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Die Suche nach dem Leben
Das einleiten der Aufwachphase sollte baldiges Treiben auf der Aurelia bedeuten. Die Cryo-Kammern der Crew, von kleinen Hydraulikarmen in die Schräge gebracht, öffneten sich zischend.
Kapitän Raltschar fühlte sich eigenartig; als ein Freund dieser Technik konnte er kaum bezeichnet werden: Anderen machte es nichts aus - vielleicht weil sie jünger waren -, er jedoch fühlte sich jedes Mal zum Kotzen. Zudem war ihm kalt.
Orientierungslos stolperte er aus der Kammer zur Wand und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Er wusste, dass es in ein paar Minuten nachlassen würde.
"Geht es ihnen gut, Kapitän?"
Raltschar schwieg und winkte ab - einfach nur kurz Ruhe haben, dass reichte schon.
Trotz des blassen und diffus verstreuten Lichts im Raum fühlte er sich geblendet. Außer ihm war hier keiner mehr, alle unlängst auf ihre Quartiere verschwunden.
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Logbucheintrag: Kapitän Raltschar.
Nach Jahren glaube ich mich endlich am Ziel.
Wir sind schon so lange unterwegs - die Hoffnung hat mich nie verlassen, sind sie und die Neugier doch meine einzige Triebfeder.
Nach zwei Jahren, die wir schon in diesem System verweilen, haben wir endlich den 3. Planeten vom Stern aus erreicht. All meine Hoffnung stützt sich nun darauf. Ich-.
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Das gedämpfte Licht erhellte seine Kajüte kaum. Die Wände, in einem trostlosen, metallischen Grau, schmückte er mit Bildern einer blühenden Landschaft seiner Heimatwelt. Die sah er sich immer an, wenn er die Sehnsucht danach verspürte, einfach wieder nur Daheim zu sein - wobei die sich damit jedes Mal nur noch verstärkte. Ein rauer Gummibelag unter seinen Füßen sollte der Isolation dienen; so sah der Boden hier in fast jedem Raum aus. Für etwas mehr Schalldämmung hätten sie ruhig sorgen können, dachte sich Raltschar: Ununterbrochen, seit Reiseantritt, nervte ihn ein rhythmisches Summen aus dem Maschinenbereich.
Raltschar überlegte, irgendetwas wollte er dem Logbuch noch hinzufügen - da war jedoch nichts, bis auf dieses schwarze Blatt Papier in seinem Kopf, auf dem nichts draufstand.
"Aufzeichnung ende"
Er lehnte sich zurück und betrachtete das Bild über seinem Tisch.
Unerwartet ertönte es aus der schiffsinternen Sprechanlage: "Kapitän-" Raltschar zuckte erschrocken zusammen. "- Nähern uns dem Ziel, ihre Anwesenheit auf der Brücke ist erforderlich."
"Ja, gib mir ein paar Minuten."
Er stand auf, stellte sich vor den Spiegel und rückte seine Uniform zurecht.
Auf der Brücke angekommen, ging er ohne mit jemandem einen Blick zu wechseln geradewegs auf seinen Sitz zu.
"Steuermann, bringen sie das Schiff in eine geostationäre Umlaufbahn!", befahl er schroff.
Er verspürte ein Kribbeln und kindliche Vorfreunde auf das was kommen mag, die jedoch innere Anspannung und die Angst erneut enttäuscht zu werden überschatteten.
"Liegen erste Scann-Ergebnisse vor?", fragte er.
Sein Wissenschaftsoffizier Cedar machte einen verwirrten Gesichtsausdruck.
"Sie haben noch keine Anweisung dazu gegeben."
"Wie selbstständig! Dann haben sie halt jetzt eine."
Cedar warf dem Steuermann einen fragenden Blick zu. "Ich beginne mit dem Scan, kann einige Minuten dauern."
"Es liegen erste Ergebnisse vor: Wir messen ungewöhnlich hohe Ansammlungen von Silizium und Sauerstoff. Der Planet hat einen Eisenkern." Cedar betrachtete die Ergebnisse nochmals. "Sieht meiner Meinung nach nicht sehr freundlich aus, wegen-"
"Er hat potenzial. Wir gehen runter!", unterbrach ihn Raltschar. "Machen Sie die Fähre startklar, Sie und Ihr Assistent kommen mit!"
Raltschar verließ die Bücke.
"Hoffnungslos."
"Er wird es schon überstehen!", ermunterte der Steuermann Cedar.
Zu dritt saßen sie in der Fähre, drangen nun in die Stratosphäre ein, was mit einigen Turbulenzen einherging.
"Dort drüben scheint ein geeigneter Landeplatz."
"Nein, wir fliegen weiter!"
"Wie sie meinen -", rutschte es Cedar raus. "Ich habe einen neuen Landplatz."
"Hm..." Raltschar blickte zu der Stelle. "Ja, das sieht ganz gut aus. Gehen Sie runter!"
Sie näherten sich dem Boden. Die Fähre vibrierte durch Luftverwirbelungen stärker. Mit einem Ruck setzten sie auf.
"Wie ist der Außendruck?"
"1,5 atm."
"Dann können wir die Druckanzüge weglassen, oder hat jemand Einwände?"
"Nein, aber Sauerstoffmasken wären ganz hilfreich, in der Atmosphäre ist kaum welcher vorhanden."
"Haben die Scans vom Schiff aus nicht etwas anderes gesagt?" Cedar sah ihn verwirrt an, er zog es vor diese Aussage nicht zu kommentieren.
Sie standen vor der Fähre. So weit das Auge reichte: Grauer, zerklüfteter Felsen. Über den Himmel spannten sich bis zum Horizont gewaltige, dunkle Wolken. Blitze dort oben erhellten für Augenblicke geisterhaft die dunklen Himmelsberge. Einige zuckten in der Ferne zu Boden.
Die Drei gingen hintereinander einen schmalen Pfad entlang. Links und rechts von ihnen hatte sich an einigen Stellen Wasser zu Pfützen angesammelt: In manchen brodelte es. An anderen Stellen befanden sich Erdöffnungen, aus denen weißer und schwarzer Qualm empor drang.
"Wieder nichts.", bemerkte Cedar nüchtern. Alle Bodenproben die er bisher untersucht hatte, ergaben einen negativen Befund.
"Es gibt hier Sauerstoff, es gibt Kohlenstoff, es gibt Silizium, es gibt hier Wasser-", Raltschar unterbrach. "Es gibt hier Wasser. Diese Tümpel hast du schon untersucht?"
"Ja...", antwortete Cedar.
Raltschar schwieg.
"Ja, habe ich. Dort drüben ist ein größeres Gewässer, versuchen wir es dort." Cedar zeigte in Richtung des Wassers, es erstreckte sich bis zum Horizont und schien etwas mehr als einen Kilometer von ihnen entfernt. Raltschar hätte sich gerne wegen des kleinen Hoffnungsschimmers gefreut, doch konnte er irgendwie innerlich gar nicht mehr an einen Erfolg glauben, egal wie sehr er sich diesen wünschte.
"Könnten wir am Wasser dann mal eine Rast machen?", fragte Cedars Assistent. Cedar schaute ihn kurz durchdringend an und sagte nichts dazu. Raltschar lief wenige Meter vor ihnen. Cedar hatte das Gefühl, als würde der mit jedem Schritt schneller werden.
Cedar nahm eine Wasserprobe und schob sie in seinen Bioscanner. Er blickte auf. Sein Assistent und Raltschar sahen ihn wartend an; irgendwie machte ihn das nervös. Wenn er das Gefühl hatte bei seiner Arbeit beobachtet zu werden, machte er meistens Fehler. "Hast du nicht was zu tun?", gab er seinem Assistenten zu verstehen. Der drehte sich um und ging zu einem Felsbrocken, wo er sich hinsetzte und einen Schokoriegel auspackte.
"Negativ! Hier gibt es nichts."
Raltschar sah ihn kurz an, blickte dann schweigend aufs Wasser hinaus.
Ein Wasserplätschern unterbrach diese Stille.
Raltschar und Cedar sahen zum Assistenten hinüber.
"Vollidiot!", schrie Raltschar. "Du hast wohl auch nix besseres zu tun als auf jedem Planeten deinen Biomüll zu hinterlassen."
Der Assistent blickte verwirrt und erschrocken zu ihnen. "Das war doch nur ein halber Schokoriegel! Was issn da schon dabei? Der ganze beschissene Felsbrocken hier ist tot!"
"Er hat recht -", sagte Cedar. "Es ist nur ein Schokoriegel, schauen wir in 1 oder 2 Milliarden Jahren noch mal vorbei, vielleicht hat er sich ja vermehrt." Cedar lachte.
"Ihr seid beide Idioten." Raltschar schüttelte enttäuscht den Kopf, anschließend machten sie sich auf den Rückweg.
Es gab noch viele Systeme und Planeten, die sie zu bereisen hatten.