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Die Versammlung (1)
Ein lauter Ausruf lies jeden im Raum sofort verstummen. „Ruhe, sei nicht so laut, was ist wenn man uns hört?“. Die Worte kamen von einem älteren Zwerg mit einem langen geflochtenem Bart, in dem sich bereits die ersten Grautöne bildeten. Als erstes fiel dessen lange Narbe auf, welche quer über sein von Furchen übersätes Gesicht verlief. „Ja entschuldige, aber das kann nicht sein, so dürfen wir uns nicht entscheiden!“ antwortete der Mann neben ihm. Es war ein grossgewachsener Nachtelb neben dem der Zwerg noch kleiner erschien, als er ohnehin schon war. Im Gegensatz diesem wirkte er durch das Gespräch entnervt und erhitzt. Sein genaues Alter war schwer einzuschätzen jedoch musste er noch sehr jung sein. Das Gesicht des Nachtelben war bereits von vielen Strapazen geprägt, sein langes schwarzes Haar hingegen noch unberührt von Alter und Witterung. Er war der Anführer der Elben, welche sich in der Schenke versammelt hatten.
Der Zwerg ergriff nun wieder das Wort: „Melron! Was sollen wir sonst tun? Einfach mit unseren verbliebenen Truppen direkt nach Ragn’ûl marschieren und die Wal‘rak zu einer Schlacht zwingen? Du weisst, dass wir nicht den Hauch einer Chance hätten solange Kyron und seine Druiden nicht mit uns ziehen“. Zustimmendes Gemurmel kam aus den Reihen der Zwergenältesten. Es hatte keinen Sinn, der Rat hatte entschieden. Das merkte nun auch Melron. Wenn sie sich nicht endlich zur Wehr setzten, würde es bald unmöglich sein ihre Familien zu retten. In Gedanken schweifte er zu dem Zeitpunkt vor 128 Jahren zurück, als das Übel begonnen hat.
Damals lebten die Elben und die Zwerge in einem brüchigen Frieden miteinander. Die verschiedenen Clans der Zwerge waren grösstenteils untereinander verfeindet und es kam öfters zu kleineren Scharmützeln. Die beiden Elbenvölker, die Nachtelben im Norden und die Wal’rak Elben des Westens, hatten bis auf Ihre Götter nicht viel gemeinsam. Die Wal’rak lebten zurückgezogen in Ihren Hütten in den Wäldern, wo sie sich mithilfe von Zaubern verborgen hielten und den Kontakt zur Aussenwelt so gut als möglich meideten.
Die Nachtelben hingegen lebten in den Nördlichen Gebirgslanden der grossen Gebirgskette Weluand. Sie wohnten in mehreren Städten, die tief in den Berg gehauen und durch gigantische Tunnelkomplexe miteinander verbunden waren. Diese hatten Ihre Vorfahren nach einem grossen Krieg von den Zwergen erobert. Oft liessen sich die Nachtelben zu Bündnissen mit den einzelnen Zwergenclans ein, um deren Gegner zu bekämpfen, was dem Frieden nicht sehr dienlich war.
In dieser Zeit fand ein junger Wal’rak namens Aron eine Halskette, welche ihm ermöglichte die natürlichen Grenzen der Magie, welche die Natur erschaffen hatte, um ein weites zu übertreffen. Anfangs setze er seine neu gewonnen Kräfte für die Heilung ein und wurde ein bekannter Wanderheiler. Durch all den Schmerz und all das Leid, welches er auf Schlachtfeldern sah, begann sich sein Herz zusehends zu verhärten. Als er an einem Schicksalshaften Tag seine Kinder und seine Frau tot und verstümmelt vorfand, schwor er sich Rache an denen zu nehmen, welche dafür verantwortlich waren. Die Täter, einen umherwandernden Zwergenclan, hatte er schnell gefunden. In der darauffolgenden Nacht schlachtete er alleine den ganzen Clan ab, Männer, Frauen, Kinder nichts entging seinem Zorn. Trunken von der Macht, die das Morden in ihm hervorrief, scharrte er eine Armee von dunklen Kreaturen um sich, welche sich im verborgenen gehalten hatten. Mit dieser überzog er das Land mit Feuer und Tod. Die Männer tötete oder versklavte er, die Frauen und Kinder sperrte er in Verliesse. Die Wal’rak schlossen sich ihm ebenfalls, nachdem sie in ihm einen der Ihren erkannten, an. Und so war die Aussicht auf einen Sieg der nun vereinten Nachtelben und Zwergen Armee beinahe unmöglich. Die überlebenden flohen und versteckten sich.
Melron schreckte aus seinen Gedanken auf als er ein räuspern vernahm. Er bemerkte, dass ihn alle erwartungsvoll ansahen. Verlegen wandte er sich an den Zwerg: „Nun denn, Rodin, dann verkriechen wir uns wieder die nächsten 50 Jahre in unseren Höhlen und warten ab dass sie uns finden und auslöschen.“ Eine bedrückende Stille breitete sich wieder in der Schenke aus. Es war eine düstere Spelunke, in die sich etwa zwanzig Nachtelben und ebenso viele Zwerge des südlichen Taurongebirges gedrängt hatten. Die beiden Freunde sahen sich lange an. Rodin war wieder der erste, der die Stille durchbrach: „Es tut mir leid Melron, aber momentan hat sich die Versammlung gegen einen direkten Angriff entschieden. Bitte teile diese Entscheidung eurem König mit.“
„Was habt Ihr gesehen? Wo sind sie?“, fragte Aron. Der Seher, der vor dem Visionsbrunnen stand zögerte einen Augenblick mit seiner Antwort. Er wusste dass er seine nächsten Worte mit Bedacht wählen musste wenn er nicht so wie sein Vorgänger enden wollte. „Sie befinden sich in einer Schenke. Etwa vierzig Elben und Gr‘atûn mein Herr. Die beiden Verschwörer Rodin und der Gesandte des Elbenkönigs, Melron“. Das waren seine letzten Worte, den Aron löschte sein Leben mit einer einzigen Handbewegung aus. Wütend wandte er sich seinem besten Attentäter zu:“ Arkantor du weisst was zu tun ist!“. Mit einem Kopfnicken verschwand die Kapuzengestalt im Schatten. Er würde sie finden und auslöschen. Die Rebellen hatten das letzte Mal einen Fehler begangen.