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Die Verlassene

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04.02.2015
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Die Verlassene

Ich blickte hinab in die Tiefe, der Wind zerzauste mein lockiges Haar. Ich war allein in der rettenden Höhe, weit weg von all jenen, die mir böses wollten und zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich sicher. Von hier oben konnte ich all die schrecklichen Orte sehen, zu denen ich nie wieder zurückkehren wollte, an denen so viel Schlimmes passiert war. Die Luft hier war eisig, doch durch den Schmerz der Kälte fühlte ich mich endlich wieder lebendig, denn sonst war es, als hätte jemand anderes mein Leben gelebt und ich hätte nur den Verlust und all die anderen Gefühle des Lebenden gespürt. Meine Erinnerungen waren schwach und der Traum verschwamm mit der Realität, der Wahrheit. Doch was war die Wahrheit, was waren Lügen? Ich wusste es nicht, es war mir egal. Mein Leben war nichts mehr wert, ich hatte alles verloren und konnte nicht mehr gewinnen. Es war aus, das wusste ich.
Tränen liefen mir über die Wangen als meine Gedanken zu Brian wanderten, dem Jungen, den ich so unendlich liebte. Dem Jungen, dem ich mein zartes Herz geschenkt hatte. Doch Brian hatte nicht genug aufgepasst, er hatte mein Herz nicht beschützt. Dabei war ich mir so sicher, dass er es konnte, wenn er nur wollte. Aber er wollte nicht, er hatte es weg geworfen und dafür das Herz einer anderen genommen: Sarah. Er vergötterte sie und beachtete mich gar nicht mehr. Ihm war es egal, was mit mir geschah und Sarah, meine beste Freundin, hatte mich im Stich gelassen. Ein Schluchzen drang aus meiner Kehle und die Tränen hinterließen eine feuchte Spur auf meinem Gesicht. Wie ich diese beiden hasste, doch die Enttäuschung über ihr Hintergehen war noch größer. Seit dem vertraute ich niemandem mehr, denn sie beide hatten mich verlassen.
Genau wie meine Mutter. Auch sie ließ mich allein, weil sie mich nicht liebte… Sie ließ mich bei meinem Vater, der nie da war, keiner wusste wo er sich herum trieb und was er tat. Meine Mutter war geflohen, weil sie es mit mir nicht mehr aushielt, ich war wahnsinnig, meinte sie. Doch das war ich nicht, ich konnte nur nicht mehr klar denken, weil Träume so real und die Realität so falsch wurden. Keine Erklärungen konnten sie aufhalten, sie ging wortlos davon.
Ich hatte keine Eltern, keine Freunde und es interessierte niemanden, wie es mir ging. Deswegen musste ich weg und kam hierher. Nach oben, um auf sie alle herabblicken zu können. Meine Seele fühlte sich leer an und manchmal, wenn ich genug geweint hatte, spürte ich nichts mehr, gar nichts. Das war der Zeitpunkt, an dem ich merkte, dass ich ganz allein war und niemanden mehr hatte, der auch nur einen Gedanken an mich verschwendete. Ich war ein Nichts, ein dummes, unnützes Nichts, an das sich schon jetzt niemand mehr erinnerte. Mit einem Mal fühlte sich mein Körper ganz leicht an, als könnte ich fliegen und ich trat an den Rand des Abgrundes. Die Vögel sahen aus als riefen sie: „Komm mit uns! Bei uns kann dir nichts mehr passieren!“ Ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht, sie hatten recht, mir konnte nichts mehr passieren. Ich breitete die Arme aus, trat noch näher an die Kannte und sprang. Ich schlug mit den Armen wie ein Vogel und flog überglücklich in die Tiefe. Jetzt war ich erlöst, ich war frei. Es wurde immer heller um mich herum und ich fühlte, wie eine sonderbare Kraft mich nach oben zog, immer näher zum Himmel.

 

Ich war allein in der rettenden Höhe, weit weg von all jenen, die mir böses wollten und zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich sicher.

Den Satz kannst du getrost teilen.
"Ich war allein in der rettenden Höhe, weit weg von all jenen, die mir böses wollten. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich sicher."

Zweitens: Weg von wem?

Von hier oben konnte ich all die schrecklichen Orte sehen, zu denen ich nie wieder zurückkehren wollte, an denen so viel Schlimmes passiert war.

Zum Beispiel?

***

Ah, dann geht es los.

Doch Brian hatte nicht genug aufgepasst, er hatte mein Herz nicht beschützt. Dabei war ich mir so sicher, dass er es konnte, wenn er nur wollte. Aber er wollte nicht, er hatte es weg geworfen (...)

Na, offensichtlich hat er es doch beschützt und wollte es dann nicht mehr.

und dafür das Herz einer anderen genommen: Sarah.

Ich bin ja voll und ganz für bildliche Darstellung, aber irgendwie schießen mir da Bilder in den Kopf, dass die den ganzen Tag durch die Stadt rennen und Schweineherzen untereinander austauschen. An deiner Stelle würde ich an dieser Stelle eine andere Allegorie dafür suchen.

Wie ich diese beiden hasste, doch die Enttäuschung über ihr Hintergehen war noch größer.

"So sehr ich die beiden auch hasste, die Enttäuschung über ihr Hintergehen war größer" klingt mMn besser.

Seit dem vertraute ich niemandem mehr, denn sie beide hatten mich verlassen.

Alle zwei! Gab es da nur die paar Männlein?

Sie ließ mich bei meinem Vater, der nie da war, keiner wusste wo er sich herum trieb und was er tat

Was? Sie ließ ihn bei jemanden, der nicht da war? Also hat sie sie praktisch alleine gelassen.

Meine Mutter war geflohen, weil sie es mit mir nicht mehr aushielt, ich war wahnsinnig, meinte sie.

Nee. Der Satz klingt schräg.
"Meine Mutter war geflohen, weil sie es mit mir nicht mehr aushielt. Sie meinte, ich wäre wahnsinnig." wäre meine Idee.

Doch das war ich nicht, ich konnte nur nicht mehr klar denken, weil Träume so real und die Realität so falsch wurden.

Ausrufezeichen nach "Doch das war ich nicht!". so klingt es entschlossener und nicht so beiläufig.

Keine Erklärungen konnten sie aufhalten, sie ging wortlos davon.

Nein, ging sie nicht. Sie hat sich erklärt, also war ihr davongehen nicht wortlos.

Der letzte Absatz ist in Ordnung.

Ich verstehe, worauf du hinaus willst. Das Mädchen kennt nur Extreme und hat einen Selbstmordgedanken, den sie am Ende umsetzt oder auch nicht, weil ihre Träume ja Realität werden ping pang pong.

Die Umsetzung hat mir leider nicht besonders gut gefallen. Ihr Todeswunsch kommt so beiläufig und banal rüber, dass ich nur von einem übereifrigen Teenager ausgehen kann, der in letzter Zeit mit Linkin Park beschallt wurde und mit Justin Bieber reden musste.

Das "Keinen Weg zurück" ist nicht eindringlich genug, da mir beim drüberlesen etliche Ideen eingefallen sind, wie sie ihre eigene Situation bessern könnte, daher wäre mein Rat an dich: Ausführlicher! An vielen Stellen habe ich mich gefragt "Was? Wieso? Wer? Warum?" und eigentlich ist das etwas gutes, wenn man einen Mystery-Roman liest. Das ist aber keiner, daher wäre etwas mehr Offenheit dem Leser gegenüber wünschenswert.

Die gute Frau hat im übrigen die Persönlichkeit einer Erbse. Alles was sie tut ist jammern und das reißt inzwischen keinen mehr vom Hocker.

Wenn das jetzt zu grob klingen sollte, entschuldige ich mich mal direkt - es ist garantiert nicht boswillig gemeint, aber Baustellen spricht man am besten offen an. :)

 

Hallo Alicia,

Das war ja schon sehr viel und sehr präzise Kritik von NWZed, da hab ich nicht viel hinzuzufügen. Was ich allerdings sagen möchte und bei der Kritik von NWZed vermisse. Es ist sehr schön geschrieben. Ich liebe diesen schier unendlichen Wortfluss von einem Gedanken zum anderen. Mir gefällt die Sprachmelodie, die Beschreibungen. Gratuliere

LG
BRM

 

Hallo NWZde,

Danke für diese ausführliche Antwort. Du hast recht, eine starke Persönlichkeit hat sie nicht und den Todeswunsch konnte man noch stärker ausbauen/verdeutlichen.
Deine Tipps sind sehr hilfreich :)
LG Alicia

 

Hallo,

ich muss sagen, das ist schon derbe schmalzig. Vögel die rufen: Komm, spring, et wird alles jut! Naja. Suizidtexte sind oft, sehr oft die ersten Texte eines Autoren. Suizid scheint da prädestiniert für zu sein. Es ist sehr schwer, ernst und gut über ein so gewichtiges Thema zu schreiben. Wo fange ich an?

Deine Sprache ist unfassbar voll. Adjektive, viel zu viele. Stell dir vor, du beschreibst ein Gefühl. Du beschreibst Melancholie, ohne das Wort zu benutzen. Das fehlt deinem Text. Das Zeigen. Du beschreibst alles. Der Leser bekommt alles serviert. Nichts bleibt der eigenen Vorstellungskraft überlassen.

NW Zed hat dir einen sehr guten und ausführlichen Kommentar dagelassen, der alles sagt. Ich wollte dich nur noch auf diese überladene Sprache hinweisen.

Gruss, Jimmy

 

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