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Die Uhr aus dem Mistkübel

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24.11.2003
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Die Uhr aus dem Mistkübel

New York ist eine große und reiche Stadt. Reichtum und Armut wohnen in diesem gigantischen Häusermeer eng beieinander. Paläste, feenhafte Zaubermelodien des Reichtums, das große Leben, ein paar Straßen weiter würgende Not, Verzweiflung und nacktes Elend. In der reichsten Stadt der Erde, wo Allmacht Gold dominiert, sitzt das Grauen, der würgende Teufel der Armut wie nirgendwo der Menschheit im Nacken. Erbarmungslos fallen Hunderte dem Hunger, der Not, zum Opfer, Hunderte enden in der Gosse, Hunderte verüben Selbstmord, Hunderte werden Verbrecher, Hunderte gehen langsam zu Grunde, verhungern, fristen ein Bettlerdasein. Nur wenigen gelingt es, zu einen Job zu kommen, einen Verdienst zu finden.
Billy Sanders kannte diese unbarmherzige Stadt, wusste von all ihrem Reichtum, all ihrer Not und Elend. Seit einigen Jahren war er arbeitslos, gehörte er der unregistrierbaren Legion der Hölle an, deren Belegschaft arbeitslose arme Teufel bilden. Seit Jahren kannte er kein regelmäßiges Essen, kein Bett, keine reine Wäsche mehr, von anderen Dingen, die zum Leben gehören, ganz zu schweigen. Seit Jahren wusste Billy nicht mehr, was eine anständige Zigarette, was ein Zimmer, elektrisches Licht, Sattsein bedeutete. Seine Nahrung war schlechter als Schweinefutter, konnte sich mit den Leckerbissen, die Luxushunde bekamen, nicht annähernd vergleichen. Sein Bett war eine Parkbank oder die harte Erde unter einem Brückenbogen, seine Decke große Bögen Zeitungspapier, sein Essen Abfälle aus den Mistkübeln und sein Rauchen gesammelte Tschiks, die in Zeitungspapier gedreht immerhin noch blauen Dunst und damit einen Genuss vortäuschten. Vom Leben verprügelt und scheu, alles Lebensschöne vermissend, schleppte Bill sein Dasein gleich hundert anderen durch die Straßen der reichsten Stadt der Welt.
Leichter Regen rieselte. Müde und gleichgültig stapfte Billy durch die Straßen.
Bloß die Misteimer bei den Häusern der Besitzenden interessierten ihn. Ab und zu fand sich etwas Kaubares oder kleine Teile von Gebrauchsgegenständen, für die der Trödler noch Verwendung hatte und einige Cents bezahlte.
Bedächtig wühlte er aus dem Mist eine Uhr, in Porzellanverzierungen gefasst, die auf vier Säulen ruhte, heraus.
Die Uhr war stark beschädigt. Teile der Verzierungen fehlten. Deshalb hatte man sie weggeworfen. Doch sonderbar, das Uhrwerk ging, es tickte und schlug wie ein Herz. Neugierig drehte Billy an den Schrauben der Hinterseite, stellte die Uhr auf die richtige, vom Turm des Kingwolkenkratzers abgesehene Zeit. Billy fühlte die Freude des Besitzes an diesem Fragment einer Zivilisation, von der er ausgestoßen war.
Seine Gedanken kreisten um das kleine Werk, das da tickte und lebendig war und im Gegensatz zu ihm, nichts vom erbarmungslosen Sein wusste. Wie ein Pulsschlag des Lebens schien ihm die beschädigte Uhr, die da tickte. Für dieses Kulturfragment konnte er am Ende beim Chinesen Li, dem Altwarenhändler, zwanzig Cent erzielen.
Eilig steuerte er nach Hoboken hinüber. Stetig bewegten sich seine Gedanken um das kleine Werk, das Menschengeist erfunden und erzeugt hatte. Kurios, dachte er, auf was Menschen alles kommen. Nur darauf, dass alle Menschen menschlich Leben wollen, sind sie noch nicht gekommen, oder wollen sie nicht kommen. Dafür fehlen ihnen die Ideen. Teufel noch mal, wenn man so eine richtige Idee hätte, so etwas erfinden könnte, das marktfähig wäre und Dollar eintrüge. Tja, so eine kleine Idee wäre die Rettung. Durch eine gute Idee waren schon manche Vermögen entstanden.
Krampfhaft zermarterte Billy sein Gehirn. Er suchte nach einen rettenden Gedanken. Der Altwarenhändler, der schlitzäugige Lump, gab ihm sicher höchstens zwanzig Cent für das Uhrwerk. Goddam, sollte es da keinen Ausweg geben?
Plötzlich machte Bill kehrt, zog aus der Tasche die zerknitterten Blätter des „New York Herald“ heraus und umwickelte damit sorgsam seine Uhr, packte sie so gut es ging in die Zeitungsblätter.
Billy hatte einen Ausweg gefunden, eine fabelhafte Idee, um zu Geld zu gelangen.
Eilfertig strebte er seinem neuen Ziel zu. Zur Ausführung seines Planes waren Menschen erforderlich, die Geld, am besten viel Geld in ihren Taschen hatten.
In den dichten Fluten des New Yorker Broadways hastete Bill vorwärts. Plötzlich stieß er, scheinbar ganz zufällig, an eine elegante Dame, die von einem vornehmen älteren Herrn begleitet war, an. Dabei entglitt ihm sein Paket. Ein Fall, ein Klirren, das Zeitungspapier ging auf und allen sichtbar lag eine Uhr in Scherben. Billy schrie auf. In seiner Stimme lag Entsetzen und die Not des armen Teufels. Sein Jammer übertönte auf Sekunden das Tuten der Autos, das brandende Leben des Broadways. Menschen sammelten sich um Billy. Neugierig, mitleidsvoll oder auch schadenfroh blieben eilig hastende Menschen stehen.
Billy nützte geschickt diese sich ihm bietende Chance.

„Ich muss mich aufhängen, muss ins Wasser“, brüllte er zeternd.

„Die Uhr, ach Gott—die Uhr—Für einen Dollar Botenlohn sollte ich sie zu Mister Frabler bringen. Fünfzig Dollar kostet sie. Ich bin verloren. Sie warum stießen Sie mir die Uhr aus der Hand“,

wendete sich Billy schluchzend und anklagend an die erstaunt die Augenbrauen hochziehende Dame.

„Damned, warum rennen Sie dem armen Luder da die Uhr aus den Pfoten“,

grollte im drohenden Bass ein fetter, dabeistehender Mann, der wie ein Ringkämpfer aussah.

Indigniert zuckte die Dame die Schultern und starrte verwirrt auf zu ihren Füssen liegenden Scherben. Da griff ihr Begleiter ein und stellte sein Kavaliertum unter Beweis. Er zückte seine wohlgespickte Brieftasche, erleichterte dieselbe um fünfzig Dollar und schmiss die Noten Billy zu.

Obenhin erklärte er: „Da der Schaden ist gedeckt. Also Weg frei.“

Gerne machte nun Billy Platz. Auch die müßigen Gaffer setzten ihren Weg fort.
Verwirrt stand Billy noch lange und betrachtete seine ergatterten fünfzig Dollar. Scham und Ärger krochen in ihm hoch. Das, was er da gemacht hatte, war eigentlich ein Betrug. fünfzig Dollar! Er konnte sich überhaupt nicht mehr daran erinnern, je soviel Geld in der Tasche gehabt zu haben. Doch zum Teufel, was dachte er da so anständig? War die Welt ihm gegenüber je so anständig gewesen? Er hatte starke Arme und durfte sie nicht gebrauchen, hatte aus Ehrlichkeit Jahre hindurch gehungert, hatte ihn je wer darüber befragt? Nein! Er kannte Kameraden, die waren der Not unterlegen, waren grauenvoll vor die Hunde gegangen oder Verbrecher geworden. Bah, wem hatte er schon geschadet.
Der Mann sah danach aus, dass er nicht nur fünfzig Dollar, sondern auch fünfhundert Dollar ohne Wimpernzucken verlieren konnte. Er hatte eben eine gute Idee gehabt.
Als Billy an dem großen Warenhaus Wannemakers vorbeiging, kam ihm wieder eine Idee. Na, heute hatte er eben einen begnadeten Tag. Langsam durchschritt
Er die großen Säle und landete bei der Uhrenabteilung. Da gab es alle Arten von Uhren. Er sah Uhren in Nippes eingefügt, sah teure, echte Meißneruhren und billige in Gipsguss eingefasste Werke. Billy kaufte zwei billige Uhren um sechs Dollar, die seiner gefundenen ähnlich waren.
Für Billy war es ein besonderes Glück, dass New York riesig groß ist. Tag um Tag stieß er an irgend jemanden an und eine Uhr ging dabei in Trümmer. Und immer fand sein Jammern offene Ohren, immer griffen mitleidige Seelen in ihre Taschen. Die Verzweiflung Billys rührte stets die Herzen. Des Unglücksvogels Strategie richtete sich stets nach den Passanten. Deshalb verhallte sein Appell nie ungehört. Es war egal ob Billy wehklagend beteuerte, er müsse die teure Uhr ersetzen oder ob er jammerte, dass die Uhr sein letzter Besitz gewesen sei, die er im Pfandhaus belehnen oder beim Trödler verkaufen wollte. Immer bekam er gute Dollar, einmal mehr, einmal weniger.
Nach drei Wochen hatte der sparsame Billy eine erkleckliche Summe auf Kosten von hundertsieben Stück Uhren beisammen. Vergnügt pfeifend trottete er über die Manhattanbrücke, über den Hudson, das gewisse Paket unter dem Arm. Im nötigen Gedränge hastender Menschen hoffte Billy seine hundertachte Uhr bei gebefreudigen Menschen für gute Dollars in Scherben gehen zu lassen.
Da drängt ein Wehschrei an sein Ohr. Ein Auflauf entstand. Menschen scharten sich um ein junges Mädel, das den Umstehenden weinend ihr Unglück vorjammerte. Die am Boden zertrümmert liegende Uhr sei ihre einzige Habe und Hoffnung gewesen, sie wollte sie verkaufen, um für ihre kranke Mutter Nahrung und Medizin besorgen zu Können.
Billy traute im ersten Moment seine Augen und Ohren nicht recht, aber er sah, zwischen Ärger und Heiterkeit schwankend, wie die Leute ringsum dem armen Mädel tröstend Gaben zusteckten. Ihr Jammer fand, als sich die Leute verlaufen hatten, ein Ende.
Billy stand nun allein dem Mädchen gegenüber. Zum erstenmal seit Jahren fällt ihm auf, dass es hübsche Mädels gibt. Da erkennt ihn das Girl und tritt zaghaft auf ihn zu. Leise lispelt sie:

„Sind Sie sehr böse auf mich?“

Lachend meinte Billy:

„No, Girl. Doch erzähle, wie kommst du ausgerechnet auf meinen---„

Im langsamen Weitergehen erzählte ihm das Mädel, dass sie zweimal Zeuge seines Tricks gewesen sei und nur von bitterster Not gezwungen, seine Idee nachahmte und ausführte.
So fand Billy überraschenderweise ein Mädel. Er hatte durch seine Idee bereits über fünftausend Dollar verdient. Mit fünftausend Dollar lässt sich auch in der reichsten Stadt der Welt etwas beginnen. Billy darf nun wieder Mensch sein.
Kurze Zeit darauf hatte Billy die Mabel, so hieß seine kleine Konkurrentin, geheiratet und am Hudson eine Matrosenschenke gepachtet.

Jahre sind vergangen. Drei lustige Kinder machten ein Glück, das zerbrochene Uhren begründeten, vollständig, gaben Billy und Mabel das wahre Glück des Lebens. Die letzte Uhr, die Billy trug und nicht mehr in Trümmer gehen ließ, da ihm Mabel zuvorkam, nahm einen Ehrenplatz im Geschäft ein. Und wenn Billy und Mabel einem armen Teufel helfen konnten, dann blickten sie auf die Uhr und halfen doppelt gerne. Beide wussten, und das bedrückte sie immer noch, dass ihr kleiner Trick nicht ganz dem Recht entsprochen hatte.

 

hallo poopsy,

der barde mag ja solche geschichten *smile*, wer hätte das gedacht?!
wie alt war eigentlich das kleine mädchen? man hat als leser ja immer spontan ein alter im kopf. 5 jahre, 7 jahre alt? heiraten? *öhm* vielleicht dann doch etwas grösser das kleine mädchen?

dennoch - schöner und interessanter inhalt. leider fehlt mir die vorstellungskraft, dass der uhrentrick so reibungslos ablief, wie geschildert. diesen holperstein könntest du entfernen, indem du in der geschichte ein paar pannen einbaust. missgeschicke - wie zum beispiel könnte einmal zufällig ein cop aufkreuzen und der billy nimm die beine in die Hand. oder was passiert, wenn er mal einen passanten erwischt, der ihm den trick nicht abnimmt?
keine noch so gute idee klappt über 100 mal ohne vorfälle!

der erzählstil ist manches mal ungwöhnlich und brachte mein kritisches auge zum stocken und stutzen, allerdings nur um festzustellen, dass es ungewöhnlich aber fehlerfrei geschrieben ist *hehe*.

die einleitung ist schrecklich lang. das ist gar nicht notwendig. sie wäre um einiges kürzer, wenn du die doppelinformationen entfernen würdest.

der schluss war hastig. zu hastig, weil wichtige information fehlen. also das mädchen kommt zu kurz hier *smile*!

im einzelnen:

Seine Nahrung war schlechter als Schweinefutter, konnte sich mit den Leckerbissen, die Luxushunde bekamen, nicht annähernd vergleichen. Sein Bett war eine Parkbank oder die harte Erde unter einem Brückenbogen, seine Decke große Bögen Zeitungspapier, sein Essen Abfälle aus den Mistkübeln

du wechselst immer zu abgeschlossenen information zurück. das ist ein beispiel. besser, wenn du eine information abschliesst, und dann auch abgeschlossen hälst. Beispiel: Seine Nahrung, das hauptsächlich aus dem Weggeworfenen anderer Menschen bestand, war schlechter als Schweinefutter und konnte sich mit den Hundeleckerbissen kaum vergleichen. Sein Bett ...

Bedächtig wühlte er aus dem Mist eine Uhr, in Porzellanverzierungen gefasst, die auf vier Säulen ruhte, heraus.
"Mist" taucht nun zum dritten Mal auf. Du könntest dieses "Mist" mal mit "Müll" austauschen.


Menschen sammelten sich um Billy. Neugierig, mitleidsvoll oder auch schadenfroh blieben eilig hastende Menschen stehen.

"Menschen" ist doppelt. Der Satz klingt auch nicht gut. Was spricht dagegen, daraus einen einzigen Satz zu machen?

fazit (meine persönliche meinung):

nette geschichte mit vielen stolpersteinen.

bis dann

barde

verhungern

Diese Information ist doppelt!

Nur wenigen gelingt es, zu einen Job zu kommen, einen Verdienst zu finden.
"wenigen" gross
"zu" >> "an"

deren Belegschaft arbeitslose arme Teufel bilden.

hinter "arbeitslose" ein komma

Für dieses Kulturfragment konnte er am Ende beim Chinesen Li, dem Altwarenhändler, zwanzig Cent erzielen.
Da es die Zukunft betrifft, sollte "konnte" in "könnte" geändert werden.


Langsam durchschritt
Er die großen Säle und landete bei der Uhrenabteilung.
"Er" klein

 

Hi Barde!
Danke fürs lesen und Kritik, gebe Dir recht werde es noch ein wenig überarbeiten

 

Hi poopsy und herzlich willkommen. :)

ich kann mich dem Barden nur anschließen, eine Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Du schreibst flüssig und kurzweilig. Das happy end am Schluss wirkt nicht kitschig oder zu gekünstelt. Du hast es geschafft, dass Billy als Charakter gut eingeführt wird, der Leser kann ihn gut mitverfolgen, er wirkt lebendg und plastisch. Gute, flüssige geschichte, nur noch einige rechtschreibfehler udn Zeilenumbrüche sind noch drinnen.

schöne Grüße
Anne

 

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