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Die Toiletten bei McDonalds

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06.02.2003
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Die Toiletten bei McDonalds

Früher, anfangs der 90er Jahre, war man wohlberaten, sich bei McDonalds zu gemütlichem Scheissen selbst einzuladen, denn in Zürich war McDonalds nicht nur der King unter den Burgern. Man pflegte den Gästen Toiletten zu bieten, die entgegen allen Vermutungen nicht fast und unanständig daherkamen, sondern mit sämtlichen notwendigen Einrichtungen und darüber hinausgehendem Schnickschnack ausgestattet waren: Sauberen Waschbecken, glänzenden Wasserhähnen und Spiegeln, stets funktionierenden Handtuchrausziehmaschinen sowie wohl duftenden Pissoirs und Stuhlabteilen. Auffälligster Teil: Selbstreinigende WC-Schüsseln, die selbst Gängern mit Absitzhemmungen jegliche Kontaminationsangst nahmen.
Ja, ich möchte fast sagen, es hat Spass gemacht, dort zu scheissen. Hätte die Mittagspause jeweils länger gedauert, ich hätte Stunden damit verbracht, tagzuträumen an diesem ruhigen, gemütlichen Örtchen.
Ich war nicht der Einzige, der diese intime Dienstleistung schätzte. Das McDonalds-WC – und das ist wichtig zu wissen – war und ist ein faktisch öffentliches Klo, weil jedermann von der Strasse problemlos Einlass findet, ohne den unangenehmen Weg über die Rechtfertigung vor irgendwelchen Kellnern, wie es in konventionellen Restaurants Unmode zu sein pflegt, nehmen zu müssen.
Vermehrt merkten anscheinend auch Obdachlose und Drogenabhängige, dass es sich bei McDonalds gut sitzen tat. Da aber läuteten in den Chefburgerétagen die Alarmglocken, war man doch nicht gewillt, sich den schmuddeligen Süchtigen als warme Stube anzuerbieten. An einer ausserordentlichen Sitzung wurde man sich schliesslich darüber einig, dass die Toiletten nicht mehr so geil sein durften.
Eine erste Massnahme beinhaltete die sofortige Demontage sämtlicher Spiegel, eines unnötigen Gegenstandes also, dessen Luxus’ es sich nicht lohnte, treu zu bleiben. Denn auch eitle Männer – ich kann übrigens nur bei Männerklos aus Erfahrung sprechen – waren ungern gesehen bei McDonalds. Weiter wurde mit sofortiger Wirkung die teuer angeschaffte, selbstreinigende WC-Schüssel aus sämtlichen Anstalten entfernt.
Schnell merkte man aber, dass sozial Randständige diese Neuerungen nicht wirklich als Grund für einen Boykott betrachteten und den Ort weiterhin aufsuchten. Ein nächster Schritt sollte deshalb wenigstens unerwünschte Drögeler aus dem Familienrestaurant verbannen; man kam auf die sympathische Idee, das Klo-Licht durch schwachwattig blauen Discodunst zu ersetzen, damit sowohl Venen als auch Augen in ihren jeweiligen Funktionen minder einsatzfähig waren. Für ältere Menschen mit gewisser Sehschwäche ist es dadurch schier unmöglich, den Toilettenbesuch erfolgreich hinter sich zu bringen.
Das Ersetzen der stets frisch gebügelten Handtücher (samt Halter natürlich) durch raue Papierfetzen war dann nur noch ein logischer Schritt.
Zum Höhepunkt der Verwahrlosung kam es, als man sich an die Neugestaltung der WC-Türen machte. Ziel war es, dem stillen Örtchen aus seinem öd intimen Dasein ¢rauszuhelfen. Verschiedenste Tür-Designs, die zur Auswahl standen, um die Kabinen in neuem, pennerabschreckendem Glanz erscheinen zu lassen, konnten nicht überzeugen; man entschied sich schliesslich für die abstrakte Variante und sägte die Türen oben und unten kurzum ein Stück ab. Eine sensationelle Idee der Stardesigner! Nur gerade das Gesäss ist dadurch noch vor Spannerblicken geschützt. Wie das Pferd in der Box sitzt man jetzt auf der Schüssel und kann Kopf und Beine neckisch aus dem WC hinausstrecken. Beim Putz-Rundgang können somit zusätzlich zur hygienischen Kontrolle eine kurze Bestandesaufnahme der Klosetten-Gäste vorgenommen und allfällig unerwünschte Kacker freundlichst zum Ausgang gebeten werden.
Eine Katastrophe würde ich – dürfte ich – die Umgestaltung dieser Scheisshäuser (derb) nennen, ein Verstoss gegen die Genfer Konventionen. Aber mich fragt ja keiner.

 

Beim lesen des Titels hab ich ja schon gedacht: "Oh nein, noch eine witzlose Mäcces-Geschichte", aber ausnahmsweise musste ich tatsächlich lachen :D.

Highlight:

Wie das Pferd in der Box sitzt man jetzt auf der Schüssel und kann Kopf und Beine neckisch aus dem WC hinausstrecken.

In Deutschland muss man übrigens (zumindest bei den meisten McDonalds) entweder etwas verzehren, oder einfach so an der "Theke" nach dem Kloschlüssel fragen. Einfach so reinlatschen ist nicht mehr erlaubt. Hier wurde das Problem also auf einfachere Art gelöst.

 

:D super!

vielleicht solltest du nach österreich kommen, da gibt es noch spiegel und normales licht und normale türen und man kann auch einfach so das wc benützen, ohne was essen zu müssen! aber österreich ist ja meist ein bischen hinten nach! :p

lg mara

 

Ich muss auch Beifall klatschen. Die Geschichte hat viele kleine Bonbons an Ausdrücken in sich.
(Neu für mich - aber treffend: Gemütliches Scheissen, wohlduftende Pissoirs (schreibt man wohlduftend zusammen oder auseinander, bin da unsicher.)
Sehr schön auch: Schwachwattig blauer Disco-Dunst.
Das Zitat:
"wie es in konventionellen Restaurants Unmode zu sein pflegt" - hier müsste m.E. nach statt Unmode das Wort Mode gesetzt werden, auch wenn man weiss, was gemeint ist.
Das schöne Zitat:
"Das Ersetzen der stets frisch gebügelten Handtücher (samt Halter natürlich) durch raue Papierfetzen.."
könnte man sogar noch verlängern:
"Das Ersetzen der stets frisch gebügelten Handtücher (samt Halter natürlich) durch raue Papierfetzen,
die ohne Probleme zur Verwendung als Schmirgelpapier benutzt werden konnten.."

Insgesamt halte ich diese Erzählung schon deshalb für druckreif, weil das Thema jedem irgendwie vertraut vorkommt - andererseits aber darüber oft auch nur
unter vorgehaltener Hand gesprochen wird.
Herrlich zum Vorlesen auf einer Party geeignet - die Lacher sind Dir sicher.

Gruss
Klaus

 

Hallo maser,

leider fand ich diese Abhandlung nicht besonders. Formulierungen wie „Unmode zu sein pflegt, nehmen zu müssen“ lassen den Text holprig wirken. Der Humor baut sich auf Peinlichkeiten auf, ohne besondere Ideen. (Manchem mag das genügen). Komisch- absurd fand ich nur die Stelle mit der Pferdebox.
Die Maschine zieht die Handtücher nicht `raus, es müßte deshalb so etwas wie Handtuchzumrausziehenmaschine heißen.
Sorry - kann der Sache im Moment nicht mehr abgewinnen.

Tschüß... Woltochinon

 

Hallo maser!

Ich habe mich bei Deiner Satire köstlich unterhalten - insbesondere da ich auch, wie mara, zu der nicht von solchen Maßnahmen betroffenen Gruppe in diesem rückständigen Land gehöre (*aufHolzklopf*). :D

Selbstreinigende WC-Schüsseln, die selbst Gängern mit Absitzhemmungen jegliche Kontaminationsangst nahmen
:lol:

Noch ein bisschen was zum Text selbst:

"Früher, anfangs der 90er Jahre"
- das ist sehr umgangsprachlich. Schöner:
Anfang der Neunziger
Anfang der neunziger Jahre

"denn in Zürich war McDonalds nicht nur der King unter den Burgern"
- ich würde "in Zürich" weg lassen - da der Satz mit "Früher, ..." beginnt, würde es sich besser lesen, wenn Du stattdessen schreibst: "denn da war McDonalds nicht nur der King unter den Burgern."

"die entgegen allen Vermutungen nicht fast und unanständig daherkamen"
- warum entgegen allen Vermutungen? Hat die Mehrheit der Bevölkerung geglaubt, bei McDonalds gäbe es verwahrloste WCs? Würde hier schreiben: die ganz und gar nicht fast und ...
- "fast" würde ich kursiv schreiben, das ist eine Stolperfalle, die Du durch kursive Scheibweise meiner Meinung nach entschärfen kannst.

"sowie wohl duftenden Pissoirs"
- zusammen: wohlduftenden - ich nehme ja an, Du meinst es so, daß sie gut gerochen haben. Ein "wohl duftendes Pissoire" wäre unter Umständen das Gegenteil davon. ;)

"Hätte die Mittagspause jeweils länger gedauert"
- würde das einfacher schreiben: Hätten meine Mittagspausen länger gedauert

"dass es sich bei McDonalds gut sitzen tat"
- etwas zu umgangsprachlich... Vorschlag: dass man bei McDonalds gut sitzen konnte bzw. dass es bei McDonalds gut zu sitzen war.

"ohne den unangenehmen Weg über die Rechtfertigung vor irgendwelchen Kellnern"
- Rechtfertigung? Ich denke, es ist doch eher eine Bitte, oder? Z.B. "ohne irgendwelche Kellner bitten zu müssen"

"wie es in konventionellen Restaurants Unmode zu sein pflegt"
- warum nicht "Unmode ist" oder "unmodern ist"?

"An einer ausserordentlichen Sitzung"
- Bei einer ausserordentlichen Sitzung (man kann an einer Sitzung teilnehmen, aber beschlossen wird bei, während oder in der Sitzung)

"wurde man sich schliesslich darüber einig"
- man-Sätze sind nicht gerade ein Highlight der Literatur - z.B. wurden die Herren sich ...

"seinem öd intimen Dasein ¢rauszuhelfen"
- was macht das denn da?: "¢"

"Wie das Pferd in der Box sitzt man jetzt auf der Schüssel und kann Kopf und Beine neckisch aus dem WC hinausstrecken."
- Dieser Satz ist zwei Sätze wert, dann wirkt auch der hintere Teil besser: ... auf der Schüssel. Kopf und Beine kann man neckisch ...

"Beim Putzrundgang könnten somit zusätzlich zur ..."
- das "somit" würde ich raus lassen, oder es an den Anfang des Satzes scheiben (Somit könnten...)

Da Du Schweizer bis, kann ich Dir die ss statt ß nicht als Fehler posten, wenn Du sie aber trotzdem netterweise ausbessern willst, würde ich Dir die betreffenden Stellen auch noch heraussuchen. ;)

Alles liebe,
Susi

 

Hi
Da ist dir ja eine geniale Geschichte gelungen. :D
Es hat viel Spass gemacht deine Geschichte zu lesen.
So kann ich dich nur bitten weiter so zu schreiben.

cu

 

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