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Die vier Freunde
Er trank mit seinen drei besten Freunden Kaffee, dem Richter de Morcoeuil, dem Regisseur Santini und Takanato, dem Minister. Sich selbst sah er als den Wichtigsten an, er war Chirurg, spezialisiert auf intrafetale Operationen.
“Hm …”, schwärmte de Morcoeuil, “dieser bolivianische Kaffee ist ganz nach meinem Geschmack, kompromisslos authentisch in seiner Edelkeit. Er erinnert mich an Jamesons Stieftochter.”
Santini führte seine bislang unberührte Tasse an seine Nase und schnupperte dran. “Hm-m. Richard, deine Stieftochter hat mich schon immer auf die schmutzigsten Gedanken gebracht. Ein charmant-widerspenstiges Kind ist das, schon so reif für sein Alter. Sagt, meine lieben Freunde, was glaubt ihr, ist sie noch Jungfrau?”
De Morcoeuil drehte den Kopf zu Takanato, beide grinsten sich kurz an, er wandte sich wieder Santini zu: “Diese Frucht wollte ich schon immer pflücken. Ein Jammer, dass sie es schon lange nicht mehr war, als ich es hätte rausfinden können.”
Takanato hielt sich beim Kichern den Ärmel vor den Mund.
Jameson, der Chirurg, war zum Gespräch bislang distanziert geblieben. Das Gerede voller verhohlener Prahlerei langweilte ihn. Er schaute auf die Uhr und befand es an der Zeit, das Wort zu übernehmen:
“Gentlemen, ich möchte euch nun aufklären, was die geheime Zutat in diesem Kaffee war. Eben jenes Mädchen, über dessen diskutierbare Jungfernschaft ihr euch so amüsiert habt, befindet sich, wie es in der weiblichen Natur ist, einmal im Monat in einem besonderen Zustand, welchem wir die Aussonderung dieses so köstlichen Saftes verdanken, den ich dem Kaffee beigemischt habe. Ich hoffe, dieses Getränk wird uns unsere Sinne schärfen und unserer Manneskraft Jugend verleihen. Auf dass wir gemeinsam viele weitere Abenteuer bestehen werden.”
Die anderen platzten vor Lachen.
Santini nahm einen kräftigen Schluck, schlug die Tasse auf den Tisch und rief aus: “Herrlich, solch kühner Freigeist verbunden mit so viel Geschmack! Hätt ich nicht von nem Deutschen erwartet.”
“Jameson ist halt kein richtiger Deutscher”, wandte de Morcoeuil ein, “welcher Deutsche trägt so einen Namen.”
“Stimmt”, pflichtete Takanato bei, “der ist ein Viertel Ire.”
Jameson nickte. “Ja, er hat Recht. Wie auch immer, über meinen Namen und meine Abstammung hinaus besitze ich leider keine weiteren Verbindungen zu diesem gewiss nicht uninteressanten Land. Dennoch muss ich Vittorio zugestehen, dass er mich trefflichst charakterisiert hat: Meinen Ideenreichtum und meinen Geschmack habe ich nie von den Konventionen der Masse abhängig empfunden. Ich verabscheue jedes Vorurteil und habe es längst hinter mir gelassen, meine Motive und Handlungen unter dem Gesichtspunkt einer sogenannten Normalität zu überprüfen. Doch genug des Geschwätzes, heute ist ein besonderer Tag für mich. Es nähert sich der Zeitpunkt, in dem wir uns einigen herrlichen Genüssen zuwenden werden.“
Er zog eine Fernbedienung aus der Fracktasche und drückte auf einen Knopf. Ein bislang verschlossener, purpurner Samtvorhang im Hintergrund des Saales schwang auf und gab im Halbdunkel eine Silhouette frei, die aussah wie ein Mensch, der in einem Rollstuhl saß. Jameson drückte einige Knöpfe, synchron bewegte sich der Rollstuhl dazu. Mit surrendem Geräusch kam er zum Tisch angefahren, an dem die Herren saßen. Beim Heranfahren wurde die Gestalt auf dem Rollstuhl immer deutlicher zu sehen.
"Voila, meine Herren", verkündete Jameson, "heißen Sie Madame Clochard in unserer vornehmen Runde willkommen!"
Die Frau auf dem Rollstuhl war in Folie eingewickelt, man konnte nicht übersehen, dass sie jeglicher ihrer Gliedmaßen amputiert war. Über ihrem Mund war Klebeband, so dass sie nur gedämpfte Laute von sich geben konnte.
Takanato kicherte, Santini schlug die Hände zusammen. DeMorcoeuil fasste sich an den Kopf. Er zeigte mit dem Finger auf die Frau, blickte Jameson mit aufgerissenen Augen an, dann wieder die Frau.
"Das kann doch nicht wahr sein! Anne! Mon Dieu! Was in aller Welt!"
Jameson zeigte keine Regung im Gesicht.
"Ich fass es nicht", rief DeMorcoeuil, "diese Fotze leitete 2005 die internen Ermittlungen! Sie hat mich fast drangekriegt mit ihrer Schnüffelei! Welch glorreicher Tag für mich. Welch glorreicher Tag. Richard, Bruder, mein ganzes Leben steht in deiner Schuld."
Jameson nickte sanft, stand auf und stellte sich neben die Frau im Rollstuhl.
"Gentleman, wollen wir dieses bezaubernde Geschenk aufmachen?" Jameson zückte eine Schere, deren Anblick Entsetzen im Gesicht der Frau auslöste. Er schnitt einen Teil der Folie, in der sie eingewickelt war, durch und löste den Rest von ihr.
"Bestaunt nun das Meisterstück plastischer Operationstechnik." Jameson fuhr den Rollstuhl ganz nah am Tisch einmal um ihn herum, damit jeder der Freunde sein Werk genau bestaunen konnte.
"Wie ihr seht, habe ich in jeden der Amputationsstümpfe eine Exquisität eintransplantiert. Beachte, wie schön das Fremdgewebe sich in den Körper eingegliedert hat und vollkommen dessen teilgeworden ist: lebendig, gesund und frisch."
Santini blieb die Spucke weg. "Eine Frau mit drei Vaginas und drei Anussen!"
"Und sie kann von allen Seiten genommen werden!", fügte Takanato ehrfürchtig hinzu.
"Mehr noch, liebe Freunde", warf Jameson ein, "wir haben es mit einem Konstrukt aus Körperteilen unserer ärgsten Feinde zu tun. Yoshi, wie sehr hat dich der Interpol-Inspektor Arthur Clyde geplagt. Nun serviere ich dir sein Arschloch auf dem rechten Armstumpf von Francois' Erzfeindin. Oder wie stand es mit der Journalistin Bernadine Duchess, die dich, Vittorio, der Vergewaltigung beschuldigt hat. Muschi und Arschloch sind nun beides ganz dein, hier und da gegenüber."
Santini leckte sich die Lippen.
DeMorcoeuil blickte Jameson an: "Es bleibt noch eine Fotze übrig. Ich denke, diese wird mit dir zu tun haben?"
"Die", Jamesons Gesicht strahlte vor Glückseligkeit, als er auf den linken Armstumpf deutete, "gehörte meiner Mutter, möge sie in Frieden ruhen."
Ohne lange Verzögerung wurde die Orgie im benachbarten Saal eingeleitet. Dieser war nach außen schalldicht und erlaubte es, das Klebeband über Madame Clochards Mund zu entfernen, damit man ihre bittersüßen Schreie hallen lassen konnte. Keine drei Stunden der ursprünglich eingeplanten vier Tage vergingen, bis die vornehmen Herren nicht zuletzt dank ihrer Abgestumpftheit ihrer fürchterlichen Handlungen so überdrüssig wurden, dass sie sich voneinander verabschiedeten, um wieder ihren alltäglichen Beschäftigungen nachzugehen. Anne Clochards restliches Schicksal ereilte sie auf eine Art und Weise, wie es zwanzig Frauen und Mädchen widerfuhr, die dem unverschämt wohlhabenden und einflussreichen Kreis der vier Freunde monatlich geliefert wurden.