- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 3
Die Tränen der Engel
Draußen tobte ein schlimmes Gewitter. Max lag in seinem Bett und wartete auf seine Mutter, die ihm noch Gute Nacht sagen wollte.
Der Regen prasselte unaufhörlich gegen das Fenster. Bei jedem Donnerschlag zuckte Max zusammen und zog die Decke ein Stück höher über sein Gesicht.
Endlich hörte er die Schritte seiner Mutter vor der Tür.
„Mama, ich habe Angst“, sagte er, als seine Mutter das Zimmer betrat.
„Vor einem Gewitter brauchst du doch keine Angst zu haben.“
„Es ist aber so laut und die Donnerschläge erschrecken mich. Ich kann bestimmt nicht einschlafen, solange es nicht aufgehört hat.“
Max sah seine Mutter bettelnd an . „Bitte lies mir noch eine Gute-Nacht-Geschichte vor.“
„Na gut, mein Junge. Ich werde dir jetzt mal erzählen, wie die Gewitter entstehen. Dann wirst du nie mehr Angst davor haben.“
Sie setzte sich zu ihrem Sohn auf das Bett und Max lauschte gespannt der Erzählung seiner Mutter.
„Für die Menschen unsichtbar, aber immer in unserer Nähe, wachen die Engel darüber, dass niemandem etwas Schlimmes passiert.
Jeder Mensch hat einen Schutzengel, der ihn immer begleitet. Schlafen wir, wachen die Engel über uns und schicken uns schöne Träume.
Wenn wir glücklich sind, freuen sich auch die Engel. Sind wir traurig, weinen auch sie.
Für die Kinder sind die Schutzengel ganz besonders wichtig, weil sie noch nicht alle Gefahren erkennen können, die auf sie lauern. Die Engel passen auf, dass die Kinder nicht auf die Straßen laufen, wenn Autos herangefahren kommen. Wenn im Winter Schnee liegt und die Wege rutschig sind, helfen sie den Kindern ihr Gleichgewicht zu halten, damit sie nicht hinfallen.
Fällt aus irgendeinem Grund eines der Kinder doch einmal, fangen die Engel dieses Kind auf, damit es sich nicht so sehr weh tut.
Die Engel helfen den Kindern, wenn sie sich verlaufen den richtigen Weg zu finden. Sie verhindern, dass kleine Kinder Sachen in den Mund stecken, die ungesund für sie sind.
Die Schutzengel sind immer bei uns, auch jetzt, wo wir hier beide auf deinem Bett sitzen, werden wir von unseren Schutzengeln beobachtet."
"Müssen Engel denn auch zur Schule", fragte Max.
" Ja natürlich gibt es bei ihnen auch eine Schule, in der sie lernen müssen, wie sie am besten auf ihre Schützlinge aufpassen können. Der älteste und erfahrenste aller Engel unterrichtet sie und bringt ihnen alles bei, was für ihre Aufgabe auf der Erde wichtig ist.
Genau wie die Menschenkinder würden die kleinen Engel viel lieber herumtoben, als zur Schule zu gehen. Aber der Lehrer der Engel ist sehr streng. Einmal in der Woche nimmt er seine Schüler mit auf die Erde und zeigt ihnen wo überall Gefahren für die Menschen lauern können. Die jungen Engel freuen sich auf diese Ausflüge. Es macht ihnen viel mehr Spaß mit ihrem Lehrer auf die Erde zu fliegen, als den ganzen Tag im Klassenzimmer zu sitzen.
Besonders gerne gehen die Engel auf die Kinderspielplätze und schauen zu, wie ihre älteren Geschwister verhindern, dass die Menschenkinder von den Spielgeräten fallen oder sich sonst irgendwie schlimm verletzen.
Immer wenn auf der Erde ein Baby geboren wird, überträgt der Lehrer seinem ältesten Schüler die Aufgabe auf das Baby aufzupassen.
In den ersten vier Wochen muß der junge Engel beweisen, dass er in der Lage ist, das Baby zu beschützen. In dieser Zeit wird er von seinem Lehrer ganz genau beobachtet. Schließlich muß der Lehrer ja eingreifen, falls sein Schüler einen Fehler macht.
Wenn der Engel seine Aufgabe gut erfüllt hat, wird er endgültig aus der Schule entlassen und als Schutzengel für das Baby ernannt.
Der sonst so strenge Lehrer veranstaltet ein Fest für alle seine Engelschüler.
Im Himmel wird ein großes Feuerwerk entfacht. Donner und Blitze sollen den Menschen auf der Erde von dem Fest im Himmel berichten.
Die jungen Engel tanzen und springen auf den Wolken herum und weinen vor Freude.
Wenn es bei uns regnet, sind das die Freudentränen der Engel, die auf den Boden fallen. Je stärker der Regen ist, umso größer ist das Fest, das die jungen Engel feiern dürfen.
Leider wissen viele Menschen nichts von den Engeln und haben Angst vor Gewittern. Deshalb sind die Feste im Himmel oft nur sehr kurz. Die Engel wollen ja nicht, dass die Menschen Angst haben. Sie können aber nicht mit den Menschen reden und wollen mit ihrem Fest die einzige Möglichkeit nutzen, ihre Freude mit denjenigen zu teilen, die an sie glauben.
Wenn es also auf der Erde ein Gewitter gibt, dann feiern die Engel über den Wolken ihr Fest. Freue dich mit den Engeln, und du brauchst nie mehr Angst vor Gewittern zu haben.“
Kurze Zeit nachdem seine Mutter das Zimmer verlassen hatte, schlief der kleine Max ein und träumte von dem schönen Fest, das die Engel feierten, weil eines der Engelkinder erwachsen geworden war.
Seit diesem Abend fürchtete sich Max nie mehr vor Gewittern.
Jahre später erzählte er seinen Kindern die gleiche Geschichte, wenn sie bei schlechtem Wetter nicht einschlafen konnten.