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Die Straße zum Erfolg

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14.10.2001
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Die Straße zum Erfolg

Zwei Schafe grasten auf einer Weide am Rande der Landstraße.
Auf einmal horchten sie auf. Getrappel und laute Rufe waren zu hören. Immer mehr Männer, Frauen und Kinder versammelten sich rechts und links am Straßenrand. Die Schafe reckten ihre kurzen Hälse. Traktoren, Käfige, Autos und Wohnwagen rollten an ihnen vorbei.
Gerade wollten sie weitergrasen, als die Menschen mit vielen Ahs und Ohs zurückwichen.
Ein grauer Koloss stampfte gemessen die Straße entlang.
„Was für ein herrliches Tier!“, riefen die Leute.
Das Ungetüm blieb stehen, schaukelte den gewaltigen Kopf, fächelte mit seinen großen Ohren, streckte einen schlauchartigen Auswuchs in die Luft und stieß unschöne, trompetenartige Töne aus.
„Oh“ und „Ah“ klang es erneut aus der Menge.
Der Elefant betrachtete die Zuschauer gelangweilt aus seinen kleinen Augen, dann ließ er einen riesigen Haufen auf den Asphalt plumpsen und setzte sich schwerfällig wieder in Bewegung.
„Oh! Seht nur! Ah!“
„Das eine Schaf mähte meckernd auf, während das andere den wolligen Kopf schüttelte.
Nach und nach wurde es ruhig auf der Straße. Die Schafe grasten.
Plötzlich sagte das eine: „Wir sind doch viel hübscher als dieses graue Tier. Wir haben niedliche Nasen und kleinere Ohren, eine zierliche Gestalt und elegante Füße.“ Ärgerlich riss es ein Büschel Gras aus.
„Wir sind nicht nur hübscher, sondern auch nützlicher“, meinte das andere. „Elefantenhaut ist rau und knittrig, unsere Wolle dagegen weich und warm.“ Empört rupfte es ein paar Butterblumen aus.
Beide kauten verbissen.
„Was der Elefant kann“, hob das erste wieder an, „das können wir schon lange.“
Das zweite war derselben Ansicht.
Und so beschlossen die beiden Schafe, berühmt zu werden, und begannen sich herauszuputzen. Sie strichen ihre Wolle glatt, setzten sich kleine Kränze aus Gänseblümchen auf, nahmen einen Strauß Löwenzahnblüten ins Maul und durchbrachen den Zaun. Graziös tänzelten sie die Landstraße entlang.
„Man wird uns anhimmeln“, prophezeite das eine Schaf und verschluckte sich dabei fast an seinem Löwenzahn.
„Vergöttern wird man uns!“, stimmte das andere zu und hätte aus Versehen beinahe sein Sträußchen aufgefressen.
Schweigend trippelten sie weiter. Bald taten ihnen die Füße weh.
„Ich will nicht länger auf dem Asphalt laufen“, jammerte das eine Schaf.
„Reiß dich zusammen!“, mahnte das andere. „Nur wenn du auf der Straße bleibst, wirst du Erfolg haben.“
Doch weit und breit war niemand, der ihnen hätte zujubeln können.
Endlich kamen ein paar Kinder vorbei.
Die Schafe schwenkten so heftig die Köpfe, dass ihre Kränzchen verrutschten und schief über den Ohren hingen. Sie streckten ihre Schnuten in die Luft und blökten, wobei ihnen die Löwenzahnblüten im hohen Bogen aus dem Maul flogen.
Doch die Kinder warfen ihnen bloß einen flüchtigen Blick zu.
Enttäuscht trotteten die Schafe die Straße entlang.
„Nun haben wir unsere schönen gelben Blumen verloren“, klagte das eine.
„Macht nichts“, sagte das andere. „Der Elefant hatte auch kein Löwenzahnsträußchen im Maul und trotzdem haben ihn alle bestaunt.“
Von hinten hörten sie ein Motorengeräusch, das schnell näher kam.
So elegant es ging, wiegten sie sich trotz ihrer schmerzenden Füße in den Hüften.
Eine Hupe ertönte, Bremsen kreischten. Erschrocken stoben die Schafe zur Seite. Das erste verlor sein Kränzchen und trat unabsichtlich darauf. Tränen stiegen in seine Schafsaugen.
„Sei nicht traurig.“ Das zweite zupfte ihm ein paar Wolllocken in die Stirn. „Der Elefant hatte auch keinen Kranz aus Gänseblümchen und trotzdem wurde er bewundert.“
Die Schafe wollten gerade wieder loshumpeln, als ein Auto neben ihnen anhielt. Der Fahrer kurbelte das Fenster hinunter. „Blöde Viecher“, schrie er, „was habt ihr auf der Straße verloren?“
„Wir sind nicht blöde“, blökten die Schafe, „nur viel hübscher und nützlicher als ein Elefant.“
Schimpfend fuhr der Mann weiter.
Ungehalten warfen die Schafe ihre Köpfe hin und her. Dabei verlor das zweite ebenfalls seine Gänseblümchen und nun musste das andere ihm Trost spenden und die Locken richten.
Je näher sie dem Dorf kamen, desto mehr Menschen begegneten ihnen. Doch kaum jemand schenkte ihnen Beachtung.
„Jetzt weiß ich, was wir tun müssen“, mümmelte das eine Schaf. Es blieb stehen, spreizte würdevoll seine Hinterbeine und kurz darauf kamen ein paar bildschöne Schafsköttel zum Vorschein. „Na also!“, käute es zufrieden in seinen Bart.
Das zweite Schaf tat es ihm nach und war ebenfalls erfolgreich.
Die Leute am Straßenrand zeterten: „Was für eine Schweinerei!“
„Nääää“, mähten die beiden, „wir sind Schafe.“
Es dauerte nicht lange, bis der Bauer kam. Er lud die beiden ruhmlosen Schafe auf einen Wagen, und ehe sie es sich versahen, standen sie wieder auf ihrer Weide am Rande der Landstraße.

Moral: Wenn zwei oder drei das Gleiche tun, ist es leider nicht immer dasselbe.

 

Lieber Manuel,
der Text ist eine Fabel, das ist richtig. Aber wo soll ich den Text reinstellen, wenn nicht unter Satire? Es handelt sich um eine einfache Erzaehlform ohne komplexe Charaktere und vielschichtige Entwicklungen, und eine Fabel verdeutlicht auch immer eine einfache Lebensweisheit. Daher kann ich deine Kritik nicht ganz nachvollziehen.
Trotzdem vielen Dank fuer die Muehe, die du dir gemacht hast.
Viele Gruesse
Jakobe

 

Lieber SH,
was der Logikfehler sein soll, kann ich gar nicht verstehen. Die Schafe versuchen, dieselbe Reaktion hervorzurufen wie der Elefant. Beides wird gezeigt: was die Schafe tun und wie die Menschen darauf reagieren oder nicht reagieren. Was ist daran falsch?
Auch dir vielen Dank und viele Gruesse
Jakobe

 
Zuletzt bearbeitet:

Schade, dass es hier keine Sparte "Fabeln" gibt, denn unter "Satire" ist diese Geschichte für mich (ohne jemanden zu Nahe treten zu wollen, sondern rein als Zitat ...) "eine Perle unter die Säue geworfen ..."

Liebe Sabine,

dann definiere bitte noch deine SÄUE, die offensichtlich so was Minderwertiges wie Satire lesen... damit das dann klar wird, wo Literatur beginnt.

:gunfire:
(Ich haue dir in die Fresse, aber ich wollte das nicht, ehrlich!)


Zum Text: Die Fabel ist solide, aber belanglos. Das wissen wir doch alles schon, nicht wahr? Insofern leidet die Story sehr.

 

Hallo Jakobe,

ich nehme es mal auf mich, deine Geschichte gar nicht, oder komplett miss-, verstanden zu haben.
Irritiert hat mich dabei zum Beispiel deine Schlussmoral, vielleicht, weil sie Tiere zusammenbringt, die in der Natur nicht zusammenkommen.
Wenn ich mich nun frage, wo spielt deine Geschichte, denke ich an eine deutsche Landschaft, vielleicht die Heide, vielleicht aber auch eine Deichlandschaft. Jedenfalls Argrarwirtschaft. Die Schafe gehören zum Landschaftsbild, sind alltägliche Nutztieren, jedem vertraut. Ihnen fehlt der Reiz des Besonderen.
Die Schönheit des Elefanten liegt aber auch nicht im Tier selbst, sondern in der Rarität, die er in dieser Landschaft besitzt. Er kommt dort natürlicherweise nicht vor. In Gegenden, in denen er vorkommt ruft sein Erscheinen entweder das gleiche Schulterzucken hervor, wie das der Schafe in ihrer Heimat oder aber kurzes Erschrecken, da die nicht domestizierten Elefanten in den Dörfern nichts zu suchen haben und meistens als gefährlich eingestuft werden.
In der Gegend der Schafe ist der Elefant eigentlich nur ein Abziehbild des Majestät, die die Schafe in ihm sehen. Er wird ein Zirkustier sein, vielleicht eines aus dem Zoo. In beidem wird er oft zu Kunststücken abgerichtet, ist Unterhaltungsclown, entwürdigt und erniedrigt. Dafür spricht ja auch das "Oh" angesichts der seiner Verdauung. Selbst in der Intimität ist er nicht allein. Oder jeder Schiss wird zu Gold.
Beim Lesen bekam ich Mitleid mit den Schafen, denn der Verursacher dieses Prinzips blieb in der Geschichte fast außen vor. Der Elefant ist genau so fremdbestimmt wie die Schafe, auch wenn die das in ihrem Neid nicht erkennen.

Lieben Gruß, sim

 
Zuletzt bearbeitet:

be true blue

Hello Sim,

es ist glaube ich völlig egal, ob es um Elefanten und Schafe geht, es könnten auch Schweine, Nilpferde, Löwen, Goldhamster mitspielen, alles, was scheißen kann.

Die Moral ist: Nicht auf die Handlung/den Inhalt der Handlung kommt es an, sondern auf den Akteur.

Wenn ich in einem Fernsehinterview eine Stunde lang Scheiße reden würde, interessierte das niemand; wenn Dieter Bohlen dies tut, ist es ein "interessantes Gespräch".

 

Hallo FlicFlac,

ja, so kann ich mich der Fabel annähern, denn wenn ich statt Bohlen den Kübelböck nehme, dann verdient wird er zwar gut dafür bezahlt, dass er wie ein Zirkuselefant vorgeführt wird und die Leute den Scheiß interessant finden, den er absondert, weil sie sich darüber aufregen können, letztlich wird er aber menschenverachtend vorgeführt.

 

Hey FlicFlac,
erstens hat Sabine nirgendwo geschrieben, daß Satire etwas minderwertiges ist, sondern sagt mit dem Spruch lediglich, daß eine Fabel in Satire untergeht (behaupte ich mal so, denn so hab ichs verstanden) und zweitens nerven nichtssagende Off-Topic-Beiträge.
Also entweder zur Geschichte bzw. geschichtenbezogene Diskussion etwas beitragen oder raushalten.
Deine überflüssige Antwort auf SHs rhetorische Frage hab ich gelöscht.

 

Damit das ganze funzioniert, müsste man quasi Dieter Bohlen und dich demselben Publikum präsentieren - das meinte ich vonwegen Aktion/Wahrnehmung/Reaktion.

Eben. Und genau das macht doch die Fabel. Es ist eben nicht das gleiche, wenn ein exotisches Tier (Promi etc) und der gewöhnliche Pöbel auf die Straße scheißt.
Von daher verstehe ich deine Kritik nicht. ME ist das doch die Aussage der Geschichte.

Im Übrigen kann man eine Fabel durchaus in Satire unterbringen, weil beide eine Gesellschaftskritik darstellen und menschliche Schwächen auf die Schippe nehmen. Die Fabel ist eigentlich der Vorläufer der Satire, da sie früher genutzt wurde, um auf bissig/satirische Art und Weise Gesellschaftskritik zu üben, ohne sich in Lebensgefahr zu bringen. Deshalb die Tiere statt lebender Personen. Daher kann die Rubrik nicht treffender gewählt sein.

Zur Geschichte selbst:
Ich fand die Fabel ganz niedlich. Abgesehen von kleinen formellen Unschönheiten und dem überflüssigen Moralsatz, der wirklich gestrichen werden sollte, hat sie mir als Fabel ganz gut gefallen und hat hier durchaus seine Daseinsberechtigung. Allerdings könnte sie noch ein wenig bissiger sein.

 

Liebe Sabine,
viele werden vielleicht die Nase rümpfen, aber mir als Autorin tut es zwischendurch auch mal gut, wenn mir jemand schlicht und einfach schreibt, dass ihm ein Text gefallen hat. Und nichts weiter habe ich mit dem Text beabsichtigt: den Leser, ohne tiefgründig sein zu wollen, ein bisschen zu amüsieren. Ich finde, manchmal kann ein Lob nützlicher sein als Kritik, die aus Spaß an der Freud vorgetragen wird oder um sich selbst vielleicht ein bisschen aufzuspielen, ohne dass der Autor wirklich etwas damit anfangen kann. Deshalb danke ich dir für deine Rückmeldung.
Viele Grüße,
Jakobe

 

Lieber Sim,
herzlichen Dank für deine Rezi.
Ganz habe ich nicht verstanden, worauf deine Kritik abzielt.
In der Schlussmoral werden die Tiere ja gar nicht zusammengeführt. Sie ist ganz allgemein formuliert. (Ich habe mich übrigens ein bisschen von James Thurber inspirieren lassen, der in seinen "Fables for Our Time" auch immer eine Moral ans Ende der Fabeln setzt.)
Der Elefant ist ein Zirkustier und stellt in der ländlichen Umgebung natürlich eine Seltenheit dar. Der gesamte Zirkus zieht an den Schafen auf der Landstraße vorbei.
Der Elefant ist es gewöhnt, bewundert zu werden (z. B. wie ein Popstar auch daran gewöhnt ist), und deshalb betrachtet er die Zuschauer gelangweilt und sch... ihnen was. Ich glaube, hier hast du eine andere Sicht als ich, die mir aber ebenso überzeugend erscheint.
Die naiven Schafe durchschauen das überhaupt nicht, imitieren den Elefanten, so wie z. B. viele junge Leute ihre Idole versuchen zu imitieren. Hier liegen unsere beiden Interpretationen nicht so weit auseinander.
Oder habe ich dich jetzt komplett missverstanden?
Viele Grüße
Jakobe

 

Lieber Manuel,
im Prinzip hast du richtig wiedergegeben, was ich mit der Moral gemeint habe. Aber ich wollte nicht schreiben: "... ist es in den Augen der Betrachter nicht dasselbe", denn wie sich der Elefant und die Schafe verhalten, ist ja tatsächlich nicht vollkommen gleich. Denk nur an den Unterschied zwischen einem Elefantenhaufen und Schafskötteln oder daran, wie die Schafe sich schmücken, um den Elefanten noch zu übertreffen. Deshalb muss der Anfang der Moral auch lauten: "Wenn zwei oder drei das Gleiche tun ...", denn die Tiere in dieser Fabel tun nicht exakt dasselbe.
Viele Grüße
Jakobe

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Pandora,
"niedlich" ist der richtige Ausdruck. Ich fand die Schafe eher rührend als lächerlich, daher ist die Fabel auch nicht wirklich bissig. Du hast einige formelle Unschönheiten gefunden. Es würde mich interessieren, welche Passagen du meinst.
Danke für deinen Kommentar und viele Grüße!
Jakobe

 

Nunja, die Bissigkeit muß sich nicht zwangsläufig im Verhalten der Schafe äußern, die fand ich süß so. Da gäbe es ja einige Möglichkeiten, etwas bissiger zu werden. Aber es ist deine Geschichte und ich bin nicht das Maß aller Dinge. Im Großen und Ganzen hat sie mir ja gefallen.
Die formellen Schnitzer such ich dir morgen raus, dafür ist es mir jetzt einfach zu spät.

Pan

 

Ich hatte überlegt, wie ich die Fabel bissiger machen könnte, weil ich solche Texte grundsätzlich sehr schätze, aber mir fiel nix ein, und ich dachte, es läge an den süßen Schafen.

Jakobe

 

Ich schreib dir morgen ne PM, wenn ichs schaffe.
Bin sicher, daß es nicht an den Schafen liegt.

 

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