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Die Sinai-Maschine
"Abschalten, Abschalten!" schrie Gabriel.
"Das geht nicht, sonst fliegt unser ganzer Plan auf!" antwortete Daniel.
Die gewaltige Maschine brummte und ratterte, niemand hatte sie je zuvor solchen Belastungen ausgesetzt. Sie arbeitete tausend Meter unter der Erde, war fünfhundert Meter lang und zweihundert Meter breit. 500 der besten jüdischen Ingenieure hatten Sie im Geheimen konstruiert und schließlich in Betrieb genommen. Sie war Teil einer gigantischen Bergwerksanlage unterhalb vom Berg Sinai. Ihr Zweck: Die Inszenierung der Erlösungsgeschichte einer neuen Religion. Die Maschine führte Befehle einer Person aus. Diese Person hieß Jesus und er hatte gerade darum gebeten, Wasser in Wein zu verwandeln, für eine ganze Hochzeitsgesellschaft.
Das belastete die gigantischen Materietransformatoren der unterirdischen Maschine so, dass Sie ächzten und krächzten. Sie lagen im unteren Teil der begehbaren Maschine, waren hundert Meter hoch und von blauen Blitzen der Überlastung umzüngelt. Gabriel kam über ein Laufgitter vor der mächtigen Stahlwand eines anderen Maschinenbereichs auf Daniel zugelaufen. Beide waren Ingenieure und verantwortlich für den reibungslosen Ablauf der Erlösungsgeschichte.
"Schalten Sie gefälligst ab! Sonst fliegt uns der ganze Laden um die Ohren" schrie Gabriel erneut.
"Das können Sie vergessen - unsere Anweisungen sind präzise: Es hat hunderte von Jahren gedauert, das hier alles vorzubereiten. Wenn wir jetzt abschalten, verliert Jesus seine Glaubwürdigkeit. Der Wein ist noch zu wässrig! Wir sollen um jeden Preis weitermachen."
"Diese Wahnsinnigen vernichten noch die ganze heilige Stadt. Wenn die Fusionsreaktoren überlastet werden, dann nützt auch die kilometerdicke Erdschicht über uns nichts mehr. Dann droht die Apokalypse - und diesen Untergangsglauben wollten wir ja gerade vermeiden" sagte Gabriel
"Es muss einfach weitergehen" sagte Daniel. "Jesus wird langsam kreativer, wir müssen die Kapazität der Maschine dringend ausbauen. Ich glaube Sie schafft den Wein, aber ich möchte nicht wissen, was morgen kommt. Ich glaube, es ist die Sache wert."
"Glaubst Du wirklich, eine neue Religion wird die Welt vereinen und Kriege verhindern? Vergiss nicht, was für ein Beschiss es im Grunde ist. Von unserer Maschine und den tausenden, die beim Bau Ihr Leben ließen, weiß ja niemand."
"Das ist in diesem Fall egal" sagte Daniel "Die Menschheit braucht Hoffnung. Schau Dir doch die grausame Wahrheit an: Immer muss jemand für das Wohl eines anderen schuften, es gibt Krankheiten, Hungersnöte, ständig müssen wir Menschen der Erde das bisschen Glück, das wir bekommen, abtrotzen. Die Menschheit - oder zumindest das jüdische Volk - braucht ein Signal der Hoffnung und das liefern wir. Da ist der Preis, den wir zahlen egal!"
Die Belastungsanzeigen bewegten sich im roten Bereich. Die überlasteten Transformatoren verursachten ein infernalisches Geheul und Sturmböen, die den gesamten Bereich durchwehten.
"Schicken Sie ein Team zu den Materietranformatoren" rief Gabriel einem Ingenieur zu, der unterhalb des Laufgitters vorbeilief. "Sie sollen versuchen, die Kapazität im laufenden Betrieb zu erweitern."
"Aber das bedeutet ... " antwortete der Ingenieur schreiend, während er sich seinen Helm festhielt.
"Ja nehmen Sie halt Schutzanzüge mit" rief Gabriel "Rechnen Sie mit Verlusten. Und jetzt machen Sie."