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Die weiße Flagge

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15.01.2002
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Die weiße Flagge

Feuer lag in der Luft. Salven prasselten über Erdschichten, zerfetzten Haut und Fleisch. Kanonenschläge ließen die Erde erzittern. Geschrei und Gejammer ging unter in einer Flut der Zerstörung. Inmitten des Chaos ein Feldlager, umzogen von einem letzten Graben, kaum fünf Fuß tief, dünn wie ein Faden in dem düsteren Szenario.
Von Minute zu Minute merkten die Soldaten im Graben, dass die Möglichkeit, die Schlacht zu gewinnen immer aussichtsloser wurde. Die Munition war knapp, viele Kameraden gefallen und der Feind rückte näher und näher.
So beschlossen die Soldaten sich dem Feind zu ergeben und suchten nach einem weißen Leinentuch, als Flagge der Kapitulation. Doch die Kleidung der Soldaten war zerissen und verdreckt und nirgends im Graben fand man auch nur ein weißes Tuch.
Da schickte man Einen zum Lager der Offiziere. Der sollte fragen ob man dort ein weißes Tuch besäße.
Die Offiziere sahen in den angsterfüllten Augen und den tiefen Wunden des Legaten den Ernst der Situation, doch fanden sie in ihren Truhen nur staubige graue Lappen, die für eine Flagge nicht taugten.
Man schickte den Soldaten zum Leutnant. Der besaß in seinem Lager einige weiße Tücher. Doch die bedeuteten ihm sehr viel, da sie ihn von dem besitzlosen Pöbel abhoben. So leugnete er seinen Besitz, in Angst, das wertvolle Gut könne von den Feinden zerfetzt werden.
Schweißüberströmt rannte der Soldat weiter bis zum Zelt des Generals. Dieses war behangen mit weißen Tüchern und in großen Truhen im Zelt stapelten sich weitere Mengen des feinsten Stoffes. Der Soldat meldete sich und bat um eines der Tücher. Doch der General dachte, dass der Feind ihm nach seinen Stoffen trachtete und er ihm diese, sobald sich seine Männer ergeben hätten, aushändigen müsse. So verliebt in sein teures Gut war er, dass er nicht sah, wie aussichtslos die Situation für seine Soldaten war. Er sprach: "Ich weiß nicht, was du willst, Rekrut. Das sind doch alles nur graue Lappen, die mein Zelt behängen. Zu nichts und wieder nichts werden euch diese Fetzen verhelfen. Zuletzt wird euch der Feind hinterrücks ermorden, wenn ihr euch schon in Sicherheit wiegt!"
Der arme Soldat verließ traurig die Lagerstätten der hohen Herren und machte sich auf den Weg zurück zu seinen Kameraden. An seinem Gürtel baumelte ein Säckchen, darin enthalten der letzte, kümmerliche Rest Schießpulver. Den stopfte er in seine Muskete und machte sich bereit für seinen letzten Schuss.

Irgendwann entdeckte man neben den Leichen der Gefreiten, der Offiziere und des Leutnants die Fetzen verdreckter Leinentücher, doch der Leichnam des Generals wurde nie gefunden.

[Beitrag editiert von: Frederik am 04.03.2002 um 16:53]

 

Ich war mir nicht sicher, in welche Kategorie ich den Text einordnen könnte. Satire, Humor... es ist ja weniger satirisch gemeint, mir ging es um Tatsachen. Humor finde ich unpassend, da der Text nichts Lustiges darstellen sollte. Aber ist natürlich interessant, dass du ihn dahin einordnen würdest. Kommt anscheinend anders rüber als ich gedacht hab. ;)

LG
Frederik

-carpe diem-

 

Hi Frederik,

ich finde übrigens auch das die Geschichte eher in Satire gehört.

Aber zum Thema:

Ich denke du willst die Arroganz der hohen Tiere beschreiben die gar nicht merken wenn es um ihren Arsch geht. Das lustige ist das sie wenn sie dann drauf gegangen sind nichts mehr von ihren tollen Leinentüchern haben.

Alles in Allem gut gelungen. :thumbsup:

Gruß

nightboat

 

Mein Votum: Gesellschaft. Oder es bleibt bei seltsam. Auch passend.

Inhaltlich?
das letzte Hemd hat keine Taschen. Aber wenn man sich vom Tod freikaufen kann, dann verät man eben seine Sache und läuft zur Gegenseite über. Geiz ist mörderisch, aber wenn man hoch genug in der Macht-Hierarchie steht, dann stirbt man nicht selbst. Man läßt sterben.
Ich denke, Dir ist da ein sehr intensives, interpretationsfähiges Stück gelungen.

Lieben Gruß,
Arc

 

Hi Arc. Hab die Geschichte aus Gesellschaft rausgehalten,w eil sie mir etwas zu indirekt erschien. Ich denke hier passt sie auch ganz gut hin. Hier muss man zwangsläufig ein wenig interpretieren.

gruß, Frederik

[Beitrag editiert von: Frederik am 30.03.2002 um 02:58]

 

hey, Fred!
ich verstehe: hier erwartet man Sachen, über die man nachdenken muß.. also meckert keiner.
Ich wollte auch nur anmerken: es paßt auch da hin.

Lieben Gruß,
Frauke

PS: mein ofizieller Beitrag 400

 

ja, ja!!! japjap jap! Elite!!!
ein Zeichen ist das schon... dafür, daß ich definitv zu viel online bin und meine Klappe nicht halten kann...

oder was meinst Du wofür?

vor gut 2 oder 3 Wochen bin ich Junkie geworden und jetzt sowas... mich haut es ein wenig aus den Söckchen!

Lieben Gruß,
frohe Ostern,
Frauke

 

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