Guten Abend mono, sei willkommen auf dieser Seite.
Das ist die Skizze der Geschichte einer absoluten Liebe, die in einem fantastischen Setting angesiedelt ist. Die Grundidee gefällt mir, bietet doch die Welt, in der Naryu und Mephala leben und lieben, alle Elemente, eine ideale Liebe darzustellen. Da stören keine modernen Komplexitäten die Idylle, keine zeitgenössischen Probleme von Mann und Frau, die sich ihrer Rollen im Geschlechterspiel nicht sicher sind, oder die gerade nur zusammen sind, weil beide keinen besseren fanden.
Das wird so schlicht erzählt, wie es hier sein soll: Zwei lieben sich. Und zwar rein und erhaben. Ohne Körperlichkeiten. Es geht schlicht um das Beisammensein, das macht hier das Glück aus. Die höchste Erfüllung, ohne die sie nicht leben wollen / können. Es ist die schwärmerische Vorstellung einer Liebe, deren Nichterfüllung den Tod der beiden zur Folge hat.
Sie sehen sich nach der Trennung an, ohne sich eigentlich sehen zu können, ein schönes Detail, und wegen ihrer Trennung gehen sie zu Grunde und werden zu zwei Statuen, sie verlieren ihr Leben indem sie versteinern.
Nur die Sehnsucht nach dem jeweils anderen scheint als einziges über den Tod hinaus Bestand zu haben, das lässt sich wenigstens in das Ansehen der Statuen hineinlesen und das schließt für mich das Bild einer absoluten Liebe, die notwendigerweise tragisch enden muss.
Eine Liebe, die von widrigen Äußerlichkeiten verhindert wird. Dass das Außen die Schuld trägt ist Bedingung für das Scheitern der idealen Liebe.
Die Gefühle der beiden füreinander und das Scheitern stehen fest, mit diesen unumstößlichen Tatsachen fütterst du den Leser, der das schlucken muss. Du machst ihre übernatürlich starke Verbindung nicht anschaulich. Ebenso lässt du niemanden gegen die trennenden Mächte aufbegehren. Für mich sind das Leerstellen, die gefüllt werden sollten.
Ich will ein paar Stellen zeigen, an denen die Geschichte meines Erachtens vertieft zu werden verdient hätte. Oder verbessert werden könnte. Ein paar Fragen anbieten.
Zum einen passten in diese Art der Erzählung Beschreibungen der beiden. Was macht Naryu besonders? Ist sie außergewöhnlich schön, anmutig, hilfsbereit? Und Mephala - ein tapferer Krieger, der sich durch seinen Mut hervortut, durch Kraft und Geschicklichkeit oder vielleicht aufgrund von Mitgefühl einem Schwächeren gegenüber? Hier könntest du ruhig Eigenschaften beschreiben, die den Hervorragenden des jeweiligen Geschlechts klassischerweise zugeschrieben wurden.
Marinus, um Harmonie in seinem Reich bedacht, schenkte den Worten des alten Mannes Glauben, und verhängte einen Fluch über Mephala.
Als Marinus erkannte, welch' schrecklichen Fehler er begangen hatte, ließ er vor lauter Wut die Wellen drei fürchterliche Nächte und Tage über die Inseln toben - aus Rache an Wudus.
Das ist ein Problem. Hier sieht es aus, als hättest du einfach drauflos geschrieben, ohne recht zu bedenken, ob es logisch schlüssig ist.
Wie geht es an, dass Marinus wütend auf Wudus ist und Rache nehmen will für etwas, das der Meeresgott selbst zu verantworten hat. Wieso sollte ein Gott 'Glauben schenken'? Ist es kein Gott mit einer absoluten Macht, der alles weiß?
Das sind lösbare Probleme, aber man muss sie sehen und entweder das Verhalten der Figuren oder die umgebende Welt anpassen. In dieser Form wirkt es, als wären dir die Eigenschaften, Motive und Mächte deines Märchen-Personals nicht genügend bewusst gewesen.
Marinus' Wut wäre nachvollziehbar, wenn Wudus ihn getäuscht hätte. Das wäre eine Möglichkeit, echten Konflikt aufzubauen, eine gewisse Spannung zu erschaffen und nicht zuletzt Nachvollziehbarkeit. Wudus könnte ein böser Oberpriester sein, der die Tradition nur vorschiebt und eigentlich darauf aus ist, seine Tochter mit einem gierigen Seelenkrüppel zu verkuppeln, der unermesslich reich ist. Mephala und Naryu könnten mit aller Macht versuchen, einen Weg zueinander zu finden, aber aufgrund ihrer Offenherzigkeit und daraus folgendem Unverstand in Sachen Tricks und Hakenschlagen, was ja Voraussetzung ihres emotionalen Glückes war, den Ränkeschmieden unterliegen.
Du kannst aus dem riesigen Fundus menschlicher Eigenschaften und Leidenschaften schöpfen, um die Figuren zu illustrieren. Es gibt eine unendliche Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten und selbst wenn die Figur zusammengebastelt ist, entwickelt sie sich weiter: im Zusammen- oder Gegenspiel mit den anderen. Sie dürfen praktisch alles sein, nur eins verzeiht der Leser nicht: Wenn sie dösbaddelig sind und sich selbst ausknocken, wenn der größte Antagonist der offene Schnürsenkel des Protagonisten ist.
Dafür müsstest du allerdings wissen, was deine Figuren so können - sind die Götter allmächtig und allwissend? Oder nur sehr mächtig und wissender als die meisten Sterbliche, wie die lustigen Rowdies des griechischen Pantheons - dann könnten sie von einem äußerst gewieften Menschen ausgetrickst werden.
Was versucht Mephala, um entgegen der tückischen Strömung zu seiner Geliebten zu segeln; mit welchen Bitten versucht Naryu ihren Vater umzustimmen?
Das wären in meinen Augen verschiedene Ansatzpunkte, an denen weitergewoben werden müsste, um die Skizze zu einer echten Geschichte werden zu lassen. Die darf ruhig so oldfashioned erzählt werden, eher Silmarillion als Herr der Ringe, aber gewisse Regeln müssen trotzdem eingehalten werden.
Deine Figuren sollten genug Tiefe haben, dass der Leser Interesse an ihnen entwickeln kann.
Für die Dynamik legst du ihnen Hindernisse in den Weg, die Bewegung bestände dann darin, wie deine Helden die Schwierigkeiten meistern oder nicht.
Da muss jedes Mal neu überlegt werden, welche Möglichkeiten es in der spezifischen literarischen Wirklichkeit gibt, diese Fährnisse zu überwinden.
Da bieten phantastische Welten selbstredend ein völlig anderes Instrumentarium als eine unserer Alltagswelten. Doch der Einsatz will auch dort, oder sogar besonders dort, wohlgeprüft sein, Götter oder Magie sollten ebenfalls Regeln unterliegen und nicht schlicht eingesetzt werden, um eine literarisch anspruchsvolles Problem irgendwie aufzulösen.
Ich würde sehr gern eine Geschichte lesen, die den Namen 'Fantasy' verdient. In der urmenschliche Themen neu verhandelt werden können, weil die Rahmenbedingungen fantasievoll umgestaltet wurden. Ich finde du hast hier ein tolles Grundgerüst dafür geschaffen.
Grüße
Kubus
PS: Kompliment zur Namenswahl.