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Die Truhe

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07.05.2003
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Die Truhe

Die Truhe

Der Anblick des alten Landhauses erfüllte Rupert J. Fergusson mit Angst. Verwundert blickte er auf die verfallene Fassade des einstmals prächtigen Anwesens an. Es war im typischen neuenglischen Stil gebaut gewesen, mit kunstvoll geschnitzten Verzierungen am Giebel und einer breiten Veranda auf der eine alte Hollywoodschaukel vor sich hin rostete. Die Eingangstür hing schief und quietschend in einer Angel, die andere war herausgebrochen. Morsche Bretter lagen auf dem Boden um das Haus verteilt und im Laufe der Zeit hatte sich allerlei anderer Unrat in den Zwischenräumen angesammelt. Von den Außenwänden bröckelte das Holz ab, das wohl vor langer Zeit einmal in einem kräftigen Rot gestrahlt haben musste.

Der Garten bot ein noch viel übleres Bild. An vielen Stellen schaute die Blanke Erde hervor, aufgesprungen und verödet und von einer weißen Salzkruste bedeckt. Die ärmlichen Grasbüschel in den Zwischenräumen waren braun und welk. Einsam und verlassen standen drei große, abgestorbene Bäume neben dem Weg der ins Haus führte. In fahlem Braun erhob sich der Gesamteindruck wie ein Mahnmal des Verfalls vor dem grauen Himmel des kühlen Herbstmorgens. Rupert schauderte bei dem Anblick. So lebensfeindlich und tot das Haus auch aussah, irgendetwas war daran das Rupert faszinierte. Gebannt starrte er auf die verwitterte Eingangstür.

In Boston wartete sein Bruder Balthasar und der Erbverwalter auf ihn. Der Tod seines Vaters kam plötzlich und ohne jede Ankündigung. Rupert misstraute Balthasar in dieser Sache. Obwohl Rupert Boston vor Jahren verlassen hatte, war er immer seines Vaters Lieblingssohn gewesen. Balthasar war stets eifersüchtig gewesen. Er hatte zwar Prokura im Geschäft des Vaters und lebte ein sehr bequemes Leben, während sein Bruder in Armut lebte und seine Abenteuerlust auslebte. Aber dafür hatte Rupert die Liebe seines Vaters. Und die Gewissheit dass er prächtiger beerbt werden würde als sein Balthasar. Es hatte sich Rupert zwar gewundert wie ihn Balthasars Boten hatten ausfindig machen können, allerdings hatte er beschlossen sich darüber nicht allzu viele Gedanken zu machen. Das Haus übte eine ungeahnte Anziehung auf ihn aus. Bis nach Boston war es noch ein Fußmarsch von einer guten Stunde Dennoch beschloss er etwas näher heranzugehen. Vorsichtig ging er Schritt um Schritt näher auf das Haus zu.

Rupert wurde immer unwohler. Er war bei weitem kein Feigling und er war durchaus kräftig genug um es mit jedem Mann aufzunehmen der sich ihm in den Weg stellte. Was ihn beunruhigte war seine Neugier. Sie würde ihn wertvolle Zeit kosten, er würde zu spät nach Boston kommen und sein Bruder würde durch einen seiner krummen Tricks seinen Teil an sich reißen. Er war sich dessen durchaus bewusst, aber er machte keine Anstalten den toten Garten zu verlassen und weiter die Strasse hinunterzugehen. Zu verlockend waren die Gedanken daran was wohl einmal hier geschehen sein musste. Dieses Haus schien förmlich seinen Namen zu rufen. Und er war bereit zu folgen. Immer näher kam er an die verzogene Tür heran. Zögerlich blieb er vor der alten Holztreppe stehen. Die Stufen hatten bessere Tage gesehen. Krumm und rissig lagen die Holzbalken vor ihm. Die ersten Stufen waren von Moosen und flechten übersäht, die dritte Stufe fehlte ganz. Rupert atmete tief durch. Knarrend gab das Holz unter seinen Füssen nach, schien für seinen äußeren Zustand aber immer noch außerordentlich stabil zu sein. Mit einem Sprung überwand er die fehlende Stufe und die darauf folgende gleich mit. Der Holzboden der Veranda war aufgequollen und rutschig, sodass er einige Mühe hatte sich bei der Landung auf den Beinen zu halten. Besorgt sah er sich um. Noch immer fehlte jegliches Leben in der Umgebung. Langsam kamen ihm Zweifel am Sinn seiner Hauserkundung. Ein kräftiger Windzug heulte auf und riss die schiefe Tür vor Rupert auf. Scheppernd krachte sie gegen die Wand und lies einen brüchigen Balken neben den Rahmen lautstark umstürzen. Ihm stockte der Atem. Solche Windstöße waren durchaus nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit, allerdings war es den gesamten Morgen über sehr ruhig gewesen. Der Wind flaute ab.

Wie das Maul eines riesigen schwarzen Tieres lag die Tür vor ihm, ein schwarzer Abgrund der ihn hinein bat in die verfallenen Räumlichkeiten. Von innen drang ein betäubender Geruch, der Rupert sehr an ranzige Butter erinnerte. Ein unglaubliches Gefühl der Abscheu überkam ihn. Er wollte dennoch nicht umkehren. Das Innere des Hauses verlangte alle seine Sinne danach entdeckt zu werden. Das was hinter der Tür lag konnte er nicht sehen und so schritt er ohne große Überlegungen hinein. Zu seinem Erstaunen roch es drinnen bei Weitem nicht so unangenehm wie er von draußen angenommen hatte. Die Luft war warm und stickig, und auch dunkel war es im inneren keinesfalls. An den Wänden glimmten kleine Petroleumlämpchen.

Es gab kein Anzeichen dafür dass dieses Haus bewohnt war, aber dennoch verwunderte es Rupert nicht das die Lämpchen brannten. Es passte zu dem mysteriösen Gesamteindruck den das Haus auf ihn machte. Der Flur war mit einem schmutzigen roten Teppich ausgelegt, der die intakten Holzdielen etwa zur Hälfte abdeckte. An den Ecken der Wände waren sehr aufwendige Fresken angebracht und eine erdrückende rote Tapete hing teilweise in Fetzen von den Wänden herunter. An manchen stellen schien das Mauerwerk hindurch. Erstaunt über den Zustand der Räume und noch viel mehr darüber dass man von außen gar nichts wahrnahm schlich Rupert langsam vorwärts. Er bemerkte ebenfalls dass es im Foyer keine Treppe nach oben gab, wie es in solchen Gebäuden üblich war. Zweifellos hatte das Gebäude aber mehrere Stockwerke.

Im Flur hingen mehrere Bilder an der Wand. Rupert war kein Kunstkenner, aber dennoch einem Schönen Gemälde nicht abgetan. Auf dem ersten war ein hübscher Junger Mann in besten Sonntagskleidern, der eine weinende junge Dame im Arm hält. Fasziniert und erstaunt zugleich starrte er auf das völlig unversehrte Bild. Im Hintergrund fiel ihm auf das eine schwarze Truhe auf dem Tisch stand. Auf ihrem Deckel befand sich ein rotes Juwel, das mysteriös zu leuchten schien. Auf dem Boden davor lag ein Zylinder. Das Bild beunruhigte ihn. Er ging weiter zum nächsten. Auf ihm war eine Meute schreiender Menschen zu sehen, die aus einem brennenden Haus rannten. In einem der offenen Fenster sah er wieder diese schwarze Truhe mit dem Edelstein. Immer wieder sprang sein Blick von den schreienden, verzerrten Gesichtern zu dem offenen Fenster. Mit offenem Mund drehte Rupert sich um zum dritten Bild. Es zeigte ein idyllisches kleines Wäldchen in dessen Mitte auf einer Lichtung eine Menschenmenge um ein bizarres Holzgestell stand. An diesem Gestell war ein nackter Mann an den Füssen aufgehängt und wurde von zwei Frauen von oben nach unten bei lebendigem Leib zersägt. Er wagte es nicht seinen Blick von dem gequälten abschweifen zu lassen, da er Angst hatte erneut diese Truhe zu sehen. Auf dem vierten Bild war ein Riesengroßer muskulöser Mann abgebildet. Er musste an die 8 Fuß hoch sein. Sein Oberkörper war frei und vernarbt. Über seiner Löcherigen Hose trug er ein schweres paar Metallstiefel. Auf seinen Schultern saß ein riesiger Helm aus Stahl der seinen kompletten Kopf verdeckte. Er lief von Schulter zu Schulter und lief nach oben hin spitz zu. Keine Luft- oder Sichtlöcher waren darin zu sehen. In seiner Hand trug er ein gewaltiges beilartiges Messer, das etwa 5 Fuß lang sein musste. Es war blutig verschmiert und rostig. Hinter ihm war ein Berg mit Leichenteilen aufgeschichtet auf dem die schwarze Truhe lag. Der rote Stein fehlte bei diesem Bild. Beim näheren hinsehen entdeckte Rupert einen anderen Mann, der das Juwel herrisch in die Luft hielt und lachte. Unter dem Bild stand etwas in goldenen Lettern geschrieben. Eine dicke Staubschicht lag darauf. Rupert wischte den Staub weg und las "Rufe den Richter und er wird kommen". Er verstand nicht was das zu bedeuten hatte. Dieses Bild beunruhigte ihn mehr als alle anderen.

Mit einem tiefen Atemzug ging er weiter den Gang hinunter. Das Licht wurde immer trüber und schummriger. Weich glitt der rote Teppich unter seinen Füssen dahin. Rupert drehte sich um und suchte den Eingang. Er konnte mit einiger Mühe noch das Foyer ausmachen. Das Haus war länger als es von außen aussah. Der Gang war einige Hundert Yards lang, ohne auch nur eine einzige Tür zu beherbergen. Voller Angst den Eingang komplett aus den Augen zu verlieren, aber auch unfähig umzudrehen und einfach zu verschwinden schlich Rupert weiter durch den engen Gang, der sich immer tiefer in das Haus hineinzog. Im Zwielicht der Wandleuchter erkannte er eine kleine Tür, die gleichzeitig auch das Ende des Ganges war. Sie reichte ihm bis zur Hüfte und sonst gab es keine Möglichkeit noch weiter in das Gebäude vorzudringen. Die Tür war außergewöhnlich glatt poliert und sauber. Der Rahmen wies zahlreiche Schnitzereien auf, welche einen edlen Eindruck machten. In die Tür selbst war etwas eingraviert. Rupert kniff angestrengt die Augen zusammen, um etwas mehr sehen zu können. Es nützte nichts. Ratlos sah er sich um. Sein Blick fiel auf die letzte Petroleumleuchte an der Wand. Vorsichtig machte er sich an der Wandhalterung zu schaffen. Dabei war er sehr bedacht darauf die Lampe nicht brutal herunterzureißen, denn ein kräftiger Ruck hätte ausgereicht um das Petroleum auszuschütten und in Brand zu stecken. Er erschrak sich auch umso mehr als die Wandhalterung ächzend nachgab und ihm die komplette Lampe entgegenschnellte und einen großen Spritzer der öligen Flüssigkeit über seinen Mantel ergoss. Der Funke blieb glücklicherweise aus und Rupert atmete auf. Das letzte was er zu seiner Verspätung brauchen konnte war ein hässliches Brandloch auf dem ohnehin schon besudelten Gewand. Die Lampe vor sich haltend drehte er sich zu der kleinen Tür um. Der klägliche Schein der Lampe machte einige Schritte nötig um zu erkennen was sich auf der Tür befand. Rupert riss die Augen weit auf und wagte nicht zu atmen.

Auf der Tür war das riesige Messer und der Helm des Riesen vom letzten Bild eingraviert. Mühevoll unterdrückte er das Zittern seiner Hände, das inzwischen eingesetzt hatte. Angst machte sich breit. Zögernd streckte Rupert seine Hand zum Türgriff aus. Ganz langsam näherten sich seine Finger dem glänzenden Messingknopf. Er fühlte sich warm an. Das Herumdrehen kostete Rupert einige Überwindung. Die Pure Existenz des Hauses hatte ihn schon derartig aus der Fassung gebracht, das er seinen Treffen verschob um es sich näher anzusehen. Auf keinen Fall wollte er jetzt umkehren. Balthasar konnte warten. Die Tür öffnete sich problemlos und leise. Ein warmer, einladender Luftzug kam aus dem Raum dahinter. Der Schein der Lampe erhellte den blanken Holzboden und die Wände, an denen nicht mehr viel von der Tapete zu sehen war. Die etwa 4 Fuß hohe Wandverkleidung aus Holz war verwittert und von zahlreichen Durchbrüchen bis auf das Mauerwerk geprägt. Voller heißer Erwartung kroch Rupert in den Raum hinein. In der Mitte des Raumes stand ein runder Eichentisch. In Licht der Lampe zeichnete sich ein dunkler Gegenstand darauf ab. Ohne genau hinsehen zu müssen wusste Rupert was das für ein Gegenstand war.

Es war die Truhe von den Bildern im Flur. Die Tür fiel zu. Funkelnd schwarz lag die Truhe auf dem Tisch und strahlte Rupert an. Nichts rührte sich. Rupert atmete schwer und gleichmäßig. Die Erwartung auf den Inhalt ließ seinen Verstand fast zerbersten. Schritt für Schritt kam er der Truhe näher und begutachtete sie. Sie Bestand komplett aus tiefschwarzem Holz, das wohl aus einem kompletten Baumstamm herausgeschnitzt worden war. Die Maserungen am Übergang des Deckels waren identisch und ineinander übergreifend. Kein Verschluss war zu sehen, kein Griff oder ein sonstiger Mechanismus mit dem man die Truhe hätte öffnen können. Sie war so schwarz das sie das spärliche Licht der Lampe um sich herum aufzusaugen schien. Rupert griff vorsichtig nach der Truhe. Er bemerkte dass das rote Juwel auf dem Deckel fehlte. Ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken runter. Ein dumpfes Metallisches Klirren drang aus dem Flur hinter der kleinen Tür zu ihm hervor. Er war nicht allein. Langsam und steif vor Angst drehte Rupert sich um. Panik machte sich breit. Der Boden erzitterte unter mächtigen Schritten von etwas das auf der anderen Seite immer näher kam. Ein dumpfer schlag folgte und die Wand um die Tür stürzte ein. Entsetzt starrte Rupert in den aufgewirbelten Staub. Hervor trat eine lange blutige Klinge und ein eiserner Kopf. Es war der Richter. Imposant richtete er sich in dem kleinen Zimmer auf. Die Decke schien auf einmal viel höher zu sein, denn Rupert sah sie nicht mehr. Mühelos schwang der Richter das Messer hoch und spannte seine Armmuskulatur an, die ungefähr den doppelten Umfang hatte wie beide Oberschenkel eines Mannes zusammen. Die Klinge fuhr von oben durch Rupert wie durch weiche Butter.

Der Erbverwalter rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. "Glauben sie dass ihr Bruder noch auftaucht, Mister Fergusson? Er ist bereits sieben Stunden überfällig!" Balthasar grinste unterdrückt in sich hinein. "Ich glaube nicht dass er noch kommen wird. Ich werde sein Erbe aber mit Freuden antreten, unser Vater hätte es so gewollt. Rupert jagt gewiss wieder irgendeinem Abenteuer hinterher. Er hat einfach kein Verantwortungsbewusstsein." Der Erbverwalter blickte kurz auf, sortierte dann seine Dokumente und erhob sich von seinem Stuhl. "Gut Mister Fergusson, wir haben lange genug gewartet. Wenn sie mir bitte folgen würden, ich bereite die Urkunde vor. Sie müssen sie dann nur noch unterschreiben." Der Verwalter humpelte in den Nebenraum. Balthasar gab sich jetzt keine Mühe mehr seine Freude zu unterdrücken. Er griff in die Tasche seines Gehrocks und holte einen mysteriösen roten Stein heraus. "Er jagt sicherlich irgendeinem Abenteuer hinterher. Auf die Abenteuerlust meines Bruders ist eben Verlass." Dann ging auch er in den Nebenraum um das Erbe anzutreten. Sein finsterer Plan hatte funktioniert.

ENDE

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jay,

bin nach dem Lesen deiner Geschichte ein wenig ratlos.

Sie ist ganz ordentlich geschrieben, und in der Passage, in denen er vor den Bildern steht, kann ich auch so etwas wie eine unheimliche Grundstimmung empfinden.

Insgesamt fehlt mir aber eine wirklich dichte Atmosphäre der Story. Der Text kommt zu distanziert rüber: ich kann nur an wenigen Stellen das Unheimliche des Hauses nachempfinden, und die Angst des Prot ist auch nicht derart dargestellt, daß ich wirklich mitfiebern kann.
Weniger Adjektive und mehr bildhafte Vergleiche würden der Story sicher gut tun, denn grundsätzlich denke ich, daß man da noch einiges rausholen kann.

Im Einzelnen:

Der Anblick des alten Landhauses erfüllte Rupert J. Fergusson mit Angst. Verwundert blickte er auf die verfallene Fassade des einstmals prächtigen Anwesens an.

Er hat Angst und schaut dennoch nur verwundert auf die Fassade? Das paßt nicht zusammen.

Es war im typischen neuenglischen Stil gebaut gewesen,

Ist es das denn jetzt nicht mehr? Vorschlag: "...erbaut worden,"

Einsam und verlassen standen drei große, abgestorbene Bäume neben dem Weg der ins Haus führte.

Hm, "einsam" und insbesondere "verlassen" sind doch eher Menschen. Würde es nicht vollauf genügen, einfach zu schreiben: "Drei große abgestorbene Bäume standen am Wegesrand/am Rand des Weges, der ins/zum Haus führte."?

In fahlem Braun erhob sich der Gesamteindruck wie ein Mahnmal des Verfalls vor dem grauen Himmel des kühlen Herbstmorgens.

Das fand ich sehr gelungen. Mehr solcher Vergleiche hätten viel zur Atmosphäre der Story beigetragen.
Einzig, daß sich der Gesamteindruck erhob, paßt nicht so ganz. Ich würde etwas in Richtung "...erhob sich die Szenerie..." treffender finden.

In Boston wartete sein Bruder Balthasar und der Erbverwalter auf ihn. Der Tod seines Vaters kam plötzlich und ohne jede Ankündigung.

Tempusfehler. So, wie es da steht, stirbt der Vater zu einer Zeit, als in Boston der Bruder und der Verwalter warten.
Richtig heißt es: "Der Tod seines Vaters war plötzlich und ohne Ankündigung gekommen."
Meiner Meinung nach paßt "ohne Ankündigung" auch nicht so ganz; viel treffender wäre "unerwartet".

Und die Gewissheit dass er prächtiger beerbt werden würde als sein Balthasar. Es hatte sich Rupert zwar gewundert

Das "sein" würde ich weglassen. Der zweite Satz klingt unrund, besser: "Rupert hatte sich zwar gewundert,"

Scheppernd krachte sie gegen die Wand und liess einen brüchigen Balken neben den Rahmen lautstark umstürzen. Ihm stockte der Atem.

Kurz und knapp stockt ihm hier der Atem. Ich finde, damit verschenkst du (wie an vielen Stellen im Text), die Möglichkeit, den Leser emotionaler ins Geschehen zu ziehen.
Er erschrickt... warum macht er dann nicht eine unwillkürliche Bewegung, einen Schritt zur Seite, stößt sich vielleicht gar Kopf oder sonstwas, vielleicht auch noch einen schicken Fluch hinterher, sein Herz klopft für einen kurzen Moment schneller... Vielleicht auch ein Gedanke an ein vergangenes Ereignis, bei dem er sich extrem erschreckt hat...
Sowas in der Art würde mich als Leser mehr fesseln.

Ein unglaubliches Gefühl der Abscheu überkam ihn.

Wieder so eine Stelle. Für mich als Leser wird nicht klar, wie unglaublich sein Gefühl ist. Gerade hier bieten sich Vergleiche mit anderen Situationen an. Vielleicht hat er mal an drei Wochen vor sich hinsauernder Milch gerochen und sich danach übergeben. Der Geruch von Erbrochenem nach einem Alkoholexzess. Keine Ahnung, bring doch einfach etwas von deinen Empfindungen hier mit rein und verdeutliche dem Leser diesen Geruch.

Das was hinter der Tür lag konnte er nicht sehen und so schritt er ohne große Überlegungen hinein.

Es klingt nich glaubwürdig, daß er hier einfach ohne große Überlegungen hineinspaziert, gerade weil er nichts sieht.

Erstaunt über den Zustand der Räume und noch viel mehr darüber dass man von außen gar nichts wahrnahm schlich Rupert langsam vorwärts.

Hm, also ich würde eher nicht darüber erstaunt sein. Von außen ist die Hütte verfallen, warum sollte sie innen da auf Hochglanz poliert sein?

Auf ihrem Deckel befand sich ein rotes Juwel, das mysteriös zu leuchten schien.

Wieder so eine Stelle: ich kann mir nur schwer vorstellen, wie es mysteriös leuchtet.

bizarres Holzgestell

Hierunter kann ich mir nun gar nichts mehr vorstellen.

An diesem Gestell war ein nackter Mann an den Füssen aufgehängt und wurde von zwei Frauen von oben nach unten bei lebendigem Leib zersägt.

Argh... das ist gut.

Auf dem vierten Bild war ein Riesengroßer muskulöser Mann abgebildet. Er musste an die 8 Fuß hoch sein.

Der zweite Satz ist unnötig. Der Typ hat Muckis und ist ein Riese, welche ungefähre Größe in seinem Paß eingetragen ist, ist überflüssig.

In seiner Hand trug er ein gewaltiges beilartiges Messer, das etwa 5 Fuß lang sein musste.

Das Messer ist beilartig und gewaltig... obwohl letzteres wenig aussagekräftig ist, habe ich doch ein ungefähres Bild von dem Hackebeil. Die Größenangabe erscheint mir daher ebenfalls überflüssig.

Weich glitt der rote Teppich unter seinen Füssen dahin.

Wenn ein Teppich unter meinen Füßen dahingleitet, dann würde ich mir echt Sorgen machen, wo das Teil bloß hin will...
Laß ihn doch einfach über den weichen Teppich gehen/schreiten...

Mühevoll unterdrückte er das Zittern seiner Hände, das inzwischen eingesetzt hatte. Angst machte sich breit.

Gerade hier verschenkst du wieder eine emotionale Bindung zum Prot. Die Angst wird nicht wirklich greifbar, sie wird eigentlich nur genannt.

Funkelnd schwarz lag die Truhe auf dem Tisch und strahlte Rupert an.

Meine Frau hat mich immer angestrahlt, aber eine Truhe?

Hervor trat eine lange blutige Klinge und ein eiserner Kopf. Es war der Richter.

Hm, sicher, daß Klinge und Kopf hervortreten? Nicht vielleicht doch eher der Richter, mit eisernem Kopf und langer blutiger Klinge in der Hand?

Die Klinge fuhr von oben durch Rupert wie durch weiche Butter.

Das ist wiederum ein gelungener Vergleich. Jeder Leser kann es sich bildlich vorstellen.

Damit komme ich auch zum Ende. Wie gesagt, mehr solcher Vergleiche würden der Story sehr gut tun und sie sicher zu einer spannenden Erzählung machen. Vielleicht überarbeitest du sie ja noch mal dahingehend.

Vielleicht stehe ich mit meiner Meinung ja auch ziemlich alleine da. Also bitte nicht entmutigen lassen... weitermachen!

THX
Somebody

 

Hallo Jay Adams,

Deine Geschichte hat mich nicht gerade vom Hocker gehauen, auch wenn sie nicht schlecht war. Den Anfang und die ganze Ausgangslage fand ich gut, aber am Ende war ich etwas enttäuscht, dass es nur auf eine Racheaktion des bösen Bruders hinauslief. Irgendwie fehlte mir der Horror bei der ganzen Sache.
Hm, die Zutaten die Du verwendet hast - unheimliches altes Haus, zwei verfeindetete Brüder - fand ich nicht schlecht gewählt, nur befriedigt mich das Gesamtergebnis nicht besonders.
Und was ich nicht ganz verstanden habe:

"Rufe den Richter und er wird kommen".
Rupert hat aber gar nicht nach ihm gerufen und er kam trotzdem, oder?
Ich fände es besser, wenn Rupert das Haus ziemlich furchtlos betreten würde, wenn seine Abenteuerlust und seine Neugierde stärker zum Vorschein käme und er dann dieses Bild findet und vielleicht irgendeinen Zauberspruch oder so auslöst, womit er dann dieses Ungetüm herbeiruft. Ein bisschen hat mich das nämlich an den Candyman erinnert, den man herbeirufen kann wenn man seinen Namen fünf Mal in einen Spiegel ruft (ich hab's natürlich nicht getestet :D ).
Ich fände es einfach spannender, wenn Rupert seinen Tod mehr mitverschulden würde ... nicht nur, indem er das Haus betritt und darin herumschnüffelt, sondern indem er sein eigenes Unheil wirklich aus Neugierde selbst in Gang setzt. So wie ich das jetzt lese hatte er hauptsächlich Pech und konnte nicht wirklich ahnen, was geschehen würde. Wenn er mehr Hinweise darauf bekäme, dass er sich von diesem Ort fortstehlen muss sofern ihm sein Leben lieb ist und er sich trotzdem dazu durchringt zu bleiben und dann der Abenteuerlust zum Opfer fällt würde das mir besser gefallen ... Aber das mag Ansichtssache sein. Naja.

Ein paar Details noch:

Verwundert blickte er auf die verfallene Fassade des einstmals prächtigen Anwesens an.
Satzmischmasch: Entweder "blickte er auf die verfallene Fassade" oder er "sieht/schaut die verfallene Fassade [...] an."
Es war im typischen neuenglischen Stil gebaut gewesen,
Hier hat mich die Zeit irritiert: Warum gehst Du mit "gewesen" noch eine Vergangenheit zurück? Schließlich ist das Haus noch da und immer noch so gebaut ... Ich schlage deshalb vor, das "gewesen" einfach zu streichen ... oder ersatzweise zu schreiben: "Es war im typischen neuenglischen Stil gebaut worden."
An vielen Stellen schaute die blanke Erde hervor
Eine von vielen Stellen, wo Du irrtümlich das Adjektiv groß schreibst. Ich hab nicht alle Fälle aufgelistet, nur ein paar, weil es überhand nahm:
aber dennoch einem schönen Gemälde nicht abgetan
Auf dem ersten war ein hübscher junger Mann
Der Tod seines Vaters kam plötzlich und ohne jede Ankündigung.
Wieder die Zeit - hier müsste es aber eine Vergangenheit zurückgehen. Schließlich wird die Geschichte in der Vergangenheit erzählt als der Vater schon gestorben ist, also: Der Tod seines Vaters war plötzlich und ohne jede Ankündigung gekommen.
Er hatte zwar Prokura im Geschäft des Vaters und lebte ein sehr bequemes Leben, während sein Bruder in Armut lebte und seine Abenteuerlust auslebte.
Das ist mir ein bisschen zuviel Leben auf einem Fleck. ;-)
Such nach Alternativen, um diese Wortwiederholungen zu vermeiden ... statt "lebte ein bequemes Leben" geht z.B. "führte ein bequemes Leben".
Es hatte sich Rupert zwar gewundert
Seltsame Satzstellung. Villeicht doch besser: "Rupert hatte sich zwar gewundert"
Dann hab ich noch zwei Stellen gefunden, wo statt des "ss" nach wie vor ein "ß" hingehört, und zwar bei "Straße" und "Füße".
Und noch einmal Großschreibung:
An manchen Stellen schien das Mauerwerk hindurch.

Tja, vielleicht bringen Dir meine Anmerkungen etwas, es würde mich freuen. :-)

LG
Ginny

 

Servus!

Tja, da liest man es einhundertdreiundzwickich mal und bemerkt die Fehler trotzdem nicht! Mmh, ich werde es überarbeiten...

Die Kritiken fand ich exzellent, manchmal ist man so in seine winkelzugartigen Formulierungen verliebt, dass man gar nicht merkt wie bescheuert sie sind! :D

okay, bis denne,
JAy

 

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