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Die Tage der Freygeistbombe
Es besteht kein Zweifel dass trotz aller vorangegangenen Niederlagen drei von ihnen Ausreichten, um den verloren geglaubten Krieg zu gewinnen und den Frieden zu erzwingen. Die erste erhellte den Himmel über der Ostsee, die zweite pulverisierte drei kaiserliche Armeen am Rhein und die dritte war diejenige, die bis heute nicht auf Avignon abgeworfen wurde.
Der Rauch aus Hunderttausenden von Schloten nahm dem Schnee über den Straßen Berlins seine jungfräuliche Reinheit. Die grauen Flocken, die sich schließlich auf das Pflaster legten, erinnerten eher an Vulkanasche, die von den Rädern der Kutschen und Dampfmobile zerfurcht und zu einem dreckigen Matsch vermahlen wurde.
Es war ein Wetter, das einen Menschen beinahe unsichtbar machen konnte. Kein Passant, der nicht den Hut tief ins Gesicht gezogen hatte, niemand, hinter dessen hastigen Schritten nicht die Sehnsucht nach dem heimischen Kamin stand.
So fiel der Mann im schwarzen Cape gar nicht auf, als er hastig von der vielbefahrenen Danziger Straße in die fast leere Bötzowstraße abbog. Der rußige Schein der Gaslaternen war nicht in der Lage, den Schatten der Kapuze über seinem Gesicht zu durchdringen. Doch welcher Milizposten achtete schon auf so etwas, wenn seine volle Aufmerksamkeit nur noch zwei kalten Füßen und einer durchweichten Uniform galt.
Der Mann stapfte weiter und die Geräusche der Hauptstraße verklangen langsam im Rieseln des Schnees.
Schließlich hielt er vor einem der Häuser, das sich durch sein aufwändig gestaltetes Portal von den anderen abhob. Über der Eingangstür hielt ein steinerner Atlas mit bärtigen und doch aristokratischen Gesichtszügen eine umkränzte Weltkugel.
Der Mann riss am Klingelzug und im Inneren des Hauses erwachte ein melodisches Glockenspiel zum Leben. Ungeduldig scharrte der Besucher mit den Füßen im Schnee und betrachtete den Atlas. Solcherlei Motive waren total aus der Mode gekommen, trotzdem schienen die Dekorationen erst vor kurzem repariert worden sein. Ein handgroßer Teil der Weltkugel bestand aus frischem Putz, der sich selbst im Laternenlicht farblich vom Rest abhob. Der Mann zuckte kaum merklich die Schultern und zog noch einmal an der Klingel. Schließlich signalisierte ein dumpfes Klacken im Sprachrohr, dass am anderen Ende jemand zuhörte.
„Professor?“ Die Stimme des Mannes war dunkel und angenehm. „Professor, hier ist Maurice. Ich weiß, dass Sie mich hören können.“
„Was wollen Sie?“, klang es blechern zurück. „Ich dachte, wir wären uns einig gewesen?“
„Wir sind uns einig, Professor. Sie geben uns was wir wollen und Sie bekommen ihr Geld… sogar die unverschämte Summe, die sie verlangt haben. Aber der Zeitplan muss beschleunigt werden.“
„Die Übergabe ist übermorgen“, polterte es verärgert aus dem Rohr „das war ihr eigener Vorschlag! Hören Sie, wenn Sie mir Schwierigkeiten machen wollen, kann ich jederzeit…“
„Ich habe das Geld dabei.“
Stille.
„Professor, sind sie noch da? Haben Sie die Papiere?“
„Ja.“ Wieder eine Pause. „Ich komme herunter.“
Unter dem Schatten erwuchs ein Grinsen. Kurze Zeit darauf begann ein Lichtschein die Treppenhausfenster herunterzuwandern.
Die schwere Eichentür unter dem Atlasportal knarrte misstrauisch, als sie aufgeschoben wurde. Der Professor steckte einen Schopf angegrauter Locken heraus. „Sind Sie allein? Ist ihnen auch niemand gefolgt?“
Der Besucher schüttelte den Kopf.
Der Professor schob sich durch die Tür. Er trug nur einen leichten Morgenmantel mit geschmacklosen Bommeln und fröstelte in der Kälte. Seine rechte Hand umklammerten eine lederne Dokumentenmappe, in der anderen hielt er eine kleine Glaskugel, von der ein fahler Lichtschein ausging. Nur ein Freygeist konnte eine Ätherlampe verwenden. Nicht nur das Glas, auch die Hand des Professors schien zu glühen.
„Ich habe die Papiere“, sagte er. Ohne das Sprachrohr klang seine Stimme merkwürdig dünn.
„Sie sind dran.“
Jetzt nickte der Mann und griff unter sein Cape. Metall blitzte in einem weiten, eleganten Bogen. Die Kehle des Anderen explodierte in blutiger Überraschung. Seine Augen weiteten sich, dann kippte er in den Schnee. Flackernd erlosch das Ätherlicht. Der Besucher entwand die Ledermappe den zuckenden Fingern des Professors, bevor das Blut sie erreichen konnte. Er warf einen kurzen Blick hinein und nickte zufrieden.
Ein gurgelnder Laut quetschte sich durch den blutigen Schaum auf den Lippen des Professors. Der Mann runzelte die Stirn. Wüsste er es nicht besser, hätte er es für ein Lachen gehalten.
„Sie Idiot… …nur… ein Freygeist…“
Der Mann wartete, aber der Professor war fertig. Für immer.
„Wie armselig“, murmelte er schließlich, drehte sich um und verschwand im Schneetreiben.
Gleichzeitig hörte im Inneren der Weltkugel ein kleiner schwarzer Heliograph auf zu Klicken.
Nichts hatte den herrschenden Geist in der Republik Preußen je besser repräsentiert oder würde in je besser repräsentieren als der alte Schlossplatz, der nun den klangvollen Namen Platz der Freiheit trug. Dieser Gedanke kam Johann Otto Bornstett, Milizcommissar des Berliner Staatssicherheitsbüro, Sektion Abwehr, jedes Mal, wenn er ihn auf dem Weg zur Arbeit überquerte.
Stolz wehten rotweiße Fahnen von der Kuppel des Volksrates, genau an jener Stelle, wo sich Friedrich Wilhelm, als „Kranker Willi“ letzter Monarch dieses Landes, mitsamt seiner letzten Getreuen und dem Munitionslager des Marstalls in die Luft gesprengt hatte.
Gleich davor mündete die Straße Unter den Linden ein und der morgendliche Hauptstadtverkehr ergoss sich ratternd über den Platz. Seit letztem Jahr war die Stadtmitte für Pferdefuhrwerke gesperrt, die mechanischen Rösser der Freygeister natürlich ausgenommen. Zu viele Fußgänger waren Opfer durchgehender Gäule geworden. Trotzdem kostete es Bornstett von Monat zu Monat mehr Zeit, eine Lücke zwischen den hin- und hersausenden Dampfwagen zu finden. Mit seinen kaum anderthalb Metern Körpergröße neigten viele Menschen dazu, den Commissar zu übersehen. Was ihm in seinem Beruf eher zugute kam, konnte im Straßenverkehr lebensgefährlich sein.
Die Marmorplatten des Platzes waren noch übersäht mit Flugblättern und Brotpapieren, Überreste der großen Kundgebung der freygeistigen Commune-Partei vom gestrigen Tag. Durchgeweicht vom Schnee blieben die Parolen an Bornstetts Stiefeln kleben.
Ein freyer Geist geht um in Preußen: Der Geist der humanistischen Commune!
Lasst die Gerechtigkeit regieren! Der Reichtum des Landes für die Arbeiter und Soldaten!
Weg mit den Sympathisanten des Kaiserpapstes! Den alten Adel abschaffen!
Kein Wunder dass sie die Fabrikarbeiter zu Tausenden aus den Vorstädten lockten. Die Wahlen zum Volksrat standen schließlich kurz bevor. Es war gut möglich, dass zum Neujahr 1801 die Republik Preußen von der Commune der Freygeister abgelöst wurde.
Der Boden vor den zehn Meter hohen Statuen von Luther, Müntzer und Humboldt war aufgerissen und Arbeiter mit Dampframmen und Förderloren waren in dem Loch zugange. Der Atheist, der Revolutionär und der Freygeist überwachten mit ihren steinernen, aber wohlwollenden Mienen die Bauarbeiten zur ersten Pneumobahn der Welt. Hoffentlich lösten die überall in der Stadt durchgeführten Untertunnelungen endlich das Verkehrsproblem.
Der Schneefall hatte bei Tagesanbruch zwar nachgelassen, aber es fielen immer noch vereinzelte Flocken auf den Platz oder zerschmolzen an der großen Ätherlampe in der geborstenen Kuppel des Doms. Die schwebende Lichtkugel unterschied sich von den normalen Gaslaternen, ihr Schein war heller, weißer und absolut gleichmäßig. Sie war ein weithin sichtbares Symbol für die Macht der Freygeister. Einer von ihnen musste sich ständig in der Ruine aufhalten und das Licht mit der Energie des Äthers speisen. Es war das Denkmal, damit sich jeder Bürger Berlins immer wieder daran erinnerte: Der Dom war im letzten Krieg von Luftschiffen des katholisch-christlichen Europas zerstört worden und dank der Freygeister hatte Preußen diesen Krieg gewonnen.
Das Hauptgebäude des Staatssicherheitsbüros trennte den Platz der Freiheit vom Spreeufer. Es war ein einfacher, kompakter Bau, der nur von einer Säulenarkade aufgelockert wurde. Bornstett grüßte kurz die schwerbewaffneten Milizionäre am Eingang. Während er die Treppen hinaufstapfte schüttelte er sich kleine Schneehaufen von Hut und Mantel.
In seinem Büro erwartete ihn Ernst Maler, sein Sekretär mit grimmiger Miene und einem silbrigen Metallzylinder in der Hand.
„Professor Kretschmann ist tot, Herr Commissar“, rief er Bornstett entgegen. „Man hat ihm die Kehle aufgeschlitzt.“
„Scheiße!“ Bornstetts feuchter Hut knallte auf den Tisch. Der Commissar war bei der Abwehrabteilung für Wutanfälle bekannt, die sich umgekehrt proportional zu seiner Körpergröße verhielten. Er hob einen Zeigefinger auf Augenhöhe und stieß Maler damit ins Brustbein.
„Er ist schneller als wir.“
Er atmete tief durch und hievte sich auf seinen Stuhl. Dann sah er Maler an und räusperte sich.
„Na gut, Ernst. Sind das die Aufzeichnungen des Heliographen?“
Maler nickte und schob den Zylinder in den Projektorkasten auf Bornstetts Schreibtisch.
„Er hat ihn einfach in seinem eigenen Blut liegen gelassen.“, berichtete er, während er die Gaslampe der Maschine mit einem Schwefelholz entzündete.
„Das Milizbüro von der Danziger Straße hat uns schon um fünf Uhr Bescheid gegeben, die Streife hat ihn wohl noch vor den Nachbarn gefunden. Kramer ist dann sofort losgegangen und hat den Streifen ausgebaut und entwickelt.“
Bornstett grunzte, während grobkörnige Bilder über die gegenüberliegende Wand huschten. Er hätte es lieber gesehen, wenn ein paar Männer ständig die Wohnung des Professors überwacht hätten, aber personelle Überwachungen mussten von Direktor Mannstein persönlich genehmigt werden. Und so kurz vor den Volksratswahlen würde er niemals einen seiner Genossen überwachen lassen, schon gar nicht wenn jemand wie Bornstett ihn der Spionage verdächtigte. Jeder wusste, dass ein Freygeist nicht für Adlige arbeitete. Oder gar für Christen.
Maler kurbelte am Projektor herum und die Bilder des Schnees vor Professor Kretschmanns Tür flackerten. Dann erschien die Silhouette eines Mannes mit dunkler Kapuze. Ein weiteres Bild, noch eines und dann…
„Er ist es!“ Der Commissar sprang auf. „Der sogenannte Maurice! Ich wusste es!“
Der Mörder des Professors blickte direkt in die Linse des Heliographen. Ein schmales Gesicht mit arrogant hervorstechenden Wangenknochen und einem dünnen Spitzbart, wie er in Paris Mode war. Der Kerl hatte sich große Mühe gegeben, wie ein Franzose zu wirken. Als ob ein Spion des Heiligen Reiches so herumlaufen würde. Wie armselig.
„Das reicht!“ Bornstett schlug mit der Faust auf den Tisch. „Jetzt lasse ich diese aristokratischen Dreckssäcke hochgehen. Das von Kaltmark nichts besseres einfällt als es den Katholiken anzuhängen. Jedenfalls will ich, dass das Bild von diesem schlitzenden Hochstapler in jedem Milizbüro in der ganzen Stadt hängt!“
Maler blies das Licht im Projektor aus und das Gesicht des Mörders verschwand von der Wand. Er räusperte sich.
„Herr Kommissar, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee…“
„Ach was!“, fuhr Bornstett ihm ins Wort. „Wir wissen durch unseren Informanten bei von Kaltmark, dass vor einem Monat ein gewisser Maurice in seinem Kreis von Möchtegernverschwörern aufgetaucht ist. Und dass er sich besonders für Freygeister und Physik interessiert hat. Dazu haben wir die Heliographien von der Abwehrsektion an der Universität. Dieser Mann hat versucht mit drei Professoren die im letzten Jahrzehnt in der Waffenforschung gearbeitet haben, allesamt Freygeister, ins Geschäft zu kommen.
Das muss verdammt nochmal reichen, Ernst!“
Maler schaute zweifelnd drein. „Ob der Direktor das auch so sehen wird?“
„Das lässt sich herausfinden“, knurrte der Commissar, klappte das Seitenfach seines Tisches auf und zog das Sprachrohr heraus.
„Hier ist Bornstett, Abwehrabteilung Zwei“, blökte er hinein. „Hat der Herr Direktor Zeit für mich?“
Er lauschte an der Ohrmuschel. Ein leises Lächeln wuchs in seinen Mundwinkeln.
„Ach, Direktor Mannstein ist nicht da? … Bei einer Kundgebung der Freygeist-Partei in der Thomas-Müntzer-Vorstadt? … Nein, lassen sie’s, das ist schon in Ordnung … Ja, ja, vielen Dank!“
Bornstett verstaute das Sprachrohr wieder an seinem Platz. Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme. Das trotzige Lächeln war nicht von seinem Gesicht gewichen.
„Nun Ernst, der Direktor hat wichtigeres zu tun. In diesem Fall sehe ich mich leider gezwungen auf eigene Rechnung handeln.“
Drei schlanke schwarze Dampfmobile der Miliz fädelten sich durch die Straßen Berlins. Sie benutzten nicht die direkte Route durch das Brandenburger Tor, dort war zu jener Tageszeit kein durchkommen. Lieber einen Umweg machen und trotzdem schneller sein.
„Sie halten das immer noch für keine gute Idee, nicht wahr?“
Maler, der neben Bornstett auf dem Beifahrersitz saß, schüttelte den Kopf.
„Bei allem Respekt Herr Commissar, das könnte Sie die Stellung kosten. Und mich auch. Der Direktor ist ein Freygeist, der junge Andersen ist das auch, also hätte er ihn über das Ätherphon anrufen können. Was, wenn wir zu voreilig sind? Von Kaltmark hat noch immer Freunde in der aktuellen Regierung. Ohne Rückendeckung wären wir geliefert.“
„Ernst, Mannstein weiß, dass ich nicht viel für Freygeister übrig habe und für dieses adelige Pack noch weniger. Nein, unsere Rückendeckung ist dort und dort!“
Der kleine Kommissar deutet über die Schulter auf die beiden folgenden Wagen, vollbesetzt mit bewaffneten Milizionären.
„Sehen Sie nicht was hier gespielt wird? Von Kaltmark und Konsorten haben es auf die Freygeistbombe abgesehen! Sie fürchten sich vor einem Wahlsieg der Commune-Partei, weil man sie dann einfach zum Teufel jagen würde. Jetzt stellen sie sich diese Vernichtungskraft in einen Bürgerkrieg vor. Der Direktor wird mir die Füße küssen müssen, dass wir so etwas verhindern.“
Maler schwieg und Bornstett überholte in einer viel zu engen Kurve ein mit Bierfässern beladenes Pferdefuhrwerk, dessen Kutscher laut auf die Miliz zu schimpfen begann. Dann bog er in eine von Robinien gesäumte Allee ein, die in das Villenviertel Zehlendorf führte.
Der Salon atmete den Geist einer anderen Zeit. Von den Wänden starrten längst verstorbene Ahnherren aus fingerdicker Ölfarbe säuerlich auf die Anwesenden herab. Das Mobiliar zeichnete sich durch den verschwenderischen Einsatz von edlen Hölzern, Goldschnörkeln und rotem Samt aus. Soeben verklangen die letzen Töne einer Klavierkantate und dezenter Applaus kam auf. Der junge Mann mit schulterlangen Locken verbeugte sich.
„Exzellent!“, lobte Prallwitz, der Titularbischof von Magdeburg. „Brombergs Sohn spielt ein ausgezeichnetes Pianoforte. In diesen säkularen Zeiten ist kaum noch jemandem die spirituelle Wirkung von Altmeister Bach bekannt.“
Auf der anderen Seite des Stuhlkreises ließ der Freiherr von Schatzlau ein leises Kichern hören.
„Nun, ich habe einmal einen Freygeist sagen hören, dass man Bach nur richtig würdigen kann, wenn man seine mathematische Struktur und Schönheit versteht.“
„Nonsens!“ Verärgert nippte der Bischof an seinem Glas Rotwein. „Was verstehen diese Teufel schon von göttlicher Kunst!“
„Sie haben die mächtigste Vernichtungswaffe auf Gottes Erde geschaffen, manche Leute würden das als göttliche Kunst bezeichnen.“
Prallwitz lief rot an und hob zu einer scharfen Erwiderung an, wurde aber vom Gastgeber unterbrochen.
„Das reicht jetzt! Schatzlau, Prallwitz, lassen Sie ihre kindischen Streitereien!“
Jeder Zoll von Fürst Kuno von Kaltmarks Körper war ein Aristokrat alter Schule, das schloss seinen Kehlkopf mit ein. Selbst der Freiherr neigte entschuldigend den Kopf.
„Meine Herren, ich habe soeben eine Depesche von unserem Freund Maurice erhalten.“
Er legte ein Telegrammpapier auf den Nussholztisch.
„Ist es denn weise so etwas von der Post über den Äther verschicken zu lassen?“, fragte ein dicker Kaufmann, der das größte Warenhaus am Werderschen Markt betrieb.
„Natürlich ist es nur eine Parole.“, verkündete von Kaltmark verärgert. Er mochte es ganz und gar nicht, wenn man die Intelligenz seiner Pläne anzweifelte.
„Aber sie besagt, dass er über Nacht in Schneeberg im Erzgebirge eingetroffen ist. Er ist im Besitz der Pläne und Transportscheine und unser Bankier hat ihm die Bestechungsgelder ausgezahlt. Auch wenn wir das für Professor Kretschmann jetzt natürlich gespart haben.“
Er lächelte hinter seinem Walrossbart und in der hochwohlgeborenen Runde wurden zustimmend „Freygeist-Abschaum“ oder „Verräter verdienen nichts besseres“ gemurmelt.
„Wenn alles weiter verläuft wie geplant, sind wir in wenigen Tagen im Besitz des Minerals und noch vor der Wahl besitzen wir die, wie es der Freiherr von Schatzlau so schön ausgedrückt hat, mächtigste Vernichtungswaffe auf Gottes Erde.“
Gierige Vorfreude tropfte aus den Gesichtern der Anwesenden. Nur der junge Grafensohn am Klavier rutschte unruhig auf seinem Schemel hin und her, als könnte er es nicht erwarten, endlich wieder an die Tasten gelassen zu werden.
„Sind wir uns eigentlich schon über das weitere Vorgehen einig geworden?“, kam schließlich die heisere Frage aus Richtung des Marmorkamins, wo das älteste Mitglied des Kreises, der greise Junker Glasiszc sein Rheuma wärmte.
„Es stehen uns alle Wege frei.“, sagte von Kaltmark. „Die Freygeister werden es nicht mehr wagen, Hand an uns zu legen und ihre wirren Ideen von einer Commune des Pöbels sind damit erledigt.“
„Nun, wir können aber schlecht drohen, die Waffe in Berlin zu zünden.“, warf von Schatzlau ein. „Wir haben alle die Bilder von Mannheim gesehen. Von der Stadt ist kein Stein mehr übrig.“
„Es gibt andere Möglichkeiten. Wir könnten uns jede Hilfe des Heiligen Reiches erkaufen.“
Glasiszc bekam einen Hustenanfall. „Avignon die Freygeistbombe ausliefern? Das wäre Selbstmord! Die Inquisition würde durch unsere Straßen toben und sich mehr als nur die Freygeister vornehmen!“
Von Kaltmark winkte ab.
„Seine geschätzte Majestät, der Pontifex Caesar Ludwig XVI führt momentan zwei Kreuzzüge gegen die Osmanen im Helveticum und gegen die abtrünnigen Kolonien in Südamerica. Er würde die Bombe nicht gegen Preußen einsetzen. Nein, wir werden wieder ein unabhängiges Königreich sein! Und wieder Christen, ja, aber mit einer eigenen preußischen Kirche.“
Prallwitz, Erzbischof in spe, grinste selbstzufrieden.
„Also meine Herren…“
Aber weiter kam der Fürst nicht. Die Wucht, mit der die Türen aufgestoßen wurden ließ die Spiegel an den Wänden erzittern.
„Eure Hoheiten!“, erklang eine Stimme, die trotz ihre kraftvollen Häme nicht allzu hoch über dem schwebte. „Ihr seid alle wegen Verschwörung verhaftet!“
Von Kaltmark glotzte ungläubig auf Bornstett, hinter dem sich schwarzgekleidete Milizionäre mit entsicherten Waffen in den Salon drängten.
„Was hat dieser Auftritt zu bedeuten?“
„Ich dachte, dass hätte ich gerade erwähnt.“, sagte der Commissar und zog ein Blatt Papier aus der Tasche. „Im Namen des Volkes und der Republik und so weiter und so weiter… sind Sie sofort festzusetzen.“
Er faltete den Zettel und steckte in wieder ein.
Der fürstliche Schnauzbart zitterte leicht, als von Kaltmalk er einen kurzen Seitenblick auf seine Mitverschwörer warf. Glasiscz war röchelnd in seinem Sessel zusammengeschrumpft und Prallwitz war damit beschäftigt in höchst unwürdiger Weise Flecken verschütteten Rotweins von seinem Rock zu wischen.
„Ich bitte um Haltung, meine Herren!“, schnarrte der Fürst. „Die haben nichts gegen uns in der Hand. Ich möchte wetten, dass dieser freygeistige Hund Mannstein hinter alldem steckt.“
Bornstetts schadenfrohes Lachen hallte durch den Salon.
„Wenn Sie wüssten wie unrecht Sie haben! Aber seien sie unbesorgt, sie bekommen alle einen gerechten Prozess. Nach der Wahl.“
Von Kaltmark erbleichte.
„Karel“, wandte sich der Commissar dem Klavierspieler zu. „Erzähl uns alles, was wir wissen müssen!“
Alle Köpfe fuhren zum Sohn des Grafen von Bromberg herum. Bornstett hätte jetzt erwartet, dass der Junge den Kopf senkte, aber er hielt den Blick trotzig geradeaus.
Dann fing er an zu berichten.
Drei Minuten später stürmte Bornstett aus der Villa hinaus, wo Maler bei den Wagen wartete.
„Wir haben schon zu lange gewartet!“, rief er ihm zu. „Er ist schon in Schneeberg.“
„Im Erzgebirge?“
Bornstett nickte. „Auf Straße und Schiene sind wir nicht schnell genug. Wir brauchen ein Luftschiff! Und schaffen sie mir einen Freygeist heran. Ich muss mit der Heeresgarnison in Chemnitz sprechen.“
Im Gegensatz zu Berlin hatte der Schnee in Erzgebirge seine weiße Farbe und seine ursprüngliche Gewalt bewahrt. Er lag mehrere Meter hoch und ständig drohten tiefhängende Wolken neue Schichten hinzuzusteuern. In den dichten Tannenwäldern war fast kein grün mehr zu sehen, die schneebedeckten Wipfel wirkten wie eigene kleine Hochgebirge.
Seit Jahrhunderten wurden in dieser Gegend allerhand Erze aus dem Boden geschlagen. Zuerst waren es Silber und Zinn, dann Cobalt und schließlich jenes unscheinbare, glasfärbende Mineral namens Uranium, vor dem die Welt so zitterte. Letzteres fiel natürlich unter das Staatsgeheimnis.
Die Sonne war bereits wieder hinter den Bergen verschwunden. Der eiserne Förderturm des Schachtes wurde von schweren Gasfackeln erhellt, damit auch des Nachts in die Grube eingefahren werden konnte. Ein mit Spitzen versehener eiserner Zaun um gab das Gelände und reguläre Armeeposten mit dicken Wintermänteln und Pelzmützen bewachten das Tor und die Einfahrt.
Und doch wurden die schweren Eisenflügel aufgeschoben und eine Kolonne aus drei schweren Lastwagen tuckerte hinaus. Ihnen voraus dampfte ein Räumfahrzeug, dass mit einem überdimensionierten Heißluftgebläse eine Furche in den Schnee schmolz und so die Straße leidlich passierbar machte.
Die Soldaten hielten den ersten Wagen an und ließen sich die Papiere zeigen. Die Ungewöhnlichkeit bestand nicht darin, dass sich ein Universitätsprofessor Uranium zu Versuchszwecken schicken ließ, sondern in der Menge. Dann wurden einige Geldbündel durch das Fenster gereicht. Die Soldaten zögerten einen Moment, dann salutierten sie.
Der Schlagbaum öffnete sich.
Der Fahrer des Führungsfahrzeugs hatte anscheinend kein Problem damit, den Wagen durch die rutschige, kurvige Dunkelheit zu lenken und dabei unablässig zu reden.
„Ich konnte mir nie richtig vorstellen, was ihr Freygeister mit diesen schwarzen Klumpen anfangt“, plapperte er. „Dabei fahre ich sie seit mehr als zehn Jahren hin und her. Ist allemal eine bessere Arbeit, als das Zeug dort unter Tage aus dem Felsen zu kratzen. Mein Vater ist dabei nicht sehr alt geworden.“
Der Mann auf dem Beifahrersitz nickte, ohne den Worten Beachtung zu schenken. Er sah anders aus als in der letzten Nacht. Sein Bart war verschwunden, dafür trug er jetzt eine runde Brille und einen grünen Anzug mit modischer Knopfleiste.
„Wissen Sie, bei der Truppe seid ihr sehr beliebt“, fuhr der Soldat fort und kurbelte am Lenkrad. „Ich meine nicht nur, weil ihr im letzten Krieg gegen die Katholiken so viele von uns gerettet habt, sondern auch diese Commune-Sache. Bei der Wahl können Sie auf meine Stimme zählen. Wir sind zwar eine Republik, aber zu sagen haben wir einfachen Leute doch immer noch nichts…
„Biegen Sie bitte dort ab!“, sagte der Mann, der sich in Berlin Maurice genannt hatte.
„Was?“
„An der Abzweigung dort vorne. Biegen Sie bitte rechts ab.“
Der Fahrer schaute ihn verwirrt an. „Aber dort geht’s nur in den Wald. Wir müssen erst in Richtung Chemnitz und dann…“
„Tun Sie’s einfach!“
Der Fahrer zuckte die Schultern und tat wie ihm geheißen. Die anderen Wagen folgten ihnen.
Der Waldweg war vollkommen zugeschneit und der Dampfmotor schnaufte angestrengt.
„Also weit werden wir hier nicht kommen.“, meinte der Soldat.
„Das ist auch gar nicht nötig“, sagte sein Beifahrer und zog ihm mit einer gleitenden Bewegung sein Messer über den Hals. Ohne einen Laut fiel der Soldat auf das Lenkrad. Blut tropfte auf seine Stiefel und der Dampfwagen kam ruckelnd zum Stehen.
Der Mann zog eine Taschenuhr und studierte sie sorgfältig. Dann steckte er sie wieder ein, zückte stattdessen eine Luftdruckpistole und stieg aus, um sich um die anderen beiden Wagen zu kümmern.
„Kann das Ding nicht schneller fahren?“, fragte Bornstett angespannt.
Major Krupke verdrehte die Augen. „Und wenn Sie noch dreimal fragen, Herr Commissar, wenn wir noch mehr Druck geben, fliegen uns die Ventile um die Ohren oder der Kessel platzt.
Die neuen Dampfschildkröten des Heeres waren eindrucksvolle Maschinen und durch ihre Kettenräder jedem Gelände gewachsen, aber besonders schnell waren sie nicht. Trotzdem, die Schildkröte räumte mit einer breiten Schaufel den Weg für die nachfolgenden Truppentransporter. Bornstett wollte kein Risiko eingehen. Wer wusste schon, wie viele Mörder vom Kaliber eines Maurice der Fürst angeheuert hatte.
„Wir sollten sie trotzdem bald finden.“, meinte Maler. „In einer halben Stunde sind ihre Spuren zugeschneit.“
Krupke knurrte etwas unverständliches. Dann rief er nach vorn: „Nichts zu sehen, Gefreiter?“
„Nichts, Herr Major!“, kam es zurück. „Das heißt, Moment… Doch, ich sehe Spuren von mehreren Wagen. Sie führen in den Wald!“
„Na endlich!“, rief Bornstett, was ihm einen finsteren Blick des Majors bescherte. Krupke empfand ihn noch immer als Fehlkörper in seiner militärischen Domäne. So einen Zwerg hatte die Truppe wahrscheinlich gar nicht erst gemustert.
„Leutnant, lassen Sie die Männer absitzen!“, wandte er sich an den Offizier neben ihm.
„Commissar, Sie und ihr Begleiter sollten hier warten. Wir kümmern uns schon um ihren schwarzen Mann, was auch immer er bei sich hat.“
„Major, der Mann ist…“
„…gefährlich, das sagten Sie bereits. Deshalb bleiben Sie auch hier!“
Bornstett wollte protestieren, aber Maler schüttelte den Kopf und zog ihn hinter dem Leutnant durch die gepanzerte Tür hinaus.
„Manchmal frage ich mich, wer hier wessen Vorgesetzter ist.“, grummelte der kleine Commissar, als der Panzerwagen in den Wald dampfte. Dutzende von Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten folgten ihm.
Bornstett und Maler sahen ihnen nach.
„Die werden das schon machen, Herr Commissar.“, sagte Maler gerade, als ein Feuerball über den Bäumen aufstieg. Dann noch einer. Und ein weiterer.
Schreie erklangen, dann Schüsse. Zwischen den schneeverwehten Stämmen flackerte es. Die beiden Männer warfen sich in den Schnee.
„Was zum Teufel ist das?“, schrie Maler.
Bornstett deutete nach oben.
„Ein Luftschiff! Es wirft Brandbomben!“
Und wirklich, vom Feuerschein erleuchtet war die Unterseite eines Ballonkörpers im Schneetreiben zu erkennen. Die Hülle war in grauen Tarnfarben angestrichen. Eine Kiste wurde an einer Winde in die Gondel gezogen. Der Reihe nacht lösten sich die Taue, die es am Boden hielten.
„Das ist keins von uns!“, brüllte der Commissar und rappelte sich auf. „Das sind die Katholiken! Verdammte Scheiße, wie konnte ich nur so dumm sein!“
Er rannte in den Wald, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen und blickte immer wieder nach oben. Das Luftschiff stieg bereits in die Wolken auf. Sie hatten die Schneewolken als Deckung genutzt. Ein gewagtes Manöver, aber es hatte sich ja anscheinend gelohnt.
„Sie haben Kaltmark und seine Leute nur benutzt! Avignon hat uns alle verarscht!“
Der Waldweg war übersäht mit verbrannten Soldaten. Der Geruch erinnerte Bornstett an die Kadaverbeseitigung des Zentralviehofes in Berlin. Manche von ihnen stöhnten noch oder wälzten sich umher. Einige wenige standen noch und feuerten auf die schwebende Silhouette über ihnen, auch wenn es sinnlos war. Die Dampfschildkröte, die einen Volltreffer abbekommen hatte war nur noch rauchender Schrott. Das Luftschiff verschmolz mit den Wolken und war verschwunden.
Bornstett warf hektische Blicke in die schwelenden Wracks der Lastwagen. Bis auf die Leichen der Fahrer waren sie leer.
„Scheiße! Kacke! Scheiße!“ Bornstett malträtierte den Schnee mit seinen Stiefeln. Man hatte ihn reingelegt. Er hatte auf der ganzen Linie versagt.
„Herr Commissar! Herr Comissar!“, drängte sich eine Stimme in seine Wut.
Maler winkte ihn heran.
„Sehen Sie mal, was ich gefunden habe!“
Missmutig stapfte Bornstett näher und da lag er. Maurice. Der Mörder. Eine verirrte Kugel hatte ihn in der Brust getroffen und Blut tränkte seinen Mantel. Sein Mund bewegte sich und produzierte eine Reihe leiser, fast unhörbarer Worte. Dann fiel sein Kopf zur Seite. Er war tot.
„Französich. Dann Latein“, stellte Maler fest. „Er hat gebetet.“
Bornstett schloss die Augen. Ja, der Mann hatte sich in Berlin als Franzose verkleidet, nur war er immer schon einer gewesen.
Eine Katastrophe.
Die Freygeistbombe befand sich in der Hand des Feindes.
Der Direktor der Abwehrsektion ließ es sich natürlich nicht nehmen, auf einem mechanischen Pferd einzutreffen. Mannstein liebte seinen metallenen Gaul und machte keinen Hehl daraus.
Zugegeben, die Freygeistpferde waren wunderbare Maschinen. Ihre Beine und Flanken bestanden aus bestem Breslauer Stahl. Jedes ihrer Gelenke war komplexer als ein Uhrwerk. leise zischte Druckluft aus ihren Hufen und in ihren Köpfen drehten sich kristallene Räder. Ihre Bäuche waren zu klein für Dampfmaschinen, sie wurden ausschließlich mit der Kraft des Äthers gespeist und doch konnten sie auf gerader Strecke einen Dampfwagen abhängen.
Trotz seines Trübsinns war Bornstett beeindruckt und das wiederum entfachte Ärger in ihm. Mannstein würde Blut sehen wollen, aber zum Teufel, kampflos gab ein Johann Otto Bornstett nicht auf. Durch das Fenster des Milizhauptbüros der Stadt Chemnitz in der Webergasse beobachtete er, wie der Direktor und seine Eskorte ihre Pferde in die Stallgerüste auf dem Hof lenkten. Als sie absaßen, verlosch das Ätherflimmer und die Maschinen erstarben in dem Gestänge.
Der Commissar wandte sich ab, nieste und starrte dann schniefend auf die zerschrammte Tischplatte. Das Mobiliar hier musste noch den Urgroßvater des kranken Willi gekannt haben. Verdammte Provinz. Nach dem Ende des Schneesturms hatte es einen weiteren halben Tag gedauert, bis ein Luftschiff des Heeres seinen eingeschneiten Trupp abgeholt hatte. Major Krupka hatte es zwar erwischt, aber wenigstens war ein Freygeist am Leben geblieben, der Hilfe anfordern konnte. Maler lag jetzt mit einer ausgewachsenen Lungenentzündung im Luther-Hospital.
Die Tür wurde unsanft geöffnet und der Direktor stapfte herein. Mannstein besaß zwar die Gerissenheit einer Schlange, aber auch die kräftige Statur und das grobe Gesicht eines mecklenburgischen Bauernsohns. Er setzte sich auf die andere Seite des Tischs.
Selten war sich Bornstett noch kleiner winziger vorgekommen.
„Commissar Bornstett“, grollte der Direktor. „Ich hätte Sie doch an der kurzen Leine halten sollen. Haben Sie eigentlich eine Ahnung, was Sie da angerichtet haben?“
Bornstett schluckte.
„Mit Hochachtung Herr Direktor, ich glaube nicht, dass ich diesen Ton verdient habe. Ich gebe zu, dass ich ohne Befehl gehandelt habe, aber es hat sich niemand um die Angelegenheit gekümmert. Ohne mein Eingeifen wüssten wir jetzt noch nicht einmal, dass sich das Heilige Reich der Freygeistbombe bemächtigt hat und…“
Mannstein lachte auf, was Bornstett zu seinem eigenen Ärger erröten lies.
„Sie Kretin wollen es einfach nicht verstehen!“
„Herr Direktor wir haben eine höchst gefährliche Entwicklung…“
„Das Uranium ist für Avignon vollkommen wertlos und das werden die auch bald herausfinden. Wir hatten diese Angelegenheit vollkommen im Griff. Der Tod von Professor Kretschmann ist bedauerlich, er war ein guter Mitarbeiter und ein noch besserer Freygeist, aber wir hatten trotzdem fast alles beisammen, was wir brauchten. Und dann kamen Sie mit ihrem idiotischen Kleinkrieg gegen von Kaltmark.“
Zum ersten Mal seit langem fehlten dem kleinen Commissar die Worte.
„Aber… aber sie wollten die Bombe…“
„Die Freygeistbombe ist ohne einen Freygeist vollkommen nutzlos! Das hätte auch von Kaltmark bald begreifen müssen. Das Uranium ist unrein, es kann einen Körper zerfressen, wenn man ihm jahrzehntelang ausgesetzt ist, aber um das Feuer der Schöpfung freizusetzen, bedarf es der Kraft des Äthers. Und ein Freygeist arbeitet nicht für Aristokraten oder Christen.“
Bornstett sank auf seinem Stuhl zusammen. Alle hatten ihn hereingelegt, alle. Was für Dummkopf er doch war.
„Wozu?“, murmelte er. „Wozu dann das Ganze?“
Der Direktor sah ihn fast mitleidig an. „In der aktuellen Regierung gibt es immer noch Leute mit Sympathien für das Gestern. Leute, deren Loyalitäten in der Vergangenheit liegen, die nicht wollen, dass die Menschen befreyt werden und die von Kaltmark unterstützt hätten. Bankiers, Landbesitzer, Großhändler. Sie haben Teile des Heeres hinter sich und könnten nach der Wahl einen Bürgerkrieg anzetteln. Bis dahin hätten wir sie gehabt. Doch jetzt haben Sie den Fürsten und seine Mischpoke hops gehen lassen und darüber hinaus noch die Identität unserer wichtigsten Informanten enthüllt. Die Ratten haben sich wieder in ihre Löcher verkrochen und wir können suchen.“
Freygeister. Diese Mistkerle waren einfach immer viel schneller und viel klüger als er. Das ganze Land war viel zu abhängig von ihnen. Bornstett fühlte sich hundeelend.
„Was wird jetzt aus mir?“
Mannstein zuckte die Schultern. „Ich würde Sie ja am liebsten in eine Uraniummine stecken, aber wahrscheinlich suspendiere ich Sie nur. Sie haben es wahrscheinlich gut gemeint, aber sie sind nun Mal ein engstirniger Idiot. Maler kann ihre Stellung haben, wenn er wieder auf den Beinen ist.
Und nach den Wahlen, tja nach den Wahlen sieht alles wahrscheinlich ganz anders aus. Entweder können sie in der Commune noch einmal von vorn anfangen oder Sie müssen sich eine Seite auf den Barrikaden aussuchen.“
Bornstett nickte langsam.
Oh ja, dass würde er.