Die Wahrheit ist nicht nur gut
Es war dunkel, für seinen Geschmack zu dunkel für das hier. Das Boot knarzte nach jeder Welle, vermutlich lag das an der kommenden Flut sowie am stürmischen Wind. Das einzige, was nun noch fehlte, war das Gewitter, das sich bereits anbahnte. Er meinte sowieso schon am Ende des Horizonts eine Regenwand auf das kleine Eiland, auf das sie zusteuerten, zukommen zu sehen.
Das rattern des kleinen weißen Bootes machte ihn verrückt. Mit seinen "Begleitern" würde er sich wohl kaum anfreunden können, der Größere von beiden pfiff "Amazing Grace", zumindest glaubte er das, es war nämlich schwer zu erkennen. "Lass das Mike", sagte der Andere. Er tippte die ganze Zeit mit den Fingern auf dem Holz des Bootes herum. Beide taten das nicht professionell. Wenn er gewollt hätte, hätte er einfach seine Fesseln aufgemacht, die nur aus einem dünnen Tau bestanden. Sowieso, sie sahen eher nach Minenarbeitern aus, die, um über die Runden zu kommen, einen Nebenjob angenommen hatten.
Sie näherten sich der Insel. Direkt am Strand war ein Haus gelegen, das ganz aus Holz war. Sowas wie man es früher an der Ostküste baute. Er sah jetzt auch etwas von dem Gebiet, das hinter dem Haus lag. Ein riesiger, dicht bewachsener, Wald war zu erkennen, da blieb dann wohl nicht mehr viel Insel. Davor war ein kleines, weißes Zelt aufgespannt.
Sie waren nun angekommen, es kam ein ganz in schwarz gehüllter Mann, der das Boot zu erwarten schien. "Hey es geht los", rief einer der Männer ihm zu, er stieg aus dem Boot, woraufhin die drei ihm zum Haus geleiteten. Sie wollten die Treppe zum Haus hochgehen, aber es kamen bereits zwei Männer heraus, ein muskelbepackter Schläger, der ebenfalls ganz in schwarz gehüllt war und ein großgewachsener, dürrer Mann in einem beigen Trenchcoat. "Ich hoffe sie sind angekommen", schmunzelte der Dürre. "Wo ist sie, ich muss sie sehen Miller!", antwortete er. "Für sie immer noch Lord Miller. Sie werden sie schon noch sehen, ihre Cathrine." Eine Kurze Pause trat ein. "Ich muss zugeben, dass ich noch nie eine so schöne Frau gesehen habe," redete er immer weiter. Der Mann setzte auf einmal einen anderen Blick auf, als ob er sich besonnen hätte. "Sie hätten ihre Finger da raus lassen sollen," sprach der Lord ruhig, als ob er seine Wut zurückhalten müsste. "Die Menschen hätten erfahren sollen, was in ihren Mienen passiert. Tausende von hartschaffenden Arbeitern werden wahrscheinlich ihren Dreißigsten nicht mal mehr erleben können!", reagierte er voller Hass. "Nur weil sie es geschafft haben, die Presse in diesem Land mundtot zu kriegen, heißt es nicht das sie es jemals geschafft haben." "Ihr verdammten Amerikaner! Ihr habt keine Grenzen, kennt keine Gesetze, beachtet nicht mal die eigenen. Wenn ihr Bericht in der Times veröffentlicht worden wäre, würden nun alle auf der Straße sitzen, ich bin der einzige, der nach dem Krieg versucht hat, England wieder auf die Beine zu helfen!" Mit knirschenden Zähnen fragte er, da er wusste das er hier den Lord sowieso nicht bekehren konnte: "Können wir nun zu ihr?"
Miller ging los, er und das vorherige Geleit folgte ihm. Es ging Richtung Zelt, als plötzlich der Sturm nachließ und es anfing zu regnen. Das Duo vom Boot ging voraus und öffnete das Zelt, nur er und der Lord gingen hinein.
Auf dem Boden lag eine gut aussehende Frau. Sie hatte braunes Haar, ein schmerzverzehrtes Gesicht, dass eine eiternde Wunde an der linken Hälfte hatte. "Ca... Cathrine?" Keine Antwort, nicht mal ein leises Stöhnen, nichts. "Was haben sie mit ihr gemacht?", Tränen flossen über sein Gesicht. Er berührte ihre Pulsader am Hals, er war schwach, immer schwächer, dann blieb er stehen und jeglichen Schmerz, den sie verspürt hatte floss aus ihrem Gesicht.
Er spürte etwas kaltes an seiner linken Schläfe.
Der Regen pochte an das Zelt, es donnerte um die Wette, der Wind fegte wieder über die See.
"Sie sind'n mieses Arschloch."
Der Schuss fiel.