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- Anmerkungen zum Text
Ich bin ein vollkommener Schreibneuling. Dieser Text ist der erste, einer geplanten (vierteiligen) Reihe. Ich will in jedem Text verschiedene Sprach- und Schreibstile, sowie Perspektiven und Erzählarten ausprobieren. Ich sehe diese Texte als Experiment (wobei sie nicht wirklich in die hier vorhandene Kategorie "Experimente" zu passen scheinen) und bin mir bewusst, dass sie wohl nicht besonders gut sein werden. Irgendwo muss ich aber anfangen und hoffe deshalb auf viel und ehrliche Kritik.
Die vier Jahreszeiten - endlich Frühling
2. Version
Tim war die meiste Zeit seines Lebens allein. Er hatte keine echten Beziehungen und nur wenige richtige Freunde. Zu selten lernte er Menschen kennen, von denen er das Gefühl hatte, sie würden ihn wirklich verstehen. Es war nicht so, dass er nicht unter Leute kam. In Tanzgruppen, Sportvereinen, Theatergruppen, im Musikverein - überall hatte er sozialen Kontakt. So richtig dazugehörig fühlte er sich jedoch nirgends. Im Laufe der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, genoss die Gesellschaft, blieb aber trotzdem sich selbst der engste Vertraute.
In einer der besagten Theatergruppen, nach einer der Aufführungen im Herbst, kam er, bei ein paar Gläsern Wein, mit der Tochter des Ton- und Lichttechnikers ins Gespräch. Sie kannten sich zwar aus einer früheren Produktion bei der sie mitgespielt hatte, aber mehr als ein paar Worte hatte man nie gewechselt. Sie diskutierten über Gott und die Welt, die Gläser leerten sich, wurden wieder gefüllt und das Gespräch wurde immer philosophischer. Tim war beeindruckt, wie weit sie, trotz ihres jugendlichen Alters, seinen Ausführungen folgen konnte, was für Fragen sie stellte und wie gut dieses junge Ding ihn zu verstehen schien. Ein schwer zu fassendes Gefühl, so etwas wie Verantwortung, begann sich in ihm zu regen und so nahm er sich insgeheim vor, ihr ein Mentor zu sein, wie er ihn sich immer gewünscht hatte. Sie freundeten sich auf Facebook an und Fiona, so hieß sie, verabschiedete sich mit einer unerwartet herzlichen Umarmung, was Tim dem Wein zuschrieb.
Sie lernten sich in hunderten von Chatnachrichten besser kennen und außergewöhnlich viele Gemeinsamkeiten, wie sie feststellten, ergänzten ein tiefes gegenseitiges Verständnis. Die Übereinstimmung betraf zunächst die Klassiker, wie ihren Musikgeschmack, die religiöse Einstellung, einen gewissen Sinn für das Schöne und ähnliches. Sie fanden mit der Zeit jedoch heraus, dass sich auch ihre Lebenseinstellungen und die meisten philosophischen Ansichten verblüffend ähnlich waren. Das ermöglichte ihnen eine tiefe Empathie, was sie auch zur gegenseitigen Beratung in allen möglichen, aktuellen Lebensfragen nutzten.
Tim studierte zu dieser Zeit Lehramt für Englisch und Physik, weshalb es ihm logisch erschien, seine "Tätigkeit" als Mentor auf seinem Fachgebiet zu beginnen. Er lud sie zu einem Film, über den man sich unterhalten hatte, ins englische Kino ein, als Versuch, ihr die wohl wichtigste Fremdsprache etwas schmackhafter zu machen. Es war ein sehr netter Abend und der Plan schien aufzugehen - Fiona war begeistert von der Erfahrung.
Sie tauschten sich weiter, beinahe täglich, aus. Dabei fiel Tim immer öfter ein gewisser romantischer Unterton auf, den er anfangs als Eigenheit jugendlichen Ausdrucks abgetan hatte. Sonst sehr kopfgesteuert, fing er nun an, sich darüber Gedanken zu machen und vorsichtig seine Gefühle zu erkunden. Da war definitiv etwas in ihm, das er schon lange nicht mehr empfunden hatte. Nach einer langen Diskussion mit sich selbst, sein Herz und sein Hirn in vollkommenem Widerspruch, beschloss er, es darauf ankommen zu lassen.
"Eine Freundin von mir hat nächste Woche ihren Abschlussball... Magst du vielleicht auch kommen?", hatte sie geschrieben.
Tim kannte jemanden aus der Abschlussklasse vom Musikverein und hatte ohnehin überlegt hinzugehen.
"Ja gerne! Das ist der Ball von meiner Bekannten, Sophie. Freue mich schon!", schickte er als Antwort.
In den Tagen bis zum Ball machten sie sich noch aus, wann und wo man sich treffen wollte.
Fiona war schon da als er ankam und stand mit ein paar Freundinnen um einen Tisch, in einem sehr hübschen, schwarzen Kleid. Sie begrüßten sich, tauschten Komplimente über die gewählte Garderobe aus und alle wurden einander vorgestellt. Tim holte eine neue Runde Getränke, bei der man sich eine Zeit lang unterhielt. Die Gruppe löste sich nach und nach auf, beide wollten die ihnen bekannten Absolventen treffen, "Wir reden später weiter!" rief Fiona ihm zu, während sie von Freundinnen weggezerrt wurde.
Tim traf viel mehr Leute die er kannte, als er erwartet hatte. Es war unmöglich, jeden davon mit ein paar Floskeln abzuspeisen. So vergingen mehr als zwei Stunden, in denen er sich geduldig, während einiger Gläser Wein, mit verschiedenen Bekannten unterhielt. In seinen Gedanken ständig present, sah er Fiona nur hin und wieder im Augenwinkel, umgeben von Freundinnen, vorbeihuschen. Als er anfing, ein ungutes Gefühl zu bekommen und er sich per Chatnachricht nach ihrem Verbleib erkundigen wollte, tauchte sie in der Menge auf. Wie eine Erscheinung schien sie geradewegs auf ihn zuzuschweben.
"Du hast dich umgezogen?"
"Ja, wir gehen schon ins Lokal, wo nach dem Ball weitergefeiert wird. Das Ballkleid ist dafür zu langweilig. Kommst du mit?"
"Das Kleid steht dir fantastisch, aber findest du nicht, dass es etwas zu gewagt ist?"
Knallrot, mit einem aufregenden Schnitt und einem schlichten Reliefmuster, sah es aus, als gehöre es eher auf eine Hollywoodgala.
"Das passt schon so.", meinte sie frech grinsend.
"Ich muss mich noch mit den Freunden besprechen, die mir angeboten haben, mich nach Hause zu bringen. Ich komm dann bald nach."
Sanft lächelnd sagte sie noch: "Okay, bis später!", und verschwand mit ihren Freundinnen in Richtung Ausgang.
Im Lokal angekommen, fand Tim sie sehr schnell - das Kleid war ja nicht zu übersehen. Fiona kam ihm, ausgelassen tanzend, entgegen und sie gingen gemeinsam an die Bar. Er war ziemlich nervös und fühlte sich irgendwie verkrampft. Um die Zunge und die Glieder noch etwas zu lockern bestellte er für sich doppelt und, das erste Glas schnell geleert, drehte sich zu ihr hin. Fiona näherte sich ihm langsam, bis ihre Körper sich berührten.
"Willst du mich nicht küssen?"
Nach einem Moment, den er brauchte um den Knoten in seinen Eingeweiden zu lösen, schaffte er es endlich, zu antworten: "Ich weiß es nicht, ich bin so verwirrt. Mein Kopf sagt nein, aber meine Gefühle sagen etwas ganz anderes."
"Denk nicht zu viel nach! Lass es einfach zu!"
Er drehte sich ein wenig von ihr weg, griff nach seinem Getränk und suchte, mit leicht verzweifeltem Blick, an der Wand hinter der Bar nach einer Antwort. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen. Man konnte in Tims Gesicht sehen, dass in ihm ein Kampf tobte.
Es fühlt sich so richtig an, aber es würde alles so kompliziert machen. Ist es das Wert? Was würden meine Freunde denken? Warum passiert so etwas gerade mir?
Einen kräftigen Schluck später wandte er sich wieder zu ihr. Innerlich zitternd, nach außen vorsichtig, aber bestimmt, umfasste er Fionas Hüfte und zog sie zu sich.
Ich muss endlich einmal etwas wagen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
Sie küssten sich leidenschaftlich und in diesen Sekunden schien die Welt um sie herum nicht zu existieren.
"Ich hab was für dich!"
Sie kramte ein pinkes Leuchtarmband aus ihrer Handtasche und legte es ihm an. Kein weiteres Wort kam über ihre Lippen, sie sah ihn einfach nur strahlend an. Trotzdem wusste er, was sie meinte: "Jetzt gehörst du mir!"
Es war Spätherbst, als es in Tims Leben endlich Frühling wurde.
Originalversion (zum Vergleich)
Tim war die längste Zeit seines Lebens allein. Er hatte keine echten Beziehungen, nur wenige richtige Freunde, zu selten lernte er Menschen kennen, von denen er das Gefühl hatte, sie würden ihn wirklich verstehen. Es war nicht so, dass er nicht unter Leute kam. In Tanzgruppen, Sportvereinen, Theatergruppen, im Musikverein - überall hatte er sozialen Kontakt. So richtig dazugehörig fühlte er sich jedoch nirgends. Im Laufe der Zeit hatte er sich daran gewöhnt, genoss die Gesellschaft, blieb aber trotzdem sich selbst der engste Vertraute.
Es war in einer der besagten Theatergruppen, nach einer der Aufführungen im Herbst, da kam er, bei ein paar Gläsern Wein, mit der Tochter des Ton- und Lichttechnikers ins Gespräch. Sie kannten sich zwar aus einer früheren Produktion bei der sie mitgespielt hatte, aber mehr als ein paar Worte hatte man nie gewechselt. Es wurde über Gott und die Welt diskutiert, die Gläser leerten sich, wurden wieder gefüllt und man erreichte gar einiges an Tiefe in dem Gespräch. Tim war beeindruckt, wie weit sie, trotz ihres jugendlichen Alters, seinen Ausführungen folgen konnte, was für Fragen sie stellte und wie gut dieses "Junge Ding" ihn zu verstehen schien. Ein schwer zu fassendes Gefühl, so etwas wie Verantwortung, begann sich in ihm zu regen und so nahm er sich insgeheim vor, ihr ein Mentor zu sein, wie er ihn sich immer gewünscht hatte. Man freundete sich auf Facebook an und Fiona, so hieß sie, verabschiedete sich mit einer unerwartet herzlichen Umarmung, was Tim dem Wein zuschrieb.
In den folgenden Wochen lernten sie sich in hunderten von Chatnachrichten besser kennen und sehr interessante Gemeinsamkeiten wurden in außergewöhnlicher Zahl festgestellt.
Tim studierte zu dieser Zeit Lehramt für Englisch und Physik, weshalb es ihm logisch erschien, seine "Tätigkeit" als Mentor auf seinem Fachgebiet zu beginnen. Er lud sie auf einen Film, über den man sich unterhalten hatte, ins englische Kino ein, als Versuch, ihr die wohl wichtigste Fremdsprache etwas schmackhafter zu machen. Es war ein sehr netter Abend und der Plan schien aufzugehen - Fiona war begeistert von der Erfahrung.
Wieder vergingen Wochen, der digitale Schriftverkehr wurde fortgeführt, wobei Tim immer öfter ein gewisser romantischer Unterton auffiel, den er anfangs als Eigenheit jugendlichen Ausdrucks abgetan hatte. Sonst sehr "kopfgesteuert", fing er nun an, sich darüber Gedanken zu machen und vorsichtig seine Gefühlen zu erkunden. Da war definitiv etwas in ihm, das er schon lange nicht mehr empfunden hatte. Nach einer langen Diskussion mit sich selbst, sein "Herz" und sein "Hirn" in vollkommenem Widerspruch, beschloss er, es darauf ankommen zu lassen.
"Eine Freundin von mir hat nächste Woche ihren Schulabschlussball... Magst du vielleicht auch kommen?", hatte sie geschrieben.
Tim kannte jemanden aus der Abschlussklasse vom Musikverein und hatte ohnehin überlegt hinzugehen.
"Ja gerne! Das ist der Ball von meiner Bekannten Sophie. Freue mich schon!", wurde als Antwort verschickt.
In den Tagen bis zum Ball machten sie sich noch aus, wann und wo man sich treffen wollte.
"Ich weiß nicht, was ich anziehen soll!? (verzweifelter Smiley)" wurde, nicht weniger ratlos, mit "Ich auch nicht! Mein einziger Anzug passt mir nicht mehr wirklich..." beantwortet.
"Du wirst schon was finden! An dir sieht doch eh alles gut aus! (zwinkernder Smiley)" ermutigten sie sich schlussendlich gegenseitig, jeweils in ihren eigenen Worten.
In einer Anzughose von seinem Bruder, dazu Hosenträger, ein weißes Hemd und eine Fliege, das Sakko sparte sich Tim - es würde im Ballsaal sowieso zu warm sein - darüber noch die dicke Jacke, machte er sich auf den Weg zum Ball.
Fiona war schon da, als er ankam und stand mit ein paar Freundinen um einen Tisch, in einem sehr hübschen, schwarzen Kleid. Sie begrüßten sich, tauschten Komplimente über die gewählte Garderobe aus und alle wurden einander vorgestellt. Tim holte eine neue Runde Getränke, bei der man sich eine Zeit lang unterhielt. Die Gruppe löste sich nach und nach auf, beide wollten ihre bekannten Absolventen treffen, "Wir reden später weiter!" rief Fiona ihm zu, während sie von Freundinnen weggezerrt wurde.
Mehr als zwei Stunden später und nach einigen Gläsern mit viel mehr Bekannten, als Tim erwartet hatte zu treffen, machte er sich auf die Suche nach ihr. Als es ihm zu viel wurde und er sich per Chatnachricht nach ihrem Verbleib erkundigen wollte, erschien sie aus der Menge. In ein anderes Kleid gehüllt, ein knallrotes, es erinnerte ein wenig an den Umschlag eines schlechten Liebesromans, schritt sie zielgerichtet auf ihn zu.
"Wir gehen schon ins Lokal, wo nach dem Ball weitergefeiert wird. Kommst du mit?"
"Wow, das Kleid steht dir fantastisch, aber findest du nicht, dass es etwas zu gewagt ist?"
"Das passt schon so!" meinte sie frech grinsend.
"Ich muss mich noch mit den Bekannten besprechen, die mir angeboten haben, mich nach Hause zu bringen. Ich komm dann bald nach."
Sanft lächelnd sagte sie noch: "Okay, bis später!", und verschwand mit ihren Freundinnen in Richtung Ausgang.
Im Lokal angekommen, fand Tim sie sehr schnell - das Kleid war ja nicht zu übersehen. Fiona kam ihm, ausgelassen tanzend, entgegen und sie gingen gemeinsam an die Bar. Er war ziemlich nervös und fühlte sich irgendwie verkrampft. Um die Zunge und die Glieder noch etwas zu lockern bestellte er für sich doppelt und, das erste Glas schnell geleert, drehte sich zu ihr hin. Fiona näherte sich ihm langsam, bis ihre Körper sich berührten.
"Willst du mich nicht küssen?"
Nach einem Moment, den er brauchte um den Knoten in seinen Eingeweiden zu lösen, schaffte er es endlich, zu antworten: "Ich weiß es nicht, ich bin so verwirrt. Mein Kopf sagt nein, aber meine Gefühle sagen etwas ganz anderes."
"Denk nicht zu viel nach! Lass es einfach zu!"
Er drehte sich ein wenig von ihr weg, griff nach seinem Getränk und suchte, mit leicht verzweifeltem Blick, an der Wand hinter der Bar nach einer Antwort. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen. Man konnte in Tims Gesicht sehen, dass in ihm ein Kampf tobte. Einen kräftigen Schluck später wandte er sich wieder zu ihr. Innerlich zitternd, nach außen vorsichtig, aber bestimmt umfasste er Fionas Hüfte und zog sie zu sich. Sie küssten sich und in diesen Sekunden schien die Welt um sie herum nicht zu existieren.
"Ich hab was für dich!"
Sie kramte ein pinkes Leuchtarmband aus ihrer Handtasche und legte es ihm an. Kein weiteres Wort kam über ihre Lippen, sie sah ihn einfach nur strahlend an. Er hörte es dennoch ganz deutlich: "Jetzt gehörst du mir!"
Es war Spätherbst, als es für Tim endlich Frühling wurde.