: Ich schon wieder!
Der CIRKUS hat mir nicht gefallen. Aber diesmal muss ich sagen: Mein lieber Joly! Alle Achtung. Für einen Mann Deines Alters: Klasse!
Ja, ja - Gedanken dieser Art sind nicht von Dir. Doch wen juckt das?
Du hast das gut gemacht. Ich habe dann auf Allradantrieb umschalten müssen, um durch all die Fehlerhalden und Schlaglöcher zu kommen, aber was soll's?
Du bist ein engagierter Kerl - und nur das zählt! Da geht's weiter, aufi!
Eine letzte Frage in diesem Jahr: Ist das denn so kompliziert, einen Kumpel / eine Kumpeline zu finden, der/die Dir wenigstens die schlimmsten, ins Auge stechenden Fehler vom Leibe hält?
Mach doch 'ne Sylvesterparty.
Nein nein, ohne Scheiß! Ich kann auf keinen Fall kommen. Sei ohne Furcht. Seit meiner Karriere bei den Wortkriegern reisst sich die ganze Medienwelt um mich. Aber ich hab' Deine Nummer.
Joséfelipe

 

Hallo josefelipe
Erstmal vielen Dank für deinen Kommentar, den ich mit pochendem Herzen gelesen habe, doch leider kann ich nicht sonderlich viel damit anfangen...
Ich fürchte, ich habe meinen Namen falsch gewählt...und du verwechselst mich mit Fabian93.
Tja, ich hoffe Fabian93 ist nicht allzu böse auf mich.
Es freut mich, dass dir der Text gefallen hat, auch wenn wohl ziemlich viele Fehler drin sind, die mir leider entgangen sind. Ich hoffe du verzeihst sie mir. Dies ist immerhin meine erste Kurzgeschichte.
Ich sehe, ich muss noch etwas an mir arbeiten. Ich will mich verbessern.
Du musst mir trotzdem nochmal deinen Kommentar erklären.
Fabian 97

 

Hallo Fabian,
ein scheußliches Gefängnis, in der Geld nichts mehr wert ist. Warum? Wo spielt die Geschichte? Wann? Wer ist Bill? Mt einem Wort: Mir fehlt etwas die Orientierung. Sollte die Geschichte in der Jetztzeit spielen, stellt sich die Frage der Glaubwürdigkeit. Wo gibt es ein solches Gefängnis heute? Nicht in Europa oder in den USA (die Namen deuten darauf hin, dass die Insassen Europäer oder Amerikaner sind). Die Insassen werden als "Verbrecher" bezeichnet, das ist wenig konkret. Sind sie also zu Recht dort unten?
Worum geht es eigentlich? Nur um die Erkenntnis, dass die Gier nach Geld Bill zum Verbrecher gemacht hat? Für mich ist das etwas wenig. Vielleicht könnte man die Sinnlosigkeit dieses Kampfes anders zeigen. An sich finde ich die Idee und das Szenario interessant. Vielleicht mehr Action?
Zu Einzelheiten: Warum wechselst Du bei der Erzählzeit von der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder zurück? Widersprüche: Wenn es draußen Abend ist, woher kommt das Licht? Nep ist offensichtlich kein selbsternannter Anführer (übrigens trotz und nicht wider seiner Jugend), sondern wegen seiner Klugheit von den anderen akzeptiert.
Nep spricht ziemlich gestelzt für einen Verbrecher ("Seid ihr von Sinnen" - übrigens "schimpfte er aufgebracht" ist eine unnötige Doppelung, "schimpfte er" würde reichen. "Er vergiftet unsere Gesellschaft" - welche Gesellschaft? Die im Keller, oder die da draußen?).
Ich würde bei der Sprache noch einmal überprüfen, ob die Adverbien und Adjektive alle notwendig sind (z.B. "Bill atmete unbewusst" - dass er nicht bewusst atmet, ist klar, es sei denn, Du willst das irgendwie betonen; "mit bebender Stimme" - klingt etwas abgedroschen).
Dies als Ansporn für eine Überarbeitung.
Adrian

 

Hallo Adrian,
danke für deinen sehr aussagekräftigen Kommentar. Du sprichst Dinge an, die mir auch bei der Erstellung des Textes in den Sinn gekommen sind, aber ich nicht wusste wie ich damit umgehen sollte. Kernpunkt der Geschichte sollte das Ende sein mit der Aussage, dass Geld unter gewissen Umständen wertlos ist. Das trifft, denke ich gewissermaßen auf alle Gefängnisse zu. Um aber mögliche Angriffspunkte, wie eine Bestechung des Wärters oder irgendwelche Automaten in einem Essenssaal, (ich weiß leider nicht genau, wie es in einem modernen Gefängnis aussieht) auszuschließen, habe ich das Szenario in ein unterirdisches Gefängnis in ein Land mit möglichst wenig Menschenrechten verlegen wollen. Das sollte z.B. irgendein arabisches sein oder chinesisch. Ich hab es nicht näher beschrieben weil ich das Hauptaugenmerk auf die Handlung richten wollte. Die Namen passen damit nicht zusammen, stimmt. Die sind auf jeden fall zurecht dort unten. Alles andere soll erst mal nicht interessieren. Es sollte aber in unserer Zeit spielen.
Der Grund für den Tempuswechsel liegt einfach darin, dass ich nicht weiß, was wann kommt.
Der Abend ist nicht so fortgeschritten, das es schon dunkel ist. Eher dämmrig.
Nep's Sprache sollte seine Intelligenz verdeutlichen, aber nicht gestelzt wirken, und gleichzeitig ein für Nep ungerechtes Hiersein vermitteln. Deshalb ist er so gereizt, und unzufrieden mit der Situation. Vielleicht hat ihn seine Aggressivität ins Gefängnis gebracht.
Nochmals danke für deinen lehrreichen Kommentar. Du wirst gemerkt haben, das ich ein blutiger Anfänger bin ;)
LG Fabian

 

Hallo Fabian

Herzlich Willkommen hier in unserem Forum!

Doch von einem, dieser unendlich vielen Momente, auf den anderen, drang etwas neues in sein angeschlagenes Bewusstsein.

Du musst am Anfang deiner Geschichte aufpassen, nicht zu dick aufzutragen. Der zitierte Satz ist so ein Paradebeispiel.

Anstatt einfach die Formulierung zu wählen: "von einem Moment auf den anderen", möchtest du nochmal extra betonen, dass es (quälend) unendlich viele Momente sind und wie dein Protagonist darunter leidet. Abgesehen davon, dass du das die beiden Absätze zuvor schon hinreichend deutlich gemacht hast, wählst du hier auch eine total schräge Formulierung: "von einem dieser unendlich vielen Momente auf den anderen" (beide Kommas bei dir gehören raus). Das klingt einfach nicht gut, denn es sind ja gerade nicht unendlich viele Momente, sonst könnten wir ja nicht von einem auf den anderen wechseln.

Und anstatt dass dein Protagonist einfach etwas hört, "dringt es in sein Bewusstsein vor". Ja, nicht nur in das Bewusstsein, sondern in das angeschlagene Bewusstsein. Du versuchst hier mit möglichst dramatischen Formulierungen und einem Überfluss an Adjektiven Stimmung zu erzeugen, auf mich wirkt das leider nicht. Vielleicht zwei Dinge, die du im Hinterkopf behalten kannst, wenn du dir den Anfang nochmal vornimmst (oder für andere Geschichten in der Zukunft): Versuch, etwas früher in die eigentliche Handlung zu gehen. Diese Absätze mit modriger Luft und schummrigem Licht, das kann man schon bringen, aber versuch es kurz zu halten. Ganz viele Geschichten beginnen damit, dass einer irgendwo aufwacht oder rumliegt und sich unwohl fühlt. Das wird mir als Leser dann nach zwei, drei Sätzen schon klar, aber dann will ich irgendwann, dass die Handlung einsetzt, und nicht dass auch im vierten Absatz (mit anderen Worten) die Stimmung erneut beschrieben wird. Dann, das zweite, versuch doch etwas einfachere Formulierungen zu finden. Die Formulierungen müssen gar nicht so dramatisch sein, manchmal wirkt das schnell unfreiwillig komisch, versuch diese Dramatik über die Handlung, deine Figuren und ihre Konflikte in den Text zu bringen. Achte mehr auf den Plot. Gerade den Teil mit dem Blecheimer, ich weiß nicht wie lange du überlegt hast, um zu diesem Bild zu kommen, aber auch das verfehlt seine Wirkung bei mir.

Das dauernde Tropfen machte in langsam verrückt.

("ihn" statt "in")

Das würde mir eigentlich schon reichen. Da braucht es kein Blecheimer-Bild, die Hammerschläge im Kopf, mir ist das zu viel. Und wenn du einfachere Formulierungen wählst, kommen auch nicht solche Sätze zustande:

Es schallte unangenehm in seinem Blechkübelbewusstsein nach und Bill öffnete die Augen einen Spalt weit.

"Blechkübelbewusstsein" - na ja. Willst du das wirklich sagen?

Also: einfachere Formulierungen, nicht zu verkünstelt, und versuch auch die Anzahl Adjektive zurückzuschrauben. Ich weiß, man denkt anfangs immer, das klingt total toll, und teilweise wird es einem auch in der Schule beigebracht, aber meist bläht es einen Text unnötig auf und man hat immer den Eindruck, der Autor will mit möglichst "tollen" Adjektiven irgendwas kompensieren.

Dann, was mich auch stört am Anfang, mag jetzt eine Kleinigkeit sein aber ich erwähn es trotzdem mal: der Name Bill. Du hast ja später auch was dazu geschrieben, ganz ehrlich, es klingt nach einem Abklatsch von einem Hollywood-Streifen oder so. Wenn die Geschichte nicht explizit in den USA spielen muss, aus irgendeinem Grund, dann lass sie dort spielen, wo du dich auskennst, also typischerweise wohl in Deutschland. Und dann geb deiner Figur einen deutschen Namen, aber nenn sie nicht Bill oder Jack oder John oder so. Das klingt einfach allzu schnell so, als wölltest du einen amerikanischen Film oder Autor kopieren. Mag jetzt ein subjektives Problem sein, das ich habe und das viele andere nicht teilen, aber ich würde versuchen, dieses Problemfeld zu meiden.

Tja, und dann sind wir schon beim nächsten Punkt, ich geh mal auf deine Antwort ein:

Um aber mögliche Angriffspunkte, wie eine Bestechung des Wärters oder irgendwelche Automaten in einem Essenssaal, (ich weiß leider nicht genau, wie es in einem modernen Gefängnis aussieht) auszuschließen, habe ich das Szenario in ein unterirdisches Gefängnis in ein Land mit möglichst wenig Menschenrechten verlegen wollen.

Kam mir beim Lesen der Geschichte gar nicht in den Sinn, ich hab auch gar nicht so sehr drüber nachgedacht, ob es jetzt wichtig ist, wo oder wann das spielt, aber da du ja gerade mit dem Schreiben anfängst: Versuch dich an Themen, die du kennst. Wenn du nicht weißt, wie es in Gefängnissen aussieht, informiere dich. Das gesammelte Wissen der Menschheit ist nur einen Mausklick entfernt, es war nie einfacher, an Informationen zu kommen. Recherche ist ein wichtiger Punkt. Und wenn du keine Lust hast zu recherchieren, dann schreib über Themen, bei denen du dich gut genug auskennst, dass du nicht recherchieren musst. Wie gesagt, ich find das jetzt bei der Geschichte gar nicht so wichtig, wann und wo das spielt, das nur so als grundsätzlichen Punkt.

Dann musst du unbedingt am Handwerk arbeiten. Handwerk heißt: Rechtschreibung, Kommasetzung. Da sind massenhaft Fehler noch in dem Text, Groß-/Kleinschreibung, leichtsinnige Rechtschreibfehler, solche Sachen. Wenn du ernsthaft schreiben willst, muss das besser sitzen, auch die beste Geschichte macht keinen Spaß, wenn in jedem dritten Satz ein Fehler auftaucht.

Der philosophische Aspekt kam mir in dem Text etwas zu kurz. Gut, Geld allein macht nicht glücklich, die Gier danach verursacht viel Unglück ... ja, finde ich jetzt nicht so die bahnbrechende Weisheit. Auch lässt sich dein Bill etwas schnell von Nep überzeugen, Nep spricht ja eigentlich nur zwei, drei Sätze und Bill ändert seine Meinung um 180 Grad, das ging mir etwas schnell. Ich dachte, das Ganze läuft auf so eine Art Parabel hinaus, vielleicht war es auch so gemeint von dir.

Aber was ich gut finde, ich hab den Eindruck, du hast Spaß beim Schreiben, du bist engagiert dabei und ich hab auch den Eindruck, du willst was lernen. Das sind schon prima Voraussetzungen, und hier im Forum kannst du auf jeden Fall eine ganze Menge lernen weil hier viele gute Leute unterwegs sind und es viele gute Geschichten gibt. Gerade auch das Lesen und Kommentieren von anderen Texten wird dich weiterbringen, überleg dir bei einem Text nicht nur, ob er dir gefällt oder nicht, sondern auch, warum er dir gefällt oder nicht. Wenn es dir gelingt, so etwas in Worte zu fassen und dir zu merken und in eigenen Texten anzuwenden, dann kannst du wirklich jede Menge lernen.

Wünsche dir noch viel Spaß hier & viele Grüße,
Schwups

 

Hallo Schwubs
Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, vor allem als Moderator, meine Geschichte zu kommentieren. Ich fühle mich geehrt. Danke auch für deine Begrüßung und deine motivierenden und kritisierenden Worte. Und nach dem gefühlten zehnten Mal, das ich meinen Text überarbeite, merke ich, dass es nicht nur Luft nach oben gibt, sondern einen ganzen Himmel, in den ich mich verbessern kann.
Du hast recht in deinen Punkten. Es klingt doch etwas aufgetragen und verstopft die Geschichte. Schade. In der Schule lernt man es wirklich so. Und auch die Rechtschreibfehler beißen an meinen Nerven. Egal wie oft ich darüber schaue, irgendwas entgeht immer...
Die Namen habe ich willkürlich gewählt und mir nichts dabei gedacht. Aber mir fällt jetzt auf, dass an jeden verdammten Namen ein stereotyp geknüpft ist. Ich mache jetzt einfach mal deine vermutlich umfassende Bildung dafür verantwortlich, dass du meine Charakterbenennung vorurteilst. ;)
Der Anfangsgedanke, war das Geld und die Frage wem es gehört, wenn es herrenlos ist. ich meine Geld gehört immer jemandem und will immer jeder. Diese Idee hat sich dann zur Erkenntnis des Geldes als Illusion geweitet, die ich unbedingt irgendwie verarbeiten wollte. Also Geld als Illusion.
Ich hab mir schon den Kopf darüber zerbrochen, wie ich das als Kernaussage kenntlich machen kann, ohne dass es zu penetrant wird. Ich hoffe, die neue Version ist besser.
Und nochmal zum allgemeinen Verständnis der Welt beitragend: Ich dachte ehrlich gesagt, es ginge leichter von der Hand. Aber es ist halt doch eine hohe Kunst. Man erkennt erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit, wie kompliziert das Ganze ist. Hat aber den Vorteil, dass man Texte viel mehr schätzen lernt, finde ich, weil man weiß wie viel Arbeit dahinter steckt...
Aber nur am Rande.
Also danke nochmal, Schwubs, für deinen konstruktiven Kommentar. Er hat meine Sicht in Sachen Schriftstellerei auf jeden Fall etwas geschärft :)
Liebe grüße Fabi

 

Hola Fabian 97,
ich muss mich in aller Form bei Dir entschuldigen. Bei mir sind die Namen Fabian 93 und Fabian 97 mit den jeweiligen Notizen durcheinandergeraten. Also: Allradantrieb raus - bei Dir gibt es löblicherweise keine Fehlerhalden. Und das Lob bleibt uneingeschränkt erhalten!
Winzigkeit: Standartgefühl > Standardgefühl.

Ich wünsche Dir schöne Festtage!
Joséfelipe

 

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