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Die Unsichere
Die Unsichere(n)
Ob ich verliebt bin? Eigentlich frage ich mich das oft selbst. Eigentlich eine banale Frage, schenkt man den Klischees glauben. Man sollte doch Schmetterlinge im Bauch fühlen, wenn man verliebt ist. Oder zumindest irgendein anderes Kribbeln, das man immer nur dann bekommt, wenn die Eine in der Nähe ist. Nun ja, es gibt da schon jemand an den ich sehr oft denke. Es gibt schon die Eine, die eben wie sonst keine andere für mich ist. Aber Schmetterlinge? Ich fühle mich wohl in Ihrer Nähe. Ich spüre die Harmonie und entspanne mich ganz unbewusst, allein wenn ich den wohligen Klang ihrer Stimme höre. Eine Stimme deren Klang mich lächeln lässt wenn ich nur daran denke. Die Art wie sie manche Wörter betont. Ja diese Stimme ist wunderbar. Mir fehlen auch ein bisschen die Worte, wenn ich sie treffe, jedoch weniger weil ich unsicher werde, sondern weil ich einfach die Zeit, den Moment mit ihr genieße. Sie strahlt diese gewisse Wärme und Zuneigung aus, die einem Sicherheit und Behagen verleiht. Und ob ich sie hübsch finde ist gar keine Frage. Natürlich ist sie die allertollste Frau der Welt für mich. Aber Schmetterlinge?
Möglicherweise gab es diese Schmetterlinge einmal, doch das ist viel zu lange her. Ich kenne diese Frau schon seit Jahren und empfinde sicherlich genauso lange schon so für sie. Doch irgendwie hatte ich die Sache mit ihr nie wirklich in Angriff genommen. Ich hatte sie nie um ein Date gebeten oder ihr gesagt wie ich für sie fühle, wie es um mich steht. Ständig hatte ich kleinste Bemerkungen von ihr als Anzeichen dafür gewertet, dass sie mich nicht mag und lies mich unsicher werden. Ab und an war ich auch in eine andere verliebt und führte auch die eine oder andere Beziehung. Doch spätestens nach Ende dieser Beziehungen oder dieses „Verliebtseins“ verfiel ich immer wieder an sie. Vorhersehbar wie ein Verhaltensmuster, doch von Mal zu Mal intensiver. Und nun bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich den nächsten Schritt einfach wagen muss. Es wird keinen Rückzug mehr geben, wird mir nicht gelingen die Gefühle, die ich für sie empfinde, noch länger vor ihr zu verbergen. Ich werde sie für mich gewinnen müssen! Nur muss ich dabei mit Bedacht vorgehen.
Sie ist eine dieser Frauen, die sich nichts anmerken lassen. Vordergründig. Sieht man in sie hinein, fühlt man sich in Ihre Welt, beobachtet sie länger als den Augenblick, den man für andere Menschen übrig hat, erkennt man die Unsicherheit in Ihrem Wesen. Sie mag diese Unsicherheit überspielen zu wollen, mag sie von sich weg stoßen und verleugnen zu wollen, doch sie war da. Ihre Unsicherheit entstand aus bitteren Erfahrungen, die sie gemacht hatte. Früher war sie einmal anders. Sie hatte sich fallen lassen können. Sie war offen für Neues und stets aufgeschlossen für das, was nicht normal war. Doch nach einer bitteren Erfahrung, die sie so sehr traf wie ein Donnerschlag war die Welt, war ihre Welt, eine andere. Ihr wurde das Vertrauen genommen. Sie konnte es verkraften jemanden zu verlieren den sie liebt. Aber sie konnte es nicht verkraften, das Vertrauen zu verlieren. Ein Vertrauen in einen Menschen, in eine Liebe, in ein bestimmtes Leben zu zweit. In einen verschmolzenen Charakter. Dieses Vertrauen war ihr so grundlegend wichtig, sie hätte ohne es nicht leben wollen. Und dieses Vertrauen wurde ihr mit einem Mal genommen. In einer Nacht, die sicherlich keine Bedeutung hatte, von einem Menschen, der es sicherlich bereute. Und doch war es weg.
Die Unsicherheit hält sie nun fest in Ihrem Griff. Lässt sie keinen Schritt weiter gehen, als sicher gut für sie ist. Lässt sie nichts versuchen, nichts ausprobieren. Sie ist gefangen in diesem Zustand, Gefangene ihrer Vergangenheit. Natürlich hat sie wieder Vertrauen gefasst, jedoch nur in sich selbst. Sie hat viel erreicht seit damals. Hat ein neues Leben gegründet und ein altes vergessen. Sie war gereift an Erfahrung. Doch das Vertrauen sich einem anderen Menschen voll hinzugeben, konnte sie bislang nicht wieder finden. Es ist schon ein paar Jahre her, als er sie betrogen hatte und zwischendurch hatte sie sicherlich auch die eine oder andere Verliebtheit durchlebt. Doch aus keiner wurde was ernstes. Jeder der ihr bislang zu nahe kam, blitzte an einer Wand aus Unsicherheit und Angst gefestigt mit dem Leim der Enttäuschung ab.
So sehr sie es sich vielleicht insgeheim auch wünscht, fand bislang niemand den Eingang zu der inneren Festung, in der sie sich versteckt. Weil sie den Eingang zugemauert hat. Vor Jahren schon. Fehlt es an dem Einen der die Mauer überspringt? Der Eine der in ihre Festung eindringt und sie für sich zu gewinnen versucht? Sicher nicht. Verehrer hatte sie genügend. Ich glaube es fehlt vielmehr an dem Einen der die Mauer Stein für Stein abbaut und hinter sich, um sie beide herum wieder errichtet. Er müsste erkennen, dass sich hinter der so starken Festung ein zartes, verletzliches Wesen verbirgt. Ein Wesen welches man nicht erobern, sondern dessen größte Gabe, das Vertrauen in einen anderen, man sich nur erarbeiten kann. Und dieser eine will ich sein. Ich will Tag für Tag daran arbeiten, bis alle Steine sorgsam gelöst sind und die Festung um uns beide erneut in einem mächtigen Ring des Vertrauens der Welt trotzt. Ich will mich auf sie einlassen, sie versuchen zu lesen und versuchen eins mit ihr zu werden. Ich will sie für mich gewinnen und ihr das Vertrauen zurück geben. Ich will ihr das Gefühl geben sich wieder fallen lassen zu können.
Ob ich eine Chance habe? Das weiß ich nicht. Ich kann nur versuchen meinen Gefühlen zu folgen. Ich kann nur hoffen, sie lässt es zu, wenn ich versuche die Steine an ihrer Mauer zu lösen. Ich kann nur hoffen, sie erkennt, dass ich es Wert bin. Denn die, die es nicht sind, werden die Mauer entweder einreißen oder überspringen wollen. Es wird ein bedeutender Schritt sein. Für mich, aber auch für sie. Es wird den Beginn von etwas neuem sein.
Ich muss aufhören, ich treff‘ sie gleich…