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Die Unsichere

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03.08.2012
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Die Unsichere

Die Unsichere(n)

Ob ich verliebt bin? Eigentlich frage ich mich das oft selbst. Eigentlich eine banale Frage, schenkt man den Klischees glauben. Man sollte doch Schmetterlinge im Bauch fühlen, wenn man verliebt ist. Oder zumindest irgendein anderes Kribbeln, das man immer nur dann bekommt, wenn die Eine in der Nähe ist. Nun ja, es gibt da schon jemand an den ich sehr oft denke. Es gibt schon die Eine, die eben wie sonst keine andere für mich ist. Aber Schmetterlinge? Ich fühle mich wohl in Ihrer Nähe. Ich spüre die Harmonie und entspanne mich ganz unbewusst, allein wenn ich den wohligen Klang ihrer Stimme höre. Eine Stimme deren Klang mich lächeln lässt wenn ich nur daran denke. Die Art wie sie manche Wörter betont. Ja diese Stimme ist wunderbar. Mir fehlen auch ein bisschen die Worte, wenn ich sie treffe, jedoch weniger weil ich unsicher werde, sondern weil ich einfach die Zeit, den Moment mit ihr genieße. Sie strahlt diese gewisse Wärme und Zuneigung aus, die einem Sicherheit und Behagen verleiht. Und ob ich sie hübsch finde ist gar keine Frage. Natürlich ist sie die allertollste Frau der Welt für mich. Aber Schmetterlinge?
Möglicherweise gab es diese Schmetterlinge einmal, doch das ist viel zu lange her. Ich kenne diese Frau schon seit Jahren und empfinde sicherlich genauso lange schon so für sie. Doch irgendwie hatte ich die Sache mit ihr nie wirklich in Angriff genommen. Ich hatte sie nie um ein Date gebeten oder ihr gesagt wie ich für sie fühle, wie es um mich steht. Ständig hatte ich kleinste Bemerkungen von ihr als Anzeichen dafür gewertet, dass sie mich nicht mag und lies mich unsicher werden. Ab und an war ich auch in eine andere verliebt und führte auch die eine oder andere Beziehung. Doch spätestens nach Ende dieser Beziehungen oder dieses „Verliebtseins“ verfiel ich immer wieder an sie. Vorhersehbar wie ein Verhaltensmuster, doch von Mal zu Mal intensiver. Und nun bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich den nächsten Schritt einfach wagen muss. Es wird keinen Rückzug mehr geben, wird mir nicht gelingen die Gefühle, die ich für sie empfinde, noch länger vor ihr zu verbergen. Ich werde sie für mich gewinnen müssen! Nur muss ich dabei mit Bedacht vorgehen.
Sie ist eine dieser Frauen, die sich nichts anmerken lassen. Vordergründig. Sieht man in sie hinein, fühlt man sich in Ihre Welt, beobachtet sie länger als den Augenblick, den man für andere Menschen übrig hat, erkennt man die Unsicherheit in Ihrem Wesen. Sie mag diese Unsicherheit überspielen zu wollen, mag sie von sich weg stoßen und verleugnen zu wollen, doch sie war da. Ihre Unsicherheit entstand aus bitteren Erfahrungen, die sie gemacht hatte. Früher war sie einmal anders. Sie hatte sich fallen lassen können. Sie war offen für Neues und stets aufgeschlossen für das, was nicht normal war. Doch nach einer bitteren Erfahrung, die sie so sehr traf wie ein Donnerschlag war die Welt, war ihre Welt, eine andere. Ihr wurde das Vertrauen genommen. Sie konnte es verkraften jemanden zu verlieren den sie liebt. Aber sie konnte es nicht verkraften, das Vertrauen zu verlieren. Ein Vertrauen in einen Menschen, in eine Liebe, in ein bestimmtes Leben zu zweit. In einen verschmolzenen Charakter. Dieses Vertrauen war ihr so grundlegend wichtig, sie hätte ohne es nicht leben wollen. Und dieses Vertrauen wurde ihr mit einem Mal genommen. In einer Nacht, die sicherlich keine Bedeutung hatte, von einem Menschen, der es sicherlich bereute. Und doch war es weg.
Die Unsicherheit hält sie nun fest in Ihrem Griff. Lässt sie keinen Schritt weiter gehen, als sicher gut für sie ist. Lässt sie nichts versuchen, nichts ausprobieren. Sie ist gefangen in diesem Zustand, Gefangene ihrer Vergangenheit. Natürlich hat sie wieder Vertrauen gefasst, jedoch nur in sich selbst. Sie hat viel erreicht seit damals. Hat ein neues Leben gegründet und ein altes vergessen. Sie war gereift an Erfahrung. Doch das Vertrauen sich einem anderen Menschen voll hinzugeben, konnte sie bislang nicht wieder finden. Es ist schon ein paar Jahre her, als er sie betrogen hatte und zwischendurch hatte sie sicherlich auch die eine oder andere Verliebtheit durchlebt. Doch aus keiner wurde was ernstes. Jeder der ihr bislang zu nahe kam, blitzte an einer Wand aus Unsicherheit und Angst gefestigt mit dem Leim der Enttäuschung ab.
So sehr sie es sich vielleicht insgeheim auch wünscht, fand bislang niemand den Eingang zu der inneren Festung, in der sie sich versteckt. Weil sie den Eingang zugemauert hat. Vor Jahren schon. Fehlt es an dem Einen der die Mauer überspringt? Der Eine der in ihre Festung eindringt und sie für sich zu gewinnen versucht? Sicher nicht. Verehrer hatte sie genügend. Ich glaube es fehlt vielmehr an dem Einen der die Mauer Stein für Stein abbaut und hinter sich, um sie beide herum wieder errichtet. Er müsste erkennen, dass sich hinter der so starken Festung ein zartes, verletzliches Wesen verbirgt. Ein Wesen welches man nicht erobern, sondern dessen größte Gabe, das Vertrauen in einen anderen, man sich nur erarbeiten kann. Und dieser eine will ich sein. Ich will Tag für Tag daran arbeiten, bis alle Steine sorgsam gelöst sind und die Festung um uns beide erneut in einem mächtigen Ring des Vertrauens der Welt trotzt. Ich will mich auf sie einlassen, sie versuchen zu lesen und versuchen eins mit ihr zu werden. Ich will sie für mich gewinnen und ihr das Vertrauen zurück geben. Ich will ihr das Gefühl geben sich wieder fallen lassen zu können.
Ob ich eine Chance habe? Das weiß ich nicht. Ich kann nur versuchen meinen Gefühlen zu folgen. Ich kann nur hoffen, sie lässt es zu, wenn ich versuche die Steine an ihrer Mauer zu lösen. Ich kann nur hoffen, sie erkennt, dass ich es Wert bin. Denn die, die es nicht sind, werden die Mauer entweder einreißen oder überspringen wollen. Es wird ein bedeutender Schritt sein. Für mich, aber auch für sie. Es wird den Beginn von etwas neuem sein.
Ich muss aufhören, ich treff‘ sie gleich…

 

Hallo lexee,

willkommen auf kg.de. Es ist sicherlich immer besonders spannend, wenn man hier seinen ersten Text gepostet hat, und auf eine erste Kritik wartet. Trotz der schon recht langen Zeit meines Wirkens in diesem Forum kann ich mich gut daran erinnern. Und es geht mir heute noch so, wenn ich eine neue Geschichte eingestellt habe.

Und wenn man hier als Mitglied für jemanden die erste Kritik verfasst, dann trägt man sicherlich auch eine besonders große Verantwortung. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine ehrliche und offene Kritik die Autoren weiter bringt und ihnen besonders hilft.

Zu deinem Text: Du erzählst leider keine Geschichte. Du beschreibst eine Frau, die bestimmt eine spannende Geschichte hat bzw. gehabt hat. Aber statt uns diese Geschichte zu gönnen, betrachtest du deine Figur aus einer seltsamen und kühlen Ferne und Distanz, stellst einen Haufen Fragen, machst ein paar Andeutungen und gibst keine Antworten.

Dadurch wird selbst dieser kurze Text langatmig und statt der beabsichtigten Tiefgründigkeit nichts sagend. Deine Figur lebt nicht und weckt nicht mein Interesse. Du schaffst es nicht, ihr Leben einzuhauchen. Und so ist der Text wie eine Blume, die man als Knospe in eine Vase stellt, aber die sich bis zuletzt nicht öffnet.

Deine Art zu schreiben und dein Stil lassen erkennen, dass du sehr wohl in der Lage wärest, uns die Geschichte der Frau zu erzählen, und auch so zu erzählen, dass man deinen Worten mit Interesse folgen möchte. Deshalb solltest du das auch versuchen und einfach mehr wagen. Nicht kryptisch um die Unsichere als Figur herum kreisen, und sie aus der Distanz betrachten, sondern in sie eintauchen, ihr eine Seele und ein Leben geben und sich zu deiner Figur zu machen. DARUM geht es meiner Meinung nach beim Schreiben. Und diesen Schritt musst du noch gehen.

Rick

 

Hallo Rick,

zunächst herzlichen Dank für Deine Kritik. Sei Dir sicher, dass es mir sehr recht ist, offene Worte zu lesen. Die dann noch aus der Feder eines erfahrenen Schreibers sind natürlich umso wertvoller.

Natürlich hast Du vollkommen recht, wenn Du sagst, es handelt sich dabei weniger um eine Geschichte und mehr um eine Personenbeschreibung. Natürlich sehe ich um die "Unsichere" herum auch eine Geschichte. Diese zu beschreiben wird aber voraussetzen die kühle Distanz - die Du auch richtig erkannt hast - zu durchbrechen, was ich bislang noch nicht gemacht habe und auch nicht unbedingt meinem Naturell entspricht. Ich werde aber dennoch versuch in den kommenden Tagen daran zu arbeiten und das Ergebnis wieder posten. Vielleicht, findest Du dann ja die Lust, mir nochmals einen kurzen Kommentar zu schenken.

Viele Grüße

lexee

 

Überarbeitung

Hallo liebe Freunde,

ich habe die Geschichte nochmal komplett überarbeitet und nun die neue Version eingestellt. Ich würde mich über jede Menge Feedback im Guten aber sicher auch über konstruktive Kritik von Euch freuen.

Herzlichen Dank

lexee

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lexee,

ich finde das sehr gut, dass du dir den Text noch einmal vorgenommen und dich nicht gleich auf den nächsten gestürzt hast. Das freut mich und besonders sicher Rick, der dir schon eine Kritik geschrieben hat.

Ich denke, du solltest grade mal einige Kurzgeschichten von Rick lesen. Durch das bewusste Lesen lernt man sehr viel und bekommt Denkanstöße, wie man die eigene Geschichte strukturieren kann.

Du bist mit deiner erzählenden Stimme für mich zu weit weg von dem, was eine gute Kurzgeschichte ausmacht. Du zählst chronologisch auf, was der Frau leider Schlechtes passiert ist. Das ist für mich als Leser so leider nicht interessant.

Versuch dir mal folgendes vorzustellen: Da ist ein Spielfilm mit 90 Minuten Länge. In dem wird die Geschichte einer Frau aus dem Off (in dem Fall du als Autor) erzählt, die vieles erleben musste und durch die schlechten Erfahrungen richtig verbittert ist. Dafür hat der Film einige Zeit und kann einzelne Szenen aufbauen. Das geht in einer Kurzgeschichte nicht. Da ist es zwar auch möglich, einen Abriss einiger Vorkommnisse zusammenzufassen, aber dann muss man an einem konkreten Punkt einsteigen und diesen ausführlich beschreiben. Das bedeutet: Wörtliche Rede, Beschreibung von Orten und wichtigen Details; die Menschen charakterisieren über Aussehen, Stimme, Gestik, Aussagen, Namen, Handlung.
Handlung. Das ist das Zauberwort. Lass die Menschen agieren.

Konkret bei deiner Geschichte könnte das als kleines, nicht ausgefeiltes Beispiel folgendes sein:


Ich spüre die Harmonie und entspanne mich ganz unbewusst, allein wenn ich den wohligen Klang ihrer Stimme höre. Eine Stimme deren Klang mich lächeln lässt wenn ich nur daran denke. Die Art wie sie manche Wörter betont. Ja diese Stimme ist wunderbar. Mir fehlen auch ein bisschen die Worte, wenn ich sie treffe, jedoch weniger weil ich unsicher werde, sondern weil ich einfach die Zeit, den Moment mit ihr genieße. Sie strahlt diese gewisse Wärme und Zuneigung aus, die einem Sicherheit und Behagen verleiht.

"Raphael" - wie besonders sie meinen Namen schon immer aussprach, das R rollend, das A langgezogen mit einer klitzekleinen Pause, bevor sie das ph als Laut durch ihre Lippen blies, dass ich Gänsehaut bekam. "Rrrraa-phael, schmier mir doch bitte meinen Rücken ein, ich komme an die Stelle da oben nicht dran, ohne mich zu verrenken, ich werde doch so schnell rot".

"Klar doch", bekam sie von mir zur Antwort. Ich hätte ihr zwar noch einiges über ihren wunderbaren Rücken erzählen können, aber mir war wichtiger, Elena als Ganzes aufzunehmen in mein Herz; ihr Lächeln inmitten der lustigen Sommersprossen und ihre außerordentliche Sicherheit, die sie mit ihren knapp dreißig Jahren ausstrahlte und mir Behagen machte, zu genießen und nicht durch banale Worte zu verwässern.

Das nun grob formuliert als Gegenüber zu deiner erzählerischen Variante. Was ist der Unterschied? Die wörtliche Rede macht das ganze kurzweiliger. Zudem kenne ich nun die Namen und dass sie ein eher blond-rötlicher Typ (Sommersprossen) ist und knapp 30 Lenze zählt.
Das kann man alles so nebenbei verpacken, ohne dass man es als solches benennt.


Oder:

Ständig hatte ich kleinste Bemerkungen von ihr als Anzeichen dafür gewertet, dass sie mich nicht mag und lies mich unsicher werden.

Wir gingen nach dem Konzert die Straße entlang zur nächsten U-Bahn-Station. "Eigentlich ist es ja gar noch nicht so spät", fing ich vorsichtig an, "wir könnten ja noch was Trinken gehen". Elena blickte mit ihren Augen, während sie in Kurven neben mir ging, in den Augusthimmel und meinte beiläufig:" Nö, keine Lust. Ich setz' mich jetzt noch an mein Fenster und guck nach Sternschnuppen".
Sternschnuppen waren also wichtiger als ich?

Vielleicht habe ich dir in Ansätzen aufzeigen können, wie eine lebendigere Variante deines Erzählgerüstes aussehen könnte.

Du kannst das. Probier einfach aus - lass dir Zeit. Das muss nicht in ein paar Tagen reif sein.

Viel Erfolg dabei.

Liebe Grüße
bernadette

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lexee,

ich schon wieder ;-)

Ja, du hast deinen Text gehörig umgekrempelt. Es ist leider immer noch keine Geschichte. Dein Prot beschreibt eine Figur. Das ist alles - und damit viel zu wenig. Du hast sehr gute Tipps von bernadette bekommen.

Gerade für kurze Geschichten gibt es eine ganz besonders wichtige Regel: Handlung! Handlung! Handlung! Es muss etwas passieren, sonst verlierst du nach wenigen Sätzen die Leser. Eine solch intensive Beschreibung einer Figur interessiert niemanden, nicht mal in einem Roman.

Du kannst diese ganzen Beschreibungen für dich als Arbeitspapier verwenden, wenn du die Figur zum Leben erwecken willst. Dann schnapp dir deinen Prot, überlege dir eine spannende (= interessante) Situation, in die du ihn mit der beschriebenen Frauenfigur schicken willst und versuche, auch für deinen Prot bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen festzulegen. Dann hast du zwei Figuren, die in deiner Geschichte auf Augenhöhe agieren können. Lass sie was tun. Lass sie reden. Lass sie sich was erzählen. Lass sie diskutieren, streiten, lachen und aneinander zweifeln, hoffen, bangen und schenke ihnen Leidenschaft, Präsenz und Glaubwürdigkeit. Du bist der Regisseur dieser Figuren. Du kannst bestimmen, was sie tun und lassen sollen, was sie sagen und wie sie sich gegenseitig mit Reaktionen überraschen, mit Argumenten in die Enge treiben und Gefühle füreinander entdecken und entwickeln. Weißt du, wo deine Story beginnt? Mit dem letzten Satz: Ich muss jetzt aufhören, ich treff sie gleich.

Ja, dann erzähl uns davon, DAS ist die Geschichte!

Du kannst schreiben und zeigst Interesse, Bereitschaft an deinem Text zu arbeiten. Das ist gut und wichtig!

Ich lerne immer noch viel und gern in Sachen Schreiben, und habe meine wichtigsten Erkenntnisse und Weiterentwicklungen diesem Forum zu verdanken.

Und was ich für besonders wichtig halte. Überarbeite die Story in mehreren Durchgängen, lese Dialage laut, dann kannst du am besten erkennen, ob sie glaubwürdig sind, ob Menschen wirklich so reden, schaue dir jedes Wort, jeden Satz an, kontrolliere den Rhythmus deiner Geschichte und prüfe, ob deine Sätze stark und tragfähig sind.

Meine erste Version einer Geschichte entsteht erst im Kopf und dann schreibe ich aus dem Bauch heraus. danach muss der Kopf den Text mindestens zwanzig Mal über einen längeren Zeitraum überarbeiten. Neues kommt hinzu, Vieles wird verbessert und präzisiert und sehr viel wird gekürzt oder gestrichen. Immer wieder fragen: WAS interessiert den Leser. Aber auch: WAS ist mir wichtig! Man muss viel Geduld haben, um einen Text in die Nähe zu führen, die man als "brauchbar" bis "gut" bezeichnen könnte.

Rick

 

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