Die Spur der Libelle [v2]
Die Spur der Libelle
Kein Laut. Das breite Flussbett: durch den Sand schlängelt sich nur wenig Wasser. Rechts und links davon trockene Hügel, Staub und Asche. Vereinzelte Baumstämme, die kaum Schatten werfen; drückende Hitze. Die Eisenbahntrasse, die sich am Ufer entlangzieht, ist durchbrochen von Bombentrichtern, Erdhaufen, Geröll.
Aus der Ferne ist jetzt ein Rumpeln zu hören, ein lauter werdendes Rauschen; schließlich Kolbenklackern und hydraulisches Zischen: Eine Baumaschine schiebt sich über die Gleise. Auf dem gelblackierten Motorblock der Schriftzug 'Schillebold GBM-35'; darüber flimmert die Luft, eine Wolke von Ozon, Diesel, Abwärme. Eine Plattform mit Maschendrahtgeländer ist oben zu sehen, daran anschließend die Steuerkabine, die auch als Unterkunft dient. Rollläden befinden sich an den Fenstern, drinnen ist es dunkel, nicht wirklich kühl, aber die Temperatur ist erträglich. Vorne die Armaturen, Hebel, Monitore, Knöpfe. Im hinteren Teil ein Tisch mit benutztem Geschirr, ein Hocker; Spind und Kühlfach in der Wandverschalung. An der Rückwand versteckt ein halb zurückgezogener Vorhang Chemieklo und Waschbecken; davor schaukelt eine Hängematte, in der der Fahrer liegt und döst. Das Unterhemd klebt ihm an der Brust, rasiert hat er sich seit Tagen nicht.
Er wird unruhig und wacht auf. Vielleicht hat ihm ja das Enhanced-Reality-Modul über seiner Schläfe ein Signal gegeben. Er sitzt nun, verlagert sein Gewicht gegen das Schwanken der Hängematte und flucht: „So ein Mist!“
Die Stimme ist heiser, etwas benommen; er kratzt sich und geht zum Spind hinüber. Für einen Augenblick betrachtet er voller Begierde – die sieht man ihm an – eine erotische Fotografie an der Innenseite der Tür: eine vollbusige Legionärin, die mit halb heruntergezerrtem Panzeranzug vor zwei Uniformierten kniet. Natürlich nur eine Enactment-Aufnahme, aber sie bringt die legendäre Freizügigkeit der Frauen im Dienst der Legion ziemlich gut rüber.
Er zieht eine Baumwolljacke von einem der Bügel und ist im Begriff, sie überzustreifen. Plötzlich hält er inne, legt den Kopf schräg. Verdammt! Hat er etwas gehört? Er dreht sich schnell um, suchende Augen. Entspannt sich wieder, zuckt die Achseln, stößt ein verächtliches Brummen hervor. Während er die Kabine verlässt, setzt er noch eine Kappe auf, dann endlich tritt er auf die Plattform hinaus.
Die Sonne wirft einen scharf umrissenen Lichtfleck durch die Türöffnung, der den Innenraum gleich noch dunkler erscheinen lässt. Gegen die Helligkeit verschwimmt die Kontur des Mannes; er steht leicht gebeugt, was den Eindruck von Angestrengtheit erweckt. Der Fahrtwind reicht wohl nicht zur Abkühlung aus, denn nach wie vor bewegt sich die Maschine nur langsam voran; es scheint sogar, dass sie langsamer wird.
Etwa zehn Meter vor dem Fahrzeug befindet sich ein Bombentrichter, der die Gleise zerfetzt hat. Der Mann stützt beide Hände auf das Geländer und sein Gesicht zeigt Konzentration, aber auch eine gewisse routinierte Langeweile. Man erkennt, dass er schon oft in ähnlichen Situationen war. Sein Kopf zuckt ein paar Mal – ein Hinweis darauf, dass er die Steuerung über sein Modul abwickelt. Die Maschine steht nun; metallisches Kreischen ist von den hinteren Aufbauten zu hören, zwei hydraulische Kranarme gleiten nach vorne. In präzisen Abläufen greifen sie die Reste der zerstörten Gleise, schrauben und heben sie von den Schwellen, um sie daraufhin neben der Strecke abzulegen. Laufschienen schälen sich aus der Seite der Maschine, das Geräusch hochdrehender Fließbandrollen setzt ein. Von hinten werden neue, intakte Gleiselemente herangeschoben, während die Baumaschine wieder Fahrt aufnimmt. Das Vorderaggregat unter dem Motorblock verfüllt den Trichter, richtet den Schotter; Schwellen werden angeordnet und unterstopft, Schienen aufgelegt. Innerhalb weniger Minuten ist die Strecke an dieser Stelle repariert, und die Fahrt geht weiter.
Der Mann bleibt auf der Plattform stehen; gerade zieht die Ruine des Rattenturms vorbei, und offenbar hat sie sein Interesse geweckt. Kurz nach Kriegsbeginn von der Regierungsarmee in der Mitte des Flussbetts errichtet, schon bald darauf zerstört, aber auch heute noch eindrucksvoll. Ein stolzes Bollwerk gegen die Legion. Für immer!
Der Blick des Fahrers streift über die Landschaft, über die rings um die ehemalige Geschützstellung verstreuten Trümmer und Wrackteile, über die bleichen Reste tausender Toter.
Nachdem die Gleisbaumaschine dieses Feld der Ehre hinter sich gelassen hat, kehrt der Mann in die Kabine zurück und geht zum Spind. Er seufzt, wirft Jacke und Hut auf den Hocker, nimmt das Foto von der Tür – die offen stehen bleibt – und steigt über die Hängematte. Er verschwindet hinter dem Vorhang.
Der Spind ist unaufgeräumt, einzelne Gegenstände sind schlecht zu erkennen. Tüten und Beutel, ein Kanister, lose Wäsche, ein Rucksack. Aber dann etwas, das an diesem Platz auffällt: ein Oakeshott-X-Bajonett – eben das Modell, das nur die Legion verwendet! Von der dazugehörigen Maschinenpistole ist nichts zu sehen, vielleicht besitzt der Mann keine, vielleicht hat er sie woanders versteckt. Arbeitet er für die Legion? Zufall wird das kaum sein!
„Nicht schon wieder!“ Der Mann taucht hinter dem Vorhang auf, fummelt an dem Modul herum und stampft nach draußen. Das Foto landet zerknüllt unter der Hängematte. Die Maschine stoppt.
„Scheiße noch mal!“
Doch etwas scheint anders als vorhin, zu abrupt steht das Fahrzeug. Erneutes Fluchen. Anstatt auf der Plattform zu bleiben, steigt der Mann hinunter. Schotter knirscht, als er den letzten Meter auslässt und abspringt. Von oben betrachtet wirkt er fast winzig neben dem Schillebold.
„Das hat mir gerade noch gefehlt ...“
Etwas befindet sich auf den Gleisen. Ein länglicher … nein, kein Gegenstand – ein Körper. Eine Frau liegt da; an der Wölbung ihres Bauches ist zu erkennen, dass sie schwanger ist. Schwer zu sagen, wie lange schon. Vielleicht sechster Monat? Siebter?
„He! Weg da!“, ruft der Mann. „Verschwinde!“
Er bleibt in einiger Entfernung von ihr stehen, beobachtet, murmelt etwas Unverständliches, dann geht er zu der Frau hin und kniet sich neben sie. Er berührt ihre Schulter, streicht das blonde Haar zurück, schaut ihr ins Gesicht. Blaue Augen.
„Ist irgend ...“, beginnt er, stellt aber wohl fest, dass seine Frage sinnlos ist und verstummt. Die Frau ist mager, recht jung, vielleicht in den frühen Zwanzigern. Ihre Kleidung schmutzig, abgewetzt. Unter Rissen zeichnen sich Abschürfungen ab, und auch ihr Gesicht ist mit zahlreichen Kratzern überzogen. Sie ist durchaus attraktiv, nur liegt ihr Arm ungünstig an die Brust gedrückt, sodass man ausgerechnet dort keine Haut sehen kann.
„Hör zu, du kannst hier nicht liegen bleiben“, sagt der Mann.
Sie antwortet etwas, aber es ist nur „… weiterfahren!“ zu verstehen.
Der Mann schnaubt. „Klar.“ Er wirkt ratlos. „Was mache ich jetzt mit dir, hm?“ Er überlegt und sagt: „Scheiße. Was soll's, muss dich wohl mitnehmen.“
Er steht auf und schaut sich um. Die Sprossen, die zur Plattform führen, sind schmal und hoch; es dürfte ihm schwerfallen, die Frau hinaufzutragen.
„Kannst du gehen?“, fragt er sie, erhält aber nur ein Stöhnen zur Antwort. Die Frau bewegt sich ein wenig, und er nickt. „Dachte ich mir.“
Er kratzt sich unter dem Hemd, läuft ein paar ziellose Schritte auf und ab. Schließlich bleibt er stehen, wendet sich der Baumaschine zu, nickt noch einmal, kräftiger. Lächelt. „Na klar, so wird’s gehen!“
Die Greifarme werden erneut aktiv, legen Schwellen zurecht, schrauben, verbinden – bis eine Art Trage entsteht. Er richtet sich an die Frau, die völlig reglos auf dem Boden liegt.
„Also, äh ...“ Er lässt die Schultern hängen, wirkt hilflos; weiß wohl nicht, was er sagen soll. „Keine Sorge ...“, murmelt er, bückt sich und schiebt seine Arme unter den Körper der Frau. Sie scheint protestieren zu wollen, ist aber zu schwach. Er hebt sie vorsichtig auf die zusammengestückelten Schwellen.
Schweiß rinnt ihm von der Stirn, während er konzentriert die Greifarme anpeilt. Diese fassen die Trage an beiden Enden und ziehen sie langsam auf die Höhe der Plattform. Unten atmet der Mann erleichtert aus, wischt sich über das Gesicht, und er klettert über die Steigeisen nach oben.
„Hoffentlich finden wir bald jemanden ...“, sagt er zu der Frau und macht sich daran, ihr aufzuhelfen.
„Ich muss kotzen“, stellt diese fest und stürzt gegen das Geländer.
„Uh, okay ...“ Er schaut weg, als sie sich mehrmals übergibt. Dann aber legt er seinen Arm um sie und führt sie durch die Kabinentür ins Innere.
„Ich hab' nur das da ... Hoffe, das geht ...“
Sie nickt kurz, sackt zusammen. Umständlich legt er sie in seine Hängematte und bleibt daneben stehen. Nach einer Weile nimmt er den Hocker und geht nach draußen. Setzt sich, legt die Füße hoch. Schläft ein. Irgendwann beginnt es zu dämmern, nichts weiter geschieht. Nacht.
Am Morgen sitzt der Mann noch immer dort und schläft, obwohl seine Position nicht angenehm sein kann. Gerade tritt die Frau auf die Plattform, stößt gegen den Türrahmen, geht unsicher und leicht schwankend zum Geländer, auf das sie sich mit einer Hand stützt. Die andere presst sie an die Seite, sie streckt sich, drückt die Schultern durch, atmet tief ein. Sie bemerkt, wie der Mann wach wird und dreht sich zu ihm um. Sie starren sich beide an; sie prüfend, seine Blicke wandern abschätzend über ihren Körper.
„Danke“, sagt sie.
„Geht's dir besser?“
„Nun ...“, antwortet sie mit knappem Schulterzucken. „Mein Bauch ... Es tut ziemlich weh.“
„Ich fürchte, ich kann dir nicht so wirklich helfen, aber ...“, sagt er, „… wir dürften bald die nächste Kuppel erreichen. Und irgendeinen Arzt werden wir da schon auftreiben.“
„Militärlazarett?“
„Wenn's sein muss.“
Sie deutet ein Nicken an. „Ich weiß nicht, ob ...“, sagt sie, bricht ab; stattdessen: „Maura. Maura Vantarein.“ Sie lacht und blickt ihn geradewegs an. „Seltsam, wie dieser Name jetzt klingt ...“
Er scheint leicht verwirrt. „Ah“, sagt er und lächelt verlegen. „Kaston Donoy.“
„Schön“, sagt sie. „Du hast nicht vielleicht etwas zu essen?“
„Oh, ja, natürlich. Nicht viel allerdings, alles ein bisschen knapp hier.“ Er grinst. „Und schmecken tut's auch nicht besonders.“
Jetzt lächelt die Frau, Maura. „Das macht nichts. Ich habe seit Tagen kaum etwas gehabt. Mir ist alles recht!“
Gemeinsam gehen sie ins Innere; Kaston Donoy entnimmt dem Kühlfach zwei Rationen, sie essen und lange spricht keiner von beiden.
„Was genau machst du hier eigentlich?“, fragt sie schließlich, woraufhin er aufblickt und ausweichend antwortet: „Ich, äh, bringe die Gleise in Ordnung.“
„Aha“, sagt sie. „Warum?“
„Nun ...“, sagt er gedehnt, ringt mit sich. „Ich habe den Auftrag von der Legion.“
„Die Legion?“ Ihre Augen weiten sich, sie nickt aber nur, sagt für einige Sekunden nichts. „Was hältst du von ihr?“
„Naja, sie zahlt gut ...“
„Und das ist alles? Keine ideologische Übereinstimmung?“ Ihre Stimme hat einen vorsichtigen, lauernden Unterton angenommen, was ihm aber nicht aufzufallen scheint.
„Tja, was soll ich sagen?“ Er lehnt sich etwas zurück. „Immerhin – sie hat feste Grundsätze, und das ist ja schon mal was, heutzutage. Die Regierung ist schwach, ohne Profil. Und die Armee beschränkt sich ohnehin hauptsächlich auf die Verwaltung der Kuppeln. Weiß nicht, aber manchmal denke ich, dass es fast besser wäre, wenn die Legion, also, wie man so sagt – eine starke Hand, ja, das wäre in diesen Zeiten nicht das Schlechteste.“ Er hält inne, überlegt. „Wenn da nur nicht diese … religiöse Sache wäre. Das erscheint mir alles ein bisschen zu archaisch. Aber, naja, das darf man wohl nicht allzu ernst nehmen. Vielleicht müssen wir einfach mal abwarten, was passiert.“
„Nicht allzu ernst nehmen? Du hast überhaupt keine Ahnung!“
„So, hab' ich nicht? Aber du, was?“
„Ja“, antwortet sie knapp, verzieht aber plötzlich das Gesicht und greift an ihren Bauch.
„Was ist?“, ruft Kaston.
Sie winkt flüchtig ab, stöhnt. „Verdammt ...“ Sie versucht, aufzustehen, verliert die Balance und sinkt zurück.
Kaston Donoy kann sie gerade noch festhalten; er stützt sie und hilft ihr, sich in die Hängematte zu legen. Er sieht besorgt aus, ganz offensichtlich überfordert ihn diese Situation.
Er wendet sich ab und stockt, sein Blick ist auf einen der Monitore gefallen. Eine Anzeige blinkt, es ist, ah ja, die Trinkwasserkontrolle.
„Ausgerechnet jetzt!“
Während er den Kanister aus dem Spind nimmt, schaut er noch einmal zur Hängematte hin. „Ich muss mich um das Wasser kümmern“, sagt er zu Maura. „Also, wenn was ist, ich bin in der Nähe … Dauert nicht lang.“ Sie antwortet nicht, hebt nur leicht die Hand, und er verlässt die Kabine, steigt vom Fahrzeug herunter, geht in Richtung Wasser.
Dabei passiert er die Ruinen mehrerer Fachwerkhäuser; eine kleine Siedlung auf dem schmalen Geländestreifen zwischen Trasse und Ufer; niedergebrannt, verkohlte Balken, Schutt, Unkraut. Kaston beeilt sich, blickt stur geradeaus, stolpert über den unebenen Boden, bis er das Flussbett erreicht. Das Wrack eines Fährschiffs steckt schief im Sand, umgeben von rostigen Autokarosserien, Reifen; Flaschen, auf denen die Sonne blitzt; jede Menge Müll. Er bahnt sich den Weg an all dem vorbei, füllt den Kanister; kehrt zur Gleisbaumaschine zurück.
Er reinigt die Filter, schüttet das Wasser in den Tank, überprüft die Anzeigen, stöhnt resigniert und macht sich erneut auf den Weg durch das Dorf.
So ist etwa eine Stunde vergangen, und Kaston ist nun sitzend auf der Plattform zu sehen. Er ist müde, wie man deutlich erkennen kann. Seine Gesichtsmuskeln zucken unter dem Schirm seiner Kappe, entspannen kann er sich offensichtlich nicht. Er steht auf, streckt sich, geht in die Kabine, wo er in einiger Entfernung zur Hängematte stehen bleibt und sich räuspert.
„Übrigens“, sagt er. „Du könntest dich jetzt waschen. Der Tank ist voll.“
Maura schüttelt sich. „Später.“ Ihre Stimme ist zittrig. „Mir ... ist kalt.“
„Kalt!“, ruft er. „Es ist verflucht heiß!“
„Hast du nicht vielleicht eine Decke?“
„Hm, hinten im Schwellenkontainer könnte was in der Art sein. Du bist sicher, dass ...?“
Heftiges Nicken.
„Also gut, bin dann gleich wieder da.“
Sie bleibt alleine zurück; keucht in unregelmäßigen Stößen, muss große Schmerzen haben. Ihr Haar klebt strähnig am Kopf, und ihre Lider flattern, die Pupillen dahinter sind geweitet, glasig; deutliche Fieberzeichen. So wie sie liegt, ist es nicht ganz einfach, aber es gelingt schließlich doch, jaha!, alles eine Frage der richtigen Positionierung: Ihren Brustansatz im Ausschnitt –
Unvermittelt reißt sie den Kopf nach hinten, blinzelt; reibt mit Daumen und Zeigefinger über die Augen, versucht, sie offen zu halten. Ihr Gesicht nimmt einen verärgerten Ausdruck an, sie blinzelt noch einmal. Ganz klar, sie sieht nur verschwommen. Plötzlich fuchtelt sie mit der Hand, ein überraschend starker Luftwirbel entsteht.
Unter der Hängematte ist es dunkel, Staub liegt auf dem Boden, noch immer das zerknüllte Foto, Papierfetzen, Krümel. Ein leises, warnendes Piepsen ist zu hören. Maura flucht.
„... tatsächlich was gefunden!“ Kaston ist mittlerweile zurückgekehrt, unterm Arm ein Bündel, das er gerade auseinanderfaltet. Er breitet die Decke über der Frau aus, berührt dann mit dem Handrücken ihre Stirn, nickt ernst, zieht eine Braue in die Höhe.
„Wird schon“, sagt er.
„Danke. Und – könntest du vielleicht etwas gegen die Fliegen tun?“
„Äh, Fliegen? Was für ... ? Wo sollen die denn herkommen?“
„Ich hab's deutlich gespürt, irgendetwas schwirrt hier herum!“
„Nein, kann nicht sein, bestimmt nicht. Liegt sicher am Fieber – und du hast ja ordentlich Temperatur!“
Noch einmal dieses Piepsen ...
Das Fahrzeug steht. Es dämmert; Morgen. Kaston und Maura stehen draußen, sie unterhalten sich.
„... die Gleise können noch ein bisschen warten. Weißt du, das hängt mir so dermaßen ...“
Die Frau lacht. Es geht ihr wohl besser.
„Außerdem – wurde Zeit für 'ne Rasur.“
„Wo du davon sprichst, ich sollte mich vielleicht jetzt doch mal waschen.“
„Ja, klar. In meinem Spind sind noch ein paar saubere Sachen … soll ich dir was raussuchen?“
„Brauchst du nicht. Ich werd' schon zurechtkommen, also, wenn du nichts dagegen hast, dass ich in deinem Schrank herumwühle.“ Sie grinst.
„Kein Problem, mach nur! Ich werde mich dann in der Zwischenzeit um die Strecke kümmern.“ Er seufzt, während sie sich ins Innere zurückzieht, die Kabinentür fest hinter sich verschließt.
Diesmal dauert die Reparatur länger; der Ablauf ist ähnlich wie zuvor, auch wenn es ihn mehr anzustrengen scheint. Noch ist es nicht allzu heiß, aber Schweiß steht ihm bereits deutlich auf der Stirn. Möglicherweise verträgt sein Körper das Modul nicht, wer weiß.
Trotzdem macht er Fortschritte. Schon rollen die neuen Schienen heran –
Plötzlich ein zorniger Schrei aus der Kabine. Kaston fährt zusammen, ein Reflex lässt ihn an die Schläfe fassen, er schüttelt den Kopf, dreht sich um, stößt die Tür auf.
„Was ...“, fängt er an, bleibt stehen, die Hand an der Klinke, seine Gestalt füllt den Spalt beinahe vollständig aus.
„Ich dachte, du willst mir vielleicht helfen.“ Mauras Ton ist überraschend eisig. „Oder sollen wir direkt mit dem Ficken anfangen?“
„Was?“, ruft Kaston. „Was soll das denn ...?“
„Jetzt tu nicht so!“ Sie steht in der Mitte des Raums, Arme verschränkt hinter dem Rücken; ein Beben in ihrer Stimme deutet an, dass sie sich nur mühsam beherrscht. Sie streckt die Linke vor, hält ihm das zuvor zerknüllte Foto entgegen.
„Das ist doch, was du willst!“ Ihr Tonfall ist jetzt aggressiv, provozierend. „Ein hübsch williges Legionsweibchen! Devotes Fickpüppchen. Na, willst du nicht Befehle brüllen? Soll ich auf die Knie, ja? Oder so – wie wär' das?“ Maura schleudert das Foto zu Boden, mit beiden Händen reißt sie ihre Kleidung auf, runter von ihrem Körper; mit dem Fuß tritt sie die Fetzen unter den Tisch. Sie stemmt die Hände in die Hüften, streckt sich, richtet sich hoch auf. Ihre Augen funkeln, stolz und wütend; sie macht einen Schritt in seine Richtung.
„Gefällt dir das?“
Ihr Verhalten ist nun wirklich mehr als merkwürdig, befremdlich. Was soll das? Aber immerhin, sie ist nackt, und das zählt. Die Figur: Trotz Schwangerschaft und deutlichen Spuren von Unterernährung erkennt man noch den athletischen Bau. Die Brüste sind voll, mit hellen Brustwarzen, um deren rechte das Sonnenrad der Legion tätowiert ist; darunter der dicke Bauch; die Hüften nicht zu breit, mit ansehnlichem Schwung; buschiges Schamhaar, das sicherlich mal sauber gestutzt war, jetzt aber die Vulva vollständig verdeckt; schlanke Beine von genau der richtigen Länge. Ein Anblick, der sich lohnt, in der Tat, nur leider mindert dieser widerliche Stolz ihre Attraktivität. Eine Haltung wie die auf dem Foto würde ihr besser stehen, definitiv.
„Ich, äh ...“, stammelt Kaston und weicht zurück. Sie beginnt zu lachen, aber verstummt jäh. Ihre Hände krallen sich in den Bauch, sie knickt ein, fällt. Windet sich auf dem Boden, mit einem langen, ausgedehnten Schrei. Etwas gelblich-rotes fließt über ihre Schenkel. Sie wimmert; noch immer steht Kaston bei der Tür, wohl geschockt, mit halboffenem Mund, stößt hervor: „Scheiße!“ Er scheint auf sie zugehen zu wollen, jedoch stockt er; seine Arme zucken nach oben, sinken zurück. Wieder: „Scheiße!“
Dann entschließt er sich, stürzt zu der Frau hin. „Ist es das Kind?“, ruft er panisch, aber sie antwortet nicht, versucht, ihn abzuwehren. Er packt ihr Kinn, schaut ihr ins Gesicht. „Ruhig!“, sagt er. „Ich helfe dir.“
Er dreht sie auf den Rücken, und für einen Moment hockt er neben ihr, flucht, hilflos. Zwischen zusammengebissenen Zähnen presst Maura hervor: „Ich glaube ... es kommt. Es kommt!“
Als sie sich wieder krümmt, drückt er ihre Schultern auf den Boden, sagt noch einmal: „Ruhig. Das wird schon.“
Er wechselt die Position, hilft ihr, die Beine zu spreizen, anzuwinkeln. Und jetzt, über seine Schulter hinweg, kann man – endlich! – auch ihre Möse voll sehen. Die Lippen weiten sich, werden von innen auseinandergestoßen, ein Schwall Flüssigkeit strömt heraus – ha! – Blut fließt; das Kind kommt.
„Mist!“, ruft er. „Verdammter ...“
Die Frau verkrampft, sie bäumt sich auf, schreit, lauter diesmal als zuvor. Da ist schon der kleine Kopf, schleimig, dunkel verfärbt; Maura fällt zurück, stöhnt. Kaston flucht, irgendetwas Unverständliches, während er das Kind mit beiden Händen ungeschickt anfasst, loslässt, erneut ansetzt.
Maura richtet sich auf, stützt sich auf einem Ellenbogen ab, Kopf tief im Nacken; sie biegt den Rücken durch – die Titten heben sich, dick und prall. Kaston greift noch einmal zu, zerrt und ächzt – es ist vorbei: der Säugling ist draußen.
Er hält den reglosen Körper, seine Miene ist starr. Er räuspert sich; setzt an, etwas zu sagen, schluckt; stockend: „Es ist ...“ Er unterdrückt ein Würgen.
„Ist es tot?“
„Ja ...“
„Gut“, sagt sie ruhig und schließt die Augen.
Kaston sitzt mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden, die Leiche hilflos im Arm.
„Willst du ... willst du es nicht sehen?“, fragt er.
„Nein, will ich nicht!“ Ihre Stimme zittert. Sie erschlafft, ihre Schenkel sinken zur Seite.
„Was soll ich bloß …?“, murmelt er. „Kann doch nicht ...“ Er schaut noch einmal zu der Frau hin, die teilnahmslos daliegt, vielleicht auch ohnmächtig. Aber irgendetwas muss mit dem Abfall geschehen. Sein Gesichtsausdruck zeigt, dass ihm das klar ist. Er erhebt sich, das tote Ding vorsichtiger haltend als notwendig und verlässt die Kammer, steigt von der Maschine hinab.
Hier schaut er sich zögerlich um, versucht wohl, die richtige Entscheidung zu treffen. Moralische Bedenken, Zweifel, was auch immer. Er scharrt mit der Stiefelspitze ein Loch in den lockeren Boden des Damms, legt die Leiche hinein, häuft Schotter darüber. Bleibt eine Weile dort stehen, mit hängenden Schultern, Lippen zusammengekniffen. Schließlich kehrt er zu Maura zurück, die unverändert auf dem Boden liegt.
Kaston fühlt ihren Puls, prüft nochmals ihre Temperatur. Es scheint alles in Ordnung zu sein, und er legt sich in die Hängematte. Schon bald schläft er ein. Irgendwann dämmert es wieder, und nichts weiter von Interesse geschieht. Reicht wohl auch für einen Tag an Außerordentlichem; immerhin, so etwas sieht man nicht oft. Es wird Nacht. Stille.
Morgen: beide schlafen immer noch.
Es ist jetzt Mittag, und Maura steht draußen auf der Plattform, die Decke um die Schultern gelegt; die Baumaschine bewegt sich nicht. Kaston tritt neben sie; beide schweigen. In der Ferne die Kuppel der nächsten Stadt, am anderen Ufer, am Hang.
„Ich möchte dir danken, Kaston“, sagt sie.
Er dreht sich zu ihr um, schaut sie an, scheint keine Antwort zu haben.
„Ohne deine Hilfe – ich weiß nicht, ob ...“
„Schon gut“, sagt er und kratzt sich an der Schläfe, spricht nach einer Pause weiter: „Also, du warst … bei der Legion?“
Sie nickt.
„Dann ist es echt kein Wunder, dass dieses ... Foto, also ...“ Er errötet, fährt fort, leiser: „Wenn ich ganz ehrlich bin – das ist mir schon peinlich, irgendwie, das alles ...“
Sie wendet den Kopf zu ihm hin und schaut ihn ernst, plötzlich aber sichtlich amüsiert an. „Das kann ich mir vorstellen!“ Sie lacht, und es klingt auf bestimmte Art befreit, eigentlich harmlos, wie man zugeben muss, aber es ist höchst unpassend. Kaston ärgert sich und stachelt sie damit noch mehr an. Er schlägt die Faust auf das Geländer, wo er besser mal dieser Schlampe ordentlich eine verpasst hätte, ruft zornig: „Ach, Scheiße!“, dreht sich mit einem Ruck zur Tür um.
„Hey, langsam!“ Maura hält ihn an der Schulter zurück. „Ist nicht gegen dich, es ist nur so, dass – nach all der Zeit ... Die letzten Wochen waren verdammt hart, aber jetzt ...“ Sie senkt kurz die Lider und blickt ihm dann fest in die Augen. „Jetzt ist es vorbei.“
Sein Zorn verraucht, und spätestens hier sollte klar sein, dass Kaston ein ausgemachtes Weichei ist. „Okay“, sagt er mit einem Nicken. „Gut.“
„Weißt du – eigentlich ist es mir ganz gleich, was du dir so, naja, anschaust. Doch dieses Foto, ausgerechnet dieses Motiv ...“
„Ja, versteh' ich schon“, sagt er. „Aber du hast mich ordentlich geschockt.“
Sie zuckt die Achseln und grinst.
„Also ...“, fährt er fort. „Ich will dir jetzt nicht zu nahe treten, aber ... das Kind, macht es dir so gar nichts aus, dass es tot ist?“
„Nein, es macht mir nichts aus. Im Gegenteil – ich bin froh.“
„Mhm“, sagt er lahm. „Und ich hätte gedacht ...“
„Was hast du gedacht? Dass ich vor lauter Liebe ganz entzückt bin?“ Maura verzieht verächtlich den Mund. „Ich sag' dir mal was: Ich habe mir jeden einzelnen Tag gewünscht, dass es verschwindet. Dass es tot wäre. Einfach raus aus meinem Bauch! Ich habe es gehasst.“
„Oh. Das ist …“, beginnt er, bricht ab, pfeift durch die Zähne. „Ich weiß nicht, was ich da sagen soll. Irgendwie fällt's mir schwer, das so richtig zu verstehen.“
„Musst du ja nicht.“
„Aha“, sagt er verstimmt und lehnt sich gegen das Geländer.
Maura stöhnt. „Also, wenn du's unbedingt wissen willst … Ich habe es gehasst, weil mir die Legion zuwider geworden ist.“
Kaston schaut sie mit fragendem Blick an; sie seufzt und sagt: „Ich bin aus Abenteuerlust zur Legion gegangen. Wollte ein aufregendes Leben, Action und vor allem: Sex. Dieses Image von Freizügigkeit gab's ja schon damals. War siebzehn, da hatte das schon so seinen Reiz. Das Ideologische hat für mich zuerst kaum eine Rolle gespielt, aber, naja, mit der Zeit … Ich schätze, es ist ganz normal, wenn das, was einem Tag für Tag eingetrichtert wird, Spuren hinterlässt. Jedenfalls war ich irgendwann“, Maura zuckt etwas resigniert mit den Schultern, „vollkommen überzeugt von der Überlegenheit des 'nordischen Menschen', von unserer Auserwähltheit durch Schicksal und Vorsehung. Ich habe den Namen Rúna angenommen, bin geworden, wovon Müllerson in der Doktrin schreibt: eine Walküre mit Maschinenpistole. Das ist sein Idealbild einer Frau – kämpferisch und entschlossen, aber auch beseelt von Hingabe und dem 'eisernen Willen zur Aufopferung'. Und tja, diese Aufopferung bedeutet vor allem eines: sich von jedem Legionär ficken zu lassen, der es von einem verlangt.“
Sie schluckt, setzt von neuem an: „Am Ende habe ich so all den Sex bekommen, den ich haben wollte. Und mehr.“
Sie verfügt also über genug nützliche Erfahrung. Kaston schweigt für eine Weile, nickt – mehr zu sich selbst – und fragt: „Du hast das alles mit dir machen lassen? Einfach so?“
„Wie gesagt, ich habe an die Sache geglaubt. Es war … normal. Alles im Dienste einer neuen Gesellschaft, nach dem Vorbild unserer Ahnen; Tradition, Ehre. Und so weiter.“
„Aber dann bist du trotzdem gegangen ...“
Sie klopft mit der Handfläche auf ihren jetzt flachen Bauch. „Ich bin schwanger geworden. Außerplanmäßig. Dass das ein Unfall war – das hat niemanden interessiert.“
„Sie haben dich bestraft?“
„Diszipliniert, ja.“
„Der Vater war doch genauso verantwortlich!“
Maura lacht auf. „Spielt keine Rolle bei der Legion. Wie unterschiedlich die Maßstäbe sind, wird einem ziemlich schnell klar, wenn man vorm Tribunal steht, plötzlich ganz allein ist. Und man begreift endlich, dass die ganze Ideologie nur dazu dient, Ausbeutung und Unterdrückung zu rechtfertigen. Ich habe die erste Gelegenheit zur Flucht genutzt; war fertig mit der Legion, aber das Kind hat mich keinen einzigen Tag vergessen lassen.“
„Das tut mir Leid ...“, sagt Kaston. „Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, wie's bei der Legion wirklich zugeht …“
Maura antwortet darauf nichts, ihr Gesicht ist ausdruckslos. Kaston scheint irgendwie unschlüssig, berührt schließlich mit beiden Händen ihre Schultern.
„Ich werde den Schillebold zurückschicken. Lass' ihn die Gleise wieder abreißen“, sagt er und nimmt sie in den Arm. „Ich kann nicht länger für die Legion arbeiten, nicht nach dem, was du mir … Zum Teufel mit der 'starken Hand'!“
Er hält sie fest wie eine Geliebte, nicht wie die billige Nutte, die sie ist. So wie sie umschlungen dastehen – eine so unschuldig wirkende Szene, dass man fast lachen könnte.
„Wir sollten zur Kuppel gehen“, fügt er hinzu. „Uns nach was Anderem umsehen. Was Neues beginnen.“
„Vielleicht hast du Recht. Obwohl es mir etwas Angst macht, als Ex-Legionärin ausgerechnet dorthin ...“
„Keine Sorge; die Regierung mag ja schwach sein, aber eins kann man wohl sagen: dass sie Anstand besitzt – jedenfalls mehr als die Legion. Um die Opfer des Bürgerkriegs hat sie sich immer gekümmert – also, ich denke, im Moment ist das der beste Platz für uns.“
„Na gut“, sagt sie. „Dann lass uns keine Zeit verlieren!“ Aber noch lösen sie sich nicht aus ihrer Umarmung.
Jetzt, wo das Fieber verschwunden ist, glänzen Mauras Augen, beeindruckend klar, scharf, blau. Ihre roten Lippen bewegen sich, zu hören ist jedoch nichts. Plötzlich reißt ihre Umarmung auseinander, Kaston wirbelt herum, seine Rechte schießt nach vorne. Er greift ins Leere. Wieder ein Luftwirbel. Das gelbe Metall des Motorblocks. Ein Knall. Wieder das Piepsen.
„Ich wußte doch, dass die ganze Zeit hier was rumgeflogen ist!“, ruft Maura.
„Wie, die ganze Zeit?“
„Von wegen Fieberwahn! Und das waren auch keine Fliegen – das ist eine Libellendrohne!“
„Aber, das heißt ...“
„Genau! Wir sind beobachtet worden.“
„Von der Legion?“
„Nein. Dieses Modell benutzt nur die Armee.“
„Ich habe überhaupt nichts bemerkt!“
„Dafür sind die Dinger ja gemacht. Unauffällig irgendwo eindringen, spurlos herumspionieren – man muss da schon sehr aufpassen, sonst sieht man sie nicht, darf nicht abgelenkt sein ...“
„Verdammt, das waren wir wohl. Dann haben sie alles gesehen ...“
Oben bricht Hektik aus. Die Tür schlägt zu, wird geräuschvoll aufgerissen, fällt in den Rahmen. Schnelle Schritte.
„Ja, ziemlich sicher. Vielleicht wär's besser, wenn wir nicht zur Kuppel ...?“
„Was sollen wir denn sonst tun?“
„Weiterfahren?“
„Und dann? Wenn wir weiterfahren, repariert die Maschine die Strecke, und ich will nicht, dass die Legion sie benutzen kann. Klar, so beobachtet zu werden – das ist mir irgendwie unheimlich, aber wahrscheinlich müssen wir das einfach akzeptieren. Und immerhin ist's nicht die Legion. Komm, lass uns packen und gehen.“
„Ich weiß nicht recht“, sagt Maura. „Aber wir haben wohl wirklich keine Wahl ...“
Der Piepston verstummt endlich. Perfektes Timing, denn mittlerweile ist die Anweisung vom Generalstab gekommen. Die Zeit des Beobachtens ist vorbei – jetzt wird gehandelt. Schillebold GBM-35: zur weiteren Verwendung vorgesehen. Kaston Donoy: entbehrlich. Maura Vantarein: zur weiteren Verwendung vorgesehen.
Auf der Plattform hält in diesem Moment Maura Kastons Rucksack auf, und er lässt einige Nahrungsrationen hineinfallen.
„So, das sollte uns die nächsten paar Tage über die Runden bringen. Für alle Fälle.“
Der Giftstachel dieser Drohne wirkt der Erfahrung nach schnell. Schon lustig, irgendwie – richtige Libellen haben ... Nun, wie auch immer; der Requisitionstrupp wird bald eintreffen. Also, für Maura das Narkotikum; für Kaston hat die Drohne eine etwas endgültigere Lösung parat.
Es braucht natürlich Übung, den finalen Stich anzubringen – das ist schließlich Millimeterarbeit! – eine gewisse Expertise, aber dann ist es ein Erlebnis … kann man nur schwer beschreiben ... Kaston greift sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Hals und fällt zu Boden, bleibt reglos liegen. Maura schreit; sie springt auf, weicht blitzschnell aus, aber sie stolpert, prallt gegen das Geländer, kann sich gerade eben mit einer Hand festhalten. Mit der anderen fuchtelt sie abwehrend, diesmal ist der Luftwirbel für die Drohne jedoch ungefährlich. Durch die Bewegung verliert Maura den Halt, ihre Finger rutschen ab – sie stürzt in die Tiefe: kurz ein erstickter Schrei, das dumpfe Geräusch des Aufpralls, Knirschen.
Sie liegt da unten auf dem Schotter. Der Schädel zerschmettert, Blut rinnt über die grauen Steine, ihr Körper verkrümmt. Sie ist ... Kann es wahr sein? Ja, sie ist tot. Verdammt, das war eine so günstige Gelegenheit! Wir hätten sie gut gebrauchen können, wo doch die meisten von uns wochenlang von ihren Frauen getrennt sind. Tja, man muss sich wohl damit abfinden: Es ist nicht immer leicht, ein Krieger zu sein.
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