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Die Unsichtbaren

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13.09.2009
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Die Unsichtbaren

Die Unsichtbaren


„Verdammt, wo sind wir hier, Chris?“, fragte Cindy.
„Sorpesee, mitten im Nirgendwo weit außerhalb der Zivilisation.“
„Danke für den geistreichen Kommentar, Leon.“
„Immer wieder gerne“, sagte dieser grinsend mit den Händen in den Taschen seiner Bermudashorts. „Du weißt ja, Cindy. Ich bin immer hilfsbereit.“
Es war hochsommerlich warm. Die Sonne ließ die vier Freunde schwitzen, selbst auf diesem Teil des Wanderwegs, der weitestgehend von Bäumen überschattet wurde.
Chris stand bei der mit Holz umrahmten Plastiktafel, die den gesamten Sorpesee zeigte. Ihr Wanderweg war grau unterlegt und ein roter Punkt sollte ihren Standort markieren. Hätte er zumindest, wenn sich irgendwelche Kinder nicht den Spaß erlaubt hätten, die Farbe wegzukratzen. „Ich glaube, wir sind irgendwo am nördlichen Ende des Sees! Also nicht mehr allzu weit bis zur Jugendherberge“, sagte er und tippte auf die am meisten zerkratzte Stelle der Karte. Nadine nickte. Die Spangen, die ihr schulterlanges brünettes Haar zurückhielten, glänzten im Sonnenlicht.
Viel mehr allerdings spürte Chris Cindys Blick im Rücken. Sie sah häufiger zu ihm rüber, wenn sie glaubte er würde es nicht merken. Allerdings machte er ihr auch nichts vor, er war vergeben. Damit musste sie leben, denn er würde standhaft bleiben. Um sich abzulenken, sagte er laut: „Sind jetzt alle da, oder fehlt noch jemand?“
„Andreas ist noch eben in die Büsche gegangen. Wollte für kleine Jungs, aber das ist schon ne Weile her. Vielleicht wichst er sich auch einen, was weiß ich.“ Leon zuckte mit den Achseln und kaute wieder an dem Bleistift, wie er es häufig tat. Er trug auch immer einen Notizblock mit abreißbaren Blättern mit sich, auf dem er beizeiten rumkritzelte.
„Wessen Idee war eigentlich dieser bescheuerte Waldausflug? Mir tun die Füße schon ganz weh vom Laufen“, maulte Cindy.
„Leons Idee“, sagte Nadine in einem nicht minder genervten Tonfall.
„Sachte, Ladys, kein Grund zur Aufregung. Uns war doch allen langweilig, oder? Warum das schöne Wetter nicht ausnutzen? Dann kommen wir auch mal raus, anstatt in der herberge zu versauern. Ahh, unser Marathonpisser!“
Andreas trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Schriftzug „Hell-born“ unter einem brennenden Totenschädel. Er war kräftig gebaut und ziemlich groß.
„Ich hab da was entdeckt, das solltet ihr euch ansehen!“, sagte er grinsend.
„Was soll das jetzt wieder sein?“, murrte Cindy. „Was soll's, ich bin morgen eh tot.“
Zusammen stiegen sie die Schräge hinauf. Ein ausgerissener Baumstumpf markierte ihren Weg. Die mächtigen Wurzeln ragten dem Himmel entgegen. Chris erinnerten sie ein wenig an sich windende Schlangen. Sie schwiegen. Nur die singenden Vögel und das Knistern des trockenen Laubs unter ihren Füßen war zu hören. Dennoch hatte Chris dieses Gefühl. Es war etwas Beunruhigendes. Vielleicht Nervosität oder auch Neugier. Es war, als würde sie etwas zu diesem Ort hinziehen. Chris wusste nicht, wie er es besser beschreiben sollte. Es war unangenehm und aufregend zugleich.
Niemand sprach es aus, schließlich war das vollkommen verrückt, aber Chris meinte die selbe Nervosität in den Gesichtern seiner Freunde zu sehen. Schließlich erreichten sie die kleine Lichtung und sahen die Blockhütte. Sie hatten sie von der Straße aus nicht sehen können, weil sie auf der einen Seite von Bäumen umgeben war. Die andere Seite war frei und gewährte eine wundervolle Aussicht auf das tiefe Blau des Sorpesees.
„Aus welchem Jahrhundert stammt die denn?“, sagte Leon.
Andreas trat auf die hölzerne Veranda. Es knarzte.
„Was haltet ihr davon?“
„Ich würde sagen, es ist eine Hütte.“
„Da würde ich dir zustimmen, aber wartet, bis ihr seht, was sich drinnen befindet“, sagte er amüsiert. Er öffnete die Holztür. Die rostigen Scharniere quietschten.
Chris fuhr ein Schauer über den Rücken.
„Kommt ihr?“, sagte Andreas und trat ein.

In der Hütte war es düster und es roch modrig. Durch ein schmutziges Fenster drang diffuses Licht in den einzigen Raum, der die Hütte zu dominieren schien. Auf der linken Seite gegenüber dem Fenster war ein Klappbett eingelassen. Mitten im Raum standen ein Tsich und zwei Stühle. Als seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnt hatten, zuckte chris erschrocken zurück.
Chris musste sich nicht umdrehen, um zu sehen, dass sich auf den Gesichtern seiner Freunde der gleiche entsetzte Ausdruck abzeichnete, den zweifelsohne auch er trug. Cindy entfuhr sogar ein Schrei, der aber sofort erstickte, als sie die Hände vor den Mund schlug und sich abwand, um sich zu übergeben. Chris spürte wie sein eigener Magen bei diesem Augenblick ebenfalls rebelliert.
Auf dem Stuhl hing wie eine Puppe des Grauens die Leiche eines Mannes. Die Kleidung des Toten hing nur noch in Fetzen vom Leib und das Fleisch war bereits zum größten Teil verwest. Am Schädel hingen noch einige lose Fleischfetzen und Haarbüschel. In einer Augenhöhle hatte eine Spinne ihr Netz gebaut. Ein Käfer krabbelte über die bleichen Rippen des Brustkorbs. Er schien aufgebrochen worden zu sein. Zumindest prangte ein Loch von der Größe einer Bowlingkugel auf der Höhe des Brustkorbs. Die Rippen waren eingedrückt und zersplittert.
Der Bleistift zwischen Leons Lippen wippte auf und ab. Der einzige, den der Anblick nicht zu schockieren schien war Andreas. Chris wusste, dass er ein wenig morbid veranlegt war, aber er hätte ihm diese Gefühlskälte nicht zugetraut.
„Ach kommt schon, Leute. Ist doch nur ein Skelett. Schon lange tot der Typ“, sagte Andreas.
„Das war unnötig, Andreas“, sagte Chris.
„Eindeutig tot“. Andreas klopfte auf den Schädel, der daraufhin mit einem widerlich knirschenden Geräusch abbrach und über den Boden rollte. Sie wichen zurück. Cindy sah aus, als würde sie sich gleich nochmals übergeben. Chris war froh, als der Kopf unter das Klappbett außer Sichtweite rollte.
Auf dem Tisch stand eine grüne Flasche mit einem schwarzen Inhalt, den man im Zwielicht nicht näher erkennen konnte. Der zweite Stuhl auf der Fensterseite der Hütte, war leer.
Leon trat vor. „Sieht so aus, als hätte er Karten gespielt. Doch wo ist sein Mitspieler.“ Er nahm eine der durchweichten Karten hoch. Vor der Leiche lagen noch vier weitere, auf der anderen Seite ebenfalls. „Mit wem hat er gespielt?“
„Egal mit wem oder um was sie gespielt haben. Er hat anscheinend verloren“, antwortete Chris.
„Das geht uns alle nichts an, wir sollten hier verschwinden!“, sagte Nadine, die ihre Stimme ebenfalls wiedergefunden zu haben schien.
Ein Buch weckte die Aufmerksamkeit von Chris. Es war ebenso durchweicht wie die Spielkarten und lag auf dem Nachtschränkchen neben dem Klappbett. „Ein Tagebuch“, murmelte er und um sich von dem grausigen Anblick abzulenken, las er laut vor:

„Bert Gremheim, 17.05.1958, letzter Eintrag,
Meine Tage sind gezählt. Dies wird mein letzter Eintrag in dieses Buch sein. Wir haben unsere Peiniger die Unsichtbaren getauft. Man sieht sie nicht, wenn sie es nicht wollen. Doch bedeutet ihre Anwesenheit den sicheren Tod. Sie machen keine Gefangenen. Wer gegen die Regeln verstößt wird bestraft. Dieses Ding, wir haben es in die Flasche gesperrt. Es ist nicht mehr, als Rauch wie Arnold meinte, doch ich spüre, dass es mehr ist. Etwas dunkles. Ich erschaudere, als ich diese Zeilen schreibe, während in meinem Kopf der eintönige Chor singt: Sin, Sin, Sin …
Es ist ihr Name, doch wir nennen sie die Unsichtbaren. Sie kennen kein Gewissen. Vermutlich ist es ein Frevel von mir über Gewissen zu reden, haben wir doch diesen abscheulichen Dämon in die Welt gelassen. Nun ist er eingesperrt, ich habe das Beschwörungsbuch verbrannt. Doch ich spüre, dass die Unsichtbaren nahe sind. Wir haben gestritten. Einer von uns muss die Verantwortung übernehmen.
Ich habe vorgeschlagen das Schicksal entscheiden zu lassen. Ich werde mich letztendlich fügen, ich hoffe mein Bruder wird dasselbe tun. Uns bleibt nichts anderes übrig, ansonsten müssen wir beide sterben.“

Chris blickte in die aschfahlen Gesichter seiner Freunde. Andreas hob die Flasche auf und betrachtete den grauen Nebel darin.
„Wir müssen die Polizei alarmieren …“, brachte Nadine hervor.
Leon schien abwesend zu sein, er flüsterte nur ein Wort: „Sin …“
„Andreas, nicht!“, schrie Chris. Jener schüttelte die grüne Glasflasche.
„Sieht aus wie Rauch. Passiert schon nichts!“ Doch dann fiel ihm die Flasche aus den Händen und zerschellte auf den Dielenbrettern. Das klirrende Geräusch hallte in ihnen nach wie ein Tinitus.
„Du verdammter Vollidiot!“ Chris packte Andreas am Kragen und stiße ihn gegen die Wand.
„Jetzt beruhig dich, Chris. Oder bist du auf einmal abergläubisch geworden? Buhuu, der Schattenmann wird uns holen. So ein Schwachsinn. Das hier ist nur ein einsamer Irrer, der von einem Tier oder sowas angefallen wurde.“
„ja vermutlich, hast du recht“ Er entspannte sich wieder und ließ ihn los.
„Lass uns die Herberge zurückgehen“, sagte Nadine. „Wir müssen die Polizei rufen …“

Im Verlauf des Abends entlud sich die Spannung der schwülheißen Luft in einem gewaltigen Gewitter. Der Wind heulte und pfiff um die Ecken des Gebäudes. Der Regen peitschte gegen die Fensterscheiben, als wollte er sich gewaltsam Eintritt verschaffen. Blitze tauchten das Gebäude in gespenstisches Licht. Kurz darauf ertönte krachender Donner. Sie hatten die Polizei angerufen. Doch aufgrund des Sturms würden die Ordnungshüter erst am nächsten Morgen kommen können. Cindy war nach unten auf die Toilette gegangen. Nadine war nach oben gegangen. Sie brauchte Ruhe, hatte sie gesagt. Andreas hatte ebenfalls den Raum verlassen, sodass Chris und Leon allein im Aufenthaltsraum waren.

Chris lehnte auf einem Stuhl. Er hatte sich eine Zigarette angesteckt. Eigentlich war das Rauchen in Jugendherberge nicht gestattet, doch nach dem, was sie heute erlebt hatten, gab er nichts auf Regeln. Bei dem Wetter wollte er sowieso nicht draußen sein. Bisher hatte sich auch niemand beschwert. Leon stand an einem Fenster und beobachtete wie der Sturm wütete. Der See schien nur noch aus einer unruhigen, grauen Masse zu bestehen. Man konnte Himmel und See kaum noch auseinander halten.
Er zeichnete gerade auf dem Notizblock. Chris konnte das Kratzen des Bleistifts hören, als ein Blitz den Raum erneut den Raum erleuchtete. Sie konnte die gleißende Lanze am Horizont sehen, welche die Luft zerteilte. Wenige Minuten später folgte der grollende Donner.
„Was hältst du von der Sache, Leon?“, fragte Chris.
„Der Typ wird keinen Schönheitswettbewerb mehr gewinnen.“ Ohne es zu wollen musste Chris grinsen. Der Block verschwand wieder in der Hosentasche. Den Bleistift nahm Leon zwischen die Zähne.
Leon war einzigartig in dieser Hinsicht. Es schien so, als könnte ihm nichts den Humor nehmen. Egal was geschah, er konnte es immer ins Komische ziehen. Vielleicht ist das seine Art solche Dinge zu verarbeiten. Sie ins Lächerliche ziehen und ihnen das Unheimliche zu nehmen.
„Was glaubst du, was da passiert ist?“
„Ich weiß genausoviel wie du, Chris. Allerdings muss ich zugeben, dass mir das Wort Sin schonmal zu Ohren gekommen ist …“ Er senkte den Blick beinahe verlegen, wurde dann aber wieder ernst. Ein Ausdruck, der an Leon irgendwie deplatziert wirkte. „Und diese Wunden. Hast du seinen Brustkorb gesehen? Sah fast so aus, als wäre er von einer Kanonenkugel zerfetzt worden. Auch das habe ich schon gesehen.“
„Aha …“
Leon überlegte kurz. „Eine interessante und seltsame Geschichte. Mein Großvater war ein seltsamer, alter Kauz. Hielt sich für einen Schriftsteller. Hat sich oben auf dem Dachboden eingeschlossen und den ganzen Tag Geschichten geschrieben. Wir haben ihn nur selten herunterkommen sehen. Eines Tages kam er völlig verstört heruntergerannt. Hat etwas von Sin und Unsichtbaren und Wächtern gebrabbelt. Meine Eltern haben’s auf sein Alter geschoben und in ein Seniorenheim abgeschoben, nachdem es ihnen zu nervig wurde …“
Es schien ihm schwer zu fallen weiterzusprechen. Noch etwas, was Chris nicht von Leon kannte.
„Seine Paranoia, wie meine Mutter es zu bezeichnen pflegte verstärkte sich zunehmend. Er rief immerzu bei uns an. Er hätte Angst, sie würden ihn umbringen. Er habe ihr Geheimnis entdeckt, dafür müsste er sterben. Ich habe das alles für Schwachsinn gehalten. Das Gerede eines verrückten alten Mannes, bis heute zumindest.“
„Was ist aus ihm geworden?“, fragte Chris
„Niemand weiß genau, wie er es geschafft hat, aber letztendlich ist er aus dem Altersheim ausgebrochen. Man fand ihn im Graben neben einer Landstraße, 20 Kilometer westlich von der Anstalt. Er hatte …“
Jetzt versagte ihm die Stimme, als die Vorstellung ihn überfiel. Er malte mit dem Bleistift einen imaginären Kreis vor sein Brustbein. Chris verstand.
Nach einer Weile sagte Leon schließlich: „Sie haben es einem verrückten Landstreicher in die Schuhe geschoben. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher …“
Andreas stand in der Tür. Sein Gesicht war bleich vor Schreck.
„Der Zivi, der Koch, die Angestellten … sie … sie sind tot“. Andreas, der damit prahlte sich die härtesten Horrorsplatterstreifen anzusehen, stand dort tränenüberströmt. Ein zitterndes Wrack seiner selbst.
„Was?“ antworteten Chris und Leon zur gleichen Zeit.
Andreas sagte nichts. An seinen Turnschuhen klebte Blut. Stumm folgten sie den blutigen Abdrücken, die seinen Weg markierten. Ihnen bot sich ein Bild des Grauens. Die Küche war ein Chaos aus verstümmelten Körpern, Geschirr und dunklen Blutlachen. Ein Kampf hatte standgefunden, doch die Männer und Frauen hatten keine Chance gehabt.
An einer Freifläche an der weißgekachelten Wand über den Spülbecken standen die Worte: „Einer von uns“ in Blut geschrieben. Ein langer roter Strich führte vom letzten Buchstaben die Wand hinunter und endete am wulstigen Finger eines Mannes. Er hing über einem der Waschbecken. Wenn er einen Kopf gehabt hätte, könnte man glauben, er würde sich übergeben. Übelkeit stieg in Chris auf.
„Genug!“, schrie Andreas, „ich will hier raus!“
„Beruhig dich wieder, wir müssen jetzt kühlen Kopf bewahren!“
„Scheiß drauf, wir müssen hier raus!“
„Und wie weit meinst du kommst du bei diesem Sturm?“
„Ihr könnt ja gerne hier bleiben und euch umbringen lassen, Chris. Ich verschwinde!“
Dan war nichts zu machen. Chris packte ihn am Arm, doch Andreas riss sich sofort wieder los.
„Fass mich nicht an!“
„Beruhig dich, Andreas. Wir holen die Polizei und dann …“
„Nein, das geht nicht, der Sturm. Außerdem hast du es nicht gesehen? Einer von uns! Ich wette, es hat etwas mit der Hütte zu tun. Ich kann keinem mehr von euch trauen.“
„Jetzt werd doch wieder vernünftig!“
„Ich höre es, Chris. Den Chor. Sin, Sin, Sin. Es hört sich an wie Paukenschläge und immer wieder der Name dieses Monsters. Schattenmann. Einer von uns trägt ihn in sich, dass haben sie gesagt. Ich muss hier weg!“
Er drängte sich zwischen den beiden durch und rannte zu der Doppelglastür hinaus in den Regen. Chris wollte ihm gerade folgen
„Lass ihn gehen, Chris. Es ist zwecklos“, sagte Leon.
„Glaubst du ihm?“, fragte Chris. Ihm stand der Schreck ins Gesicht geschrieben.
„hast du das Massaker in der Küche nicht gesehen, das kann ummöglich ein Mensch gewesen sein …“
„Die Mädchen …“
Chris und Leon eilten die Treppen zu den Schlafräumen hoch. Die einzelnen Zimmer waren mit Tiernamen betitelt. Hirsch, Hase, Bär. Vor einem Schild mit der Aufschrift „Karpfen“ blieb er stehen. Ein Blitz tauchte den Korridor in gleißendes Licht. Leon meinte, eine Bewegung am Ende des Ganges erkennen zu können. Nein, da war nichts. Einbildung. Chris rüttelte am Türknauf, abgeschlossen.
„Siehst du das?“, fragte Leon und deutete auf den Boden. Er strich mit dem Finger über die nassen Spuren, die sich dort abzeichneten. Kein Blut, Wasser. Chris nickte stumm und pochte erneut an die Tür.
„Ist irgendwer da drin?“
„Wer will das wissen“, kam eine ängstliche Stimme von drinnen. Nadines Stimme.
„Chris und Leon!“
Kurzes Zögern.
„Beweist es!“
Leon holte den Notizblock hervor und schlug eine leere Seite auf. Chris wollte den Mund aufmachen und fragen was das jetzt sollte. Aber dann begriff er, Leons Zeichnungen waren einzigartig, das wussten sie alle.
„Sag mir, was ich zeichnen soll, Nadine.“
„Wenn du wirklich Leon bist, erinnerst du dich sicher an das Stillleben.“
„Du warst immer die bessere Zeichnerin, wie könnte ich das vergessen“. Der Bleistift fuhr mit schnellen, festen Strichen über den Block. „Wenn ich mich richtig erinnere, waren es Callas, die du gemalt hast.“
Er riss den Zettel ab. Er schob das Papier durch den schmalen Lichtspalt unter der Tür. Schließlich öffnete sich die Tür.
„Wie gut, euch zu sehen.“ Sie umarmte sie beide. „Verzeiht mir, aber ich musste fragen. Ich habe dieses Wesen gesehen und es hat mit mir gesprochen. Im Kopf. Ich weiß das klingt verrückt, aber es hat sich wie die Stimmen meiner Freunde und Bekannten angehört. Ich wollte einfach nur sichergehen …“
„Ja, wir verstehen das“, sagte Leon.
„Wo?“, fragte Chris
„Unten in der Eingangshalle. Ich wollte runter zu euch, als ich diese Gestalt unten gesehen habe. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Ich bin sofort losgerannt, ohne mich nochmal umzudrehen. Als ich splitterndes Glas hinter mir gehört habe, bin ich sogar noch schneller geworden und beinahe über die Stufen gestolpert. Oben habe ich kaum den Schlüssel ins Schloss bekommen, so sehr habe ich gezittert.“
Als er zu Leon blickte, erkennte Chris, dass dieser den selben Verdacht hegte. Andreas Ausbruch war ihm gleich seltsam vorgekommen. Für so etwas war er nicht der Typ. Chris musste zurück an die Hütte denken. Andreas hatte als einziger kaum eine Gefühlsregung gezeigt.
„Wir sollten Cindy suchen.“
„Ich sehe nach ihr, bleib du bei der großen Künstlerin“, sagte Leon und schaffte es sogar, ein Lächeln zustande zu bringen.

Leon stieg die Treppen hinab. Sin, Wächter des Universums, hatte sein Großvater, der verrückte alte Herr, sie genannt. Er erinnerte sich nur zu gut an den aufgeregten Anruf zurück. „Ich habe Sand ins Getriebe der Welt gestreut, als ich über sie geschrieben habe“, hatte der alte Kauz mit angsterfüllter Stimme gesagt. Waren sie deswegen hier? Sie schienen zwischen die Fronten von etwas größerem geraten zu sein. Sin vs. Schattenmann. Runde 2. Leon schmunzelte. Töteten sie wirklich alle Mitwisser, oder unterschieden sie in Schuldige und Unschuldige? Der Bruder des Tagebuchschreibers schien entkommen zu sein. Zumindest war seine Leiche nicht in der Hütte gewesen. Leon musste feststellen, dass diese Fragen in zu keiner befriedigenden Antwort führten.
Vielleicht konnten sie die Unsichtbaren besänftigen, indem sie dieses Wesen selbst vernichteten oder zumindest einfingen. Der Schattenmann, oder wie er sich nannte, war gefangen gewesen, als sie die Hütte betreten hatten. Eine Flasche wie bei einem Dschinn. Sie hatten darum gespielt, wer für die Beschwörung gerade stehen sollte. Also wo war der Gewinner hin? Sie haben ihn vergessen lassen. Vielleicht war er in ihrem System noch wichtig. Leon hatte keine Ahnung, woher er das wusste, doch es erschien ihm sonnenklar.
Die Tür am Ende des Ganges bewegte sich. Leon hörte das quietschende Geräusch. Der Wind vielleicht? Diesen Gedanken verwarf er sofort wieder. Du weißt, was hier am Werk ist. Es war verrückt, doch das Gefühl, jemand wollte ihm etwas zeigen war stark. Im Tagebuch hatte gestanden, dass der bedauernswerte Kerl stimmen gehört hatte. Telepathie? Vielleicht pflanzten sie ihm diese Gedanken ein …
„Cindy?“
Nichts. Doch Leon wusste, dass hinter dieser Tür Antworten lagen, also ging er auf sie zu. An der Tür war ein weißes Blechschild befestigt. „Lagerraum“ stand dort in schwarzen Druckbuchstaben. Mit Rot war etwas darüber geschmiert worden. „Sin“. Leon bezweifelte nicht, dass es sich bei der Farbe um Blut handelte.

Es war kalt und nass. Der Wind peitschte das Wasser in sein Gesicht und ließ seine Gliedmaßen taub werden. Andreas stand auf der Hauptstraße vor der Jugendherberge. Vielleicht konnte er ein Auto auf dem Parkplatz kurzschließen. Verzweifelte Lage, verzweifelte Maßnahmen. Seitenstiche plagten ihn und ihm fiel das Atmen schwer. Doch der einzige Gedanke der ihn vorwärtstrieb, war, dass er hier weg musste. Weg von diesem Ort des Grauens.
Der Parkplatz war schon in Sichtweite. Er konnte das weißliche Licht der Laternen erkennen. Der Platz war leer bis auf drei Autos und einen Lieferwagen.
Was war das? Etwas war dicht an ihm vorbei gerannt, da war er sich sicher. Er hatte den Luftzug gespürt. Egal, er musste weiter. Fast geschafft. Du wirst noch verrückt hier. Kein Wunder bei dem, was du gesehen hast. Die Küche. Er wollte nicht daran denken, aber diese toten leeren Augen, all das Blut … ein greller Blitz erleuchtete den Parkplatz in einem gespenstischen Weiß, gefolgt von einem mächtigen Donnerschlag.
Andreas erstarrte. Das Wasser rann in Sturzbächen an ihm herunter. Seine Muskeln zitterten. Doch er zweifelte, dass die Kälte der Grund war.
„Nein, nicht du … du kannst es nicht gewesen sein!“, schrie er, als wollte er die Illusion auffliegen lassen. Doch es gab keine Illusion. Der Tod erwartete ihn.
Dünne Finger strichen über sein Gesicht. Andreas ließ es geschehen. Dann griffen die Finger zu wie Stahlhaken. Andreas’ letzte Worte gingen in einem Gurgeln unter, als die Klinge durch seine Kehle fuhr. Blut schoss hervor, mischte sich mit den fließenden Wassermassen und verwandelte den Parkplatz in eine Ansammlung tanzender rote Seen.
Der Schattenmann wandte sich ab. Die Emotionen dieses Dummkopfs waren köstlich. Doch erwartete ihn noch mehr in der Jugendherberge.

Leon schaltete das Licht an. Vor ihm standen Regale voller Kisten mit Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Gebrauchs. Im hinteren Teil des Lagerraums befand sich ein Schreibtisch. Die Tischlampe beleuchtete den reglosen Körper eines älteren Mannes. Ausdruckslose Augen starrten mit stummen Schrecken an die Wand. In seiner Brust klaffte ein riesiger blutiger Krater. An den Enden standen die Rippen heraus wie eine Ziehharmonika des Grauens.
Ihn fröstelte. Leon empfand Mitleid mit dem alten Narren. Er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Eine leere grüne Flasche stand vor dem Toten auf dem Schreibtisch. An ihr klebte kein Tropfen Blut. Sie wirkte so deplatziert in diesem Szenerio des Grauens wie ein blaues Handtuch in einem Stapel Weißwäsche.
Obwohl es ihm mit jeder Faser seines Körpers widerstrebte, trieb ihn die Neugier voran. Er spürte, wie Übelkeit in ihm aufstieg, je näher er der Leiche kam. Die wievielte Leiche war das nun an diesem verfluchten Wochenende? Es hatte doch nur ein friedliches Wochenende unter Freunden werden sollen. Stattdessen waren sie in eine Sache hineingezogen worden, die ihre Vorstellungskraft überstieg. Sie hätten die Hütte niemals betreten dürfen. Doch sie hatten es getan, daran ließ sich nichts ändern.
Leon stand nun neben der Leiche und hangelte nach der Flasche, wobei er es vermied der Leiche zu nahe zu kommen. Schließlich hielt er die Flasche in Händen. Donner.
Das Geräusch ließ Leon zusammenzucken. Es hatte etwas Endgültiges. Sein Blick fiel auf die Wand über dem Schreibtisch, da wo der Tote hinsah. Dort stand in blutigen Lettern eine weitere Nachricht:

Nachricht für die große Künstlerin.

Darunter war die grobe Zeichnung einer Tür zu erkennen. Darunter war noch etwas geschrieben.

Hinter Türen lauern nicht nur Monster, sie können sie auch verschwinden lassen.

Das war ein Spruch seiner Mutter gewesen. Früher hatte er sich vor Monstern unter dem Bett gefürchtet. Seine Mutter hatte ihm beigebracht sich diese Monster genau vorzustellen. Wie sie in einem dunklen Raum hinter einer Türahmen standen. Dann sollte er die imaginäre Tür zu schlagen. Es hatte funktioniert. Da war Psychologie im Spiel. Aber hier halfen keine imaginären Türen. Hier brauchten sie echte. Er rannte los.

Ein Schatten. Chris gefiel das nicht. Er wurde größer, das gefiel ihm auch nicht. Er nickte Nadine zu, lass uns hier verschwinden. Sie schlichen den Gang hinunter und achteten darauf, keine Geräusche zu machen. Sie hatten nichts, um sich zu verteidigen. Als er sich das Massaker in der Küche in Erinnerung rief, überkamen ihn erhebliche Zweifel, dass sie irgendeine Chance hatten, aus dieser Sache lebend herauszukommen. Ihn verlangte es nach einer Zigarette, doch er zwang es nieder. Keine Zeit.
Sie gingen den Korridor entlang. Es donnerte erneut. Es hatte irgendwie etwas Endgültiges an sich. An einer Seite reihte sich Tür an Tür, die andere war eine einzige Fensterfront. An einer Tür mit einem hölzernen Schild, auf dem „Löwe“ geschrieben stand, lehnte eine rostige Axt.
„Chris? Siehst du das?“, fragte Nadine.
Die Kreolen an ihrem Ohr funkelten im Blitzlicht.
„Ja“, antwortete er knapp.
Er nahm die Axt ohne ein weiteres Wort. Nirgendwo war Blut zu sehen, nur Wasserspuren, die an der Tür zum Treppenhaus endeten.
„Wir sollten runtergehen.“
Nadine nickte nur und biss sich auf die Unterlippe.

Im Empfangsraum schien das Chaos selbst gewütet zu haben. Die Glastüren waren zertrümmert und gewährten Regen und Wind Einlass. Die Stühle und Tische im hinteren Teil des Raums waren größtenteils umgeworfen worden, als wären sie im Weg gewesen. Der Kicker, der einmal die Mitte des Raums eingenommen hatte, war an die Seite geschoben worden.
In der Mitte des Raums stand Cindy. Sie war blutverschmiert und blickte zu Boden. In ihrer rechten Hand befand sich ein Messer. Von der Klinge tropfte Blut.
„Cindy … nicht du …“, flüsterte Nadine.
„Es gibt nur noch den Schattenmann.“ Cindy hob den Kopf.
„So geht es den meisten. Ich habe ihr von meiner Kraft zu trinken gegeben. Sie war beeinflussbar, versprach ich ihr doch das, was sie sich am meisten wünschte. Ich habe mit ihr gesprochen, habe ihr eingeflüstert, alles werde gut, ich würde ihr Zugang zu ihrer großen Liebe schaffen.“
„Nein …“
Die Cindy-Parodie grinste diabolisch.
„Doch, Chris. Sie hat dich geliebt. Ihre Schwäche amüsierte mich. Ich zehrte von ihren Emotionen und flüsterte ihr ins Ohr. Erst als sie auf der Toilette mein wahres Selbst im Spiegel sah, wollte sie mich plötzlich loswerden. Aber so funktionieren die Dinge nunmal nicht. Obwohl diese Verzweiflung, diese Angst köstlich war …“
Hätte jemand darauf geachtet, wären ihm die wehenden Vorhänge und die wässernen Fußspuren aufgefallen, die sich auszubreiten schienen. Nadine spürte eine Bewegung nahe bei ihr. Etwas befand sich in ihrer Hand. Es war ein Stück Papier. Eine Tür war darauf gezeichnet. Darunter stand:

Mit freundlichen Grüßen, die Sin.

„Natürlich hat ein Körper ohne Seele gewisse Nachteile. Die Gefühle der Brüder nährten mich bei weitem nicht so gut. Als es ihnen dann schließlich gelang, hatten sie plötzlich die Hosen voll. Sie sperrten mich in dieses Glas, wohlwissend, das es mich nicht lange aufhalten würde. Ich harrte aus, während sie die Konsequenzen ihrer törichten Handlung tragen mussten. Aber bald schon spürte ich erneut den Hunger. Es ist wie eine Droge. Wobei Suchtmittel menschlich sind. Was für ein glücklicher Zufall, dass mich dieser Hohlkopf Andreas gefunden hat.“ Der Schattenmann, der durch Cindy sprach, hob das Messer. Dann stockte er. Chris meinte, in dem Gesicht eine Spur von Verzweiflung zu erkennen. Chris hielt die Axt so fest, dass das Weiß in den Knöcheln hervortrat.
„Sin“, Cindy spie das Wort mit Verachtung aus, „Sie können mich nicht töten, weil ich diesen Körper vollends besitze. Ich spüre den schillernden Strom eurer Ängste. Wabernde Regenbogen in eurer sonst so trüben, langweiligen Welt! Ein köstliches Mal.“
Chris trat vor. In seinen Augen stand energische Entschlossenheit. Es tat weh, Cindy so zu sehen, aber er redete sich ein, dass sie nicht mehr in diesem Körper wohnte. Was vor ihm stand war der Schattenmann. Ein Monster, das nicht in diese Welt gehörte.
„Mut, eine weiteres faszinierendes Gefühl. Oder sehe ich da eher Verzweiflung? Und Hass. So eine Fülle an Gefühlen, Emotionen … unkontrollierbar, chaotisch wie der Mahlstrom der Zeit selbst.“
Diese Augen, die nicht mehr Cindy gehörten, richteten sich auf Chris.
„Du willst dich mir also immer noch stellen, was?“ Ein grausiges Lächeln, das Chris sein Blut gefrieren ließ. „Ich werde dir zeigen, was ich mit deinen Gefühlen erschaffen kann, Mensch.“
Cindys Knochen knackten, die Haut brach auf. Die Gestalt wuchs und entfaltete sich wie Schmetterling nach der Verpuppung. Nadine schrie auf und wandte den Blick ab. Chris erstarrte im Anblick dieses Grauens. Das klirrende Geräusch des fallenden Messers wurde von niemandem wahrgenommen. Es blitzte erneut. Das grelle Licht machte die Züge der alptraumhaften Kreatur noch grotesker.
Noch nie hatte Chris sich so sehr Dunkelheit gewünscht. Das Monster war doppelt so hoch wie er mit einer Breite von Schulter zu Schulter, die selbst Goliath mit Neid erfüllt hätte. Der rechte Arm endete in drei sich wie Seeschlangen windenden Tentakeln, der linke in einer gewaltigen Klauenhand. Der Kopf war der eines Drachen, die gespaltene Zunge leckte über mit harten Hornschuppen gepanzerte Lippen. Der dicke Bauch hätte einem Troll alle Ehre gemacht.
„Sieh nun, was ich aus deinen Gefühlen geschaffen habe. Ich kann sie schmecken, ich kann sie sehen! Ich kann Bilder damit malen“, grollte die Kreatur.
Chris wollte den Blick abwenden. Er wollte dieses Monster nicht sehen. Aller Mut schien ihn zu verlassen. Nackte Angst schien sein einziger Gefährte zu sein und sie lähmte ihn.
Es ist nur eine Illusion, flüsterte eine Stimme in seinem Ohr. Er sah sich um. Doch da war nichts. Sie war so deutlich gewesen, dass er für einen Augenblick dachte, jemand würde neben ihm stehen und ihm ins Ohr flüstern. Der dämonische Koloss kam immer näher. Jeder Schritt ließ den Erdboden erbeben.
Nur eine Illusion, das wusste er auf einmal. Aber es war alles so real. Nein es ist nichts weiter als ein Trugbild! Er nahm seinen letzten Mut zusammen und schrie: „Du bist nicht real, du verdammtes Dreckvieh. Du hast Cindy getötet und alle anderen. Du wirst uns nicht bekommen.“
Er holte mit der Axt aus. Donner ließ den Raum erbeben, der Koloss stockte. Die Tentakel verharrten in der Luft, als wären sie gefroren.
„Du … bist … nicht … real!“
Die Axt traf in den fetten Wanst des Monstrums. Eine schwarze, zähe Flüssigkeit sprudelte hervor wie aus einer Ölquelle.
„Nein, dummer Junge! Wie kannst du es wagen. Du zerstörst mein Werk!“, jammerte die Monstrosität. Die Umrisse der Kreatur verschwammen bereits und schienen sich aufzulösen wie Rauch. Die Klauenhand, nun nicht mehr als ein schwarzvioletter Klumpen Materie, traf Chris am Bein. Er wurde durch die Luft geschleudert.

Nadine verfolgte, wie das zerfallende Trugbild Chris mit einer Art unförmiger Keule am Bein traf. Er schrie auf, verlor die Axt aus den Händen und wurde an die gegenüberliegende Wand geschleudert, wo er bewegungslos liegen blieb. Eine Wolke aus Rauch stieg an die Decke. Der tote Körper Cindys fiel in eine Lache aus schwarzem Blut.
„Nadine!“ Die Stimme schien aus einer anderen Welt zu stammen. Doch sie konnte die Stimme zu ordnen. Es war Leon.
„Hey, Rauchbombe. Dieses Ding sollte dir wohlbekannt sein!“
„Wage es nicht! Du weißt, dass mich dieses Gefängnis nicht für immer aufhalten kann!“ Ein ohrenbetäubendes Heulen ertönte, als der Rauch in die Glasflasche gezogen wurde. Der Schattenmann wand sich und versuchte dem Sog zu entwischen, wie eine Schlange aus dem Griff eines Mungos. Doch es half nichts. Schweratmend und zitternd verkorkte Leon die Flasche. Es war still, bis auf den Wind und die gelegentlichen Donnerschläge war alles still.
„Ist es vorbei?“ fragte Nadine.
„Nein, ich wünschte, es wäre vorbei …“
Stöhnend erwachte Chris und hinkte auf sie zu. Er deutete auf die Haarrisse, die sich bereits auf dem grünen Glas bildeten. „Sobald sein Gefängnis zerbricht, wird er sich einen neuen Wirt suchen. Die Sin werden das nicht zulassen. Sie werden uns eher töten, bevor es soweit kommt.“
Er schluckte.
„Es sei denn, wir werden ihn los.“
„Dazu brauchen wir eine Tür“, flüsterte Nadine. Leon nickte. Chris ließ sich ächzend auf einem der Stühle nieder, die an einem der Tische standen, die den Kampf auf wundersame Weise überlebt zu haben schienen.
„Genau“, sagte Leon. „ Kannst du das?“
„Ich weiß es nicht“, sagte sie.
„Versuch es“, meldete sich Chris. Er hatte seine Zigaretten gefunden und steckte sich eine in den Mund. Die Flamme eines Feuerzeugs zischte auf. „Oh Mann, das habe ich gebraucht jetzt!“
Nadine tauchte die Hände in das schwarze Blut, welches das Monstrum zurückgelassen hatte, und suchte sich eine Wand aus. Leon und Chris sahen der großen Künstlerin bei der Arbeit zu.

Schon bald standen die Grundrisse. Nadine erinnerte es ein wenig an das Zeichnen mit Tusche, nur dass sie hier die gesamte Hand verwendete. Schmunzelnd fügte sie einen Knauf hinzu. Sie glaubte nicht daran, dass es funktionierte, aber ihre Lage war alles andere als hoffnungsvoll.
Sie für ihren Teil wollte nichts unversucht lassen. Wenn sie die Karikatur einer Tür, gemalt mit dem Blut ihrer Freundin, das sich seltsamerweise in das Blut des Schattenmannes verwandelt hatte, retten konnte, dann wollte sie dem nicht mit Zweifeln im Weg stehen. Sie spürte, dass sie nicht die Einzigen im Raum waren. Sie wurden beobachtet von unsichtbaren Augen. Die Sin warteten, und das gab ihr Hoffnung. Vielleicht hielten sie es noch nicht für nötig, einzugreifen. Sie nickte.
„Ich bin fertig, und jetzt …“
Verblüfft stockte ihr der Atem mitten im Satz. Licht brach durch die schwarzen Linien in den Raum. Nadine strich sich eine Strähne ihres braunen Haares aus der Stirn. Die Konturen der Tür verhärteten sich. Die Tür schien Realität zu werden. Der Knauf war wie der Kopf eines Löwen geformt. Genau wie ich sie mir vorgestellt habe, dachte Nadine, als wäre sie aus meiner Vorstellung direkt in die Realität gesprungen.
Mit einem leisen Klicken schwang die Tür auf und gab den Blick auf eine weite Wüste frei. Die Sonne brannte vom Himmel. Ruinen eines alten Volkes schienen im Sand zu versinken. Nein, von verschiedenen Völkern. Sie konnte einen mittelalterlichen Turm sehen und eine Bürokomplex. Autowracks, Betonhäuser, sogar einen Panzer. Nadine assoziierte das, was sie sah mit einer Müllhalde.
„Etwas bleibt noch“, meldete sich Leon und riss sie aus ihren Gedanken.
„Jemand wird sich opfern müssen“, sagte er mit dünner Stimme.
„Wieso?“
„Die Sin können ihn nicht zurück in seine Welt schaffen. Einer von uns muss es tun …“
„Warum nicht?“
„Auch die Wächter des Universums sind nicht allmächtig. Sie sind nur die, die das Uhrwerk in Gang halten. Sie hoffen auf uns. Überlegt doch mal hätten sie es gekonnt, hätten sie es schon in der Hütte getan. Vielleicht haben sie uns absichtlich dorthin gelotst. Fragt mich nicht, woher ich das weiß. Ich spüre es einfach. Vielleicht ist es irgendeine Art von Telepathie. Es gibt Regeln. Es war unsere Aufgabe … Sie haben es nur in die richtige Richtung geleitet mit Hinweisen … nun müssen wir entscheiden, wer auf die andere Zeit geht und die Rauchbombe mitnimmt.“
„Einer wird gehen müssen, um die anderen beiden zu retten“, sagte Chris trocken.
Leon nickte.
„Und wer soll es sein?“, fragte Nadine.
„Was ist, wenn wir ihn nicht kontrollieren können? Wenn er ausbricht, wie er es bei Cindy getan hat?“
„Wir drei sind die letzten, die übrig sind. Wir haben den Horror dieser Nacht überlebt und sind weder tot, noch dem Wahnsinn verfallen wie mein Großvater. Wer wäre besser geeignet, ihn gefangen zu halten?“
Sie wussten alle, dass es stimmte. Wieder blitzte es, gefolgt von Donner. Der Wind hatte nachgelassen, doch es regnete nach wie vor. Das Regenwasser vermischte sich bereits mit dem seltsamen schwarzen Blut.
„Wir lassen das Schicksal entscheiden.“ Auf einmal hatte er einen Kloß im Hals. „Chris, hast du noch die Karten?“
Er überreichte ihm das Deck. 52 Karten, ein Pokerdeck. Leon mischte die Karten. Es war totenstill, als sie sich an den Tisch setzten. In der Mitte die Flasche mit dem Schicksal des Verlierers. Die Haarrisse dehnten sich weiter aus. Lange würde das Glas nicht mehr halten. Leon teilte aus.
Jeder erhielt vier Karten. Nadine fühlte sich an den Tag in der Hütte zurückerinnert.
„Wir drehen sie nacheinander um. Die Karte mit dem jeweils höchsten Wert gewinnt. Wer am Ende die meisten Karten hat …“
„ … muss gehen“, sagte Chris und zog an seiner Zigarette.
Die erste Karte der Vier wurde umgedreht. Chris hatte die höchste Karte, Karo-Ass. Die zweite wurde umgedreht. Nadine hatte einen Pik-König und gewann diese Runde. Die dritte Karte ging an Leon. Vor der letzten Karte hielten die drei Freunde kurz inne.
Sie drehten alle gleichzeitig um. Einen Kreuz-Buben für Nadine, eine Pik- Dame für Chris, ein Pik-Ass für Leon.
„Ich habe den Jackpot gewonnen, Ladys and Gentlemen“, sagte er mit einem dünnen Lächeln. Er stand auf und nahm die Flasche.
„Man sieht sich“, sagte er.
„Man sieht sich“, sagte Chris.
„Nan sieht sich“, sagte Nadine. Die Tür schloss sich hinter ihm mit einem Klick, die Konturen schwanden wieder, und dann war die Tür nur noch eine schwarze Zeichnung. Verliert niemals seinen Humor, der Junge, dachte Chris. Im nächsten Moment fragte er sich, wer war eigentlich Leon?
Die schwarze Flüssigkeit floss in dicken Tropfen an der Tapete entlang. Nadine und Chris starrten noch lange an die Wand. Schon bald würden sie die Schrecken der Nacht vergessen haben, dafür würden die Sin sorgen.

 

So neue Story am Start. Ich hoffe dieses mal sind keine Rechtschreib- und Flüchtigkeitsfehler mehr drin! Ansonsten viel Spaß beim Lesen.

mfg Leos

 
Zuletzt bearbeitet:

Aus Horror ins KC
............

Moi Leos,

hier sind mir mal wieder zu viele Fehler drin, daher verschieb ich ins Korrekturcenter. Tipper haben wir alle mal, aber der letzte Text war jedenfalls ein bissl besser geprüft. Zeichensetzung ist auch fehlerhaft.

Ein roter Punkt sollte ihren Standpunkt anzeigen. Die mit Holz umrahmte Plastiktafel zeigte den Sorpesee. Er vermutete, dass sich ein paar Kinder den Spaß erlaubt hatten, den Punkt mitsamt einem Teil der Karte wegzukratzen. Kopfschüttelnd wandte er sich um.
;) Bezug folgt vom See, nicht vom Prot.
fahlen Nachgeschmack
Schaler Nachgeschmack, aber fahles Licht, kann man nicht beliebig mixen.
Atelier.“. Er deutete
„Nein, ihr seid die Ersten die ich gehört habe.“
Klein, dahinter könnte z.B. Leute stehen.
Er klopfte dramaturgisch an die Holztür.
mit dramatischer Geste / dramatisch. (Schlag doch mal Dramaturgie nach)
Messerknauf die Glastüren eingeschlagen
Türknauf / Messergriff s.o.
ChrisHänden
Wie schon ein paar Mal gesagt, gibt es im Dt kein Apostroph, auch wenn der Name ausländisch ist.
abergläublisch?
Julian Welsch
Welsh, wenn der Brite oder Ami oder so sein soll.
Ziammonika
Argh! Ziehharmonika, das ist eine Harmonika zum Ziehen, sozusagen. Genauer gesagt hießen so die alten Formen des Akkordeons.

... und so und so ... Word-RS-Prüfung hätte schon geholfen, och mennö, jedes Mal sagt Dir das jemand. Also, hier warst Du einfach faul, meine Liste ist nur so nebenher aufgesammelt und dolle unvollständig.

:) Aber immerhin habe ich diesmal keinen hessian headless horseman gefunden, was aber nix heißen soll. Vor einem solchen Erstaunen, daß es Themen schon gibt, bewahrt man sich, indem man sie überprüft, bevor man ne ganze Geschichte schreibt. Ich weiß, Du willst das nicht; aber ist die Haltung grad bei Dir wirklich sinnvoll?
Oder setz doch - ohnehin sehr elegant - einen disclaimer in den Erstkomm, woher die Grundidee kommt (selbst wenn sie kein copyright hat). Finde, das sollte Autorenehre sein, nichts als eigenes auszugeben, was es nicht ist. Das gilt für jeden Text und jedes verwendete Bild.

Viele Grüße, toi toi toi,
Katla

Edit: Ich frozel auch nicht an Sleepy Hollow alleine rum, sondern an der Legende, auf die sich das Buch sehr wahrscheinlich bezieht, denn der Reiter bei Burton war auch ein Hesse. Richtig, eine Folk-Legende hat kein copyright. Aber Deine Idee war es dennoch nicht, und die Frage wäre, ob das aufgekommen wäre, hätte niemand von der anderen Vorlage gesprochen. Da brauchst Du auch gar nicht so eingeschnappt sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

HI Katla,
Ich sag da einfach mal nix zu und denk mir meinen Teil, danke. Ich habe nie etwas geklaut und werde es auch nie tun. Die Anspielung auf den Reiter kannst du dir schenken, weil sleepy hollow weder von der story noch von kopflosen reiter im aussehen und verwendungszweck, auch nur im entferntesten etwas mit "Das Schweigen in der Stille" zu tun hat. Wenn du genau liest merkst du das. Nur der Name ist der gleiche, weil ich den gleichen mythologischen Ursprung verwende, der auf Wikipedia nachzulesen ist.
Die Fehler in dieser story, die du angemarkert hast, sind größtenteils unglücklich gewählte Ausdrücke, die aber nicht falsch sind und die Namen sind nicht ausländisch. mMm nicht genügend um ins KC abgeschoben zu werden, aber ich bin ja nur ein kleiner Fisch und du der BigBoss. Ich werds mir ansehen.

Edith meint: Alles bearbeitet, merkwürdig kaum mehr Fehler gefunden alles oben aufgelistet ...

Edith meint auch: Jemand hat die Frage gestellt und ich habe auch damit gerechnet sie gestellt zu bekommen und habe sie ja auch wahrheitgemäß beantwortet oder nicht?Sagen und Märchen sind Allgemeingut und wie gesagt ich hab mich ja auch nur entfernt darauf bezogen.
mfg Leos

 

Hallo, Leos!

Eine interessante Variante von Dschinn! - Wenn das so gedacht war.

Was mich an der Idee gestört hat ist die Ausführung, man hätte bestimmt mit etwas Geduld mehr draus machen können.

Ich nenne hier einige Stellen, die mir aufgefallen sind. Wie immer sind dies nur Denkanstöße, die man halt annimmt oder nicht.

Sorpesee
- Ist mir schon bei deiner letzten Geschichte aufgefallen: Braucht man nicht, weil es später öfters erwähnt wird. Und, so etwas wird ja nur dann verwendet, wenn die Geschichte an mehreren Orten spielt, bei dir ist das nur ein Ort.

„Verdammt, wo sind wir hier, Chris?“
„Sorpesee, mitten im Nirgendwo weit außerhalb der Zivilisation.“
„Danke für den geistreichen Kommentar, Leon.“
„Immer wieder gerne“, sagte dieser grinsend mit den Händen in den Taschen seiner Bermudashorts. Seine Augen waren von den getönten Gläsern einer Sonnenbrille verborgen. „Du weißt ja, Cindy. Ich bin immer hilfsbereit.“
- Dieser Dialog sagt überhaupt nichts aus. Als Anfang kann man auch den nächsten Satz nehmen, ich meine, da würde nichts verloren gehen. Vielleicht wäre es hilfreich anzugeben, um wie viele Leute es geht – wie groß die Gruppe.
An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich zunächst total durcheinander gekommen bin, ich wusste einfach nicht wieviele es sind. - Komisch.
Na ja, vielleicht wären weniger Charaktere besser gewesen...

Chris vermutete, dass sich ein paar Kinder den Spaß erlaubt hatten, den Punkt mitsamt einem Teil der Karte wegzukratzen.
- Ist auch so ein Satz. Zunächst einmal fängt dieser mit dem Namen „Chris“ an – genauso wie der Satz oben (im Text nicht im Kommentar), unschön, wenn es oft passiert -, und zweitens, ist das eine Information, die eigentlich keine ist, also für den Text irrelevant.
Ansonsten schreibst du ständig von "spüren, fühlen, vermuten, dachte...", dies hätte man mit einfach Mitteln auch umschreiben können.

Kopfschüttelnd wandte er sich um. „Ich glaube, wir sind irgendwo am nördlichen Ende des Sees! Also nicht mehr allzu weit bis zur Jugendherberge.“
Nadine stand hinter ihm. Die schulterlangen, brünetten Haare wurden mit Spangen zurückgehalten.
In der Ferne zwitscherte ein Vogel.
- Dieser Satz passt an der Stelle nicht.
Und überhaupt ist es etwas verwirrend: Nadine wird erwähnt, dann Chris, der Cindys Blick auf sich spürt, dann sagt Leon was und dann ist da noch die Rede von Andreas. Deswegen dachte ich mir, es wäre besser zum Anfang hin anzugeben, wie groß die Gruppe ist.

„Leons Idee“, sagte Nadine in einem nicht minder genervten Tonfall. Chris entging nicht, wie Cindy wieder einen schnellen Blick zu ihm riskierte, aber dann erneut Leon ansah, der den...
- Wieso „erneut“, oben steht doch gar nicht, dass Cindy Leon ansieht, oder? Ohne „erneut“ würde der Satz auch funktionieren. Und „erneut“ könnte man anstatt des „wieder“ setzen.

Bleistift zwischen die Zähne nahm wie Tom Sawyer es mit Grashalmen tat.
- Dieser Bezug auf das Buch von Mark Twain ist komisch, - er hätte mehr gepasst, wenn vorher erwähnt würde, dass Cindy dieses Buch entweder gelesen hat oder gerade liest. So ist das unverständlich.

„Was soll das jetzt wieder sein?“, murrte Cindy. „Was soll's, ich bin morgen eh tot.“
- Diese Aussage ist interessant. Wolltest wohl so etwas wie eine Voraussage einfügen, oder? Wie man es halt bei einigen Horrorfilmen tut, und dann passiert es wirklich – der Zuschauer meint dann: „Tja, hätte sie das nicht laut sagen sollen!“
Ich aber denke, warum sagt sie das? Ist sie so ein negativer Mensch, der auf solche Gedanken steht, wohl wissend, dass dahinter nichts ist? Also, den Eindruck von ihr hatte ich nicht.

Die mächtigen Wurzeln ragten wie klagende Totenfinger
- Hm, können Finger klagen? Außerdem, gibt es so eine Zusammensetzung: Totenfinger?
Das Word bei mir mag das Wort gar nicht, ich hab es dann ins Google eingegeben, und der lieferte ein paar interessante Ergebnisse, als Beispiel ist hier die Blaugurke zu erwähnen, die im Englischen „Dead Man’s Fingers“ genannt wird. Na ja…

Die Freunde schwiegen, vielleicht aus Neugier, vielleicht aus Nervosität. Was sollte es schon Interessantes geben? Dennoch spürte Chris, wie ihn etwas beunruhigte. Es war eine Art dunkle Aura.
Es schwappte an ihre Fußspitzen wie eine langsam schleichende Flut, als wollte es sie vor irgendetwas warnen. Es war wie eine Vorahnung. Chris glaubte natürlich nicht an so etwas, dennoch hinterließ dieses Gefühl einen schalen Nachgeschmack. Niemand sprach es aus, schließlich war das vollkommen verrückt. Doch tief im Inneren wussten sie es alle. Trotzdem gingen sie weiter, vielleicht war es Schicksal, vielleicht auch einfach nur Neugier.
- Hier zB. wäre es schöner gewesen, wenn du auf die Natur um die Gruppe herum eingegangen wärst, beschreiben, wie du das mit den „Fingern eines Toten“ gemacht hast. Den Anfang für die düstere Stimmung hast du ja schon, jetzt muss das noch mehr ausgeschmückt werden. Die Gefühle des einzelnen, passen hier nicht, weil noch nichts Großartiges geschehen ist. Die gehen ja irgendeinen Hügel hoch, und das Wetter ist schön, und die Vögel zwitschern… Kein Grund also für böse Gedanken.
Übrigens fand ich den Ausdruck „schleichende Flut“ auch schräg, hab ihn in Google eingegeben, der sogleich wieder etwas finden konnte. Kannst mal machen, ist interessant. :)

Schließlich erreichten sie die kleine Lichtung und sahen es. Vor ihnen erhob sich eine Blockhütte, gut versteckt zwischen Birken, Fichten und Buchen.
- Ist eine Lichtung nicht so eine Stelle, wo keine Bäume stehen?
- Können Birken, Fichten und Buchen nebeneinander wachsen? – Ich habe keine Ahnung! Nur soviel dazu: Eine Baumart hätte gereicht, Fichten zum Beispiel.

Da würde ich dir zustimmen, aber wartet, bis ihr seht, was sich drinnen befindet“, sagte er amüsiert. Er klopfte aufgesetzt dramatisch an die Holztür. Die rostigen Scharniere quietschten. Das zersplitterte Fenster schien sie anzustarren wie ein Zyklopenauge.
Chris fuhr ein Schauer über den Rücken.
„Kommt ihr?“, sagte Andreas und trat ein.
- Der hat ja nur geklopft, - und die Tür ging schon auf?
- „Zyklopenauge“, wieder so ein Vergleich…
- „Das“ gibt mir zu verstehen, dass es in der Hütte nur ein Fenster gibt, doch etwas unten steht, „durch ein schmutziges Fenster…“, also gibt es doch mehrere Fenster, denn, ob das kaputte schmutzig oder sauber ist, ist sowieso unwichtig.

Der verweste Körper eines Mannes. Den Kopf nach hinten geworfen, der Mund in einem stummen Schrei erstarrt.
- Zur Verwesung eines Körpers gibt es auch verschiedene interessante Fakten. Das Beste von denen könnte an dieser Stelle für Ekel sorgen, wie diverse Insekten, die aus verschiedenen Löchern krabbeln. Jedoch verschenkst du diesen Effekt aus mir unerfindlichen Gründen. Schade.
- Nur eine kleine Anmerkung hierzu: Ich hab schon in einem Kommentar gelesen zu irgendeiner Geschichte, dass dieser Ausdruck sich komisch liest, als hätte der Typ seinen Kopf nach hinten weggeworfen. Ist zwar verständlich was gemeint ist, jedoch liest es sich unfreiwillig komisch.

Obwohl er es nicht sehen konnte, glaubte er, dass sein Gesicht aschfahl war.
- Der Satz ist schon komisch gestaltet – obwohl er es nicht sehen kann, glaubt er, dass sein Gesicht… Vielleicht hätte man hier von seinen Gefühlen erzählen können, oder einfach sagen können, dass sein Gesicht aschfahl, kreidebleich o.ä. aussieht.
Ist übrigens das, was ich oben gemeint hatte, von wegen "fühlen, spüren,..."

„Eindeutig tot“. Er klopfte auf den Schädel, der daraufhin mit einem nicht näher definierbaren knirschenden Geräusch abbrach.
Cindy sah aus, als würde sie sich gleich übergeben.
- Was heißt denn „nicht näher definierbar“? Das Geräusch kann bestimmt definiert werden, oder?
- Ich glaube, nicht nur Cindy hat eine Reaktion verdient, sondern auch all die anderen. Oder sind das alle gefühllose Roboter; oder begegnen sie jeden Tag einer Leiche?
- Im Übrigen hätte ich mir an dieser Stelle mehr Einzelheiten gewünscht… Einfach zu sagen, der Kopf ist abgebrochen und auf den Boden gefallen ist einfallslos, - es hätte doch besser geklungen, wenn der Kopf noch rumgerollt wäre, vielleicht auf Cindy zu, sie kreischt, tobt mit den Füßen, erwischt dabei aus Versehen den Schädel, zerdrückt ihn… und so fort.
Du weißt, was ich meine. Da könnte man eine richtig eklige Szene einbauen.

Wahrscheinlich etwas Alkoholisches, dachte Chris.
- Solche Gedanken, hätte ich am Liebsten alle gelöscht. Die lesen sich einfach nur blöd, … tut mir Leid aber so ist das.

Bert Gremheim, 17.05.1958, letzter Eintrag,
Meine Tage sind gezählt. Die Unsichtbaren wollen den Schattenmann. Sie sprechen mit mir, flüstern in mein Ohr. Sie sind hinter diesem Dämon her. Wir haben uns gestritten. Niemand wollte die Verantwortung für unseren Fehler übernehmen. Wir hätten ihn nie in unsere Welt holen dürfen. Mein Bruder meinte, dass es nun mal passiert, es war Schicksal. Ich antwortete, dann müssten wir die Verantwortung übernehmen und vor den Unsichtbaren gerade stehen.
Nun, kurz bevor ich diese Zeilen verfasst habe, haben wir uns geeinigt. Möge das Schicksal entscheiden, wer sich den Wächtern stellen muss. Falls ich es bin, hoffe ich auf Gott, falls es ihn gibt, dass es ein schneller Tod sein wird. Ich habe ihre Opfer gesehen. Kanonenkugelgroße Löcher, aufgebrochene Brustkörbe. Blut überall. Na ja, je nachdem, wie es ausgeht, ich werde mich in mein Schicksal ergeben. Ich hoffe nur, mein Bruder wird dasselbe tun.
- Es wäre schöner, dieses in kursiver Schrift zu lesen.
- Es liest sich übrigens holprig. Schon der Anfang: Hat er sich mit den Unsichtbaren gestritten? Sollte das nicht „…, dass es nun mal passiert ist“ heißen?
Der Satz mit dem Gott, dazu
1. Wortwiederholung „falls“;
2. Wenn es die Dämonen gibt, dann müsste es ja auch einen Gott geben, oder? – Wenn man schon so weit geht und behauptet, dass es Dämonen gibt, dann… na ja…
3. Die Beschreibung der Opfer – ob es hier rein passt?
4. Das Ende des Eintrags mit einem „Na ja“ eingeführt, gefällt mir nicht. Ich verstehe schon, es ist Schicksal, doch nachdem dieser Typ „ihre Opfer“ beschrieben hat, sagt er: „Na ja, was soll’s, Scheiß drauf …“ – Nee.

„Dieser Dämon … er war in seinem Bruder drin, oder etwa nicht?“, meldete sich Andreas zu Wort.
- Wow, wie kommt er drauf?

Leon trat ans Fenster und blickte hinaus, als würde er etwas suchen. Er murmelte: „Unsichtbar“. Schließlich sah er etwas. Nicht mehr als eine kurze spiegelnde Lichtreflexion und einen sich bewegenden Ast. Alles Einbildung, redete er sich ein. Die Unsichtbaren gibt es nicht, alles Einbildung.
- Das Ganze, nee, weg damit. Warum: Das was kommt, sollte eine Überraschung sein, egal, ob der Leser schon etwas erwartet oder nicht. Und was er sich da einredet: Wer hatte denn gesagt, dass es diese Unsichtbaren gibt? Es war nur ein Eintrag im Tagebuch eines Toten, der auch verhundern sein könnte, es gibt ja keine Hinweise auf einen Mord.
UND WAS MIR HIER FEHLT:
- Die Typen sind ja hart drauf. Da war eine Leiche, komischer Eintrag im Tagebuch, Fragen aufwerfender Rauch in der Flasche… Also, wenigstens ein paar wären aus dem Häuschen gesprungen, oder?

Heftiges Wetter, dachte Julian Welsch, der Betreiber der Jugendherberge. Hoffentlich laufen die Keller nicht voll. Er hatte nicht die geringste Lust, den Sommer wieder mit Renovierungsarbeiten verbringen zu müssen. Die Keller waren zwar saniert worden und es roch nicht mehr so streng nach Schimmel wie in den vergangenen Jahren, aber er traute dem Braten nicht.
Doch er hatte still gehalten, er konnte der Handwerkerfirma nichts nachweisen und er hatte keine Lust, die Gerüchte, er sei ein humorloser, paranoider Tattergreis, weiter zu nähren. Also würde er warten, wenn die Keller vollliefen, würde er die Firma verklagen.
Seine einzigen Gäste in diesem Sommer saßen im Gemeinschaftsraum. Es kam ihm so vor, als wären sie seit ihrer Wanderung irgendwie verändert. Selbst dieses Plappermaul Leon war ungewöhnlich still diesen Abend. Er wusste nicht, was im Wald geschehen war, genau genommen wollte er es auch nicht wissen. Wahrscheinlich irgendwelche Teenagertragödien. Es ging ihn nichts an.
Stirnrunzelnd machte er sich an die Arbeit. Essensreste und Geschirr landeten klirrend auf dem Speisewagen. Es war nicht viel, weil er diesen Sommer nur für die drei Jungen und zwei Mädchen kochen musste.
Ein greller Blitz erleuchtete den großen Lobbyraum und ließ die verwaisten Tische bei den Fenstern die kalkweiße Farbe annehmen, als wären sie aus Gebeinen gefertigt. War dort nicht gerade eben etwas? Ein erneuter Blitz ließ ihn zusammenzucken. Ein schemenhafter Umriss zeichnete sich auf der Wand ab. Es war kein Mensch gewesen, da war Julian sich sicher.
Dann schüttelte er den Kopf. Ich bin zu alt für schwarze Männer und Monster, dachte er und grinste, was ich jetzt brauche, ist Feierabend und eine Flasche Wodka.
- Muss man so viel über den Typen wissen? Der stirbt doch sowieso bald.

Das Schweigen wurde nur vom rumpelnden Donner unterbrochen. Sie saßen nur da und starrten sich an. Es gab viele Fragen, aber keiner wusste Antworten. Leon kaute an seinem Bleistift und starrte an die Wand. Nadine war nach oben gegangen. Sie brauchte Ruhe, hatte sie gesagt. Das brauchten sie alle. Andreas ging ungeduldig auf und ab und wechselte von Fenster zu Fenster. Überall bot sich ihm das gleiche Bild. Vom Regen durchtränkte Tischtennisplatten und vom Wind hin und her geworfene Bäume. Der See war nur eine einzige, unruhige, graue Masse, die vom Himmel kaum zu unterscheiden war. Cindy war auf die Toilette gegangen. Chris lehnte in einer Ecke an der Wand und beobachtete, wie der Sturm die Bäume hin und her warf.
Schließlich verließ dieser den Raum ohne ein weiteres Wort. Leon holte den Notizblock hervor und kritzelte etwas darauf. Es war eine Flasche, aus der schwarzer Rauch entwich. Im Rauch wanden sich Schlangen oder Tentakel, was auch immer.
- Wortwiderholung: „nur“, „auf und ab“ und „hin und her“
- „… was auch immer“ – Das liest sich wie die Meinung des allwissenden Erzählers, der seine Beobachtungen auf diese Weise nicht aufschreiben würde. Wenn es aber die Einsicht eines der Protagonisten war, dann von wem genau?

Leons Profil leuchtete im grellen Blitzlicht auf. Es erinnerte ihn ein wenig an die kantigen Züge einer Mangafigur.
- Muss dieser Vergleich sein? Warum erinnert er ihn an eine Mangafigur? Liest er Mangas?
- Und, ich dachte, Chris hätte das Zimmer verlassen???

Das Schweigen wurde wieder gebrochen, als sie plötzlich Andreas in der Tür stehen sahen. Er wirkte wie ein bleiches Gespenst, nur eine Parodie des Lebens.
- Sind Gespenster nicht bleich? Nein, die sind durchsichtig, oder… hm…
- „Parodie des Lebens“, nein, das passt nicht.
- Ich wusste gar nicht, dass Andreas weg war!!!

„Der Zivi, der Koch, die Angestellten … sie … sie sind tot“
- Die Einführung in den ersten blutigen Mord ist mMn nicht so gut gelungen. Ich meine, wenigstens Schreie hätte man einbauen können, was dann das Weggehen von Andreas erklären könnte; oder, das spätere Suchen nach der Quelle… - Chris, Leon und Andreas gehen ja dann nachschauen… - Das als Beispiel!

Die Küche war ein Chaos aus verstümmelten Körpern, Geschirr und dunkelroten Blutlachen
- „dunkelroten Blutlachen“, vielleicht besser „dunkelroten Pfützen“ – Blut ist ja rot!

„Genug!“, schrie Andreas, „ich will hier raus!“
- Die Reaktion von Andreas liest sich komisch, - er hätte das ganze Massaker nicht noch einmal anschauen sollen; nach Andreas würde ich ansonsten einen Punkt machen und dann groß weiter schreiben.

Chris und Leon wechselten einen vielsagenden Blick und rannten die Wendeltreppe hoch, die zu den Schlafräumen führte. Die einzelnen Zimmer waren mit Tiernamen betitelt. Hirsch, Hase, Bär. Vor einem Schild mit der Aufschrift ‚Karpfen’ blieb er stehen.
- „viel sagender Blick“ – komisch, wieso denn viel sagend? Überhaupt hätte ich den Satz mit „Sie rannten die Wendeltreppe hoch…“ angefangen.
- Wer kam an der Tür an? Chris oder Leon und wo ist Andreas?
„ ... Ich verschwinde!“
– Ist wenig, einfach zu sagen „Ich verschwinde“, und dann ist er auch weg. Und, wer hätte ihn denn überhaupt gehen gelassen in so einer Situation?

Ein greller Blitz tauchte den Korridor in gleißendes Licht.
Leon meinte, eine Bewegung am Ende des Ganges erkennen zu können. Kopfschüttelnd tat er es als Einbildung ab.
- Und hier wieder so eine Stelle, aus der man viel mehr hätte machen können. Er sieht einen Menschen, Schatten, ein Bein bzw. eine Hand mit einem Messer hinter der Flurecke verschwinden etc. … Aber, nein nichts davon ist da… schade.
- Die Tiernamen statt Nummern finde ich dagegen klasse.

„Ist irgendwer da drin?“
- Ich hätte die Namen des mir bekannten Menschen gerufen…

„Wer will das wissen“, kam eine ängstliche Stimme von drinnen. Nadines Stimme.
- Warum so umständlich? Es geht auch so: „fragte Nadine“

„Beweist es!“
- Wieso, erkennt sie ihre Stimmen nicht? Ich dachte, alle kennen sich.

„Wie gut, euch zu sehen.“ Sie umarmte sie beide. Dann sagte sie: „Ich habe ihn gesehen, diesen Schattenmann…“
Hatte er die Leute in der Küche umgebracht? Was ist das bloß für ein Wesen. War es in der Flasche gefangen gewesen wie eine Art Dschinn? Beim Gedanken an die Küche fühlte er, wie die Übelkeit wieder hochkam. Er zwang sich zur Ruhe. Kühlen Kopf bewahren. Sie mussten zusammenbleiben, allein waren sie leichte Ziele. Als nächstes mussten sie eine Möglichkeit finden, mit der Polizei Kontakt aufzunehmen. Der Sturm hatte sie von der Außenwelt abgeschnitten, aber vielleicht konnten sie sich verstecken, die Sache irgendwo aussitzen. Glaubst du das wirklich, fragte ihn eine innere Stimme. Ihn verlangte es nach einer Zigarette, doch er zwang das Gefühl nieder. Jetzt nicht. Du hast die Küche gesehen.
- Woher weißt sie, dass es der Schattenmann war? Wie kommt sie überhaupt drauf?
- Und wieder diese Gedanken, wozu denn? Jedes Mal wenn ich das lese, denke ich, der Autor hatte kein Plan, wie er die Gefühle des Protagonisten beschreiben könnte, also nimmt er die Gedanken, und erst die Fragen… Ich meine, die hatten eigentlich keine Angst in der Hütte und hatten das Geschreibsel aus dem Tagebuch als Schwachsinn hingestellt, und plötzlich glauben alle an den Schattenmann, an Dämonen…
- Übrigens: Wessen Gedanken sind es überhaupt? Das stehen Chris und Leon…

„Ich war unten in der Eingangshalle und habe die roten Fußspuren gesehen. Ich hatte solche Angst. Dann hat es gedonnert und plötzlich stand er dort hinter der Glastür im Regen. Es war dunkel draußen. Er stand plötzlich einfach da. In der rechten Hand hatte er ein Messer. Ich erinnere mich daran, wie es im Schein des Gewitters aufgeblitzt ist. Es kann nur einer von uns gewesen sein. Bei diesem Gewitter ist niemand draußen, der nicht lebensmüde ist.“
- Sie hatte solche Angst und konnte trotzdem noch so viele Einzelheiten bemerken. Für mich wäre schon die Tatsache, dass jemand nachts im Wald rum schleicht und in die Fenster rein schaut gruselig genug, dabei soll man nicht die blutigen Fußspuren vergessen, um sich ohne umzusehen das Weite zu suchen.
- Wortwiederholung: „plötzlich stand er dort“
- „Es kann nur einer von uns…“ Ich kapiere den Zusammenhang nicht, mit dem Rest ihrer Aussage.
- Und zuletzt dieser schwerer Satz: „…niemand draußen, der nicht lebensmüde ist.“ Ich habe mit solchen Aussagen auch im Alltag Probleme – zwei Mal NEIN, da muss man aufpassen, um nichts Falsches zu sagen – und sie kriegt das ohne Probleme hin, in ihrem Zustand.
- Die nächste Frage kann man sogleich vergessen!
„Hast du sein Gesicht nicht gesehen?“

Andreas war nach draußen gerannt. Sie wussten beide, wie labil seine Persönlichkeit war (...)
Hatte sich der Schattenmann seinen Körper ausgesucht?
- Andreas ist labil? Seit wann denn das, vorher konnte ich das nicht fest stellen.
- Und wieder so eine komische Frage, weg damit. – Der Leser weißt zwar, dass es irgendetwas mit dem ominösen Rauch aus der Flasche zu tun hat oder mit der Mumie in der Hütte, jedoch so etwas schon im Vorfeld zu behaupten ist nicht schön. Und: WIE KOMMEN DIE DRAUF? Ich sehe immer noch keinen Zusammenhang zwischen den "Unsichtbaren" und dem Mord!
Dass Andreas verschwunden war, wäre vorher als Information nützlicher gewesen, z.B. an der Stelle, wo sich Andreas und – Chris? – streiten.

„Er kam näher, hat mit dem Messergriff die Glastüren eingeschlagen. Ich hörte das Donnergrollen und splitterndes Glas, dann bin ich gerannt, ohne mich nochmal umzudrehen. Ich wusste nicht wohin, auf einmal stand ich auf dem Korridor. Ich hatte zum Glück den Zimmerschlüssel in der Tasche. Ich hab die Tür beinahe nicht aufgekriegt, so sehr haben meine Hände gezittert.“
- Woher weißt sie, dass er ein Messer hatte?
- Wenn sie ihn gesehen hat, und wie er das Glas zertrümmert hat, dann ist „Ich hörte … splitterndes Glas…“ nicht wichtig, ich meine sie sieht das ja, wozu dann das Hören.
- Sie wusste nicht wohin, - okay, Panik, aber ist das nicht so, dass man automatisch dort hin läuft, wo man sich auskennt?
- Obwohl sie nicht wusste, wohin, ist sie doch zu ihrem Zimmer gelaufen, und wie immer hatte sie zum Glück den Schlüssel dabei… Tja, wo hätte denn der Schlüssel noch sein sollen? Sie hatte ja nichts davon gesagt, dass jemand im Zimmer auf sie gewartet hatte, der ihr dann die Tür aufgemacht hätte, also muss der Schlüssel bei ihr sein.

Leon stieg die Treppen hinab. Vorsichtig
- Hat er auf einmal alle Treppen im Haus genommen?

- Die ganze Passage mit den Gedanken von Leon überzeugt mich nicht. An was er da für denkt, oh Mann…
- Und dann plötzlich nennt er sie Sin, sein Opa hatte ja mal so eine Kurzgeschichte geschrieben und auf einmal ist es keine Geschichte mehr, sondern Wirklichkeit. Wenn du so etwas machen willst, dass einer von der Gruppe besonders stark an das Ganze glaubt, dann muss das besser in Szene gesetzt werden, so klappt das in meinen Augen nicht, ist einfach zu plump. Da hätte man sofort schreiben können: Leon glaubt daran, deswegen ist Andreas ja auch von dem Schattenmann besessen usw.
Übrigens, die einzige gute Frage bis jetzt war die, die sich an den Verbleib des anderen Bruders von „der Mumie“ richtet.
Zum Opa von Leon: Ich hab es nicht herauslesen können, - wurde der Opa von diesen "Unsichtbaren" denn auch besucht? Wenn nicht, dann ist das Ganze irrelevant, ob die Typen Sin heißen oder irgendwie anders, dass Leon einen Opa hatte, der von ihnen eine Geschichte geschrieben hat usw.

Von wegen zusammenbleiben. Von mir aus könnt ihr darin verrrecken, wenn ihr wollt. Ich werde von hier verschwinden.
- Nur eine Wiederholung von schon längst Geschehenem!
- „… wenn ihr wollt.“ – Hört sich so an, als glaube er sich selbst nicht.

Er spürte, wie seine Muskeln zitterten
- Wieder einmal das, was ich schon oben erwähnt habe: er spürt... Das liest sich lustig, - was gibt es denn an dieser Variante auszusetzen: Seine Muskeln zitterten?

Dünne Finger strichen über sein Gesicht, als glaubten sie nicht an dessen Existenz
- Finger können nicht glauben oder denken...

Mit einem Donnerschlag, der dem tosenden Applaus irgendeines morbiden Dämonenpublikums glich, hauchte er sein Leben aus
- Der Satz gefällt mir nicht und ich glaube, du wirst auch verstehen warum, wenn du ihn laut liest.

Der Schattenmann schlug wieder den Weg in Richtung Jugendherberge ein. Drei waren noch übrig. Dann würde niemand mehr von seiner Existenz wissen. Dann waren nur noch die Sin da und denen waren die Hände gebunden. Er mochte die Menschen, er mochte das wirre Chaos aus Gefühlen in ihren Köpfen. Besonders im Anblick des Todes. Angst, Verzweiflung, das waren interessante Gefühle. Er lebte davon. Er konnte dadurch erschaffen, und er hatte nicht vor, sich diese Macht nehmen zu lassen.
- Das alles muss nicht erzählt werden. Denn am Ende der Geschichte müssen die übrig geblieben sowieso gegen das Böse kämpfen, und an der Stelle kannst du dich dann austoben und all den bösen Plan des Schattenmannes beichten. Natürlich auf eine coole Art.

Und benutze bitte nicht ständig solche Bezeichnungen wie Schattenmann, Dämonen, Wächter, Unsichtbare... Das kann man doch alles am Ende der Geschichte machen. Es wäre schöner, wenn das Ganze sich erst Schritt für Schritt entfaltet. Deswegen mag ich die Gedanken von den Protagonisten nicht, die wissen doch eigentlich nicht was los ist. Und am Ende, erst dann, kommt das Monster, kommen die Unsichtbaren, kommt die Rettung...

..............

Bis hier habe ich es geschafft. Aber im Text sind noch einige Fehler drin, solche wie, Entgültiges - Word bei mir zeigt sie alle an, bei dir nicht?

mfg
Geert

 

Hi Geert,
hab mir die Unsichtbaren nochmal unter den Kritikpunkten und anhand eines Buchs über kreatives Schreiben, nochmal gründlich durchgesehen. Hoffe jetzt wirken die Charaktere weniger hölzern und realistischer.

Einige Anmerkungen:

Eine interessante Variante von Dschinn! - Wenn das so gedacht war.

ja, hab an ein Wesen gedacht, was süchtig nach Emotionen ist und irgendwie in diese Welt gelangt ist. Demnach ist es kein böses Wesen, nur fremdartig für den Menschen, weil es eben nicht aus dieser Welt stammt.

Dieser Dialog sagt überhaupt nichts aus. Als Anfang kann man auch den nächsten Satz nehmen, ich meine, da würde nichts verloren gehen. Vielleicht wäre es hilfreich anzugeben, um wie viele Leute es geht – wie groß die Gruppe.

Ist aber wie ich finde eine gute EInleitung. Deswegen habe ich ihn drin gelassen. Allerdings hab ich das ganze ein wenig abgeändert.

Ich aber denke, warum sagt sie das? Ist sie so ein negativer Mensch, der auf solche Gedanken steht, wohl wissend, dass dahinter nichts ist? Also, den Eindruck von ihr hatte ich nicht.

Noch nie auf einer anstrengenden Wanderung gewesen? Is natürlich nich ernst gemeint. Sie jammert halt rum, weil sie erschöpft is. Und natürlich, aus dem Wissen des Autors heraus, is der Spruch doppeldeutig gemeint.

Jedoch verschenkst du diesen Effekt aus mir unerfindlichen Gründen. Schade.

Die Szene in der Hütte habe ich ausgebaut. Allerdings ist die Leiche schon längere Zeit dort wie du an dem Eintrag insTagebuch siehst, sodass nicht mehr viel für Ekeleffekte übrig ist.

Es wäre schöner, dieses in kursiver Schrift zu lesen.

2. Wenn es die Dämonen gibt, dann müsste es ja auch einen Gott geben, oder? – Wenn man schon so weit geht und behauptet, dass es Dämonen gibt, dann… na ja…

Wenn man das ganze mit der Beschränktheit des Christentums sieht, ja. Viel spannender sind die älteren Dämonen und Geister, die sogar nicht unbedingt böse sein müssen;)

wie geht das hier? Hab die symbole bisher nur bei antwortthreads gesehen. Der Tagebucheintrag wurde ebenfalls grundlegend überarbeitet.

Muss man so viel über den Typen wissen? Der stirbt doch sowieso bald.

nein, wurde rausgelöscht.

Er sieht einen Menschen, Schatten, ein Bein bzw.

Was sollte von den Unsichtbaren denn sehen? Gemerkt?

Jedes Mal wenn ich das lese, denke ich, der Autor hatte kein Plan, wie er die Gefühle des Protagonisten beschreiben könnte

ja damit hab ich meine Probleme, das richtig in worte gefasst zu bekommen. Aber dafür bin ich ja hier, hoffentlich ist mir das in dieser Fassung besser gelungen.

Sie hatte solche Angst und konnte trotzdem noch so viele Einzelheiten bemerken.

Einzelheiten prägen sich in so einer Situation sogar deutlich besser ein, wenn sie nur markant sind und herausstechen. Ich weiß noch, als ich an einem letzten Schultag ein Etui ins Auge geschlagen bekommen hab, weil einer meiner freunde nicht aufgepasst hatte. Den Zustand, in dem ich dann zum Arzt getorkelt bin, könnte man durchaus als Delirium bezeichnen. Aber ich hab den Weg hinterher an markanten Wegpunkten z.B. einem Steingarten mit drei kantigen Granitsäulen, wiedergefunden, als es mir besser ging.

Hat er auf einmal alle Treppen im Haus genommen?

Jetzt werden wir pingelig:D

Die ganze Passage mit den Gedanken von Leon überzeugt mich nicht. An was er da für denkt, oh Mann…

Überarbeitet


mfg Leos

 

Hallo, Leos!

Ja, jetzt gefällt es mir viel besser! Die Szene in der Hütte liest sich flüssiger, die Geschichte mit dem Opa ist auch etwas verständlicher geworden, ... und das Ende mit Leon, also die Gedanken von Chris, riecht nach einer Fortsetzung. :-)

Trotzdem sind mir mehr als ein paar Dinge aufgefallen:

sich irgendwelche Kinder nicht den Spaß (...)
die ihr schulterlanges brünettes Haar
- „irgendwelche Kinder…“, hm, das Wetter könnte doch auch eine Rolle gespielt haben bei dem Aussehen der Tafel…
- „schulterlang, brünett…“, solche genauen Beschreibungen wären nur dann vonnöten gewesen, wenn das „schulterlange, brünette Haare“ im späteren Verlauf der Geschichte eine wichtige Rolle spielen würden…

Notizblock mit abreißbaren Blättern
- nicht nötig das explizit zu erwähnen

herberge

Dann kommen wir auch mal raus, anstatt in der herberge zu versauern. Ahh, unser Marathonpisser!“
- Ah

Andreas trug ein schwarzes T-Shirt mit dem Schriftzug „Hell-born“ unter einem brennenden Totenschädel. Er war kräftig gebaut und ziemlich groß.
- Vielleicht wäre hier dieser Satz besser: „Andreas tauchte hinter den Büschen hervor, …“ So wie das jetzt steht liest es sich abgehackt. An dieser Stelle wäre vielleicht auch ein Absatz nicht schlecht…

Nur die singenden Vögel und das Knistern des trockenen Laubs unter ihren Füßen war zu hören.
- waren

aber Chris meinte die selbe
- zusammen

Durch ein schmutziges Fenster drang diffuses Licht in den einzigen Raum, der die Hütte zu dominieren schien.
- Einziger Raum, der scheinbar dominiert… Hm, etwas stimmt hier nicht!


den zweifelsohne auch er trug.
- Du hast ja schon oben erwähnt, dass Chris sich erschrocken hatte.

rebelliert.
- rebellierte, oder?

wie eine Puppe des Grauens
- Etwas der Grauens wirst du noch öfters im Text haben, hier würde besser die Einfachheit passen, wie Puppe bzw. Marionette an den Seilen…

Auf dem Stuhl hing (…)Die Kleidung des Toten hing nur (…) die bleichen Rippen des Brustkorbs. (..) ein Loch von der Größe einer Bowlingkugel auf der Höhe des Brustkorbs.

morbid veranlegt

Der zweite Stuhl auf der Fensterseite der Hütte, war leer.
- Ist doch irrelevant, oder? Säße dort jemand, hättest du das schon an der Stelle, an der die Gruppe „die Mumie“ entdeckt hat, erwähnt.

durchweichten Karten hoch (…)
Ein Buch (…) durchweicht

Stimme ebenfalls wiedergefunden zu haben schien.
- Ist auch ein Lieblingswort von dir „ebenfalls“, sowie „schien“. Ansonsten, entweder hat sie ihre Stimme gefunden respektive sie spricht, oder nicht – sie spricht nicht.
Bsp.: Du scheinst zu sprechen, sagte er zu einem sprechenden Menschen.

um sich von dem grausigen Anblick abzulenken,
- Ich glaube nicht, dass er nur deswegen im Tagebuch gelesen hat.

Etwas dunkles. Ich erschaudere, als ich diese Zeilen schreibe, während in meinem Kopf der eintönige Chor singt: Sin, Sin, Sin …
- Der Satzbau stört mich ungemein, das liegt an den „als“ und „während“. Ob das so richtig ist? Vielleicht wären zwei Sätze besser, oder eine Umstellung des Satzes… hm…
- Dunkles groß; Mich schauderte, oder erschauern

Das klirrende Geräusch hallte in ihnen nach wie ein Tinitus.
- Tinnitus
- Also, ich weiß nicht, - vielleicht in ihren Ohren. Und, ob Tinnitus ein guter Vergleich ist?

am Kragen und stiße ihn gegen die Wand
.

„Jetzt beruhig dich, Chris. Oder bist du auf einmal abergläubisch geworden? Buhuu, der Schattenmann wird uns holen. So ein Schwachsinn. Das hier ist nur ein einsamer Irrer, der von einem Tier oder sowas angefallen wurde.“
- Hier war es zunächst nicht eindeutig. Also Chris packt Andreas und Andreas sagt dann was, vielleicht grinst Andreas dabei? Mir war nicht klar, wer da geredet hat.

„ja vermutlich, hast du recht“ Er entspannte sich wieder und ließ ihn los.
- Groß; Satzzeichen
- Das passiert mir zu schnell, - zunächst ist er total böse und dann, ach so, ein Tier, danke Andreas, dass du mich aufgeklärt hast, noch mal Glück gehabt…

„Lass uns die Herberge zurückgehen“, sagte Nadine.
- Hier fehlt was: zur

schwülheißen Luft
- auseinander

als ein Blitz den Raum erneut den Raum erleuchtete. Sie konnte die gleißende Lanze am
- Sie???

„Ich weiß genausoviel (...)
schonmal zu Ohren gekommen ist …
- beides auseinander

auf sein Alter geschoben und in ein Seniorenheim abgeschoben, nachdem es

Andreas stand in der Tür. Sein Gesicht war bleich vor Schreck.
„Der Zivi, der Koch, die Angestellten … sie … sie sind tot“.
- Hier wäre vielleicht das Wort „Plötzlich“ angebracht: Andreas stand plötzlich im Türrahmen, bleich... o. ä.

„Was?“ antworteten Chris und Leon zur gleichen Zeit.
- Ein anderes Wort fände ich an dieser Stelle besser… „antworteten“ ist schwaches Verb hier.

Andreas sagte nichts. An seinen Turnschuhen klebte Blut.
- Absatz an dieser Stelle
Stumm folgten sie den blutigen Abdrücken,

Dan war nichts zu machen

hast du das Massaker in der Küche nicht gesehen, das kann ummöglich ein Mensch gewesen sein …“
- Satzanfang: Hast groß
- Die stehen doch gerade neben der Küche, oder nicht? Leon könnte ja auch in die Richtung zeigen und sagen: „…das kann unmöglich ein Mensch…“

„Die Mädchen …“
- Vielleicht ein bisschen nachdenken, eine kleine Pause/Verarbeitung, denn sie haben ja einen Schock erlitten, und dann: Chris schaute Leon erschrocken an. "Die Mädchen..." o.ä.

Chris und Leon eilten die Treppen zu den Schlafräumen hoch.
- Ein Absatz hier?
Die einzelnen Zimmer waren mit Tiernamen betitelt.

Er riss den Zettel ab. Er schob das Papier durch den schmalen Lichtspalt unter der Tür. Schließlich öffnete sich die Tür.
„Wie gut, euch zu sehen.“ Sie umarmte sie beide.
- Liest sich hölzern

Als er zu Leon blickte, erkennte Chris, dass dieser den selben Verdacht hegte.
- erkannte
- zusammen: denselben

dass diese Fragen in zu keiner befriedigenden Antwort führten.
- ihn

Weg von diesem Ort des Grauens.

Doch er zweifelte, dass die Kälte der Grund dafür war.
- Hab in den Satz „dafür“ eingesetzt, liest sich flüssiger… oder nicht?

An den Enden standen die Rippen heraus wie eine Ziehharmonika des Grauens.

Sie wirkte so deplatziert in diesem Szenerio des Grauens wie ein blaues Handtuch in einem Stapel Weißwäsche.

Leon stand nun neben der Leiche und hangelte nach der Flasche, wobei er es vermied der Leiche zu nahe zu kommen. Schließlich hielt er die Flasche in Händen.
Donner.
Das Geräusch ließ Leon zusammenzucken. Es hatte etwas Endgültiges.
- „Es hatte etwas Endgültiges“ kommt unten noch einmal vor.

Darunter war die grobe Zeichnung einer Tür zu erkennen. Darunter war noch etwas geschrieben.

Hinter Türen lauern nicht nur Monster, sie können sie auch verschwinden lassen
- Den Satz kapiere ich nicht so ganz, - also, zwischen den Monstern lauern noch andere Geschöpfe, die die Monster verjagen können?
- An dieser Stelle im Text steht auch ein Smiley am Ende des Satzes, - war das so geplant? Sieht komisch aus...

Das war ein Spruch seiner Mutter gewesen. Früher hatte er sich vor Monstern unter dem Bett gefürchtet.
- Vielleicht versteckt?

Wie sie in einem dunklen Raum hinter einer Türahmen standen.
- einem Türrahmen, - oder einfach hinter einer Tür?

Sie gingen den Korridor entlang. Es donnerte erneut. Es hatte irgendwie etwas Endgültiges an sich.
- Für Leon etwas oben, war es auch „etwas Endgültiges“, liest sich nicht schön das Ganze zwei Mal.

nunmal
- auseinander

wässernen Fußspuren
- Können Fußspuren wässern?

in dieses Glas, wohlwissend, das es mich
- dass

„Mut, eine weiteres faszinierendes Gefühl.

Chris erstarrte im Anblick dieses Grauens.
- Überall herrscht das Grauen…

„Du bist nicht real, du verdammtes Dreckvieh. Du hast Cindy getötet und alle anderen. Du wirst uns nicht bekommen.“
- Das passt nicht, wenn er nicht real ist, wie hätte er dann alle töten können. Dazu noch hört es sich zu pathetisch an.

Die Tentakel verharrten in der Luft
- Tentakeln

Es war still, bis auf den Wind und die gelegentlichen Donnerschläge war alles still.

„Man sieht sich“, sagte er.
„Man sieht sich“, sagte Chris.
Nan sieht sich“, sagte Nadine.

mfg
Geert

 

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