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Die ultimative Bewerbung

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31.01.2003
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Die ultimative Bewerbung

Die ultimative Bewerbung

„Es zuckt im Kopf“, sagte einst ein berühmter Philosoph und Denker, bevor ihn ein Hirnschlag dahinraffte. Bei mir war dieses Zucken anderer Natur. Es erinnerte mich daran, dass eine wichtiges Vorhaben noch unerledigt in den gähnenden Tiefen meines Zauberkastens, auch verworrener Hochleistungsdenkapparat für Lebensfragen genannt, vor sich hin schlummerte.
Mit ausgelassener Genervtheit erhob ich mich also vom Nachtlager der verborgenen Wünsche und schritt mutig in das Zimmer der nahrungsaufbereitenden Maßnahmen. Dort bestrich ich mein allmorgendliches Brötchen mit Weisheit und Größenwahn, den ich in ein eigens dafür auserkorenes Einmachglas aufbewahrte und verzehrte mit zügellosem Appetit die Nahrung, die ich nur selbst imstande war so majestätisch zu kredenzen. Der Kaffee, verfeinert mit einem Schuss Zuversicht, erinnerte mich an die Erhabenheit, die mich daran hinderte meine Notdurft zu verrichten. Tatsächlich schwitzte ich jetzt alle unerwünschten Darmvorgänge einfach hinaus, anstatt wie früher den langen Weg in Kauf zu nehmen, den ich mit Blicken bezahlte, die sich letzten Endes in unermessliche Strudel verloren und schwindelnde Gefühle zurückließen. Die Fäkale Apokalypse schreckte mich von jeher ab, weshalb ich meinen Körper einfach dazu zwang umzudenken, was auch gut funktionierte.
Schlafen und essen tat ich nur aus reiner Gewohnheit und nicht aus Vergnügen und Dekadenz, wie die meisten Anderen.

Im Laufe der Zeit wurden mir die Schwächen meiner Mitmenschen immer offensichtlicher, so dass ich mich schließlich dazu entschloss perfekt zu werden.
Es gelang sehr gut.
Ich legte mir einen Draht in meinen Gehörgang und knotete dieses unschätzbare Stückchen Fortschritt ans interne Wissensnetz. Begierig lauschte ich all die Informationen in mich hinein und schrieb nach und nach meine eigenen Zeugnisse, Diplome und Auszeichnungen. Nicht zu vergessen die Nobelpreise, die ich in stolzer Zahl und in Form von selbstgebastelten Alumännchen auf meinem Regal stehen hatte.
Zuweilen war mein Hirn so prall gefüllt, dass sich das Wissen vorübergehend in gierig züngelnden Nasenhaaren ablagerte und dann, durch gewisse Flüssigkeiten, in ein hastig hervor gekramtes Taschentuch transferiert wurde. Diese drohten mit der Zeit immer knapper und immer Platzfordernder zu werden, weshalb ich mich eiligst dazu aufmachte meine Brainware zu updaten. Heutzutage ist mein Denkspeicher phantastisch, gigantisch, unermesslich, um nicht zu sagen: Scheißeriesengewaltigunsagbarextragroß, und das ist noch enorm untertrieben.
Die angesammelten Fähigkeiten luden in diesem Augenblick meine Hirnströme zu einem Gischterfüllten Ausdruckstanz ein, der mich singend, steppend und auch ein wenig sabbernd, das Instrument meines Willens spielen ließ.

Kurz gesagt: Ich schrieb eine Bewerbung um endlich den blöden Job zu bekommen, den ich wollte. Aber nicht irgendeine Bewerbung, nein, es handelte sich hierbei um nichts geringeres, als die sagenumwobene, von untoten Eichhörnchen gefürchtete, von Dichtern verschmähte, von Gummizellenbewohnern verehrte ultimative Bewerbung, von der von Inzest hervorgebrachte Dorfbewohner nur hinter vorgehaltener Hand tuscheln. Und das wo jeder weiß wie unerschrocken von Inzest hervorgebrachte Dorfbewohner sind.
Ich setzte mich also voll von triebhaften Tatendrang auf den selbsterrichteten, güldenen Wohnzimmerthron, rückte die diamantene Krone auf meinem edlen Haupt zurecht, zog die Rüschenbewehrte Seidenunterwäsche an, pulte anmutig Ohrenschmalz aus erhabenen schimmernden Lauschern und hielt ein königliches Schläfchen.
Ich träumte von meiner grenzenlosen Bescheidenheit, meiner allumfassenden Tugend und zudem von Macht, Geld, Ruhm und von Sklaven, die mich mit Quark und Schokoladencreme einrieben.
Als ich erwachte begann das Werk der herrschaftlichen Existenz, die ich so anspruchsvoll verkörperte, Gestalt anzunehmen:


Da ich die einzige Person bin der Ehre gebührt, grüße ich sie(absichtlich klein)statt der formellen Anrede mit einem für sie angebrachten und schlichten:

Hallo!

Graue Spatzen, an grünem Star erkrankt, zwitscherten mir das Lied hinzu, das von ihrer Suche nach einem Arbeiter erster Klasse berichtet. Eine Suche die nun beendet ist, da ich ihnen jetzt wohlwollend von meiner höheren Daseinsform erzähle. Ich will mich nicht etwa bewerben, vielmehr bin ich bereit den schmutzigen Job entgegenzunehmen, den sie mir ohne jeden Zweifel bereitwillig und mit Kusshand übergeben werden, wenn ihr Blick erst einmal die letzten Zeilen überquert hat.

Wie sie meinen tausendseitigen Unterlagen entnehmen können, sofern sie des Lesens mächtig sind, wurde ich in einer Universität geboren, die sich mit der hohen Kunst des Schlammringschreiens befasste. Das nur am Rande.

Für den Beruf des Weltwesirs eigne ich mich in der Tat, da ich sowohl in Korruption, Perfektion, Aggression und Konfirmation bestens geschult bin. Außerdem kann ich sehr leckeren Eintopf kochen. Wesentliche Bestandteile eines Weltwesirs sind die reibungslosen Spionageaktivitäten, in Form von Trojanischen Kleiderschränken die Volksbefragungen durchführen, und das problemlose Arbeiten mit verchromten Rechenschiebern, um den persönlichen Reichtum zu prognostizieren. Auch Kreativität und Innovation sind verlangt. Deshalb wird es sie freuen zu hören, dass ich der legendäre Erfinder der selbstzubereitenden Tütensuppe, des selbstschlachtenden Schweins und des selbstbefriedigenden Erdmännchens bin. Unnötig da noch meine blaublütige Herkunft zu erwähnen. Oder sollte ich doch? Also gut. Mein Vater ist der weltbekannte Klabautermann Klötus und meine Mutter die in Vergessenheit geratene Untergrundgräfin Amnesäsia.
Wenn sie das noch nicht überzeugt hat, wird es folgendes tun: Ich war als Kind so unglaublich talentiert, dass ich mein Kindermädchen von der Maul und Klauenseuche heilte, meinen verkommenen Hamster moralisierte und einen Geisteskranken davon abhielt in aller Öffentlichkeit Psychiatriepropaganda zu betreiben.
Auch optische Vorteile weiß ich mitzubringen: Zum Beispiel habe ich mein Gesicht mit kunstvollen Leuchtornamenten verziert, einen ausgestopften Rhesusaffen auf mein Schulterpiercing gelötet und eine operativ hervorgebrachte Denkerstirn herausarbeiten lassen, die einem schmucken Deckchen, einschließlich Blumenkaraffe, Platz bietet.
Sie sehen also, dass ich mehr als geeignet bin.

Ich werde ihre positive Nachricht zur Kenntnis nehmen und schon in Bälde meine Ansprüche geltend machen.

Es nickt ihnen zu

Krösus Optikus Optimierus

Wiederstand ist relativ zwecklos! Leichtfertige Ignorierung bedeutet legendäres Leid!


Einige Zeit war vergangen und die Einstellungsweihe ward vollzogen und selbstverständlich als unmissverständlich erfolgreich zu bezeichnen. Zwar musste ich einige Abstriche machen und der Beruf entsprach nicht hundertprozentig meinen Vorstellungen, aber gut Ding will Weile haben, wie der Mobmund behauptet. Es soll ja schon Leute gegeben haben, die sich vom Stollenputzer zum Lorenwäscher hoch gearbeitet und dann an die Oberfläche gegraben haben. So würde es auch bei mir sein. Das ahnte ich, als ich an der Tür klingelte, die mir nun weit öffnend die Schwelle zu unbegrenzten Möglichkeiten freigab.
Ich überreichte die heiße, umpappte, viereckige Ware und sprach: „Trinkgeld oder intimer Schmerz!“ Und als ich ein Zehn Cent Stück mein Eigen nannte, wusste ich dass mein Aufstieg begonnen hatte.

 

hi gollum,

war ich angesichts deines komplexen sprachgebrauches anfangs noch etwas abgeschreckt, so muss ich sagen, das sich eben dieser gegen ende bezahlt macht. ich finde du gehst mit deiner geschichte den perfekten mittelweg zwischen sprachlicher abgehobenheit und überzogener satire. zu dem spitzt sich alles zu einem tollen ende zu, welches mir - wie so manche sätze - ein breites grinsen abverlangte.
einziger negativpunkt könnte sein, das die sprachlich komplexe art wie du erzählst so manchen vom genauen gegenteil meiner kritik überzeugen könnte.
meines erachtens jedoch ist dies eine nicht nur sprachlich sehr gute kurzgeschichte, die man ruhig auch mehrmals lesen kann (und auch muss ...)

mfg,
nick155

 

Hi Nick!

Danke für die Kritik!
Geht runter wie Öl. Wenn du dich gut unterhalten konntest, habe ich Erfolg gehabt.

Was den komplexen Sprachgebrauch betrifft, so ist das wohl, wie so ziemlich alles, Geschmackssache. Solange das in einem halbwegs verständlichen Rahmen geblieben ist, werde ich besagten Stil beibehalten. Besonders für Satire scheint er mir sehr geeignet zu sein.

Na denn

Freundliche Grüße

gollum

 

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