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Die Wahnsinn Symphonie

Seniors
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12.12.2001
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Die Wahnsinn Symphonie

Ein Verwirrspiel

Traumgestalten taumeln schwankend
Aus des Schleiers Schwingen vor
Gaukelbilder närrisch wankend
Aus des Nebels Meer empor

Namenlose Wesen dringen
Bleich und tot im fahlen Schein
Fürchterliche Schreie klingen
Aus dem Nebel auf mich ein

Zitternd, wimmernd fall’ ich nieder
Schwach und auf die Knie hin
Tosend’, tobend’ Totenlieder
Rauben mir im Wahn den Sinn

Alptraumhafte, schwarze Schemen
Stürzen kreischend aus der Nacht
Den Atem ewig mir zu nehmen
In ihrer finstren Auren Pracht

Kann nicht fliehen, nicht entkommen
Und hab’ in dieser großen Not
Des Wahnsinns Gipfel bald erklommen
Fieber, Rausch, doch fern dem Tod
Ist dies meine Wirklichkeit
Auf ewig und für alle Zeit

„Die Menschen sind so notwendig verrückt, daß nicht verrückt sein nur hieße, verrückt sein nach einer anderen Art von Verrücktheit.“
- Blaise Pascal, Gedanken


Es ist schwer, das Leben eines Verrückten von allen Seiten zu beleuchten und zu betrachten, kann man sich doch unmöglich in die Gedankenwelt eines solchen Menschen hineinversetzen, ohne selbst den Zusammenbruch der eigenen Wirklichkeit zu erleben und sich dann selbst zu dem werden zu sehen, was eigentlich nur Gegenstand der Betrachtung sein sollte. So wird denn unweigerlich das helle Licht der eigenen Traumwelt zu einem blassen, schwachen Schimmer, daß sich in unerträglich kurzer Zeit in einem leeren Raum völliger Finsternis verliert. Wehrlos muß man zusehen, wie die eigene Sonne erlischt, die zarten Blumen süßester Tagträume vergehen und selbst das herrlichste und wärmste Farbspiel sich in grausigen Schrecken wandelt, dessen buntes Glück sich hasserfüllt in das innere Sehen frisst und die stärkste Lebenskraft von innen heraus zerstört. So vermag denn das Grübeln über solchen Tod des Verstandes das eigene Seelenfeuer zum ewigen Erlöschen zu bringen.
Der Leser mag es sich schon gedacht haben - daß ich ein Verrückter bin und mein Ich dereinst erlosch und verbrannte zugleich. Das Nachfolgende ist somit als Warnung zu betrachten, als Appell an den Menschen, den lebensverachtenden oder vom Leben ausgeschlossenen Freund zu verstoßen und mit Nichtbeachtung zu belegen; als Appell, die Augen geschlossen zu halten, die Melancholie des Alltags und mancher Mitmenschen zu ignorieren und stattdessen - statt diesen Knechten des Elends und des Niedergangs - die unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen zu heißen und Freunde zu nennen, das Denken zu lassen, den Zweifel einzusperren und die reine Herzensfreude in vollen Zügen zu genießen. Nun, spätestens an dieser Stelle sollte der Leser ablassen von meiner Schrift, sich abwenden von diesen dunklen, ausweglosen Gedankenlabyrinthen, die meine Abhandlungen darstellen, und sich, will er sein Glück nicht auf die Probe stellen, den schönen Dingen seines Lebens zuwenden. Dies, mit Verlaub, sei meine eindringliche und ernsthafte Empfehlung.

Autor: Auf jetzt, auf die Bühne!
Im Hintergrund ein weißbekittelter Mann, offensichtlich Arzt. Sehr nervös, offensichtlich mit Lampenfieber. Stolpert auf die Bühne, offensichtlich einer Panikattacke nahe.
Arzt (stammelt): Äääh…ich…
Autor (gereizt): Auf!
Gehetzte Blicke in Richtung des Autors. Schweißperlen auf der Stirn.
Arzt: Ähm…ich…wir…
Autor: Los!
Arzt: Wir wollen heute die… Geschichte eines Mannes, eines namenlosen Mannes erzählen, der…
Pause. Stille. Grübelt.
Autor: Du weißt es! Es ist wahr!
Arzt: …der aus unbekannten Gründen den Verstand und sich selbst in einem seltsamen Wahn verlor, und weder einen klaren Gedanken noch die Realität je wieder fand. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies Fallbeispiel soll uns als Untersuchungsgegenstand die nächsten Stunden beschäftigen. Das tragische Ende des Mannes, welches nicht in unserer Macht stand, verhindert zu werden, soll uns ein Fanal sein, ein Ereignis, welches zu vergessen wir uns nicht leisten dürfen. Deshalb bin ich nun hier vor sie getreten und bitte um ihre Aufmerksamkeit in diesem…Fall völliger geistiger Verwirrtheit, verworren, verschwommen, ver…

„Ich bin nicht verrückt!“
Das kleine, quadratische Zimmer mit den kalten Metallwänden lag fast völlig im Dunkeln, nur erleuchtet vom schwachen Schein der Lampen auf dem Flur. Es war kühl, obwohl der Raum keine Fenster hatte, und die Luft, die unter der Glastüre aus dem Gang hervor kroch war eisig. Die Einrichtung war spärlich und tat ihr Übriges zum sterilen, abweisenden Aussehen des Zimmers, das den Charme einer kleinen, schmutzigen und verlassenen Fabrikhalle hatte. Ein kleines Schränkchen stand gleich neben der Türe, und diesem gegenüber waren die Umrisse eines Bettes zu sehen, ganz im Schatten liegend. Darauf saß eine dürre, abgemagerte Gestalt, ein Mann, offensichtlich nicht bei Kräften, krank, und starrte, ohne jeden Augenschlag, ohne jede Regung, nach vorne.
„Ich bin nicht verrückt.“ sagte er ruhig, aber mit schwerem Atem.
„Nein, Doktor, sie irren. Ich beschwöre sie, glauben sie mir.“ Wasser sammelte sich in seinen Augen, salzig… und dann flossen die ersten Tränen aus den gequält zusammengedrückten Lidern. Die Wangen hinab, langsam, langsam… es schmeckte salzig…
„Ich bin nicht verrückt!“ rief er zitternd, mit bebender Stimme. Ein Schluchzen. „Ich bin nicht verrückt.“ Und die Wangen hinab liefen die Tränen, die Mundwinkel streifend und mit hinunter ziehend, auf das kein Lächeln diese schmerzdurchfurchten Züge erhellen möge.
Er streckte zaghaft die Hand aus, fast flehentlich, als wollte er durch diese schutzsuchende Geste das Vorhandensein seines Verstandes bekunden. Der bettelnde Blick, dieser Schmerz, nach Wärme suchend. Eine verletzte Seele, verkrochen in den tiefsten Verliesen des eigenen Körpers, unfähig, sich zu überwinden, auszubrechen. Doch sein Arzt reagierte nicht. Keine Regung.
„Herr…Doktor…Herr…“ Tränenerstickt... die Stimme, tränenerstickt, gleich einem Ertrinkenden,… im Kummer Ertrinkenden. „Ich bin…nicht…Nein!“ Und er sprang auf, alle Kraft zusammennehmend, doch fiel auf die Knie, zu schwach, seine Beine zu gebrauchen. Konnte sie nicht mehr fühlen. Nimmer mehr fühlen. Als wären sie tot. Tot! Nutzlos an seinem Unterleib hängend. So kroch er vorwärts, kein Mitleid suchend, sondern Verstehen, nur Verstehen, den Funken eines großen Feuers, das so weit entfernt teilnahmslos vor sich hin flackerte, daß es nur zu erahnen war, unwirklich, verschwommen zwischen all’ den trüben Schatten und Schemen, den Nebelbildern, die sein Augenlicht verdunkelten.
„Doktor!“ Doch er konnte ihn nicht erreichen. Sein Doktor wich zurück, vor Kummer?, vor Schrecken?, und verließ das Zimmer wortlos durch die schwere Glastüre.
„Nein, ich…nein, nicht…“ Was bebten seine Glieder, was vibrierte seine Seele, was barsten seine Gedanken, was konnte er noch tun, was, bei Gott, was? Da fiel er ganz zu Boden, der Ohnmacht nah’. Er, verrückt? Niemals, warum? Würden sie doch mit ihm reden, doch auf ihn hören, er könnte es beweisen, seinen Verstand beweisen! Wie scharfsinnig, wie fein er doch war! Doch schenkte man ihm keine Beachtung, seit Wochen schon nicht, seit Wochen? Oder seit Monaten? Seit Wochen? Fertig. Was war das für ein Doktor, der ihn immer nur anschaute, der keine Untersuchungen machte, nicht mit ihm sprach, ihn niemals auch nur berührte. Was war das für ein Haus? Für ein Spital?
Da klopfte es leise… ganz leise... leise an die Glasscheiben der plötzlich riesigen Türe. „Nein!“ hämmerte es in seinem Schädel. „Nein, nicht wieder, nicht jetzt!“ Doch das Klopfen hielt nicht inne, es klopfte weiter, klopfte weiter, monoton, dumpf, weiter, es klopfte weiter. So hob er den Blick, vorsichtig, langsam, um den neuen Schrecken wissend. Und hinter der Türe, im dunklen, von völliger Schwärze durchdrungenen Gang, stand sie wieder, die Gestalt. Die Gestalt seiner…Träume? Ein kleiner Kobold, mondgesichtig, ein breites Grinsen aufgesetzt, höhnisch, ihn verlachend. Keine Gnade. Keine kannte es, das Wesen, das ihn verfolgte, unablässig ihm erschien, ihn zu quälen, ihn zu martern. In einen leuchtenden Umhang gehüllt, von Sternenglanz umgeben, hell scheinend, funkelnd auf ihn ein. Oh, dieses Grinsen. Da war keine Wärme darin, da war nur Kälte. Frost! Der Raureif nahm die Scheiben in Besitz, kroch auf ihn zu, unaufhaltsam, ihn einzufangen und erneut zu foltern.
Da sprang er zurück, aus der Hocke, alle Kraft zusammen nehmend und kroch nach hinten an die metallene Rückwand des Zimmers, fliehend vor dem Frost, dem Eis, dem Grinsen, und vergrub in seinen Händen sein tränennasses Gesicht.
„Ich bin nicht verrückt.“ Voller Überzeugung und doch gebrochen.

Ich lief barfuß über den schmalen Sandweg, der am Rande des seltsamen Sees verlief, der plötzlich und ohne vorheriges Anzeichen aus den Nebeln erschienen war. Vor mir bauten sich neue Wolkentürme auf, immer weiter in den Himmel wachsend, bis sie die grelle Sonne erreichten und sie letztendlich verschlangen. Da war auf meiner Linken ein großes Pferd zu sehen, das sich aufbäumte und zu den Sternen reckte. Es war von schwarzem Fell und warf, gleich einem dunklen Edelstein ein Funkeln auf die Erde nieder. Das war am stärksten, wo die Augen des Pferdes seien mußten – dort glänzte es und strahlte im hellsten Lichte. Dann ließ ein Wiehern den Boden erbeben, so laut, als wäre es Gewitterdonner. Und dann zuckten Blitze aus des Schwarzen Augen, stiegen grelle Lichtschimmer zu mir hinunter. In der Ferne sah ich eine Baumgruppe, in die das Licht eingeschlagen war, in Flammen aufgehen. Wie Zunder verbrannten die mächtigen Stämme und vom goldenen Schein des Feuers wurden ihre Kronen verzehrt.
Es schleuderten die Götter ihren Zorn nach mir, doch ich lief unbeirrt weiter. Der feine Sand unter meinen Füßen begann Wunden in selbige zu reißen; Blut lief über den Weg und Blut bedeckte die Stellen, über die ich geschritten. Bald merkte ich, daß der weiche Sand sich in harte und nicht minder scharfe Glasscherben verwandelt hatte. Doch das vor Augen, was mich erwartete und was mein Ziel, mein unabwendbares Ziel war, dem ich mich gerne opfern wollte, ignorierte ich die brennenden Schmerzen und strebte weiter auf diesem Blutwege.
Dann baute sich zu meiner Rechten ein weiteres Wolkentier auf – eine Eule, die auf weißen Schwingen zu den Himmeln flog. Weiß, schneeweiß war ihr ganzes, feines Federkleid, so betörend, von solcher Schönheit, daß es mich staunen machte und bald taumeln ließ. So fiel ich nieder auf den Scherbenweg, mit Wucht und ohne Stütze. Blut drang nun aus allen Teilen meines Körpers, doch hatte ich kein Empfinden darüber, spürte keinen Schmerz, keine Angst, nicht mal den Tod, der immer näher rückte. Seinen Atem hätt’ ich spüren müssen, in meinem Nacken sitzend, einem Mörder gleich, der mich hinterrücks erdolchen will. Doch nichts vermochte mich aus meinem Staunen zu bringen und so hingen meine Augen weiter an dem mächtigen Tier, das das halbe Firmament bedeckte und nach der Sonne zu fliegen schien.
Da bemerkte ich wieder eine Veränderung, die unter meinen Händen und unter meinen Füßen mit dem Wege vonstatten ging. Waren es eben noch tödliche Scherben, die sich in mein Fleisch gruben und mich gänzlich aufwühlten, so war nun ein Meer aus Federn anstelle des Sandes zu sehen. Das Glas war zur Gänze verschwunden und ich lag weich auf einem wunderschönen Federkleid. Da stand ich also wieder auf und rannte weiter den langen Weg entlang, vorbei an den verkohlten Gerippen des gestraften Waldes und vorbei an den anderen Landschaften, den Felsen, den Blumen und welch Gewühl auch sonst noch die Erde bedecken mochte – ich sah es nicht. Blind für die Umgebung, weil mein Herz blind war, oder vielmehr nur das eine sah, das Ziel, das Ziel… So lief ich unermüdlich weiter, ohne Pause, ohne inne zu halten und immer weiter…
…bis ich den Horizont erreicht hatte und am tiefsten Abgrund von allen stand. Hier war die Welt zu Ende und doch war ich nicht am Ziel. Lag es hinter der klaffenden Schlucht oder war es vor mir geflohen?
Mir kaum Zeit lassend, darüber zu sinnieren, durchschnitt ein blendender Blitz den Himmel und durch den neu geschaffenen Riß sprang das schwarze Pferd, das noch eben zu den Sternen wollte, hinaus und stürzte sich auf das Eulentier, das zu langsam war, einem solch wuchtigen Angriff zu entkommen. Der Schwarze rammte seine Hufe in das Federkleid seines Opfers und riß das Fleisch mit seinem Maul in tausend Fetzen.
Da überzog ein Trauerkleid von blutroter Farbe den Himmel und die Sonne fiel in einem tödlichen Abendrot in den bodenlosen Abgrund hinter dem Horizont und ließ mich allein und vergessen ihren Tod beweinen.

Die Abgründe, die man in den Augen derer zu erblicken vermag, ja gezwungen ist, zu schauen, die nur noch aus Fleisch, aus Knochen und Haut, kurz, aus reiner, unbelebter Materie bestehen, sind schwarz, endlos und leer, dergestalt, daß es einem den tödlichen Stich ins Herzen versetzen kann und daß man unweigerlich zusammenkauert, sich duckt vor solchem übergroßem Nichts, in der Hoffnung, den Schrecken so zu übersehen oder wenigstens verdrängen zu können. In diesem lächerlichen Hoffen begriffen, standen so auch die Krankenschwestern und die Ärzte um mein Bett, in dem sie einen Toten, einen, der aufgegeben hatte, zu erkennen glaubten. Weiß Gott, ob sie Erleichterung oder Trauer gespürt hätten – denn die Heftigkeit ihrer Emotionen, das Grausen ob dieses leeren Anblickes, die Konvulsionen ihrer Angst, sie ließen keinen Platz in ihrem Herzen für solch nichtige Gefühlsheuchelei. Nun, im Herzen, dem wärmsten Platze unseres Körpers, dem Zentrum unserer wahren Liebe war ohnehin nie Raum für derlei Scheinheiligkeiten. Als dieses Pack, das jetzt in so ekelhaft gebeugter Haltung den Schrecken, den ich selbst im Tode zu verbreiten schien, nur unter größter Anstrengung ertrug, kam unwillkürlich die ganze Bosheit in mir hervor, die ich die Jahre in mich hinein gefressen.
Und was sie nicht wußten, nicht wissen konnten in ihrer Ignoranz, war, daß ich, in dessen dunklen Abgrund sie blickten, im selben Moment auf sie herabschaute und meiner Gehässigkeit, meiner Häßlichkeit meines Inneren, die Zügel fahren ließ und sie mir so unfreiwillig untergeben mit Worten des Spottes, scharf, zynisch und tödlich, überschüttete und peitschte.
So beschloß ich, dem Hass ein Gesicht zu geben und öffnete so plötzlich, wie es mir nur irgend möglich war, die Augen. Rot ließ ich sie glühen, so daß die Umstehenden glauben mußten, mein Hirn stünde in Flammen. Gleichzeitig begann ich wild zu lachen und freute mich auf die Reaktionen.
Doch die fielen bemerkenswert zurückhaltend aus. Als wollten sie es mir gleich tun, waren ihre Lider derart weit aufgerissen, daß man erwartete, sogleich die Augäpfel hinausfallen zu sehen. Nur das rote Glühen fehlte. Dazu standen ihre Münder sperrangelweit offen, wie um sich die Augen wieder einzuverleiben, sobald sie an den Lippen, aus denen alle Farbe gewichen, vorbeifielen.
Ich tat es ihnen gleich, und ließ, um meinen Triumph über diese Erbärmlichen zum Ausdruck zu bringen, noch einige wohldosierte Feuerzungen aus meinem Rachen schießen. Ha!
Ha! Da fielen die Schwestern auch schon zu Boden und die Doktoren beeilten sich, die Türe zu erreichen und das weite zu suchen.

„Hören sie auf mit dem Unsinn!“ zischte der Arzt, der direkt neben mir am Bett stand. „Kommen sie wieder zur Vernunft.“
Seine Stimme klang nicht so bestimmt, wie es seine Worte erwarten ließen, sondern vielmehr resigniert, als wisse er um die Sinnlosigkeit seines Flehens.
Ich stöhnte bloß und versuchte, meinen Blick auf ihn zu richten, doch ohne mir große Mühe zu geben. Und so mißlang es mir auch, was ich mit einem weiteren Stöhnen kommentierte.
„Sie sollen aufhören!“ raunte der Doktor, diesmal mit etwas mehr Nachdruck. Er stierte mich noch einige Sekunden mehr verwundert als verärgert an, und setzte sich dann auf den ungemütlichen Holzstuhl zur Linken meines Lagers. Als er nach mir fassen wollte, wohl um mir den Puls zu messen, fuhr er leicht über das stinkende Heu meiner Bettstatt, was ihn offenbar zurückschrecken ließ.
„Was…?“
Ein erneutes Stöhnen von meiner Seite machte deutlich, daß ich nicht verstand.
Der Arzt raffte seinen braunen Lederkittel zusammen, nicht ohne dabei gut merklich zu erschrecken, und zerzauste sich die Haare in einem spontanen Anfall, der in mir den Eindruck erweckte, es wäre besser, mit meinem Doktor den Platz zu tauschen.
Langsam stolperte er rückwärts, auf die Glastüre zu, stoppte dann aber abrupt und heftete seinen Blick starr auf die Ecke rechts meines bescheidenen Lagers, die ich aufgrund meiner Lage nicht einsehen konnte. Die Angst in ihm schien sich zur reinen Panik zu steigern und er begann, wirres Zeug von kleinen Gestalten und Kobolden zu faseln. Ohne mich weiter zu beachten, stürzte er sogleich herum und stürmte auf die Glastüre zu. Nur fand er dort keine solche, sondern statt dessen eine schwere Holztüre, die mein trostloses Zimmer verschlossen hielt. Nach kurzem, schockiertem Innehalten, bemühte er sich hektischst, die Türe zu öffnen, was ihm aber nicht gelingen wollte. So wedelte er wieder herum, blickte aus flackernden Augen völlig entsetzt zu seinen Füßen hinunter, brabbelte sodann wieder unverständlich von Kobolden, schüttelte dabei ununterbrochen sein zitterndes Haupt und flog, dem Wahnsinn erlegen, zu einem der winzigen, vergitterten und glaslosen Fenster und ward nie wieder gesehen.
Ich sah den Kobold zwar nicht, doch ich wußte, daß er grinste.

Als ich erwachte, lag ich noch immer auf ekelhaftem, verrottendem Stroh, dessen Gestank mir Tränen in die Augen trieb. So konnte ich nur mit verschwommenem Blicke meine nähere Umgebung mustern.
Die pechschwarze Holztüre nahm den Großteil der Ostwand des Raumes ein, obwohl sie mir nicht besonders groß schien. Die Fensterchen, die sich an der gegenüber liegenden Wand fanden, waren noch kleiner, so daß die Eisenstäbe des Gitters darin riesig wirkten. Immerhin fielen ein paar wenige Lichtstrahlen auf diesem Wege in meine Zelle. Die Wände selbst bestanden aus grobem, unverputztem Stein. Kalt und glänzend ob der Feuchtigkeit, die ihn bedeckte. Ebenso kläglich war der Boden beschaffen. Und außer meinem Strohlager enthielt der Raum keinerlei Einrichtung.
So kam ich denn, sobald sich mein Blick geklärt und ich alles ein zweites Mal hatte beschauen können, zu dem Schluß, daß es sich bei meinem Aufenthaltsort um ein Verlies handeln müsse.
Ich fürchtete schon, im wiederbelebten Kerker der Inquisition gelandet zu sein, als mich schwere Schritte, die von der anderen Seite der Türe herüberdrangen, von meinen abstrusen Gedanken ablenkten. Nachdem der Fremde einige Zeit, die mir beinahe wie ewig vorkam, an dem Schloße hantiert hatte, schwang die Türe auf und ein hagerer Mann von eher kleiner Statur und düsterem Aussehen trat ein. Immerhin kein Dominikaner, dachte ich erleichtert.
Es dauerte eine Weile, die wir zur gegenseitigen Musterung nutzten, bis der seltsame Neuankömmling sich mir näherte. Doch statt mich anzusprechen stellte er nur schnell einen Teller mit einer äußerst kargen Mahlzeit und einen Krug neben meine Bettstatt und wollte sogleich wieder verschwinden. Es schien mir, als habe er Angst vor mir.
„Wo bin ich?“ rief ich ihm mit schwacher Stimme hinterher, bevor er den Raum verlassen hatte. Er ging erst zurück auf den Flur, bevor er sich zu mir umdrehte und mir antwortete. „Im Hôpital général.“ sagte er, schloß die Türe und verschwand.
So saß ich allein in meiner Zelle und döste bis zum Abendrot vor mich hin, darüber sinnierend, wo zum Teufel es mich hinverschlagen hatte.
Doch bleib ich in meiner Einsamkeit nicht lange allein, denn bald nach Sonnenuntergang vernahm ich eine grotesk tönende Musik von der anderen Seite der Mauer, zu deren Füßen ich auf meinem Lager lag. Ein Instrument, das solche Töne erzeugen konnte, war mir absolut nicht bekannt und so lauschte ich angestrengt der Melodie, um vielleicht einen kleinen Hinweis heraushören zu können.
„Nicht schon wieder! Halt ein, halt ein! Meine Ohren bluten ja schon!“ rief kurz darauf eine dunkel grollende Stimme von der anderen Seite der gegenüberliegenden Wand.
Der Musiker auf der einen Seite ließ sich jedoch nicht unterkriegen und reagierte prompt mit einer Lautstärkesteigerung von beträchtlichen Ausmaßen.
„Diese Höllenmusik! Diese Höllenmusik! Ist es dir hier nicht schon in der Stille Qual genug – mußt du uns auch noch mit deinen gräßlichen Mißtönen geißeln?“ jammerte der andere.
„Sie befreit! Sie befreit!“ antwortete der eine, ohne sein Spiel zu unterbrechen.
„Ach weh, sie befreit! Schmilzt sie die Gitterstäbe, bricht sie das Eisen, entzweit sie die Türe?“
„Sie befreit den Geist, du Banause! Den Geist!“ entgegnete der Musikus in fröhlichem Singsang.
„Was nützt dir ein freier Geist, wenn diesem der Verstand fehlt?“ fragte der andere, halb lachend, halb in mitleidsvollem Ton.
„Ach, erwähne diesen nicht, diesen Verräter!“ war die Antwort, trotzig mit einer gallopierenden Melodielinie unterstützt.
„Er hat uns nicht verraten, er hat uns verkauft! Und für dich kann er keinen guten Preis erzielt haben!“
„Und trotzdem sitze ich hier und kann gegen die Finsternis musizieren, der du dich so bereitwillig ergibst!“ Und wieder ein Auf und Ab der seltsamsten Töne.
„Streitet nicht, Brüder!“ drang da eine leise Stimme von der anderen Seite des, vor der Türe gelegenen, Ganges zwischen die beiden Streithähne. „Was dem einen die Sonne, ist dem anderen der Mond. Sehen können wir trotzdem alle nicht!“
„Ach, sei du still mit deinen Weisheiten, Bettelmönch!“ rief der andere und „Ruhe, ich brauche Konzentration!“ der eine.
Ohne recht zu wissen, was um mich herum geschah, ergriff ich die Gelegenheit und rief lauthals in die Leere.
„Könnt ihr mir sagen, wo ich hier bin?“
Nichts. Für lange Minuten herrschte völlige Stille. Nicht mal ein Zirpen einer Grille oder das Rascheln eines Blattes, traute sich, dies Schweigen zu unterbrechen.
Dann jedoch drang die Stimme des fernsten der Mitinsassen an mein Ohr. „Im Hôpital général.“
Dies gehört, regte es sich gegenüber von mir hinter der Mauer. „Im Kerker! Gefangen bist du und den Himmel siehst du nimmermehr!“
„Schwarzseher! Ewiger Schwarzseher!“ protestierte der eine, der hinter mir in der Zelle lag.
„Ha, er ist der Engel unter uns! Wo sind wir denn, so sag es mir, wo sind wir denn?“ schrie der andere aus voller Kehle, so daß es unzweifelhaft das ganze Haus hören mußte.
„Auf dem Narrenschiff! Auf dem Narrenschiff!“ frohlockte der Musikus in ekstatischem Tonfall. „Auf dem Nachenschiff!“
„Ein steinernes Schiff, oh Gott, ein steinernes Schiff! Und die Schwärze, die uns umgibt, ist in Wahrheit das Wasser, daß uns den Atem abschneidet.“
„Schwarzseher! Ewiger Schwarzseher!“ Ohne weiteren Kommentar begann er wieder das Musizieren und die groteske Melodie erfüllte sogleich die Luft.
„Nicht schon wieder! Nicht schon wieder diese schreckliche Kakophonie!“ heulte der andere.
„Symphonie! Eine Symphonie! Meine Symphonie! Wunderschöne Symphonie!“ ereiferte sich der eine.
„Polyphonie!“ flüsterte der dritte, ganz leise, fast stimmlos, aber doch gut vernehmbar.

Das Grinsen des Koboldes, der noch immer in seiner Ecke stand, wurde derweil breiter und breiter. Er hatte gewonnen.

 

Hallo Falk,

am Anfang, als ich noch nicht erkannt hatte, daß die Geschichte in einem Stil geschrieben ist, der mich an Poe-Geschichten erinnert hat, fand ich die Bezeichnung "Verrückter" ziemlich schubladen-mäßig. Aber dann ist mir klar geworden - oder ich habe es zumindest so verstanden - das die Geschichte in einer Zeit spielt, wo man noch so dachte. So richtig hintergestiegen bin ich (noch?) nicht, was es mit den einzelnen Abschnitten und ihrer Verbindung auf sich hat. Für das Verständnis des folgenden Satzes habe ich echt lange gebraucht:

"Das Nachfolgende ist somit als Warnung zu betrachten, als Appell an den Menschen, den lebensverachtenden oder vom Leben ausgeschlossenen Freund zu verstoßen und mit Nichtbeachtung zu belegen; als Appell, die Augen geschlossen zu halten, die Melancholie des Alltags und mancher Mitmenschen zu ignorieren und stattdessen, statt diesen Knechten des Elends und des Niedergangs, die unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen zu heißen und Freunde zu nennen, das Denken zu lassen, den Zweifel einzusperren und die reine Herzensfreude in vollen Zügen zu genießen. "

Ich hab das Gefühl, da fehlt etwas nach "Niedergangs", z.B. "statt diesen Knechten des Elends und des Niedergangs" Aufmerksamkeit zu schenken???

"Als wollten sie es mir gleich tun, waren ihre Lider derart weit aufgerissen, daß man erwartete, sogleich die Augäpfel hinauskullern zu sehen."
Das ist jetzt Ansichtssache, statt "kullern" fänd ich "herausfielen" besser, klingt irgendwie passender für die Stimmung, aber ist vielleicht nur für meine Ohren so. :)
Da es ja der "Verrückte" sagt, könnte man es vielleicht auch lassen, aber dann würde ich in den ganzen Abschnitt noch etwas mehr Wirrnis reinbringen. Sozusagen, um seine "Verrücktheit" richtig auszudrücken. Er redet ja von seiner Gehässigkeit usw.

Ansonsten haben mir die Bilder sehr gut gefallen, war alles plastisch. Ich hab schon lange keine Geschichten mehr in dem Stil gelesen, bin also etwas aus der Übung. Vielleicht sind die Dinge, die ich da angekreidet habe auch in Ordnung so. Und vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ich die Bilder nicht ganz zusammenfügen kann.
(die Szene auf der Bühne - könnte sich im Kopf des Kranken abspielen? Er beobachtet sich selbst, wie er mit dem Doktor redet? Oder eine Erinnerung? Das Pferd und die Eule - ich glaube mich zu erinnern, daß das Pferd unter anderem für die weibliche Seite der Seele, Intuition und so steht. Die Eule würde ich auch als weibliches Symbol einordnen. Aber vielleicht hast Du es auch ganz anders gemeint... )

Und gut finde ich auch, wie Du die Ärzte und Schwestern geschildert hast, diese klinische Kälte.

vio

 

Hey, vio!
Danke für Kritik und Lob. :)

Ziel dieser Geschichte war es einfach, Schreibstil möglichst gut mit dem Inhalt zu verbinden - daher mag es durchaus etwas konfus wirken. Teilweise habe ich mich "treiben lassen", also quasi surrealistische Methoden angewandt. Ok, nicht ganz, weil ich völlig surrealistisches Geschreibsel nicht mag, aber ein wenig.

Was die beiden Stellen angeht, die du ansprichst:
Die erste stimmt schon so, wie sie ist. Allerdings hast du recht, der Satz ist ein wenig zu lang, um auf Anhieb verständlich zus ein. Ich werde zwei Kommata durch zwei Gedankenstriche ersetzen - dann liest es sich, denke ich, besser.

Also nicht:
"und stattdessen, statt diesen Knechten des Elends und des Niedergangs, die unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen zu heißen"

sondern:
"und stattdessen - statt diesen Knechten des Elends und des Niedergangs - die unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen zu heißen"

Bei dem zweiten war ich auch am Überlegen, ob das paßt. Aber wenn es dir so auffällt, werd' ich's lieber ändern, also zu "hinausfallen".

Danke nochmal! :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Ah, :idee: ! Statt die Knechte des Elends und des Niedergangs willkommen zu heißen sollen unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen geheißen werden.

Ich bin mir nicht sicher und will bestimmt nicht mäkeln, aber müßte es nicht heißen: "statt diese Knechte" anstatt "statt diesen Knechten" ? Also

"als Appell, die Augen geschlossen zu halten, die Melancholie des Alltags und mancher Mitmenschen zu ignorieren und stattdessen - statt diese Knechte des Elends und des Niedergangs - die unbedachte Selig- und Fröhlichkeit willkommen zu heißen und Freunde zu nennen"

Bezieht sich doch auf "willkommen heißen". Aber dann sieht der zweite Bindestrich komisch aus ... hmmm ...
Oder habe ich es schon wieder nicht gepeilt? :hmm:

 

"...als Appell [...] statt diesen Knechten [...] die Fröhlichkeit willkommen zu heißen."

Stimmt so, im Akkusativ. Meine Deutschlehrerin meinte immer, ich schriebe sehr komplexe Sätze, die aber seltsamerweise immer (naja, fast) richtig seien. Hmm, ich hoffe, sie hatte Recht... :D

 

Okay, wenigstens hatte ich den Sinn jetzt richtig verstanden.

Deine Lehrerin hat irgendwie recht mit den komplexen Sätzen ... Meinst Du, sie hat immer verstanden, was Du sagen wolltest *g*

 

Lieber falk!

Auch ich habe, wie vio, jetzt erst einmal das Problem, die einzelnen Bilder zusammenzufügen. Ich werde aber die Geschichte morgen noch einmal lesen und versuchen, die Zusammenhänge zu sehen. Der Schlüssel dürfte wohl sein »das Leben eines Verrückten von allen Seiten zu beleuchten«, darauf bin ich aber erst im Nachhinein gekommen und muß die Geschichte dahingehend noch einmal lesen. Da ich Dir aber eigentlich mit dieser Kritik zum Geburtstag eine Freude machen wollte und eh schon zu spät dran bin, schreib ich Dir schon einmal, was ich bisher sagen kann. ;)

Dein Stil regt zum aufmerksamen Lesen an, jedoch verhindert glaub ich die Konzentration auf die einzelnen Sätze das Sehen des Zusammenhangs. Man muß sie wahrscheinlich mindestens zweimal lesen, will man sich nicht mit den ersten Eindrücken zufrieden geben (die für sich aber auch nicht schlecht sind).

Ein Detail, das mir seltsam vorkam, ist das verrottende Stroh. Verrottet Stroh so einfach? Soviel ich weiß, eher nicht, denk an Strohdächer… Gibt es vielleicht einen Grund, warum es so arg stinkend verrottet, hab ich ihn überlesen?

Bei »Ein Instrument, das solche Töne erzeugen konnte« hätte ich mir gewünscht, daß Du die Töne beschreiben würdest, damit ich als Leser eine Vorstellung davon habe. ;)

Ein paar meiner Anmerkungen poste ich Dir jetzt gleich, den Rest morgen. Aber beim Zitieren ist mir noch etwas aufgefallen, nämlich, daß Du beim kursiv geschriebenen Gedicht für jede Zeile extra den Code eingegeben hast – Du weißt schon, daß das am Anfang und am Ende gereicht hätte, oder? :susp:

Irgendwie schreibst Du sehr gemischt alte und neue Rechtschreibung, so sind am Beginn »dass«, später aber »daß«, so ist mir nicht klar, wie Du sie gern hättest, daher laß ich das vorerst mal aus. Vielleicht sagst Du es mir ja. ;)

»Rauben mir ihm Wahn den Sinn«
– im (ohne h)

»Es ist schwer das Leben eines Verrückten«
– schwer, das

»kann man sich doch unmöglich in die Gedankenwelt eines solchen Menschen hinein denken«
– Gedankenwelt und denken würd ich vermeiden und z.B. statt hineindenken „hineinversetzen“ schreiben – ist aber Geschmacksache ;-)

»So wird denn unweigerlich das helle Licht der eigenen Traumwelt zu einem blassen, schwachen Schimmer, dass sich in unerträglich kurzer Zeit in einem leeren Raum völliger Finsternis verliert.«
– also hier würde eigentlich ein „das gehören, aber ich würde überhaupt zu einem auf den Schimmer bezogenen „der“ raten

»wie die eigene Sonne erlicht«
– erlischt

»Der Leser mag es sich schon gedacht haben; dass ich ein Verrückter bin und mein Ich in mir selbst dereinst erlosch«
– ist der Strichpunkt nach „gedacht haben“ Absicht oder hast Du versehentlich die Umschalttaste gedrückt, als Du einen Beistrich machen wolltest?
– statt „mein Ich in mir selbst“ würde „mein Ich“ ausreichen, daß es in einem selbst ist, ist klar

»Im Hintergrund ein weißbekittelter Mann, offensichtlich ein Arzt. Sehr nervös, offensichtlich mit Lampenfieber. Stolpert auf die Bühne, offensichtlich einer Panikattacke nahe.«
– dreimal „offensichtlich“ – Absicht?
– statt „offensichtlich ein Arzt“ würde „offensichtlich Arzt“ reichen

»Wir wollen heute, die…Geschichte eines Mannes«
– Beistrich nach „heute“ gehört da nicht hin, vor und nach den drei Punkten sollte jeweils eine Leertaste sein (ich verweigere sie aber auch oft…)

»Es war kühl, obwohl der Raum keine Fenster hatte, und die Luft, die unter der Glastüre aus dem Gang hervor kroch war eisig.«
– den Satz fände ich irgendwie besser, wenn es nicht „und die Luft“ sondern „aber die Luft“ heißen würde

»Die Einrichtung war spärlich und tat ihr übriges zum«
– ihr Übriges

»auf das kein Lächeln diese schmerzdurchfurchten Züge erhellen möge.«
– auf dass oder aufdaß, je nach Rechtschreibung

»Tränenerstickt, die Stimme«
– ohne Beistrich: Tränenerstickt die Stimme, …

»gleich einem Ertrinkenden,… im Kummer ertrinkenden.«
– auch beim zweiten Mal groß: Ertrinkenden

»Nutzlos an seinem Unterleib hingen.«
– ähm, was hältst Du von „hängend“?

»den Funken eines großen Feuers, dass so weit entfernt«
– das

»Da klopfte es leise…leise…ganz leise, leise…leise an die Glasscheiben«
– find ich persönlich ein bisserl zu viel „leise“

»ein breites Grinsen aufgesetzt, höhnisch, ihn verlachend.«
– wenn Du meinst „ihn höhnisch verlachend“, kannst Du es sicher auch so herum schreiben, aber dann würde der Beistrich weg gehören: höhnisch ihn verlachend

»ein großes Pferd zu sehen, daß sich aufbäumte«
– das

»Dann baute sich zu meiner Rechten …«
»Dann bemerkte ich wieder eine Veränderung«
– zweimal kurz hintereinander „Dann …“

»und was Gewühl auch sonst noch die Erde bedecken mochte«
– dieses „was“ ist umgangsprachlich und paßt eigentlich nicht zu Deinem Stil in dieser Geschichte


So, das war die Hälfte der Geschichte, aber schon wesentlich mehr als die Hälfte meiner Anmerkungen. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Danke, Häferl! :shy:

Bevor du allzu viel Zeit darauf verwendest, alle Bilder in Zusammenhang zu bringen, weise ich darauf hin, daß nicht immer alles einen Zusammenhang haben muß. ;)
Nein, ich denke, deine Interpretation ist schon ganz passend. Ich habe versucht, einige Motive durch alle Absätze hindurchzuziehen, um eine völlig zusammenhanglose Wörterkette zu vermeiden. Aber dennoch haben alle Passagen sicherlich (d.h. hoffentlich) ihre eigene Qualität, sowohl inhaltlich als auch sprachlich.

Mit dem zweimal lesen hast du wohl Recht, da ich sie mir auch erst noch einmal (zum x-ten Mal) zu Gemüte führen mußte, um überhaupt antworten zu können.

Zu den Details:

Ein Detail, das mir seltsam vorkam, ist das verrottende Stroh. Verrottet Stroh so einfach? Soviel ich weiß, eher nicht, denk an Strohdächer…

Darüber hab' ich ehrlich gesagt, gar nicht nachgedacht. Vielmehr dachte ich mir, daß Stroh, welches in einem feuchten Gemäuer herumliegt, verrotten muß. Keine Ahnung, ob das stimmt. :???:

hätte ich mir gewünscht, daß Du die Töne beschreiben würdest, damit ich als Leser eine Vorstellung davon habe

Auch wahr - habe letzte Nacht darüber nachgedacht, bin aber zu dem Schluß gekommen, daß sich die Töne aufgrund ihrer Verrücktheit nicht beschreiben lassen. Natürlich könnte man schreiben, es handle sich "um schräge Zwölftonmusik", aber dann hält es der Leser nicht für verrückt, sondern für beschißen. Insofern stellt sich die Frage, wie man verrückte Töne beschreibt?

Du weißt schon, daß das am Anfang und am Ende gereicht hätte, oder?

Ähm, ja, jetzt weiß ich's... :D
Aber woran siehst du das?

Irgendwie schreibst Du sehr gemischt alte und neue Rechtschreibung

In Bezug auf ß/ss ist das eigentlich keine Absicht. Keine AHnung, warum das passiert ist - mein Word steht jedenfalls auf alter Rechtschreibung. Komisch.

»Rauben mir ihm Wahn den Sinn«

Oh, verdammt. Was für ein unglaublich dämlicher Fehler. Hab' ich gleich ändern müssen.

dreimal „offensichtlich“ – Absicht?

Jau. :) Klingt so schöner, finde ich.

– ohne Beistrich: Tränenerstickt die Stimme, …

Habe das Komma durch einen Gedankenstrich ersetzt, um eine Pause zu erzeugen.

ähm, was hältst Du von „hängend“?

Ich fand, "hingen" klingt verrückter. :D Ne, ist geändert!
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So, alles andere hab' ich geändert. Vielen Dank noch Mal! :)

 

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