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Die Vorahnung

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31.07.2017
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Die Vorahnung

»Scheinst ganz schön was angestellt zu haben, Süße«, lechzte es aus der Nachbarzelle. »Müssen viele gewesen sein.«
Gebannt stellte sie sich auf die Zehenspitzen und schaute aus dem winzigen Fenster. Zu erkennen waren Menschenmassen, die von überall herbeiströmten.
»Hast es genossen, was?«
Hastig klammerte sie sich an den rostigen Eisenstäben fest und zog sich so nahe wie möglich an sie heran, doch ihr Blickfeld reichte nicht aus, um das Zentrum des Ansturms erkennen zu können. Erschöpft ließ sie sich fallen, bis sie festen Boden unter den Füßen spürte.
»Scheinst einige Bewunderer zu haben«, schallte es von nebenan. Es folgte ein düsteres, Kichern.
Ratlos lehnte sie ihre Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer. Erst wenige Augenblicke zuvor war sie aufgewacht, ohne Erinnerungen, ohne Orientierung. Die ersten Minuten verbrachte sie damit, ihr Gedächtnis zu durchwühlen. Ohne Erfolg.

Sie rieb sich mit ihren steifen Händen über die Arme, um ihrer Haut etwas wärme zu spenden. Auch wenn sie sich an nichts erinnern konnte, eine Sache wusste sie ganz genau. Sie wollte nur weg von diesem Ort. So schnell es ging.
»Für so ein süßes Ding wie dich, würde ich mir diesen Zirkus da draußen allerdings auch antun«, sagte ein fettbäuchiger Glatzkopf, dessen dunkle Augen vor Gier funkelten.
Ein finsteres Lächeln entblößte seine fauligen Zähne und sie spürte, wie seine Blicke auf ihr lasteten, als sie sich langsam auf die andere Seite der Zelle schleppte.
Ein weiterer, in Lumpen gekleideter Mann lehnte lässig an den eisernen Trennstäben der Nachbarzelle gegenüber und beobachtete aufmerksam das Geschehen.
»Versuche ihn zu ignorieren, er wird dir in deiner Situation am wenigsten helfen können.«
Sie antwortete nicht.
An der Gittertür angekommen, versuchte sie sich zu beruhigen und schaute sich um. Der schmale Korridor, der die beiden Reihen aus Zellen von einander trennte, endete an einer steinigen Wendeltreppe. Die Insassen waren lediglich mit rostigen Eisenstäben voneinander getrennt, als habe jemand provisorisch dutzende Käfige aneinander gereiht. Unauffällig schaute sie in die Gesichter der Gefangenen. Sie kauerten wie Vieh in den eigenen Ausscheidungen; nebeneinander, teilweise übereinander. Es müssen nahezu hundert gewesen sein. Doch ihr eigener Käfig war leer.

Der beißende Gestank vernebelte ihre Sinne und sie spürte, wie sie für kurze Zeit die Kontrolle verlor.
»Wo bin ich?«, flüsterte sie in sich hinein, bevor sie es nicht mehr aushielt und es laut ausstieß. »Wo bin ich hier?!«
Gelächter hallte durch das Gewölbe des Kerkers, als sie verzweifelt an der Zelltür rüttelte.
»Was glaubst du denn, wo du bist?«, fragte der Mann in Lumpen. »Oder sollte ich zuerst fragen, wer du bist?«
»Du willst dich nur über mich lustig machen«, erwiderte sie.
»Was hätte ich davon?«, sagte er und ließ seine Unterarme aus der Zelle baumeln. »Wenn ich mich amüsieren möchte, brauche ich nur einen Blick auf deinen Zellnachbar zu werfen, habe ich recht Fettsack?«
Erneut erfüllte lautes Gelächter den Korridor.
»Hüte deine Zunge, Bohnenstange«, drohte der Glatzkopf mit verdunkelter Miene.
»Und wenn nicht, Fettwanst? Kommst du mich dann besuchen, hm?«
Spätestens jetzt trugen alle, die dazu noch im Stande waren, dem Gegröle bei. Auch sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Siehst du...«, sagte er beim Anblick ihrer aufheiternden Gesichtszüge. »...es funktioniert.«

Er trat etwas näher an das Gitter und sein Gesicht tauchte zum ersten Mal aus dem Schatten. »Vielleicht sollten wir von vorne anfangen«, sagte er und sah sie an. »Mein Name ist Alexandre.«
Trotz des ungepflegten Bartes, hatte sein Gesicht ungeahnt zarte Züge. Ihr Blick wanderte von seinen vollen Lippen hoch zu den Augen, dessen Farbe sie im Spiel zwischen Licht und Schatten des Fackelscheins, nicht erkennen konnte.
»Sirà«, erwiderte sie zögerlich. »Sirà Dumont.«
»Ah, Sirà also. Ein ungewöhnlicher Name, wenn ich das anmerken darf. So... exotisch.«
»Eigentlich nicht«, sagte sie. »Meine Familie kommt ursprünglich aus Spanien. Sie waren Schafhirten in den Pyrenäen.«
»Pah!«, ächzte der Glatzkopf. »Hört sich das einer an; Schafhirten aus Spanien. Die kleine erzählt dir einen vom Pferd du Narr!«
»Pferd ist vielleicht das richtige Stichwort«, sagte Alexandre und lächelte. »Schließlich ist es eine bemerkenswerte Geschichte, die deine Familie vollbracht hat.«
Sirà wurde stutzig. »Ich verstehe nicht recht.«
»Nun, ich kann nicht aus eigener Erfahrung sprechen, Kleine...«, er zog seine Unterarme in das Innere der Zelle und lehnte sich mit der Schulter an die Gitterstäbe. »... aber vom Schafhirten in den Bergen zum Pferdezüchter der königlichen Armee, das ist ein respektabler Weg.«
Sirà erschrak. Wie konnte er das wissen? Vor wenigen Augenblicken kannte er nicht einmal ihren Namen und nun plaudert er über Dinge, die nur Bekannte der Familie wissen konnten.
»Wer bist du?«, fragte sie.
»Ich bin vieles, aber nicht dein Feind«, erwiderte Alexandre. »Im Gegensatz zu den Herrschaften, die in wenigen Augenblicken die Treppe hinunter marschiert kommen.«
Die neue Bekanntschaft wurde Sirà zunehmend unheimlicher. Es kam ihr alles so unwirklich vor, als wäre es nur ein Traum. Und doch fühlte sie jede Pore ihrer Haut, aus denen der kalte Angstschweiß drang.
Was mache ich hier, fragte sie sich. Immer noch fehlte jede Erinnerung an die letzten Tage. Sie spürte, wie die Verzweiflung in ihr wieder anwuchs.
»Aber wie sagt man noch so schön, draußen auf dem Land?«, Alexandre hob seine Hand und begutachtete seine Fingernägel. Dann wanderte sein Blick kühl und eindringlich zu Sirà. »Je höher der Falke steigt, umso tiefer sein Sturzflug«, er musterte jede Zuckung in ihrem Gesicht, als würde er auf irgendetwas warten. »Ist es nicht so?«, fügte er hinzu.
Sirà schwieg und ergab sich seinem starren Blick.
»Du weißt wirklich gar nichts mehr, was?«, fragte er. »Dabei hast du doch so viel mehr verdient.«
»Ich weiß eines...«, stieß sie aus. »...dass ich unschuldig bin!«
»Das bin ich auch!«, rief der Glatzkopf und schlug beim Lachen den Kopf in den Nacken. Mindestens drei weitere Insassen schlossen sich seiner an und beteuerten lautstark ihre Unschuld.
Alexandre's Gesicht wanderte im Schatten, bis es erneut im zuckenden Licht der Fackeln erschien.
»Die Tochter, die stiehlt, um die Medizin für ihren Todkranken Vater zu beschaffen. Welche rührende Geschichte. Doch auch sie muss erkennen, so ehrenhaft ihr Vergehen auch sein mag: Diebstahl bleibt Diebstahl; und wer Pech hat, bezahlt ihn mit seinem Leben.«
»Das ist eine Lüge!«, tobte Sirá, als sie plötzlich Schritte aus Richtung der Treppe hörte.
»Keine Sorge«, sagte Alexandre. »Ich werde nicht versuchen dir ein Geständnis zu entlocken, dafür ist es bereits zu spät.«
»Dir wird dein Lachen noch vergehen«, stieß sie wütend aus. Sie fühlte sich gedemütigt, verunsichert und in die Ecke gedrängt, wie eine Raubkatze im Käfig.

Rufe hallten von den Gängen der oberen Etagen in den Korridor des Kerkers. Wenig später waren Schritte und klirrendes Metall zu hören. Nicht das Geräusch aneinanderprallender Degen, stellte sie zu ihrem Bedauern fest, sondern eher das Rasseln eines Schlüsselsbundes.
Gebannt schauten die Insassen zur steinernden Wendeltreppe. Die Schritte kamen näher und näher, bis ein Mann an den Stufen erschien. Er trug eine schmutzige Leinenkutte und spuckte braunen Speichel auf den kalten Kopfsteinboden. Dann tauchten vier Uniformierte auf. Sie folgten dem stämmigen Kerl, der offensichtlich der Kerkermeister war.
Nachdem er sich einer Fackel bemächtigte, marschierte er grimmig den Korridor hinunter.
»Unsere Zeit ist gekommen, Kleine!«, rief ihr Alexandre zu, während der Wärter das Zellschloss entriegelte. »Vermutlich ist es besser so«, fügte er hinzu. »Die Welt ist aus den Fugen geraten, aber wem erzähle ich das, du weißt es wohl am besten.«
Er kniete sich hin und verschränkte langsam die Arme hinter seinem Rücken. Fassungslos beobachtete Sirà, wie zwei Soldaten die Zelle betraten und den Mann ohne Gegenwehr in Ketten legten. Als sie ihn unter die Schultern griffen und aus der Zelle hievten, blickte er noch einmal zu ihr auf und rief lachend: »Keine Angst Kleine, ich werde auf dich warten und willkommen heißen.«

Überfordert von der Situation brachte sie keinen Ton aus sich heraus. Ihr Kopf war immer noch genauso leer wie zuvor. Nachdem der Mann von den Soldaten die Treppe hinauf geschleift worden war, richtete sich der Blick des Wärters zu ihr.
»Die ist heute auch dran!«, schimpfte er. »Holt sie raus!«
Die verbliebenen zwei Gardisten schulterten ihre Musketen und begaben sich zu ihrer Zelle.
»Nein...«, murmelte sie vor sich hin. »Nein, das ist ein Missverständnis. Ich bin unschuldig, ich habe nichts getan!«, flehte sie.
Das Klirren des Schlüssels im Schloss, dröhnte in ihren Ohren wie Kanonenfeuer.
Hektisch stolperte sie rückwärts in die hinterste Ecke, wo das rostige Eisengitter in die Steinmauer der Außenfassade mündete. »Fasst mich nicht an! Bleibt fern von mir!«, drohte sie fluchend.
Als die Soldaten die Zelle betraten und ihr näher kamen, fasste sie all ihren Mut zusammen und warf mit allem um sich, was sie greifen konnte. Die von Kot und Urin getränkten Heuballen prallten zwar an den blau-weißen Uniformröcken der Soldaten ab, hinterließen jedoch hässliche, braune Flecken. Einen Moment zögerten die Männer, sie schienen überrascht von der Gegenwehr zu sein.
Doch nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatten, handelten sie umso entschlossener und zogen sie an den Beinen grob aus der Ecke heraus, bis sie sie schließlich am Boden fixierten. Einer von ihnen hielt sie fest, während der Andere die Eisenketten an die Handgelenke schraubte. Sie bekam Panik. Unkontrolliert trat sie mit den Beinen um sich, doch die Ketten waren bereits festgezurrt und die Männer richteten sie angestrengt auf.
Mit Mühe wurde sie in den Mittelgang gezerrt, wo der Kerkermeister ungeduldig wartete. Er war ein äußerst stämmiger Geselle, eher übergewichtig, mit ungepflegten, langen Haaren und einem dichten, wild wuchernden, dunkelblonden Bart.
»Glaubt mir doch, ich habe nichts verbrochen«, stieß sie aus und schaute ihm tief in die schwarzen Augen.
»Halt endlich´s Maul, Weib!«, tobte er und schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht.

Als Sirà wieder zu sich kam, zogen die Männer sie durch einen dunklen Gang, dem Wärter und seiner Fackel hinterher.
Blutdurchtränkter Speichel lief ihr über das Kinn und tropfte ihr auf die Brust. Sie spürte ihre rechte Gesichtshälfte nicht mehr. Füße und Knöchel waren blutig vom rauen Steinboden über den sie schliffen, doch sie fühlte sich vom Hieb des Gefängniswärters immer noch wie betäubt und nahm keinerlei Schmerzen wahr. Am Ende des Korridors angekommen, wurde sie eine weitere Treppe hinauf gezerrt.
Vor ihnen lag der nächste, langgezogene Gang, an dessen Ende ein grelles Licht flackerte. Es war wie das rettende Ende eines Tunnels. So hatte sie sich immer den Augenblick nach dem Tod vorgestellt. Der Eintritt ins Paradies, das Tor zum Himmel.
Meter für Meter wurde sie näher an das sengende Licht getragen, halb in den Armen der Soldaten, halb kriechend auf dem Boden. Doch je greller es wurde, desto lauter wurden auch die Rufe der Menschen, die sie noch wenige Minuten zuvor vom Fenster ihrer Zelle aus beobachtet hatte. Dies ist nicht der Himmel, dachte sie.

Die Männer richteten sie auf, sodass sie auf ihren eigenen Beinen stand. Mit zugekniffenen Augen blinzelte Sirà in das grelle Licht, bis das Bild langsam aufklarte. Vor ihr hatte sich eine gewaltige Menschenmenge versammelt, die den gesamten Marktplatz bevölkerte. In Mitten der keifenden Massen befand sich ein hölzernes Schafott, auf dem drei Galgen emporragten.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst, wie in diesem Augenblick.
»Na los, vorwärts!«, drängte sie einer der Musketiere, doch ihr Körper war steif wie ein Brett. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf und doch dachte sie nichts.
»Worauf wartest du, verdammt nochmal?«
Die Männer schienen die Geduld zu verlieren, woraufhin einer von ihnen ihr einen Schups in Richtung der Treppen gab. Entkräftet torkelte sie die Stufen hinab zum Platz. Weitere Soldaten in blauen Uniformen hielten die drängelnden Menschen zurück und bildeten eine Schneise, die in einem schmalen Bogen zum Schafott führte.
Das seien nun also die letzten Schritte ihres Lebens, dachte sie und spürte, wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Die beleidigenden Rufe der Massen schüchterten sie so sehr ein, dass sie auf den letzten Stufen stehen blieb. Sie brachte es nicht über sich, noch einen Schritt weiter zu gehen. Fluchend verzerrte der Soldat hinter ihr das Gesicht und stieß sie mit dem Kolben seiner Muskete den restlichen Teil der Treppen hinunter. Ungebremst schlug ihr Körper im Dreck des Marktplatzes auf. Die Menge jubelte.
Schreiend vor Schmerzen wandte Sirà sich auf den Rücken.
Nachdem sie sich wieder aufgerichtete, bewarf der wütende Mob sie mit verfaultem Obst und Gemüse, bis sie schließlich am Ziel angekommen war.

Vor ihr saß ein junger Offizier mit einem Stück Papier an einem schmalen Holztisch, gut bewacht von zwei bewaffneten Gardisten.
»Name?«, fragte er schroff, ohne sie anzuschauen.
»Dumont«, antwortete sie mit einem unverkennbaren Zittern in der Stimme.
Systematisch überflog er die Liste und wurde nach einem kurzen Moment fündig.
»Ah«, stieß er nüchtern aus. »Mademoiselle Sirà Dumont?«, fragte er und musterte sie mit einem prüfenden Blick.
»Ja«, entgegnete sie.
»In Ordnung«, er tauchte die silberne Spitze der Schreibfeder in ein Tintenglas und markierte ihren Namen auf der Liste. Dann nickte er einem großen Mann zu, der eine schwarze Stoffhaube über dem Kopf trug. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, aus gutem Grund. Der Beruf des Henkers war nicht der beliebteste der Stadt. Er würde gut daran tun, unerkannt zu bleiben.
Er führte Sirà auf die andere Seite, zur Treppe des Schafotts, vorbei an einem morschen Marktkarren, auf dem die leblosen Körper gehenkter Häftlinge aufgestapelt waren. Die blau und grün angelaufenen Gesichter, mit weit offenen, verkrampften Augen verrieten ihr, dass der Scharfrichter offensichtlich keinen Wert auf eine saubere Hinrichtung legte.
»Hoch mit dir!«, befahl der Henker. Er stellte ein altes Weinfass unter ihren Galgen, packte sie unter den Armen und hob sie hoch.
Erschöpft schaute sie in die Gesichter des tobenden Pöbels. Die Männer und Frauen, ja selbst die Kinder im Publikum schienen sehnsüchtig darauf zu warten, dass sie leblos am Galgen baumeln würde. Nicht ein Hauch von Mitgefühl war zu spüren. Das einzige, was in ihren Augen sprudelte, war blanker Zorn.

»Lennàrde Roussel...«, schallte es über den Platz. Es war der junge Offizier, der zuvor ihren Namen aufgenommen hatte und nun aus einem aufgerollten Pergament vorlas. »...im Namen unserer Majestät, des Königs – Louis XVI – wegen zweifachen Mordes und Diebstahl, verurteilt zum Tode durch Erhängen!«
Ein kurzes Nicken genügte, um dem Scharfrichter zu befehlen, seine Arbeit zu vollenden. Er ging hinüber zum ersten Galgen und trat ohne zu zögern gegen das alte Weinfass unter den Füßen des Verurteilten. Mit einem dumpfen Ruck fiel der Körper des Mannes in den Strick. Die Menge jubelte, während seine Gliedmaßen ihre letzten Zuckungen von sich gaben.
Sirás Herz schlug schneller. Sie war nie gläubig gewesen, aber in ihrer Verzweiflung betete sie zu Gott, dass alles schnell vorübergehen werde.
»Clárisse Camilla Bonnet...«, fuhr der Mann in Uniform fort. Erst jetzt fiel Sirà auf, dass ein Mädchen neben ihr stand.
Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Das Mädchen zitterte am ganzen Körper, ihre Lippen waren dunkelblau, wie ihre riesigen Augen, die sie ängstlich anstarrten. Tränen ergossen sich über ihre Gesichter, als Sirà im Augenwinkel die sich nähernden Umrisse des Henkers bemerkte. Sie streckte ihren Arm aus, um das Mädchen abzulenken, welches verzweifelt versuchte Siràs Hand zu erreichen, als ihr plötzlich der Boden unter den Füßen genommen wurde und sie in die Tiefe fiel.
Apathisch schaute Sirà sich ein letztes Mal um, als sie einen Mann auf einem der Balkone der Häuser, am Rande des Platzes bemerkte. Er trug eine schwarze Perücke und starrte sie eindringlich an.
Zuversichtlich grinsend schob er seine linke Hand in seinen Seidenmantel, als sie ihn erkannte.
»Alexandre?«, murmelte sie vor sich hin. Er war es, seine markanten Gesichtszüge waren unverwechselbar. Wie war das nur möglich? Wenige Augenblicke zuvor hatten sie ihn noch aus der Zelle geholt.

»Halt still!«, nuschelte der Scharfrichter unter seiner Kapuze und hielt eine schwarze Augenbinde hoch.
»Er hat verlangt, dass ich sie euch über binde!«
»Wie bitte?«, verwirrt wanderte ihr Blick hinüber zum Ende des Schafotts, bis er an dem jungen Offizier haften blieb. Er blickte sie einen Moment lang an, lächelte und nickte ihr nüchtern zu. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder der Pergamentrolle.
»Sirà Madelaine Dumont!«, rief er, während der Henker ihr die Augenbinde anlegte.
Um sie herum herrschte Dunkelheit, doch das Gekreische der Menge hallte nach wie vor in ihren Ohren und übertönte die Worte des Mannes, der ihr Urteil verkündete.
Dann fiel sie in die Tiefe. Der Ruck des Stricks war schmerzhaft, doch währte er nur kurz. In einem Rutsch fiel sie mehrere Meter in die Tiefe, bevor sie auf etwas weichem landete.
Ihr Schrei verstummte und einen Augenblick lang herrschte Stille um sie herum. Doch plötzlich hörte sie Schüsse über den Platz hallen.
»Was geht hier vor?!«, stieß sie aus, als sie zur Gesinnung kam.
»Du lebst! Das geht hier vor«, ertönte es. »Halt bloß still!«

Nach einer Ewigkeit, wurde ihr die Binde von den Augen gezogen. Sie befand sich in einem Keller, deren marode Wände den Putz abstießen, als sei er ein Fremdkörper.
Vor ihr saß eine junge Frau mit pechschwarzen Haaren und aufgerissenen Augen.
»Wie geht es dir?«, fragte sie.
Bevor Sirà einen Ton heraus brachte, meldete sich eine bekannte Stimme. »Sie kann sich an nichts erinnern.«
»Nun lass sie doch erst einmal ankommen«, protestierte die junge Dame.
»Die müssen ihr ganz schön einen verpasst haben«, Alexandre schlenderte beobachtend um ihren Stuhl und ging vor ihr in die Knie.
»Ich hatte doch gesagt, ich werde auf dich warten«, verkündete er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Siràs Verwirrung fand an diesem Tag kein Ende. »Wo bin ich?«, fragte sie gefühlt zum dutzenden Mal.
»In Sicherheit», antwortete ihr Gegenüber. »Ich schlage vor, du ruhst dich erst einmal aus. Die letzten Tage waren anstrengend. Für dich wie für mich.«
Alexandre erhob sich und ging Richtung Tür, die sperrangelweit offen stand.
»Aber ich kann dich beruhigen, trotz der... »Umstände«, hast du die Prüfung bestanden», sagte die Frau.
»Das hat ganz allein Rolande zu entscheiden!«, fügte Alexandre streng hinzu.
»Du glaubst doch wohl nicht...«, sie zögerte. »Sie hat nichts falsch gemacht, Alexandre!«
»Sie hat sich fangen lassen, Louisa«, entgegnete er. »Ich bin mir nicht sicher ob Rolande die Prüfung unter diesen Umständen als bestanden anerkennen wird.« Er betrat den Türrahmen und sprach über seine Schulter: »Sie hat die gesamte Bruderschaft in Gefahr gebracht!«
Louisa warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
»Eigentlich würde sie jetzt am Galgen baumeln.«, fügte er hinzu und ging durch die Tür.
»Aber sie ist hier!«, rief sie in den dunklen Flur. »Auf Geheiß Rolande's! Glaubst du er bringt seine besten Leute in Gefahr, um ein Mädchen zu retten, das für ihn keinen Wert hat?«
Keine Antwort.
Wieder verschwindet dieser geheimnisvolle Kerl im Schatten, dachte Sirà. Sie wusste immer noch nicht was sie von ihm halten sollte. Erst recht nicht von Louisa, die sie ständig mit dieser mysteriösen Vertrautheit betrachtete.
»Wenn er es nicht sagt, dann tue ich es eben. Herzlich willkommen in unseren Reihen Sirà«, sie legte ihr die Hand auf die Schulter. »Herzlich willkommen im Kabinett der Diebe.«

 
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Hallo Dave A,

und herzlich willkommen bei den Wortkriegern.

Es wäre schön, wenn du einige Absätze im Text setzen würdest. Am Bildschirm scrollend ist so ein Textblock echt schwierig zu lesen.

Dann fiel mir öfter auf:

»Scheinst ganz schön was angestellt zu haben, süße.«, lechzte es aus der Nachbarzelle.
Kein Punkt am Ende der wörtlichen Rede, wenn ein Komma bzw. ein Redebegleitsatz folgt, also:

»Scheinst ganz schön was angestellt zu haben, Süße«, lechzte es aus der Nachbarzelle.

Wünsche dir viel Spaß hier.

Beste Grüße,
GoMusic

EDIT:
Noch etwas:

Gebannt stellte sie
Hastig klammerte sie sich
Erschöpft ließ sie sich fallen,
Ratlos lehnte sie sich
Gut, du willst nicht alle Sätze mit sie oder er anfangen, aber das hier fällt mir in den ersten paar Sätzen auch auf und ist auch nicht besser :Pfeif:

 

Lieber Dave A.,

trotz einiger Unstimmigkeiten finde ich deine Geschichte vom Schreibstil her irgendwie eingängig. Obwohl ich am Anfang nicht wirklich verstehe, worum es eigentlich geht, schaffst du es, Atmosphäre zu vermitteln.

Zur Irritation tragen - neben kleinen Rechtschreibfehler und Wiederholungen in den Satzanfängen - Begriffe wie "Bullauge" bei, die ich in einen anderen Zusammenhang (hier Schiff) stelle. Deshalb dachte ich zunächst an eine Fantasygeschichte.

Ich kenne das Problem, wörtliche Reden zu begleiten. Die von vielen Profis angewendete Variante, einfach immer "sagte" zu schreiben und darauf zu bauen, dass es überlesen wird, gefällt mir nicht recht. Die Ersatzverben "erwiderte", "fragte" usw. wirken aber auch so konstruiert, finde ich, "lechzte" sogar ein wenig unfreiwillig komisch. Ich versuche dann eher, einen "tell-Satz" einzuschieben, der über Gesten etwas zu den Gefühlen der Akteure aussagt. Finden aber auch nicht alle gut.

Das Ende deiner Geschichte hat mich etwas enttäuscht: Die Traumvariante hat einen ziemlichen Bart. Da geht mehr.

Viele Grüße

Willi

 
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Hallo GoMusic,

viele Dank für die schnelle Kritik.

Ich werde mich sobald ich Zeit habe, der Zeichensetzung in der wörtlichen Rede widmen.


Gut, du willst nicht alle Sätze mit sie oder er anfangen, aber das hier fällt mir in den ersten paar Sätzen auch auf und ist auch nicht besser

Du hast recht, ich habe vermutlich zu lange versucht dem Leser den Namen der Protagonistin vor zu enthalten. Ich hatte ursprünglich vor, auf diese Weise die Verwirrung der Hauptfigur auch auf den Leser zu übertragen, in dem er so wenige Informationen erhält wie möglich.

Wenn ich nach deiner persönlichen Meinung fragen darf: Findest du, dass es der Geschichte eher schadet, dass der Name so spät aufgedeckt wird?

Grüße,

Dave


Hallo Willi,

auch dir danke ich für deine schnelle Rückmeldung.

Beim Problem mit den Satzanfängen stimme ich dir zu. Da ich versucht habe, den Namen der Protagonistin so lange es ging "geheim" zu halten, hatte ich Schwierigkeiten die Satzanfänge abwechslungsreich zu gestalten. Ich wollte erreichen, dass der Leser sich so gut es geht in die Situation hineinversetzen kann, indem er die selbe Informationsfülle erhält, wie die Hauptfigur.
Im Nachhinein ärgert es mich sogar ein wenig, da die Qualität des Textes vermutlich darunter leidet.

Atmosphäre aufzubauen war mein großes Ziel, als ich den Text schrieb. Schön, dass ich dies in Ansätzen geschafft habe.


Das Ende deiner Geschichte hat mich etwas enttäuscht: Die Traumvariante hat einen ziemlichen Bart. Da geht mehr.

Der Text war ehrlich gesagt ursprünglich keine Kurzgeschichte, sondern ein unüberarbeitetes Kapitel in meinem Roman, an dem ich derzeit arbeite. Ich hatte lange überlegt, wie ich das Ende umschreibe. Eine Klischeehafte Rettung war mir zu rosig, so entschied ich mich für die Traum-Variante.

Ich bedanke mich für die ehrlichen Worte.

Gruß,

Dave

 

Hallo Dave,

Findest du, dass es der Geschichte eher schadet, dass der Name so spät aufgedeckt wird?
Ich habe mich nicht präzise genug ausgedrückt. Darum geht es mir nicht, sonden um das sich m.E. zu oft wiederholende Satzmuster, die Umschreibung am Satzanfang, wie die Person etwas tut.

Noch etwas zu deiner Antwort an Willi:

Der Text war ehrlich gesagt ursprünglich keine Kurzgeschichte, sondern ein unüberarbeitetes Kapitel in meinem Roman, an dem ich derzeit arbeite. Ich hatte lange überlegt, wie ich das Ende umschreibe. Eine Klischeehafte Rettung war mir zu rosig, so entschied ich mich für die Traum-Variante.
Egal, ob KG oder Roman. So ein Traumende mag ich (auch) nicht besonders. :)
Vielleicht fällt dir ja noch was anderes ein. Würde mich freuen. Aber: ist deine Geschichte.

Ich habe übrigens deine beiden Antworten zusammengetackert. Zeitnahe Antworten bitte in einem Post schreiben.

Danke und viel Spaß noch.

Beste Grüße,
GoMusic

 

Hallo Dave,

ich nochmal. Habe mal ein paar Sachen herausgesucht.

»Scheinst ganz schön was angestellt zu haben, Süße«, lechzte es aus der Nachbarzelle. »Müssen viele gewesen sein«
Gebannt stellte sie sich auf die Zehenspitzen und schaute aus dem kleinen Bullauge auf die Straße. Zu erkennen waren Menschenmassen, die von überall herbeiströmten. 
»Hast es genossen, was?«
Hastig klammerte sie sich an den rostigen Eisenstäben des kleinen Fensters
fest und zog sich so nahe wie möglich an sie heran, doch ihr Blickfeld reichte nicht aus, um das Zentrum des Ansturms erkennen zu können.

Kleines Bullauge, kleines Fenster: Das zweite „kleine“ kann weg, wir wissen schon, dass es klein ist.​

Erschöpft ließ sie sich fallen, bis sie festen Boden unter den Füßen spürte.
»Scheinst einige Bewunderer zu haben, wie mir scheint«, schallte es von nebenan. Es folgte ein düsteres Kichern.
Ratlos lehnte sie sich mit ihrer Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer. Erst wenige Augenblicke zuvor war sie aufgewacht, ohne Erinnerungen, ohne Orientierung. Die ersten Minuten verbrachte sie damit, ihr Gedächtnis zu durchwühlen. Ohne Erfolg. Wie war sie nur in diesen Schlamassel geraten? 
Gerade als sie sich mit ihren Händen Wärme in ihre frierenden Arme rieb, fiel ihr die Zelltür ins Auge.

Sie lehnte sich an die Gefängnismauer und fiel ihr die Zellentür ins Auge? Klingt so, als sei das für sie überraschend. Was hat sie bei Gefängnismauern denn erwartet?

Auch wenn sie sich an nichts erinnern konnte, eine Sache wusste sie ganz genau. Sie wollte nur weg von diesem Ort. So schnell es ging.
Sie spürte, wie die Blicke der anderen Insassen auf ihr lasteten, als sie sich langsam auf die andere Seite ihrer Zelle schleppte.
»Wegen mir kommen sie bestimmt nicht. Und erst recht nicht für das andere Gesinde, das hier vor sich hinkauert«, tönte es aus Richtung der benachbarten Gitterstäbe.
Ihre Gliedmaßen schmerzten bei jedem Schritt. Sie fühlte sich, als würde die Kälte schon seit Tagen in ihre Knochen kriechen und ihre Fußsohlen waren schwarz vor Dreck, Urin und Fäkalien. 
Ein in Lumpen gekleideter Mann lehnte lässig an den eisernen Trennstäben und beobachtete aufmerksam das Geschehen. »Bist wohl nicht sehr gesprächig, was?«

An welchen Trennstäben? Ist er in der Nebenzelle oder mit in ihrer Zelle?


Sie gab keine Antwort und tat so als würde sie ihn nicht wahrnehmen.
Reichen würde: „Sie tat so, als würde sie ihn nicht wahrnehmen.“ Das impliziert, dass sie nicht antwortet.​


Auf der anderen Seite ihrer Zelle angekommen, warf sie einen hastigen Blick auf die steinerne Wendeltreppe am Ende des dunklen Korridors. Es war zwar lächerlich, doch schließlich gab sie der Versuchung nach und rüttelte mit ihrer ganzen Kraft an der massiven Metalltür. 
»Nicht gesprächig, aber dafür ziemlich dämlich«, spottete der Mann und entblößte mit einem breiten Lächeln seine faulenden Zähne. Gelächter machte sich in den Zellen breit. 
»Keine Sorge«, fuhr er fort. »Ich werde nicht versuchen dir ein Geständnis zu entlocken, dafür ist es bereits zu spät«, krächzte er.
»Dir wird dein Lachen noch vergehen«, stieß sie wütend aus. Sie fühlte sich gedemütigt, verunsichert und in die Ecke gedrängt, wie eine Raubkatze im Käfig. Ihre Verzweiflung stieg immer weiter an, denn so sehr sie auch überlegte, wo sie war und aus welchem Grund, blieb ihr ein Rätsel.

Verstehe ich nicht. Warum fragt sie nicht die anderen?​


»Heilige Mutter Gottes«, äußerte sich der Mann mit einem gehörig sarkastischen Unterton in seiner Stimme. »Möchte da etwa jemand seine Unschuld beteuern?« 
Wieder schallte Gelächter durch das riesige Gewölbe. Die Zellen im ganzen Trakt waren lediglich durch Gitter und nicht durch Mauern getrennt. Welches Schauspiel sich am Eingang des Kerkers

Kerker? Ich dachte Gefängnis, wegen den Gefängnismauern. Das sind für mich verschiedene Dinge.​

auch abspielte, es ließ sich ohne Probleme am anderen Ende verfolgen. 
»Ich kenne mich mit Gören deiner Sorte aus«, sagte er, löste sich aus seiner entspannten Haltung an den Gitterstäben und trat einige Schritte zurück. »Es ist doch immer das Selbe (dasselbe) mit diesen Bordellhuren. Erst schlingen sie einem die Arme um den Hals und kurze Zeit später schneiden sie dir die Kehle durch, wenn sie merken, dass du nicht bezahlen kannst«, rief er hinüber in die gegenüber liegende Zelle auf der anderen Seite des Ganges, dessen Insassen sichtlich imponiert wirkten.

Nicht behaupten, dass sie imponiert sind, zeig es!​

Dann fing er erneut an zu lächeln. »Aber früher oder später, landen sie alle hier. Sie sitzen in ihrer eigenen Pisse und jammern über ihr Schicksal. Dabei wissen sie ganz genau, dass sie den Strick verdient haben« 
Das Grölen der anderen Verurteilten schwoll an, bis es plötzlich völlig verstummte. Rufe hallten von den Gängen der oberen Etagen in den Korridor des Kerkers.

Ach, jetzt gibt es sogar mehrere Etagen? So etwas gehört m.E. nach vorne.​

Wenig später waren Schritte und klirrendes Metall zu hören. Nicht das Geräusch aneinanderprallender Schwerter, stellte sie zu ihrem Bedauern fest, sondern eher das Rasseln eines Schlüsselsbundes.
Schwerter, Kerker. Aha, Mittelalter.

Gebannt schauten die Insassen zur steinernden (steinernen) Wendeltreppe. Die Schritte kamen näher und näher, bis ein Mann an den Stufen erschien.

Ich bekomme das Bild des Gefängnisses, des Kerkers nicht im Kopf. Sieht sie die Wendeltreppe aus ihrer Zelle?
Er trug eine schmutzige Leinenkutte und spuckte braune Flüssigkeit auf den kalten Kopfsteinboden.
„Braune Flüssigkeit“: Schmeckte ihm die Cola nicht? :D

Dann tauchten vier Uniformierte (uniformierte) Soldaten auf. Sie folgten dem stämmigen Kerl, der offensichtlich der Kerkermeister zu sein schien.
Wer ist denn jetzt der Kerkermeister? Der gleiche Mann, der gespuckt hat oder ein anderer?

Nachdem er sich einer Fackel bemächtigte, marschierte er grimmig den Gang hinunter. 
»Unsere Zeit ist gekommen, Kleine!«, rief ihr der Mann aus der Nachbarzelle zu, während der Wärter mit seinem rasselnden Schlüsselbund das Zellschloss entriegelte. »Vermutlich ist es besser so«, fügte er hinzu. »Die Welt ist aus den Fugen geraten (KOMMA) Kleine, aber wem erzähle ich das, Mädchen wie du wissen das wohl am Besten (besten)« 
Er kniete sich hin und verschränkte langsam die Arme hinter seinem Rücken. Fassungslos beobachtete sie, wie zwei Soldaten die Zelle betraten und den Mann ohne Gegenwehr in Ketten legten. Als sie ihn unter die Schultern griffen und aus der Zelle hievten, blickte der Verurteilte noch einmal flüchtig zu ihr und rief lachend(LEERZEICHEN)»Keine Angst, Kleine. Ein berühmter Mann sagte einmal, ›Gut gehenkt, (KEIN KOMMA)ist besser als schlecht verheiratet‹!« 
Überfordert von der Situation brachte sie keinen Ton aus sich heraus. Ihr Kopf war immer noch genauso leer wie zuvor. Nachdem der Mann von den Soldaten die Treppe hinauf geschliffen worden war, richtete sich der Blick des Wärters zu ihr. 
»Die ist heute auch dran!«, schimpfte er. »Holt sie raus!«
Die verbliebenen zwei Soldaten schulterten ihre Musketen und begaben sich zu ihrer Zelle. 
»Nein«, murmelte sie vor sich hin. »Nein, das ist ein Missverständnis. Ich bin unschuldig, ich habe nichts getan!«, flehte sie. 
Das klirren (Klirren) des Schlüssels im Schloss ihrer Zelle dröhnte in ihren Ohren wie Kanonenfeuer.

Das Klirren, des Schlüssels, ihrer Zelle, ihren Ohren. Finde ich ein wenig too mch. Vorschlag: „Das Klirren des Schlüssels im Schloss dröhnte in ihren Ohren wie Kanonenfeuer.“​


Hektisch stolperte sie rückwärts in die hinterste Ecke, wo das rostige Eisengitter in die Steinmauer mündete. »Fasst mich nicht an! Bleibt fern von mir!«, drohte sie fluchend. 
Als die Soldaten die Zelle betraten und ihr näher kamen, fasste sie all ihren Mut zusammen und warf mit allem um sich was sie greifen konnte. Die von Kot und Urin getränkten Heuballen prallten zwar an den blau-weißen Uniformröcken der Soldaten ab, hinterließen jedoch hässliche, braune Flecken. Einen Moment zögerten die Männer, (besser: Semikolon) sie schienen überrascht von der Gegenwehr zu sein. 
Doch nachdem sie den ersten Schreck überwunden hatten, handelten sie umso entschlossener und zogen sie an den Beinen grob aus der Ecke heraus,

Zogen sie sie grob raus oder grob aus der Ecke, also nicht richtig komplett aus der Ecke? So steht es da zumindest.
über den dreckigen Grund der Zelle,
Auch hier: Kürzen. Dass es der Grund der Zelle ist, ist klar. Welcher Grund sonst?​

bis sie sie schließlich am Boden fixierten. Einer von ihnen hielt sie fest, während der Andere die Eisenketten um ihre Handgelenke schraubte. Sie bekam Panik. Unkontrolliert trat sie mit den Beinen um sich, doch die Ketten waren bereits festgezurrt und die Männer richteten sie angestrengt auf. 
Mit Mühe wurde sie in den Mittelgang gezerrt, wo der Kerkermeister ungeduldig wartete. Er war ein äußerst stämmiger Geselle, eher übergewichtig, mit ungepflegten, langen Haaren und einem dichten, wild wuchernden, dunkelblonden Bart. 
»Glaubt mir doch, ich habe nichts verbrochen«, stieß sie aus und schaute ihm tief in die schwarzen Augen. 
»Halt endlich´s Maul, Weib!«, tobte er und schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht. 

Als sie wieder zu sich kam, zogen die Männer sie durch einen dunklen Gang, dem Wärter und seiner Fackel hinterher.

Unfreiwillig komisch: Sie folgen dem Wärter und der Fackel. Als wenn die Fackel selber laufen könnte. :D
Besser: mit seiner Fackel​


Blutdurchtränkter Speichel lief ihr über das Kinn und tropfte ihr auf die Brust. Sie spürte ihre rechte Gesichtshälfte nicht mehr. Ihre Füße waren blutig vom rauen Steinboden über den sie schliffen, doch sie fühlte sich vom Hieb des Gefängniswärters immer noch wie betäubt und nahm keinerlei Schmerzen wahr. Am Ende des Korridors angekommen, wurde sie eine weitere Treppe hinauf gezerrt.
Vor ihnen lag der nächste, langgezogene Gang, an dessen Ende ein grelles Licht flackerte. Es war wie das rettende Ende eines Tunnels. So hatte sie sich immer den Augenblick nach dem Tod vorgestellt. Der Eintritt ins Paradies, das Tor zum Himmel. 
Meter für Meter wurde sie näher an das sengende Licht getragen, halb in den Armen der Soldaten, halb kriechend auf dem Boden. Doch je greller es wurde, desto lauter wurden die Rufe der Menschen, die sie noch wenige Minuten zuvor vom Bullauge ihrer Zelle aus beobachtet hatte. Dies ist nicht der Himmel, dachte sie. 
Die Männer richteten sie auf, sodass sie auf ihren eigenen Beinen stand. Mit zugekniffenen Augen blinzelte sie in das grelle Licht, bis das Bild langsam aufklarte. Vor ihr hatte sich eine gewaltige Menschenmenge versammelt, die den gesamten Platz bevölkerte. In Mitten der keifenden Massen befand sich ein hölzernes Schafott, auf dem drei Galgen emporragten. 
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst, wie in diesem Augenblick. 
»Na los, vorwärts!«, drängte sie einer der Soldaten, doch ihr Körper war steif wie ein Brett. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf und doch dachte sie nichts. 
»Worauf wartest du, verdammt nochmal?« 
Die Männer schienen die Geduld zu verlieren, woraufhin einer von ihnen ihr einen Schups in Richtung der Treppen gab. Entkräftet torkelte sie die Stufen hinab zum Platz. Weitere Soldaten in blauen Uniformen hielten die drängelnden Menschen zurück und bildeten eine Schneise, die in einem schmalen Bogen zum Schafott führte. 
Das seien nun also die letzten Schritte ihres Lebens, dachte sie und spürte, wie ihr Tränen über die Wangen liefen. Die beleidigenden Rufe der Massen schüchterten sie so sehr ein, dass sie auf den letzten Stufen stehen blieb. Sie brachte es nicht über sich, noch einen Schritt weiter zu gehen. Fluchend verzerrte der Soldat in ihrem Rücken das Gesicht und stieß sie mit dem Kolben seiner Muskete den restlichen Teil der Treppen hinunter.

„Fluchend verzerrte der Soldat in ihrem Rücken das Gesicht“. Also vergrub er sein Gesicht in ihren Rücken und verzerrte es. Warum macht er so etwas?
Ungebremst schlug ihr Körper im Dreck des Marktplatzes auf.
Jetzt ist es schon ein Marktplatz, vorher nur ein Platz. Das gehört nach vorne.​

Die Menge jubelte. 
Schreiend vor Schmerzen wandte sie sich auf den Rücken. 
»Fahr zur Hölle!«, fluchte ihr ein schrumpeliger, alter Mann entgegen, als sie versuchte sich aufzurichten. Auf den wenigen Metern hin zur Mitte des Platzes, bewarf der wütende Mob sie mit verfaultem Obst und Gemüse, bis sie schließlich am Ziel angekommen war. 

Vor ihr saß ein Offizier mit einem Stück Papier an einem schmalen Holztisch, gut bewacht von zwei bewaffneten Soldaten an seiner Linken und Rechten.

„an seiner Linken und Rechten“. Kannst du auch streichen. Unwichtig.​


»Name?«, fragte er schroff, ohne sie anzuschauen. 
»Dumont«, antwortete sie mit einem unverkennbaren zittern (Zittern) in der Stimme.
Systematisch überflog er die Liste und wurde nach einem kurzen Moment fündig. 
»Ah.«, stieß er nüchtern aus. »Mademoiselle Sirà Dumont?«, fragte er und musterte sie mit einem prüfenden Blick.
»Ja«, entgegnete sie.
»In Ordnung«, er tauchte die silberne Spitze der Schreibfeder in ein Tintenglas und markierte ihren Namen auf der Liste. Dann nickte er einem großen Mann zu, der eine schwarze Stoffhaube über dem Kopf trug. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, aus gutem Grund. Der Beruf des Henkers war nicht der beliebteste der Stadt. Er würde gut daran tun, unerkannt zu bleiben.
Er führte sie auf die andere Seite, zur Treppe des Schafotts, vorbei an einem morschen Marktkarren, auf dem die leblosen Körper gehenkter Häftlinge aufgestapelt waren. Die blau und grün angelaufenen Gesichter mit weit offenen, verkrampften Augen verrieten ihr, dass der Scharfrichter offensichtlich keinen Wert auf eine saubere Hinrichtung legte. Zu ihrem Entsetzen entdeckte sie das Gesicht des Mannes aus ihrer Nachbarzelle. Wenige Minuten zuvor hatte er ihr noch die Angst nehmen wollen, das hatte sie nun begriffen, doch in seinem Gesichtsausdruck war nun nichts mehr von Mut oder Zuversicht übrig. Er war nur noch einer von vielen, die unter dem Jubel der Menschen hingerichtet wurden wie Vieh. 
»Hoch mit dir!«, befahl der Henker. Er stellte ein altes Weinfass unter ihren Galgen, packte sie unter den Armen und hob sie hoch. 
Nun stand sie da, mitten auf dem Marktplatz, neben zwei weiteren Menschen, die auf ihren Tod warteten. Was diese Leute verbrochen hatten, wusste sie nicht. Sie wusste nicht einmal, wieso sie selbst in Mitten des schimpfenden Pöbels stand.

Generell wird mir in der Geschichte zu viel geschimpft, gejubelt, gelacht, gegröllt usw. pp.
Gerade am Anfang im Kerker.​


Erschöpft schaute sie in einige ihrer Gesichter. Die Männer und Frauen, ja selbst die Kinder im Publikum schienen sehnsüchtig darauf zu warten, dass sie leblos am Galgen baumeln würden. Nicht ein Hauch von Mitgefühl war zu spüren. Das einzige, was in ihren Augen sprudelte, war blanker Zorn. In wenigen Augenblicken würde sie sterben, dies wurde ihr in diesem Moment umso bewusster. 
»Lennàrde Roussel...«, schallte es über den Platz. Es war der junge Offizier, der zuvor ihren Namen aufgenommen hatte und nun aus einem aufgerollten Pergament vorlas.

Hier auch: Zunächst war es ein Offizier, jetzt ist es ein junger Offizier, gehört nach vorne.​

»...im Namen unserer Majestät, des Königs – Ludwig XVI – wegen zweifachen Mordes und Diebstahl, verurteilt zum Tode durch Erhängen!« 
Ein kurzes Nicken genügte, um dem Scharfrichter zu befehlen, seine Arbeit zu vollenden. Er ging hinüber zum ersten Galgen und trat ohne zu zögern gegen das alte Weinfass unter den Füßen des Verurteilten. Mit einem dumpfen Ruck fiel der Körper des Mannes in den Strick. Die Menge jubelte, während seine Gliedmaßen ihre letzten Zuckungen von sich gaben. 
Sirás Herz schlug schneller. Sie war nie gläubig gewesen, aber in ihrer Verzweiflung betete sie zu Gott, dass alles schnell vorübergehen werde.
 »Clárisse Camilla Bonnet...«, fuhr der Mann in Uniform fort. Erst jetzt fiel Sirà auf, dass ein Mädchen neben ihr stand, kaum älter als sie selbst. Sie war ihr unbekannt, doch nun teilten Beide das gleiche Schicksal. 
Für einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. Das Mädchen zitterte am ganzen Körper, ihre Lippen waren dunkelblau, wie ihre riesigen Augen, die sie ängstlich anstarrten. Tränen ergossen sich über ihre Gesichter, als Sirà im Augenwinkel die sich nähernden Umrisse des Henkers bemerkte. Sie streckte ihren Arm aus, um das Mädchen abzulenken, welches verzweifelt versuchte Siràs Hand zu erreichen, als ihr plötzlich der Boden unter den Füßen genommen wurde und sie in die Tiefe fiel. 
Sirà schloss weinend ihre Augen. Als sie sie wieder öffnete, baumelte der Körper des Mädchens leblos am Galgen. 
In der Hoffnung, dass der Strick ihr das Genick brechen würde, drehte sie sich wieder der kreischenden Menge zu. Ein letztes Mal atmete sie tief ein und aus, als sie einen Mann auf einem der Balkone der Häuser am Rande des Platzes bemerkte. Er trug eine schwarze Perücke und starrte sie eindringlich an. 
Schadenfroh grinsend, zwirbelte er seinen Schnäuzer und schob seine linke Hand in seinen Seidenmantel. Sie konnte zuerst nicht erkennen, was er aus der Innentasche hervorholte, es sah aus wie ein kleines, silbernes Metallstück. 
»Sirà Madelaine Dumont!«, rief der Offizier am anderen Ende des Schafotts. Es war soweit. Kurz schaute sie rüber zum Mann mit der Pergamentrolle, bevor ihr Blick erneut an die Häuserwand wanderte. Der mysteriöse Herr hielt sich das funkelnde Etwas vor den Mund und blies hinein. Erst schien sie nicht zu verstehen, was er damit bezwecken wollte, doch dann legte sich der fröhliche Klang eines Singvogels über den Lärm der pöbelnden Menschenmenge. Ein zweites und ein drittes Mal drang es bis zu ihr durch, bevor ihr der Boden unter den Füßen entrissen wurde. 

Einen Moment lang herrschte Dunkelheit, doch das Zwitschern des Vogels hallte seltsam in ihren Ohren. 
Als sie die Augen wieder öffnete, saß sie senkrecht in ihrem Bett. Vom Tageslicht geblendet, blinzelte sie aus dem Fenster ihres Zimmers. »Nur ein Traum...«, flüsterte sie in sich hinein und lauschte dem Gesang der Spatzen in den Baumkronen. »Nur ein Traum...«.
Hektisch wusch sie sich die Tränen aus dem Gesicht, als es an der Tür klopfte. Erst einmal, dann zweimal. Nachdem niemand zu öffnen schien, begab sie sich die knarrende Holztreppe hinunter zum Eingang, als ihre Mutter ihr zuvor kam und öffnete. 
»Madmoiselle (Mademoiselle) Dumont?«, erkundigte sich eine Männerstimme barsch.
»Madame, wenn ich bitten darf«, erwiderte sie spitz. »Was kann ich für Sie tun, Herrschaften?«
»Verzeiht die Taktlosigkeit meiner Männer, verehrte Dame«, mischte sich eine weitere Stimme ein. Sie klang kühl und berechnend.
»Sie haben ihre Talente, begleiten mich jedoch nicht wegen ihrer gewandten Art sich auszudrücken«
Sirà trat zur Tür heran und gesellte sich neben ihre Mutter, als der Schreck ihr durch die Glieder fuhr. 
Vor ihr stand ein Mann, mit schwarzer Perücke und schmalem Oberlippenbart. Dem aus ihrem Traum wie aus dem Gesicht geschnitten.
»Da ist sie ja...«, bemerkte er amüsiert und strich sich mit den Fingern über den Schnäuzer. »Ergreift sie!«

Da ist m.E. noch viel zu kürzen. Dadurch gewinnt der Text, wird prägnanter.
Die Personen- und Umgebungsbeschreibungen solltest du dir noch mal anschauen. Einiges habe ich dir oben schon aufgezeigt.
Das Ende, der Traum, gefällt mir nicht ...
Das ständige Auslassen von „sagte“ und „fragte“ ist Geschmackssache. Ich denke, „sagte“ sollte immer reichen, den Rest sollte der Text selber leisten können.

Hoffe, du kannst damit was anfangen.

Wünsche dir einen schönen Tag.

Beste Grüße,
GoMusic

 

Hallo und herzlich willkommen hierorts,

Dave A,

ich weiß nun nicht so recht, ob es ein Glück oder eher unglücklich ist, dass ich in historische Geschichten hierorts reinschau. Zweifellos hastu mit dem Namen Ludwig (Louis) XVI. - eben den König (ab 1774) genannt, der im Januar 1793 seinen Kopf verlor und allein damit schon einen Zeitrahmen gesetzt, über den man zwar nicht alles, aber doch ziemlich viel durch Zeitgenossen weiß, was aber in einem Traum i. S. einer individuellen Abarbeitung persönlich Erlebten sicherlich eher von untergeordneter Bedeutung ist. Da wäre dann ein Seelenklempner eher gefragt als irgendwelches historisches Wissen. Darum werd ich mich auf "Sprache" konzentrieren. Und da geht's dann bereits mit der wörtl. Rede los, wo die Wahl des Verbs "lechzen"

»Scheinst ganz schön was angestellt zu haben, Süße«, lechzte es aus der Nachbarzelle
mehr über den Menschen in der Nachbarzelle aussagt, als ein ganzer beschreibender Absatz es könnte! Also bleib ich dabei ... Freilich hier
»Müssen viele gewesen sein«
empfehl ich dann einen Punkt zum Abschluss der wörtl. Rede.

Dann kommt, worauf Willi schon hingewiesen hat und GoMusic auf eine unnötige Wiederhoung:

Gebannt stellte sie sich auf die Zehenspitzen und schaute aus dem kleinen Bullauge auf die Straße. ...
...
Hastig klammerte sie sich an den rostigen Eisenstäben des kleinen Fensters fest ...
Das "Bullauge" definiert sich als "wasserdicht schließendes rundes Fenster im Schiffsrumpf", wobei "wasserdicht" der wesentliche Teil des bulloogs ist, was das "kleine Fenster" sicherlich nicht ist - wird ja nicht mal verglast sein ... Und das Kerker runde Fenster hätten - darf bezweifelt werden.

Warum aber verwendet der von nebenan gerne das Verb "scheinen"

»Scheinst einige Bewunderer zu haben, wie mir scheint«, schallte es von nebenan. Es folgte ein düsteres Kichern.
Mein Lehrer auf der Realschule behauptete immer, nur die Sonne scheine, selbst der Mond leihe sich nur das Licht. Und er hat recht, dass "scheinen" in den Status des "brauchen" hineinwächst, von dem der Volksmund (ausnahmsweise mal ziemlich korrekt) erzählt, "wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen", und das
»..., wie mir scheint«
will mir wie der erste Teil eben den Infinitiv zu brauchen.
Der Duden umgeht das Problem durch Verwendung einer schlichten Vorsilbe im "erscheinen", das allemal ohne Infinitiv auskommt.

Weiter unten - wenn der "Kerkermeister" u. a. kommt, klappt es doch! Flüchtigkeit?

Hier nun

Ratlos lehnte sie sich mit ihrer Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer.
wollte ich nicht glauben, dass man mit der Stirn wie eine Leiter an eine Wand lehnen kann. Ich hab also was dazu gelernt ... Es geht auch ohne anschließenden Kopfschmerz ...

Hier nun ist ein Komma zu setzen. wel die vergleichende Konjunktion als einen vollständigen Satz einleitet

Sie gab keine Antwort und tat so[,] als würde sie ihn nicht wahrnehmen.

Hier begrenztu zwar unbewusst (wahrscheinlich, weil noch ein Nebensatz folgt), den Infinitivsatz, der aber auch am Anfang vom Hauptsatz zu trennen ist - allein darum schon, weil die Infinitivgruppe (zu entlocken) von einem Substantiv (Geständnis) abhängig ist
»Ich werde nicht versuchen[,] dir ein Geständnis zu entlocken, dafür ist es bereits zu spät«, krächzte er.

Welches Schauspiel sich am Eingang des Kerkers auch abspielte, es ließ sich ohne Probleme am anderen Ende verfolgen.
Hier würd ich das zwote "am" (eigentlich ein "an dem") durch "vom ... aus" ("von dem") ersetzen, selbst wenn die Präpositionen sich jeweils auf Positionen beziehen und dadurch ähnlich wirken. Der Vorgang an der Tür ist real, vom andern Ende des Kerkers - eigentlich ja nur vom Flur, der gleichen Ebene aus - wird das Geschehen nur beobachtet ...

Es ist doch immer das Selbe mit diesen Bordellhuren.
Pronomen wie der-, die-, dasselbe immer zusammen!

Hier nun werden die einleitenden Gänsefüßchen vergessen

Erst schlingen sie einem die Arme um den Hals und kurze Zeit später schneiden sie dir die Kehle durch, wenn sie merken, dass du nicht bezahlen kannst«, rief er hinüber ...
Und hier wieder der Schlusspunkt
Dabei wissen sie ganz genau, dass sie den Strick verdient haben«
Da musstu ab jetzt selber gucken, Flüchtigkeit trainiert man nicht ab, wenn man alles vorgekaut kriegt!

Und jetzt kommt, was der "Historik" schaden kann

... das Geräusch aneinanderprallender Schwerter, ...
also doch eher Fantasy? Schwerter? Sicherlich, gibt's die noch, aber der Adel trägt Ede des 18. Jh. und schon lange zuvor Degen statt eines kiloschweren langen Messers ... Und so viele Henker wird es auch im vorrevolutionären Frankreich nicht geben und schon gar nicht tragen sie Schwerter spazieren. Aber bevorzugt wird die Axt als Handwerkszeug genutzt ...

Auf die "uniformierten" hat schon GoMusic hingewiesen ...

Dann tauchten vier Uniformierte Soldaten auf.
alternativ kannstu ja die "Soldaten" weglassen ...

Gleich zwo Flüchtigkeiten

»Die Welt ist aus den Fugen geraten[,] Kleine, aber wem erzähle ich das, Mädchen wie du wissen das wohl am Besten[.]«

Hier verwechselstu das starke mit dem schwachen Verb "schleifen", ein Messer wird geschliffen (oder der Rekrut), aber das Opfer wird über den Boden "geschleift"!
Nachdem der Mann von den Soldaten die Treppe hinauf geschliffen worden war, richtete sich der Blick des Wärters zu ihr.
Die verbliebenen zwei Soldaten schulterten ihre Musketen ...
Offensichtlich "mousquetaire", Musketiere ... wie die Dumas'schen Helden meiner Jugend ...

Das klirren des Schlüssels....
Klirren!

... im Schloss ihrer Zelle dröhnte in ihren Ohren wie Kanonenfeuer.
Legt das Mädchen so viel wert auf Possessivpronomen? Artikel tun's auch ...

Besser Dativ "in der", statt Akkusativ

Hektisch stolperte sie rückwärts in die hinterste Ecke, wo das rostige Eisengitter in die Steinmauer mündete.

Als die Soldaten die Zelle betraten und ihr näher kamen, fasste sie all ihren Mut zusammen und warf mit allem um sich[,] was sie greifen konnte.

Der Anfang (und wenn's nur die Wortwahl beträfe) zeigt sich ein Talent, dass aber im Verlauf der Abhandlung verschütt' geht - warum bistu auf der Flucht? Keiner außer evtl. falscher Ehrgeiz ("Roman"?!) verfolgt Dich ...

Tschüss und vosichtshalber schönes Wochenende vom

Friedel

 

Hallo GoMusic,

sehr lieb von dir, dass du dir ein zweites Mal so viel Zeit genommen hast, um dich zu meinem Text zu äußern.

Kleines Bullauge, kleines Fenster: Das zweite „kleine“ kann weg, wir wissen schon, dass es klein ist.

Das mit dem Bullauge werde ich wohl besser aus dem Text nehmen, es wurde bisher von allen, die sich zu diesem Text geäußert haben (zurecht) bemängelt. Ich sehe auch ein, dass es eine eher unpassende Beschreibung für ein winziges, rundes Fenster in einem Kerker ist.

Sie lehnte sich an die Gefängnismauer und fiel ihr die Zellentür ins Auge? Klingt so, als sei das für sie überraschend. Was hat sie bei Gefängnismauern denn erwartet?

Damit hatte ich vor, ihre Orientierungslosigkeit zu vertiefen. Sie ist verwirrt und ängstlich. Nachdem sie sich zum ersten Mal in der Zelle gründlich umsieht, fällt ihr die Zelltür ins Auge und ihr Kurzschlussgedanke ist: "Tür -> Ausgang". Ich gebe zu, dass dies für den Leser durchaus zu primitiv oder gar dumm und unsinnig wirkt.

Sie gab keine Antwort und tat so als würde sie ihn nicht wahrnehmen.
Reichen würde: „Sie tat so, als würde sie ihn nicht wahrnehmen.“ Das impliziert, dass sie nicht antwortet.

Genau deshalb bin ich in diesem Forum. Solche Sachen übersehe ich noch. Danke für den Hinweis.

Verstehe ich nicht. Warum fragt sie nicht die anderen?

Berechtigte Frage. Ich habe versäumt die restlichen Insassen äußerlich zu beschreiben. Denn das abstoßendes Aussehen derselben, sollte der Grund sein, warum sich Sirà dagegen entschied Kontakt aufzunehmen.

Kerker? Ich dachte Gefängnis, wegen den Gefängnismauern. Das sind für mich verschiedene Dinge.

Ursprünglich hatte ich versucht, den ständigen Gebrauch von "Gefängnis" zu vermeiden und wollte mit "Kerker" Abwechslung schaffen.

Nicht behaupten, dass sie imponiert sind, zeig es!

Das werde ich tun, danke für den Hinweis!

Ach, jetzt gibt es sogar mehrere Etagen? So etwas gehört m.E. nach vorne.

Das ist der Moment, in dem auch ihr erst klar wird, dass das Gefängnis mehrere Etagen hat. Sollte ich das trotzdem vorher erwähnen?

Ich bekomme das Bild des Gefängnisses, des Kerkers nicht im Kopf. Sieht sie die Wendeltreppe aus ihrer Zelle?

Vorher hatte ich erwähnt, dass die Zellen lediglich von Gitterstäben, nicht von Mauern getrennt sind und sich alles, was sich am einen Ende des Kerkerkorridors abspielt, am anderen Ende verfolgen lässt. Vermutlich muss ich an dieser Stelle etwas deutlicher werden, danke.

„Braune Flüssigkeit“: Schmeckte ihm die Cola nicht?

"Speichel" wäre hier wohl angebrachter. :D

Das Klirren, des Schlüssels, ihrer Zelle, ihren Ohren. Finde ich ein wenig too mch. Vorschlag: „Das Klirren des Schlüssels im Schloss dröhnte in ihren Ohren wie Kanonenfeuer.“

Danke für den Hinweis!

Jetzt ist es schon ein Marktplatz, vorher nur ein Platz. Das gehört nach vorne.

Also verwende ich erst das Wort, das die Umgebung detailgenau, dann eines, welches sie oberflächlicher beschreibt. Ist das eine allgemeine Faustregel, die ich immer anwenden sollte?
Es könnte ja auch sein, dass der Hauptfigur erst im Nachhinein auffällt, dass der Platz neben den Hinrichtungen, auch als Marktplatz genutzt wird.

Hier auch: Zunächst war es ein Offizier, jetzt ist es ein junger Offizier, gehört nach vorne.

Hier stimme ich dir zu, macht absolut Sinn.

Die Personen- und Umgebungsbeschreibungen solltest du dir noch mal anschauen. Einiges habe ich dir oben schon aufgezeigt.

Werde ich tun, ich bedanke mich noch einmal für deine ausführliche Kritik. Es hilft mir auf jeden Fall weiter!


Liebe Grüße,

Dave

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Friedrichard,

zuerst einmal danke für deine ausführliche Kritik.

Das "Bullauge" definiert sich als "wasserdicht schließendes rundes Fenster im Schiffsrumpf", wobei "wasserdicht" der wesentliche Teil des bulloogs ist, was das "kleine Fenster" sicherlich nicht ist

Wie schon bei der Antwort für GoMusic erwähnt, habe ich nun doch sehr schnell eingesehen, dass dies der falsche Ausdruck ist. Mein Fehler, ich werde ihn ausbessern.

Mein Lehrer auf der Realschule behauptete immer, nur die Sonne scheine, selbst der Mond leihe sich nur das Licht.

Wunderbar! Ich werde es mir zu Herzen nehmen.

Ratlos lehnte sie sich mit ihrer Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer.

Besser wäre vielleicht: "Ratlos lehnte sie ihre Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer."

Hier würd ich das zwote "am" (eigentlich ein "an dem") durch "vom ... aus" ("von dem") ersetzen

Sehr richtig, danke für den Hinweis!

Da musstu ab jetzt selber gucken, Flüchtigkeit trainiert man nicht ab, wenn man alles vorgekaut kriegt!

Das werde ich tun.

Die verbliebenen zwei Soldaten schulterten ihre Musketen ...
Offensichtlich "mousquetaire", Musketiere ... wie die Dumas'schen Helden meiner Jugend ...

Die Bezeichnung "Musketiere", habe ich absichtlich vermieden. Sie mag historisch korrekt sein, aber eine Assoziation mit D’Artagnan und seinen Waffenbrüdern, wozu vermutlich die meisten Leser neigen würden, wollte ich verhindern.

also doch eher Fantasy? Schwerter? Sicherlich, gibt's die noch, aber der Adel trägt Ede des 18. Jh. und schon lange zuvor Degen statt eines kiloschweren langen Messers ... Und so viele Henker wird es auch im vorrevolutionären Frankreich nicht geben und schon gar nicht tragen sie Schwerter spazieren.

Guter Hinweis. Die historischen Fakten sind mir sehr wohl bewusst, leider habe ich versäumt, sie genau genug in die Geschichte zu integrieren. Das werde ich ausbessern.

Der Anfang (und wenn's nur die Wortwahl beträfe) zeigt sich ein Talent, dass aber im Verlauf der Abhandlung verschütt' geht - warum bistu auf der Flucht? Keiner außer evtl. falscher Ehrgeiz ("Roman"?!) verfolgt Dich ...

Ich bin mir nicht sicher, wie ich dein Fazit verstehen soll, aber ich bedanke mich trotzdem für deine ehrlichen Worte. Auf der Flucht bin ich natürlich nicht. Dies ist der erste ernst geschriebene Text meines Lebens, natürlich ist das kein Grund mich dahinter zu verstecken, aber es ist verführerisch dies zu erwähnen. Natürlich weisen meine Texte momentan noch viele Flüchtigkeiten und Mängel auf, aber ich bin hier um dies auszubügeln. Und dabei hast du mir sehr geholfen.

Liebe Grüße,

Dave

 
Zuletzt bearbeitet:

Nix zu danken,

lieber Dave,

und um mit dem Ende zu beginnen, Talent hastu - schon allein das Lechzen statt eines der üblichen Verben um die Verben "sagen" und "sprechen" zu wählen - weil es nicht nur den damit verbundenen Durst, sondern auch die Sucht nach Fleischlichem - und sei es auf die Gefangene im Nachbarkäfig - mehr waren die damaligen Zellen nicht und die acht qm heute Standard sind ja eigentlich auch nicht so dolle ...

Mit den "Bullaugen" kann ich Dir im Augenblick auch nicht weiterhelfen, denn kurios genug, ich kenn nur die Bastille - und die war eigetlich für ein "Gefängnis" eine raltieve Rentenanstalt für die wenigen Insassen zuletzt. War ja auch ursprünglich alles andere als ein Gefängnis. Vielleicht hilft da der Graf v. Mont Christo weiter ... wenn ich auch schon Dumas d. Ä. angeregt hab.

Ratlos lehnte sie sich mit ihrer Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer.
Besser wäre vielleicht: "Ratlos lehnte sie ihre Stirn an die feuchtkalten Steine der Gefängnismauer."
Vielleicht, aber bei durchschnittlichem Körpergewicht gibt's nicht mal Kopfschmerz (ich hab mal in der Experimentierküche eines MPI gearbeitet. Lange her, aber für empirische Studien für'n Hausgebrauch reicht's noch. Besonders in der Küche.

Offensichtlich "mousquetaire", Musketiere ... wie die Dumas'schen Helden meiner Jugend ...
Die Bezeichnung "Musketiere", habe ich absichtlich vermieden. Sie mag historisch korrekt sein, aber eine Assoziation mit D’Artagnan und seinen Waffenbrüdern, wozu vermutlich die meisten Leser neigen würden, wollte ich verhindern.
Man sollte den Leser nicht unterschätzen. Aber Aramis, Athos und Portos gebrauchen bestenfalls Pistolen - wie auch der vierte im Bunde, der noch gar kein "Musketier des Königs" ist und gleich Hauptmann wird ... Heldensage halt ...

Also, lass Dich nicht treiben. geh ruhig ran - lass auch mal liegen und von andern Korrekturlesen - "vorlesen" nützt der Rechtschreibung nicht die Bohne, selbst grammatische Schnitzer werden vorgelesen selten oder gar nicht entdeckt, weil das gesprochene Wort flüchtig ist, kaum ausgesprochen von der eigenen Zunge durch des anderen Ohr rein und dann wieder raus ...

Wird schon werden,

meint der

Friedel

 

Hallo Dave A,

ungefähr bis zur Hälfte der Geschichte hast du alles richtig gemacht, hast mich in den Bann gezogen und neugierig gemacht. Da konnte ich den manipulativen Anfang mit einem Dialog verzeihen, zumal die Satzgefüge elegant und geschmeidig sind. Ich wollte unbedingt wissen, was es mit dieser Sira auf sich hat. Super Spannungsaufbau.

Dann empfand ich einen Bruch. Gerade wenn man es schafft derart Erwartung zu schüren, muss man liefern, das gelingt dir leider nicht, jedenfalls bei mir nicht. Massenhinrichtungen durch den Strang unter Ludwig XVI.? Eine mysteriöse Figur, Alexandre. Alles war angerichtet für einen Knaller am Ende, der leider nicht kam. Eine fingierte Hinrichtung als Initiation für eine Art Geheimbund, na ja. Aber wozu und wofür, das fällt mir schwer, nachzuvollziehen.

Willkommen hier, ich bin gespannt auf deine weiteren Texte.

Textstellen:

um ihrer Haut etwas wärme zu spenden.
Wärme

eine Sache wusste sie ganz genau. Sie wollte nur weg von diesem Ort. So schnell es ging.
äh, kann ich verstehen, ist eigentlich selbstverständlich. :D

Sie kauerten wie Vieh in den eigenen Ausscheidungen; nebeneinander, teilweise übereinander.
übereinander? wie soll das gehen?

»Du weißt wirklich gar nichts mehr, was?«, fragte er. »Dabei hast du doch so viel mehr verdient.«
»Ich weiß eines...«, stieß sie aus. »...dass ich unschuldig bin!«
sagt jeder, interessant wäre es zu wissen, warum.

schlossen sich seiner an
das klingt sehr verquast, warum nicht schlossen sich ihm an?

»Die Tochter, die stiehlt, um die Medizin für ihren Todkranken Vater zu beschaffen.
todkrank

in die Ecke gedrängt, wie eine Raubkatze im Käfig.
abgenutzter Vergleich

ich werde auf dich warten und willkommen heißen.«
dich willkommen heißen, oder?

viele Grüße
Isegrims

 

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