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Die verdammten Bullen

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04.10.2006
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Die verdammten Bullen

Gatter strauchelte. Schwerfällig versuchte er, sich zu fangen, aber Erschöpfung und sein durch den Unfall geschröpfter Orientierungssinn machten ihm einen Strich durch die Rechnung. Ächzend fiel er hin und prallte mit dem Gesicht voran auf den von klammem Laub bedeckten Waldboden. Der Reflex, den Sturz mit den Händen abzufangen, war da gewesen, aber nicht die Kraft, ihn zu realisieren.

Keuchend blieb Gatter liegen, der Rucksack war ihm in den Nacken gerutscht und drückte sein Gesicht mit seinem hundertzwanzigtausend Euro schweren Gewicht in den modrigen Waldboden. In Gatters Ohren heulte es, die Sirenen verfolgten ihn nun bereits, seitdem Menninghaus den Wagen mit sechzig Sachen vor einen Baum gesetzt hatte. Er war sich nicht sicher, konnte sich nicht sicher sein, ob es sich um echte Sirenen handelte oder um etwas, das ihm sein wenigstens mittelschwer erschüttertes Hirn vorgaukelte. Die Kühle des vom Regen durchweichten Laubes tat gut. Das Gefühl der Atemlosigkeit, das ihn seit dem Überfall auf die Raiffeisenbank in Neuwied nicht mehr losgelassen hatte, versickerte in klammen Moder des Unterholzes.

Die Raiffeisenbank. Alles war so gelaufen, genau wie Menninghaus es geplant hatte. Rein, Waffen raus, einem gesund aussehenden Kunden (man wollte schließlich nicht, dass einem da jemand wegstarb) sofort aufs Maul geben, damit war die Sache klar gewesen. Keine Mätzchen, Geld her. Und dann nichts wie weg.

Menninghaus war auf die A61 gefahren. Gatter hatte sich nichts dabei gedacht. Hauptsache, man kam voran. In Neuwied hatte sich Menninghaus fast schon auffällig straßenverkehrsordnungskonform verhalten, und als ihnen die verdammten Bullen mit johlenden Sirenen und hektisch flackernden Lichtern entgegengebraust kamen, hatte Gatter alles an Selbstbeherrschung aufbieten müssen, sich nicht in embryonaler Haltung auf dem Beifahrersitz zusammenzukrampfen. Durch den bleischweren Knoten in seinen Eingeweiden hatte Gatter erst bemerkt, dass auch Menninghaus kein Kaltblut war, als sich dessen Anspannung bei hundertvierzig Sachen in einen Monolog ohne Punkt und Komma auflöste.

In missbilligender Erinnerung drehte sich Gatter schnaubend zur Seite und sammelte seine Kräfte. Mein Gott, was hatte sich Menninghaus für einen Kram zusammengefaselt. Angefangen hatte es mit einer Informationsviertelstunde über den Sozialreformer Raiffeisen, einen Mann mit doppeltem Vornamen, der Gatter inzwischen entfallen war und dessen Bank sie gerade ausgeräumt hatten. Und danach: die Eifel. Eifel, das war für Gatter bislang nur eine Richtung gewesen, eine, von der er nicht einmal wusste, wo sie genau lag. Wie Olpe. Menninghaus aber stammte aus einem Kaff mitten im Deutsch-Belgischen Nationalpark, Dreiborn oder so ähnlich. Damit nicht genug, seine Heimatverbundenheit trug offenbar enzyklopädische Züge. Menninghaus begann, ihn mit geologischen, topographischen und völkerkundlichen Bonmots über „seine“ Eifel zu traktieren, die Gatter nach bestem Können zum einen Ohr herein- und zum anderen hinausventiliert hatte.

Als Menninghaus wie selbstverständlich bei Weilerswist auf die A1 abbog, schwante Gatter etwas. Seine Anmerkung, so komme man aber nicht nach Holland, quittierte Menninghaus mit einem opaken Lächeln und dem nicht minder diffusen Hinweis, er habe da etwas vorbereitet, Gatter solle sich mal keine Gedanken machen. Gatter machte sich Gedanken. Jetzt erst recht.

Das letzte Licht schwand, als Menninghaus schließlich von der Autobahn abfuhr. Gatter war hingebungsvoller Stadtmensch, das merkte er jetzt. Die straßenlaternenlose Dunkelheit ließ ihn schaudern. Es war wie eine Fahrt durch die Tiefsee, außerhalb des Wagens, den Menninghaus tollkühn durch sich scheinbar ziellos dahinwindende, finster umwaldete und regennasse Landstraßen steuerte, weste das Nichts.

Dazu kam das unablässige Geplapper. Mit vorgeschobenem Unterkiefer blickte Gatter zu dem schnatternden Etwas hinter dem Steuer hinüber. Dann auf das Autoradio. Wieder zu Menninghaus. Blablabla, Hohes Venn, Monschau, weiß der Teufel was alles, es sprudelte nur so. Gatter konnte nicht mehr. Er schaltete das Radio ein. Es lief ein Oldie, jemand besang seinen eindringlichen Wunsch nach einem Hammer. Menninghaus hielt inne, legte die Stirn in Falten, schaltete es wieder aus. Gatter knipste es umgehend wieder an, diesmal lauter. Nun befand sich auch Menninghaus’ Unterkiefer im Vorwärtsgang. Mit energischer Geste schaltete er das Gerät erneut aus. Gatter machte dies mit so viel Schwung rückgängig, dass er befürchtete, er habe sich die Schulter ausgekugelt. Menninghaus signalisierte per Seitenblick, dass er dies nicht guthieß und schaltete das Radio aus. Einen Augenblick lang war alles still. Dann machte die Straße einen Knick. Der Wagen fuhr geradeaus.

Die Erinnerung an den Aufprall brachte Gatter ruckartig auf die Füße. Sein Gehirn hatte sich noch nicht die Mühe gemacht, zu rekonstruieren, was eigentlich passiert war. Im Grunde war es auch egal. Menninghaus konnte jetzt nicht mehr reden. Als Gatter aus der ersten Benommenheit wieder zu sich gekommen war, hatte er zunächst das Radio eingeschaltet, das war das erste gewesen, das ihm eingefallen war. Aber es ging nicht. Dann sah er, warum. Der Motor des Wagens und Menninghaus teilten sich den Fahrersitz. Es bestand kein Zweifel daran, dass er tot war. Es dauerte allerdings eine Weile, bis Gatter sich halbwegs sicher war, dass er selber noch lebte. Er versuchte, die Beifahrertür zu öffnen, aber die war nicht mehr da. Trotzdem kam er nicht aus dem Wagen. Irgendwann merkte er, dass er noch angeschnallt war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits das Heulen der Sirenen im Ohr. Verdammte Bullen. Irgendwie war er aus dem Wagen gekommen, irgendwie hatte er daran gedacht, den Rucksack mit der Beute an sich zu nehmen, war irgendwohin losgelaufen. Mit pochendem Schädel, brennender Kehle, stechendem Brustkorb.

Gatter atmete tief durch und setzte sich wieder in Bewegung. Vielleicht, dachte er, vielleicht ist es ja gut, dass ich nicht weiß, was ich tue. Dadurch bin ich nicht berechenbar. Dann dachte er: Idiot. Er trottete weiter, ließ sich von nass herabhängenden Ästen ohrfeigen, taumelte ziellos im halbgaren Licht des dreiviertelleeren Mondes ins eifelanische Unterholz.

Irgendwann trat er plötzlich aus dem Wald heraus und stand vor einem Zaun. Zivilisation, dachte er matt und handelte sich einen heftigen Stromschlag ein, als er gedankenverloren seine Hände um den blanken Draht des Weidezaunes legte. Nachdem er sich davon erholt hatte, sah er, dass am anderen Ende der Wiese, die von dem Zaun eingefasst war, ein hölzerner Verschlag stand, vermutlich vorgesehen für die Unterbringung von Futtervorräten und der verdammten Batterie, die ihm zwei taube Arme und einen unsicher galoppierenden Herzschlag eingebracht hatte. Ein Versteck, wenigstens für ein paar Stunden. Umständlich befreite er sich von seinem Rucksack und warf ihn ungelenk über den Zaun. Dann legte er sich auf den Boden und robbte unter dem bedrohlich niedrig hängenden, untersten Draht des Zaunes hindurch, tatsächlich, ohne erneut elektrokutiert zu werden.

Scheiße, dachte Gatter, als er in etwas Feuchtkaltes griff, das sich bei näherer Betrachtung als genau das herausstellte. Er hatte kurz das Gefühl, dass der Boden bebte. Rhythmisch. Menninghaus hatte etwas von Vulkanen erzählt, aber das konnte es ja wohl nicht sein. Keuchend kämpfte sich Gatter auf die Beine. Er hörte ein Schnauben, das er für sein eigenes hielt, ein Trommeln, das er als seinen Herzschlag fehlinterpretierte. Über allem jaulten heiser die Sirenen. Als er hinterrücks von einer wütend herantrabenden Tonne Lebendgewicht gerammt und durch die Luft geschleudert wurde, fuhr ihm ein abstruser letzter Gedanke durch den Kopf: Jetzt hatten ihn die verdammten Bullen doch erwischt.

Womit er gewissermaßen nicht ganz falsch lag.

 

Hallo Bruder vom Weber!

Ein Problem habe ich mit der Geschichte: Sie labert mich in Grund und Boden. Also eigentlich fand ich sie ganz witzig, aber die vielen ausschweifenden Nichtigkeiten Menninghaus' brachten mich einerseits in Hektik und ergeben andererseits keine tragende Substanz für die Geschichte.
Kann man den Text als Pointengeschichte bezeichnen? Egal, aber der Schluss hat es dann gerade noch herausgerissen. Trotzdem, ohne den Quatschkopf bleibt nicht viel Geschichte und der Quatschkopf selbst gibt nicht viel zur Geschichte.
das Spielchen mit dem Autoradio finde ich leider auch nicht besonders lustig; es wirkt kindisch, aber auf unlustige Weise. Da könnte man doch wenigstens noch ein kleines Wortgefecht einbauen, oder eine echte Absurdität. Ein Unfall lässt sich doch bestimmt spaßiger herbeiführen.

Bei dem Abschnitt mit der straßenlaternenlosen Dunkelheit hatte ich das Gefühl, es sei stockfinster, doch nachdem weiter unten der dreiviertel Vollmond erwähnt wird, wirkt das Bild auf mich schief.

Scheiße, dachte Gatter, als er in etwas Feuchtkaltes griff, das sich bei näherer Betrachtung als genau das herausstellte.
:D


Patam, patam, patam.
streichen. Das verrät zu viel.

Tut mir leid, dass ich jetzt eher einen Verriss hinterlasse.
Herzliche Grüße
Georg

 

Moin brudervomweber,


Ich hab die Geschichte komplett andersrum empfunden, als mein Vorredner. Die Schlusspointe (das Wortspiel mit den Bullen) fand ich leider bemerkenswert schwach, alles davor aber mehr als gelungen.

Wunderbarer, trockener Humor mit einigen wirklich famosen Redewendungen, dazu im Mittelteil viel Gerede um nichts - also genau mein Ding. Vor allem der Anfang hat mir sehr gefallen, weil du deinen Charakter (und den Leser) in eine hektische Situation wirfst und diese nach und nach aufklärst.
Ich bin ja eigentlich ein großer Fan von Dialogen, weil sie meiner Meinung nach einem humorvollen Text viel Leben einhauchen können, aber hier hat es echt keine gebraucht.

Ein paar Absätze könntest du noch reinfummeln. Und wenn du dann noch ne schönere Pointe bastelst, passt da wirklich alles.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, die Herren,

Danke erstmal für die divergente Lektüre.

@Schrei Bär:

Ein Problem habe ich mit der Geschichte: Sie labert mich in Grund und Boden.

Dein Problem, meine Absicht. Nicht dich persönlich in Grund und Boden zu labern, aber eben nicht den nüchternen, spannungsbetonten Tonfall einer atemlosen Kriminalerzählung zu etablieren, sondern zu labern. Kann man mögen, muss man aber nicht. Glaub mir immerhin, es war viel Arbeit, das Gelaber so hinzukriegen.

Kann man den Text als Pointengeschichte bezeichnen?

Ohne weiteres. Am Anfang war die Pointe, dann kam der Rest dazu. Den ich aber eigentlich wichtiger finde. Man muss die Geschichte also nicht als Pointengeschichte bezeichnen. Aber zugegeben, ich gehe darin nicht den Geheimnissen unserer Existenz auf den Grund.

Das Spielchen mit dem Autoradio finde ich leider auch nicht besonders lustig.

Ja, leider. Ich finde es immer noch lustig, und dass ich kein Wortgefecht geschrieben habe, liegt daran, dass dieser Absatz dann völlig aus dem restlichen Erzählstil herausgefallen wäre - ausschließlich indirekte Rede oder wenigstens Rede ohne "". Und natürlich ist es albern, sollte es auch sein. Dass das bei dir nicht gezündet hat, schade.

Ein Unfall lässt sich doch bestimmt spaßiger herbeiführen.

Das finde ich lustig! :D

Bei dem Abschnitt mit der straßenlaternenlosen Dunkelheit hatte ich das Gefühl, es sei stockfinster, doch nachdem weiter unten der dreiviertel Vollmond erwähnt wird, wirkt das Bild auf mich schief.

Holla, konzentriert gelesen! Okay, erwischt, ich habe das inzwischen plausibilisiert.

Patam, patam, patam.
streichen. Das verrät zu viel.

Kurioserweise habe ich das in einer Laune kurz vor dem Posting erst reingeschrieben. Weshalb mir das Herz nicht blutete, als ich es kurzerhand entfernt habe.

Tut mir leid, dass ich jetzt eher einen Verriss hinterlasse.

Das muss es nicht. Schreibst du halt das nächste Mal keinen. ;) Nein, danke für deine Meinung, wenn ich meine Schreibe nicht mögen würde, dann aus den Gründen, die du angeführt hast. Nachvollziehbar und berechtigt.

@gnoebel:

Ich hab die Geschichte komplett andersrum empfunden, als mein Vorredner.

Na also, geht doch!

Die Schlusspointe (das Wortspiel mit den Bullen) fand ich leider bemerkenswert schwach, alles davor aber mehr als gelungen.

Naja, immerhin bemerkenswert schwach. Warum übrigens? Weil bereits im zweiten Satz das Ende klar war? Oder nach der Hälfte? Oder weil die Erwartungshaltung zu hochgekitzelt wurde? Mit Bullen und Pointen hab ich es ja nicht so, da haben ja schon alle beim Schönsten Geräusch der Welt geschimpft. Erklären Sie sich!?

Wunderbarer, trockener Humor mit einigen wirklich famosen Redewendungen, dazu im Mittelteil viel Gerede um nichts - also genau mein Ding.

Nein, mein Ding! Such dir dein eigenes! :p

Vor allem der Anfang hat mir sehr gefallen, weil du deinen Charakter (und den Leser) in eine hektische Situation wirfst und diese nach und nach aufklärst.

Das finde ich auch schön gelungen. Das verleiht dem Text doch einen winzigen Hauch Anspruch, finde ich.

Ich bin ja eigentlich ein großer Fan von Dialogen, weil sie meiner Meinung nach einem humorvollen Text viel Leben einhauchen können, aber hier hat es echt keine gebraucht.

Das sind in der Tat hohe Weihen aus deinem erlauchten Munde.

Ein paar Absätze könntest du noch reinfummeln.

Ha, dachte ich es mir doch. Sie ist dir zu kurz!

Auf die Gefahr hin, zu überschwenglich zu werden, nochmals Danke!

Gruß
bvw

 

aja, immerhin bemerkenswert schwach. Warum übrigens? Weil bereits im zweiten Satz das Ende klar war?
Nein, das war nicht das Problem. Überrascht hat mich das Ende schon. Es geht mir eher um das Wortspiel an sich, das ich ehrlich gesagt einfach recht lahm finde (bemerkenswert war vielleicht etwas polemisch ausgedrückt). Aber das ist sicherlich eine Geschmackssfrage.
Nein, mein Ding! Such dir dein eigenes!
Wenn ich mich ein wenig zusammenrolle, ist es vielleicht groß genug für uns beide.
Ha, dachte ich es mir doch. Sie ist dir zu kurz!
Nix da. Die Länge ist genau richtig. Ich meinte eher, daß du zur Augenfreundlichkeit ein paarmal mehr Enter hättest drücken können, das ist alles ;)

 

Nix da. Die Länge ist genau richtig. Ich meinte eher, daß du zur Augenfreundlichkeit ein paarmal mehr Enter hättest drücken können, das ist alles

Oh, ach so. Ja, stimmt, hab ich mal eben gemacht. Und du findest nicht, dass sie zu kurz ist? Hm. Aber du bist schon noch gnoebel, gnoebel, oder? :confused:

Nein, das war nicht das Problem. Überrascht hat mich das Ende schon. Es geht mir eher um das Wortspiel an sich, das ich ehrlich gesagt einfach recht lahm finde (bemerkenswert war vielleicht etwas polemisch ausgedrückt).

Also, wenn das Ende schon überrascht hat, lass ich das dann auch so. Hätt ich eh. Aber das lahme Wortspiel ist halt ein ganz normales Teekesselchen. "Die verdammten Rindviecher" hätte da nicht so funktioniert. Und "Die verdammte Polente" wär auch nicht gegangen, weil es in der Eifel keine Enten von irgendeinem Pol gibt. :silly: Wir müssen also wohl oder über damit leben.

 

Mahlzeit brudervomweber!

Die Geschichte hat mir gut gefallen. Einige wirklich schöne sprachliche Wendungen sind drin. Das Ende wird einem recht schnell klar, passt aber.
Gern gelesen!


LG
flash

 

Hallo, flashbak,

vielen Dank für die freundlichen Worte.

Dass einem das Ende sicherlich irgendwann ab dem "Irgendwann trat er plötzlich aus dem Wald heraus"-Absatz schwanen dürfte, ist unvermeidlich - so unglaublich superkreativ ist die Idee dann wohl auch nicht.

Aber ich finde, dass es trotzdem passt.
Du auch. Und obendrein: "Gern gelesen!"
Also: Win-win-Situation!

:thumbsup:
bvw

 

Hallo brudervomweber

Mich hat das Ende überrascht, war eine nette pointe. Die Geschichte davor könnte aber gekürzt werden. Da ging es mir speziell am Anfang viel zu ruhig und "ereignislos" dahin.
Die Geschichte ist sehr auf die Pointe hin geschrieben und darum braucht es auch viele der vorherigen Informationen nicht.

Die Raiffeisenbank. Alles war so gelaufen, genau wie Menninghaus es geplant hatte. Rein, Waffen raus, einem gesund aussehenden Kunden (man wollte schließlich nicht, dass einem da jemand wegstarb)
Das find ich gut. Warum nicht die zwei Absätze vorher weglassen - da ist man gleich drinnen im Geschehen.
Einen Augenblick lang war alles still. Dann machte die Straße einen Knick. Der Wagen fuhr geradeaus.
Den Absatz fand ich gut, der soll bleiben ;)

LG
Bernhard

 

Hallo, Bernhard,

ich hatte beim "final cut" die Geschichte bereits erheblich eingekürzt (vorher war sie noch gut ein Drittel länger gewesen) und sehe eigentlich wenig Veranlassung, jetzt noch einmal mit der Heckenschere ranzugehen - zumal sie auch nicht wirklich lang ist.

Du hast natürlich recht, wenn du sagst, dass ein Einstieg mit Absatz drei gleich ins Geschehen führt - aber da ich mich ja für eine Rückblendennarration entschieden habe, würde der Leser mit dem jetzt fünften, dann dritten Absatz ganz rausgerissen und wüsste nicht, wo, was und wann. Von daher war es schon so beabsichtigt, dass die beiden ersten Absätze möglicherweise weniger fiebrig das "Jetzt" etablieren, um dann im dritten zurück ins Geschehene zu führen. Ich finde die beiden Absätze trotz sicherlich disputablem Satzungetüm nicht überflüssig - und auch nicht wirklich ereignislos. Was aber natürlich Ansichtssache ist.

Meines Erachtens handelt es sich auch nicht "bloß" um eine Pointengeschichte - dafür ist die Pointe zu schwach. Aber da ich ja auch schon den Schrei Bär in Grund und Boden gelabert habe, mag das wohl ein vergleichbarer Effekt sein ... das Wort : Inhalt-Verhältnis mag nicht ganz ausgewogen sein. ;)

Den Absatz fand ich gut, der soll bleiben.

Diese Anregung umzusetzen, dürfte mich wohl ebensowenig Überwindung wie Arbeit kosten. Wird also sofort erledigt. ... So, fertig. :D

Danke für's Lesen sagt
bvw

 

Die Raiffeisenbank. Alles war so gelaufen, genau wie Menninghaus es geplant hatte. Rein, Waffen raus, einem gesund aussehenden Kunden (man wollte schließlich nicht, dass einem da jemand wegstarb) sofort aufs Maul geben, damit war die Sache klar gewesen. Keine Mätzchen, Geld her. Und dann nichts wie weg.
:D
Vielleicht, dachte er, vielleicht ist es ja gut, dass ich nicht weiß, was ich tue. Dadurch bin ich nicht berechenbar. Dann dachte er: Idiot.
:D

Hi bvw,

die Geschichte ist an sich witzig, die Pointe schwach. Ich habe die Geschichte zwar gerne gelesen, aber mir sind zu viele Worte darin. Gerade der Anfang ist etwas schleppend, und hier und da ist mir etwas zuviel "Gelaber".

Jetzt merke ich, dass ich kaum was Neues gesagt habe ... äh, ich muss weg.

Bruder Tserk

P.S: :thumbsup:

 

Hallo brudervomweber,

ich fand die Geschichte sehr amüsant. Die Pointe fand ich auch eher schwach, weil ein simples Wortspiel dem Gesamtfluss und -niveau der Geschichte nicht ganz gerecht wird. Zuerst mal möchte ich lobend erwähnen, dass du einige richtig treffende Formulierungen drin hast. Die Heimatkenntnisse als "enzyklopädisch" zu bezeichnen finde ich sehr schön, genau so auch das Zitat über "seine" Eifel. Das alles ist sehr anschaulich und nah am Geschehen geschrieben. Das ist auch das große Pro an dieser Geschichte: sie wirkt lebendig.
Dies wird allerdings etwas gebremst durch die teils unnötigen Dialoge.

Als Menninghaus wie selbstverständlich bei Weilerswist auf die A1 abbog, schwante Gatter etwas. Seine Anmerkung, so komme man aber nicht nach Holland, quittierte Menninghaus mit einem opaken Lächeln und dem nicht minder diffusen Hinweis, er habe da etwas vorbereitet, Gatter solle sich mal keine Gedanken machen. Gatter machte sich Gedanken. Jetzt erst recht.

Entweder ich hab die Bedeutung dieses Absatzes nicht ganz durchschaut, oder er ist wirklich vernachlässigbar. Auf mich wirkte das eher sperrend, als lebendig. Auch die folgende Schilderung fand ich ungelenk:

Das Gefühl der Atemlosigkeit, das ihn seit dem Überfall auf die Raiffeisenbank in Neuwied nicht mehr losgelassen hatte, trat hinter der grotesk verzerrten Impression einer keine Armlänge entfernt durchs Laub ragenden Pilzkolonie zurück.

Das Bild, das dort beschrieben wird, ist toll,aber mein Lesefluss wurde durch die verschachtelte Konstellation enorm gehemmt. Musste es dreimal lesen, um es in ein Bild umarbeiten zu können.
Dann ist mir noch etwas aufgefallen:

über „seine“ Eifel zu traktieren, die Gatter nach besten Können zum einen Ohr herein- und zum anderen hinausventiliert hatte.

Müsste das nicht "nach bestem Können" heißen? Bin mir da aber nciht ganz sicher.

Insgesamt hat mir die KG sehr gut gefallen. Habs zwar oben schon erwähnt, aber will das bei dem ganzen Gemecker trotzdem nochmal erwähnen. ;)

Liebe Grüße,
Seelenschmied

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, Tserk,

dein Feedback ist an sich witzig, die Pointe schwach. Ich habe es zwar gerne gelesen, aber mir sind zu viele Buchstaben darin. Und so kleine runde Dinger. Gerade der Anfang ist etwas schleppend, und hier und da ist mir etwas zuviel "Gelaber". Und da schon wieder.

Jetzt merke ich, dass mir das irgendwie bekannt vorkommt ... äh, ich muss zum Anwalt.

:D
bvw

Hallo, Seelenschmied,

vielen Dank für die vielen Komplimente - und hier meine Stellungnahme zum Rest:

Entweder ich hab die Bedeutung dieses Absatzes nicht ganz durchschaut, oder er ist wirklich vernachlässigbar. Auf mich wirkte das eher sperrend, als lebendig.

Da ich nicht weiß, was dir entgangen ist, weiß ich nicht, was dir entgangen ist. Inhaltlich stellt dieser Absatz klar, dass Gatter nach Holland wollte, und Menninghaus ihn in die Eifel "entführt". Hier bekommt das Verhältnis der beiden Kumpane erste Risse. Und es wird klar, dass Gatter nicht weiß, wohin er da eigentlich verschleppt wird. Ich fand das nicht ganz unwichtig. Plus: Eigentlich habe ich die Geschichte ursprünglich beim Deutschen Kurzkrimipreis eingereicht, der im Rahmen des Tatort Eifel Festivals vergeben wird und eben deshalb einen Bezug zur Eifel haben soll. Nichtsdestotrotz, auch ohne diesen erklärenden Kontext halte ich den Absatz für die Charakterisierung der Beziehung zwischen den beiden Männern und den Fortgang der Geschichte nicht ganz unerheblich.

Das Bild, das dort beschrieben wird, ist toll,aber mein Lesefluss wurde durch die verschachtelte Konstellation enorm gehemmt. Musste es dreimal lesen, um es in ein Bild umarbeiten zu können.

Ich muss zugeben, dass dieser Satz (also, meiner, nicht deiner) vermutlich einer der Stolpersteine waren, die dazu geführt haben, dass die Geschichte vor der Endausscheidung von der natürlich grundsätzlich inkompeteten Jury ausgeschieden wurde. Ja, es ist ein schönes Bild, aber ja, ja, es ist auch ein sehr komplizierter Satz. Und natürlich ein Attentat auf die Lesbarkeit des Textes. Dreimal? Du bist gut. ;) Ich ...ich überleg mir, ob ich es ändere. Vielleicht mach ich zwei Sätze draus.

Müsste das nicht "nach bestem Können" heißen? Bin mir da aber nciht ganz sicher.

Ich aber. Du hast recht, es müsste "nach bestem Können" heißen. Heißt es jetzt auch.

Nochmal: Dankeschön. Für Pro. Und insbesondere für Contra.

Sagt
bvw

 

hallo nochmal brudervomweber,

Da ich nicht weiß, was dir entgangen ist, weiß ich nicht, was dir entgangen ist. Inhaltlich stellt dieser Absatz klar, dass Gatter nach Holland wollte, und Menninghaus ihn in die Eifel "entführt".

Jetzt weiß ich, was mir entgangen ist und kann dementsprechend nochmal mit der Kritik nachbessern. Mir ist an dem betreffenden Absatz nur aufgefallen, dass sie doch nicht nach Holland fahren. Dass es nun Richtung Eifel geht, ist mir wohl entgangen (mag aber auch daran liegen, dass ich als Student ein Auto nur von außen kenne und nicht weiß, wohin die A1 führt). Die Risse in der Partnerschaft hab ich eher dem vorherigen Absatz (das Eifel-geschwafel) und dem darauf folgendem Absatz (dem Autoradiostreit) entnommen. Deshalb hatte der Absatz für mich keine besondere Aussagekraft. Ich dachte, der Ort, an den Mennighaus seinen Kumpanen "entführt" wäre Teil der Pointe oder so, deshalb hab ich da noch etwas erwartet. Nun weiß ich ja wie der Absatz zu verstehen ist und wie er einzuordnen ist. :idee: Danke für die Aufklärung.

Liebe Grüße,
Seelenschmied

 

Hallo brudervomweber,

ein recht unterhaltender Text, das Wortspiel ‚Bulle’ ist allgemein betrachtet nicht gerade von Esprit geprägt aber in dem gegebenen Kontext finde ich es als Schlusspointe durchaus ansprechend.

Gelungen ist diese Beobachtung:

„Als Gatter aus der ersten Benommenheit wieder zu sich gekommen war, hatte er zunächst das Radio eingeschaltet, das war das erste gewesen, das ihm eingefallen war“

Da hat einer wirklich andere Sorgen, aber in einer Art Dominanzreflex bringt er erst einmal den Streit zu einem Ende.


„Scheiße, dachte Gatter, als er in etwas Feuchtkaltes griff, das sich bei näherer Betrachtung als genau das herausstellte.“

Eigentlich ganz banal, aber schön auf den G-Punkt* formuliert.


„Es war wie eine Fahrt durch die Tiefsee, außerhalb des Wagens, den Menninghaus tollkühn durch sich scheinbar ziellos dahinwindende, finster umwaldete und regennasse Landstraßen steuerte, weste das Nichts.“

„weste das Nichts.“ Steht etwas abseits da, ist zwar lesbar, aber perfektionismusorientiert würde ich den Satz umstellen.


*(Gag-Punkt)


Tschüß,

Woltochinon

 

Hallo brudervomweber,

mich hat deine Geschichte gut mitgenommen und na ja, über die Pointe ist alles gesagt worden. Aber gerade das ungleiche Gespann zu beschreiben, ist dir sehr gut gelungen. Ich habe mich nicht gekugelt vor Lachen aber mich intelligent unterhalten gefühlt. Das muss erst mal gelingen.

Lieber Gruß,

Vincent

 

Hallo, Woltochinon,

ein recht unterhaltender Text, das Wortspiel ‚Bulle’ ist allgemein betrachtet nicht gerade von Esprit geprägt aber in dem gegebenen Kontext finde ich es als Schlusspointe durchaus ansprechend.

Ad 1) Danke. Ad 2) Richtig. Ad 3) Danke.

„Als Gatter aus der ersten Benommenheit wieder zu sich gekommen war, hatte er zunächst das Radio eingeschaltet, das war das erste gewesen, das ihm eingefallen war“

Da hat einer wirklich andere Sorgen, aber in einer Art Dominanzreflex bringt er erst einmal den Streit zu einem Ende.


Ja, das stimmt. Ich fand das eigentlich in erster Linie bloß ganz ulkig, weil der Wagen zwar aus dem Gleis gesprungen ist, aber Gatter nicht. Aber der Dominanzreflex bringt es auf den Punkt. ;)

„Scheiße, dachte Gatter, als er in etwas Feuchtkaltes griff, das sich bei näherer Betrachtung als genau das herausstellte.“

Eigentlich ganz banal, aber schön auf den G-Punkt* formuliert.


Schuldig im Sinne der Anklage. Aber wenn es um Kuhweiden geht, poppt bei mir immer ein alter Diether-Krebs-Sketch auf: "Was für'n Glück, dass wir da nicht reingetreten sind."

„Es war wie eine Fahrt durch die Tiefsee, außerhalb des Wagens, den Menninghaus tollkühn durch sich scheinbar ziellos dahinwindende, finster umwaldete und regennasse Landstraßen steuerte, weste das Nichts.“

„weste das Nichts.“ Steht etwas abseits da, ist zwar lesbar, aber perfektionismusorientiert würde ich den Satz umstellen.


Zugegeben, es liest sich etwas absonderlich, aber da ich mich schon von meiner keine Armlänge entfernt durchs Laub ragenden Pilzkolonie getrennt habe, west in diesem Punkt Uneinsichtigkeit.

Lieben Dank für dein Feedback. Und fürs Lesen.

Sagt
bvw

 

Hallo, Vincent,

Ich habe mich nicht gekugelt vor Lachen aber mich intelligent unterhalten gefühlt.

Das ist ein großes Kompliment (also, die zweite Hälfte), für das mich mich artig bedanke.

Tante Grazie
bvw

 

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