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Die Serotonin-Gesellschaft

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01.05.2007
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Die Serotonin-Gesellschaft

Nachdem ich meinen einjährigen Sohn ins Bett gebracht hatte, schwang ich mich auf mein Rad und lenkte es Richtung Universität. Durch die einsetzende Dämmerung wurde ich unterschwellig dazu angespornt, mich zu beeilen, obwohl Professor Ullurai niemals ein besonderer Freund von Pünktlichkeit gewesen war. Doch er schien aufgeregt in seinem Anruf, sodass es in mir eine gewisse Neugier auf das auslöste, was er mir so dringend präsentieren wollte.

Was hatte er die ganzen letzten Monate gemacht?
Das Gespräch, das ich mit ihm geführt hatte, war zwar kein langes, aber dennoch ein typisches gewesen. Immer, wenn ich mit ihm telefonierte, wurde mir nämlich unsere eigene Begrenztheit bewusst. Mit einem Lächeln betrachtete ich, dass wir uns als moderne Menschen wähnen, dass wir denken, fortschrittlich zu sein und dass wir glauben, uns mit rasanter Geschwindigkeit weiterzuentwickeln.

Professor Ullurai glaubte nicht an diesen Fortschritt, und genau diese Einstellung vermittelte er auch seinen Studenten. Stets darum bemüht, durch seinen eigenen Beitrag diesen Zustand der Welt zu verändern, bestritt er sein Leben als Exemplar jener besonderen Art von Menschen, von denen wir meinen, dass sie wichtig für den Erhalt der menschlichen Rasse sind, die man jedoch trotzdem am liebsten ganz weit weg von sich wünscht.

Ich selbst erhielt dennoch eine Freundschaft zu ihm, da ich schon immer jemand gewesen war, der schwierige Personen in seinem Bekanntenkreis brauchte. Professor Ullurai war solch ein schwieriger Mensch. Er war ein Allroundtalent, ein Choleriker und ein Narzist. Eine solche Person ist entweder ganz oben oder ganz unten anzufinden. Professor Ullurai hatte es erstaunlich lange geschafft, sich auf der oberen Seite der Medaille zu halten, auch wenn er selber immer stöhnte, wie wenig er doch in seinem Leben bisher geschafft hätte.

Was gibt es noch über Professor Ullurai zu erzählen? Eigentlich nichts Besonderes. Höchstens, dass sein Nachname ursprünglich aus dem finnischen stammt, aber durch die deutsche Linie seiner Vorfahren verändert wurde. Und dass sein Themengebiet die Molekularbiologie ist.

Es hatte mir bereits Sorgen bereitet, dass der Kontakt zu ihm in den letzten Monaten wie auf Eis gelegt schien. In der Universität konnte es niemanden geben, mit dem er anstatt meiner Person seine Abende verbrachte, dachte ich. Denn die meisten seiner Kollegen missachtete er wegen ihrer alternativen Haltung. Da er außer mir nur seine Frau und die Leute aus seinem Golfclub als wahre Freunde besaß, meldete er sich normalerweise recht häufig.

Ich wusste dennoch nicht, ob ich erleichtert sein sollte, als ich in den Anruf erhielt. Ullurai teilte mir nämlich mit, dass er die Zeit sehr sinnvoll genutzt hätte - selbstverständlich einmal wieder durch eine seiner Forschungen. Und mehr Sorgen als sein Alleinesein machten mir stets seine kranken Einfälle, die ihn von Zeit zu Zeit befielen und die er, als ob die Idee nicht genug wäre, auch immer drohte, in die Tat umzusetzen. Ohne meinen Eingriff wäre er schon einige Male das Gespött einiger Fachzeitschriften gewesen. Deswegen war ich auf unser jetziges Treffen auch so gespannt.

Ich konzentrierte mich wieder auf die Fahrt. Das Schlossgebäude der Universität ragte aus den dunkel erscheinenden Bäumen des Parks hervor und glitzerte im Abendrot. Es war ein angenehmer Juni-Abend. Ein lauer Wind streifte meinen Kopf. Ich erkannte das Fenster, hinter dem der Professor arbeitete. Es war eines der wenigen, aus dem noch Licht brannte.

„Georg“, hatte er mir durchs Telefon gesagt. „Ich habe den großen Wurf geschafft. Die Menschheit wird bald eine andere sein.“
Solche Worte hatte ich schon einmal von ihm gehört. Doch seine damalige Entdeckung hatte sich als nicht ausgereift entpuppt, und ich hatte ihn gerade noch davon abhalten können, sie als Patent anzumelden.

„Was hast du gefunden? Etwa das Gen für Mundgeruch?“, hatte ich ihn geneckt, was ihm so gar nicht gefallen hatte. Er war ernst geworden. Selber nahm er seine Mitmenschen gern auf die Schippe, konnte an ihm jedoch keinen noch so kleinen Spaß vertragen.
„Komm einfach vorbei, ich meine es ernst“, hatte er scharf gesagt und dann aufgelegt.

Nun war ich beim Pförtner, der meinem Wunsch, Professor Ullurai zu sprechen, prompt entgegenkam, zum Telefon griff und mich bei ihm ankündigte. Zu meiner Verwunderung schickte er mich daraufhin aber nicht zu ihm hoch, sondern teilte mir mit, Professor Ullurai würde zu mir herunterkommen.

Mit kühler Miene wie eh und je erschien er auch zwei Minuten später. In Kontrast zu den Vorstellungen, die manch einer von Professoren hat, hatte er auch diesmal sein Äußeres nicht vernachlässigt. Er trug einen ordentlichen Anzug und ein gebügeltes Hemd. Seine gegelten Haare glitzerten im schwachen Licht. Mein Holzfällerhemd, an dessen Kragen noch ein Fleck aus Babybrei klebte, konnte mit seiner gestriegelten Erscheinung keineswegs mithalten.

Da er kein Freund von Begrüßungsfloskeln war, kam er gleich zur Sache.
„Komm mit!“, meinte er zu mir. „Du wirst Augen machen! Ich möchte dir das Ergebnis von drei Monaten Arbeit vorstellen.“
„Drei Monate – so lange haben wir uns nicht gesehen?“
„Für mich ist die Zeit wie im Fluge vergangen“, erklärte er. „Und für dich doch sicher auch. Ist doch schließlich immer so, wenn man kleine Kinder hat.“ Ullurai, selber kinderlos, sprach das mit trauriger Miene aus.

Er verließ den kleinen Pausenraum, der sich dem Pförtnerhäuschen anschloss und sich unter der riesigen Aula der Universität erstreckte. Ich folgte ihm und gemeinsam betraten wir die langen Gänge, die zu den Mathematikern gehörten, und die zu dieser Zeit menschenleer waren. Ich kannte sie zu Genüge, hatte ja selber einmal hier studiert - Soziologie, ich kann halt sonst nichts außer groß rumlabern.

--

Was ich in den vielen Jahren aber nicht erfahren hatte, war, dass es unter dem Sockelgeschoss noch ein Untergeschoss gab, das frei von Hörsälen war und nur Lagerräume für allen nur erdenklichen Kram jeglicher Fachbereiche enthielt. Eine schmale, mit Spinnweben versetzte Treppe führte uns in dieses hinunter. Und ich schaute mich zunächst einmal neugierig um, betrachtete die klassizistischen Säulen und die hohen Decken, die es auch hier noch gab. Der gespenstische Charakter der Universität, die früher einmal als Schloss genutzt worden war, war hier im Untergeschoss noch sehr deutlich zu spüren.

„Es ist etwas Lebendiges“, teilte mir der Professor auf dem Weg mit.
Was mich schockierte.
„Quälst du hier unten etwa Tiere?“

Schweigend führte er mich zu einer alten, verrosteten Tür. „Betreten verboten“, stand darauf, und ich erkannte die Schrift des Professors. Er holte einen antiquierten Schlüssel heraus und führte mich in einen kleinen Raum.

„Offiziell nutze ich diese Räume, um meine Sammlungen zu horten. Doch in Wirklichkeit forsche ich hier.
Der Professor grinste.
„Es gibt nämlich Forschungen, für die mir die Uni kein Geld gibt. Und leider sind genau das die Forschungen, die mir am meisten am Herzen liegen. Und deswegen betreibe ich sie hier unten allein.“
„Du warst schon immer ein Einzelkämpfer“, bemerkte ich.

Als ich den Raum betrat, trat ein Rattern, wie von einem Motor, an meine Ohren. Ein seltsamer Geruch hing in der Luft. Von Zeit zu Zeit erklang ein Glucksen. Der kleine Raum hatte noch eine weitere Tür, durch die mich der Professor sogleich führte.

In einem zweiten Raum, der sich dem ersten anschloss, war ein großes Behältnis in der Form einer Wanne aufgebaut. Es wurde durch einen massiven Eisenzaun, dessen Einzelteile miteinander verschweißt waren, begrenzt. Neben dem Zaun stand eine Maschine, die ich sogleich als Quelle des Ratterns identifizierte.

Neugierig schaute ich, ob sich hinter dem Zaun etwas bewegte. Miniaturschweine? Igel ohne Stacheln? Ich war auf alles gefasst. Doch stattdessen war das Behältnis befüllt mit einer weißen Masse, die vom Boden bis etwa auf die halbe Höhe des Zaunes anstand. Von der ratternden Maschine führten Schläuche in diese Masse hinein. Ich versuchte, die Masse zu analysieren, wusste aber auch nach langem Überlegen nicht, worum es sich handelte.
Pudding, Ejakulat, Weizengries, ging es mir durch den Kopf.

„Das ist Gehirn“, erklärte Ullurai frohlockend.
„Ich habe die Gene für das zentrale Nervensystem von der DNS der Menschen abgetrennt und isoliert und in einem Reagenzglas zum Wachsen gebracht. Ich füttere es mit einer speziellen Lösung aus Eiweißen, Kohlenhydrate und den nötigen Salzen, die ich mit der Maschine in seine Arterien pumpe.“
„Ah ja“, dachte ich, nicht ohne dass mir ein wenig übel wurde.
Professor Ullurai hat ein gigantisches Gehirn gezüchtet. Na Fabelhaft.
„Was macht es dort? Soll dieses Gehirn etwa alle Probleme der Menschheit lösen?“
Der Professor verneinte.

„Es wächst. Und sonst macht es nichts weiter, sondern ist einfach glücklich.“
Ich stutze.
„Und wieso meinst du das? Ich wäre nicht glücklich, im Keller der Uni eingesperrt zu sein.“
Professor Ullurai strahlte.
„Weil ich es so programmiert habe. Ich habe dieses Gehirn genetisch so angelegt, dass es nur die positiven Botenstoffe entwickeln kann. Das sind in erster Linie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und etwas GABA. Alle Stoffe, die Unglück bescheren, werden in diesem Gehirn nicht produziert.“
„Und was soll das bringen?“
„Das fragst du noch? Das ist doch Fortschritt an sich! Denn alle Erfindungen, die die Menschheit je vollbracht hat, dienten dazu, den Menschen glücklicher zu machen.“
„Und um das Leben zu vereinfachen.“
„Ja, damit er glücklicher ist. Und dieses Wesen ist einfach glücklich. Es hat die Endstufe der Entwicklung erreicht. Es braucht nichts weiter. Es hat keine weiteren Ziele. Es ist vollkommen.“

Vollkommen, dachte ich.
„Und welchen Nutzen hat seine Existenz für die Menschheit?“
Professor Ullurai stöhnte, war aber vorbereitet auf derlei Fragen.
„Verstehst du denn nicht? Der Mensch muss aufhören, nur an sich und seinen Fortbestand zu denken, sondern an alle Individuen auf der Welt. Ziel unseres Daseins ist, es, die Menge des Glücks im Universum zu steigern und die des Unglücks zu verringern. Und das habe ich mit meiner Erfindung getan.“

Elender Weltverbesserer, dachte ich. Doch irgendwie gefielen mir die Gedanken des Professors auch.

Ullurai war noch nicht am Ende, sondern berichtete weiter.
„Erst wenn ich noch ein großes Herz hinzugezüchtet und mir etwas für die Nahrungsaufnahme überlegt habe, kann dieses Gehirn auch ohne den Menschen existieren“, erklärte er weiter. „Die Menschheit lebt dann in meinem Produkt weiter, denn es ist aus menschlicher DNS entwickelt und bildet seine direkten Nachfahren.“

„Und was wird aus der Menschheit? Willst du sie ausrotten?“, fragte ich.
„Hmm“, meinte Professor Ullurai. „Da überlege ich mir noch etwas.“
Ach du meine Güte, dachte ich.

Der Professor erklärte mir nun noch allerhand Einzelheiten, zeigte mir, wie genau die Versorgung funktionierte, hielt mir einen Vortrag über die menschlichen Botenstoffe und über neuronale Netzwerke. Es fiel mir auf, dass ich schon die ganze Zeit so ein merkwürdiges, bedrückendes Gefühl gespürt hatte. Ich wusste nicht genau, woran es lag, doch fühlte ich mich irgendwie traurig.

Nach einer halben Stunde verabschiedete ich mich vom Professor. Ich sehnte mich nach meinem Bett und meiner Frau und fand es logisch, dass ich mich umso mehr auf sie freute, je näher ich meinem zu Hause kam. Doch hatte ich das Gefühl, dass noch aus einem anderen Grund das traurige Gefühl sich mit jedem Kilometer Wegstrecke legte.

--

Trotz meiner Bekundungen beschäftigte mich das Gehirn die nächsten Tage erst einmal nicht. Das sollte sich jedoch durch einen Anruf, den ich von Ullurai erhielt, ändern.

„Ich bin so schrecklich traurig“, jammerte er.
Und ich war verdutzt. Solche Worte hatte ich noch nie von ihm gehört. Es gehörte zu unserer Beziehung, dass wir über Gefühle nicht sprachen.
„Du kannst mir gerne erzählen, wenn dich etwas bedrückt“, sagte ich ihm aber trotzdem.

Doch er stotterte nur.
„Das ist es ja. Ich weiß es nicht“, meinte er. „Ich hätte ja allen Grund, glücklich zu sein, habe eine großartige Erfindung gemacht, und auch sonst läuft alles gut. Aber trotzdem bin ich niedergeschlagen. Es ist so ein beklemmendes Gefühl, das ich nicht beeinflussen kann.“

Ich überlegte eine Weile, bohrte noch etwas nach. In ein paar Sätzen hatte er mir sein Innenleben beschrieben.
„Du leidest an einer Depression“, erklärte ich ihm, „das ist kein Einzelfall, rührt von Überarbeitung, Einsamkeit, Streß. Geh zu einem Doktor!“

Ullurai zauderte.
„Zu so einem Seelenklempner?“, fragte er abfällig.
Ich bejahte.
„Lieber nicht“, meinte er aber. „Ich glaube nämlich, dass es mit dem Gehirn zusammenhängt. Am schlimmsten ist es, wenn ich in seiner Nähe bin.“
Da ich der Meinung war, dass er sich bloß seiner psychischen Erkrankung schämte und eine Neurose vor der Praxis eines Nervenarztes hatte, stöhnte ich nur.
„Das kann gut sein“, meinte ich. „Der Keller, in dem du arbeitest, regt allein schon dazu an, traurig zu werden.“

„Das meine ich nicht“, erklärte der Professor
„Da ist noch etwas anderes. Das Gehirn verschafft Unglück. Es erhält sein eigenes Glück nur auf Kosten anderer Menschen – und zwar von denen, die in seiner Nähe sind.“
Er seufzte.
„In den Hörsälen – nur miesgelaunte Studenten“, fuhr er fort. „Auch meine Kollegen klagen über Kopfweh. Und alle meinen, dass es nachlässt, sobald sie die Uni verlassen haben.“

„Du bildest dir etwas ein“, beschwichtigte ich ihn, dachte dann aber an das beklemmende Gefühl, dass auch ich während des Besuches gehabt hatte.
„Beziehungsweise“. Ich stockte „bin ich mir da noch nicht sicher.“

Gleich nach dem Anruf suchte ich meine hauseigene Bibliothek auf und kramte dort meine Physikbücher aus der hintersten Ecke hervor. Als meine Frau mich beim Stöbern in ihnen erwischte, erklärte ich ihr, dass ich bloß dem Professor bei seinen Forschungen helfen wollte und sonst alles in Ordnung sei. Der Abend verging sehr schnell.

Mitten in der Nacht, nachdem ich das siebte Buch aus dem Regal genommen hatte, erhielt ich eine Erleuchtung. Ausschlaggebend war, dass ich immer wieder auf Gegensätze stieß, auf unterschiedliche Pole, die untrennbar miteinander verbunden waren.
Materie – Antimaterie, war eines der Beispiele. Das eine kann nicht ohne das andere existieren. Solche Beispiele fand ich ein Dutzend Mal.

Vielleicht gibt es eine kosmische Konstante, dachte ich. Vielleicht ist es nicht möglich, die Glücksmenge im Universum zu erhöhen, weil automatisch eine Gegenreaktion erfolgt, die Unglück verursacht.Ich vertiefte mein Studium noch etwas, wurde mir aber immer sicherer in meiner Sache.
Alle positiven Gefühle erliegen der Gewöhnung und des Rückfalls, dachte ich. Drogen verursachen Entzugserscheinungen, die anfängliche Liebe zu einer Frau ist nur so groß wie der Kummer bei deren Verlust und strahlende Sieger verschafften Neidgefühle bei anderen Personen. Jeden Tag sehen wir, dass Glück nicht ohne Unglück existiert, und wenn wir das Glück auf neurobiologischer Basis programmieren wollen, so wie Ullurai es getan hatte, so sucht sich der Ausgleich einen anderen Weg, dessen Bahn wir mit unseren heutigen Messinstrumenten noch nicht erfassen können. Wir können nicht verhindern, dass das Leben in der Summe weder gut noch schlecht ist.

Es kostete mich eine Menge Überzeugungskraft, meiner Frau zu erklären, dass mein Besuch bei Professor Ullurai so wichtig war, dass ich deswegen den gemeinsamen Nachmittagsspaziergang ausfallen lassen wollte. Ich rief kurz bei meinem Freund durch, um zu fragen, ob es ihm passte. Und auch wenn er seltsam lustlos geklungen hatte, schien es mir, als wäre ihm mein Kommen sehr recht.

Je näher ich der Uni kam, desto stärker bemerkte ich das Gefühl der Traurigkeit. Als ich in Ullurais Zimmer stand, war ich den Tränen nah.
„Du hattest recht“, sagte ich. „Dein Gehirn klaut dir deine Fröhlichkeit.“
Doch der Professor hörte nur halb zu. Die Depression hatte ihn nun vollends erfasst. Er kauerte wie ein Stück Elend in seinem Stuhl, hielt die Hände vor den Kopf und schluchzte.

„Es hat doch alles keinen Sinn mehr“, stöhnte er, schien für einen Moment die Fassung verloren zu haben.
Auch selbst musste ich mich zusammenreißen.
„Wir müssen die Maschine abschalten“, erklärte ich.

„Nein, das will ich nicht“, schluchzte Ullurai. „Das ist die größte Erfindung, die ich je gemacht habe. Ich kann berühmt durch sie werden.“

„Jaja, und depressiv“, meinte ich, musste selber mit mir kämpfen.
Eine Weile herrschte Stille. Der Professor saß lethargisch auf seinem Stuhl. Ich wusste, dass er mir auf der einen Seite zustimmte, doch auf der anderen Angst um seine Erfindung hatte. Fast hatte ich den Eindruck, als ob sich sein seelischer Zustand minütlich verschlimmerte und sah, dass er unter einer weiteren Depressionsattacke litt.
Es dauerte aber von da an immer noch eine Weile, bis er mir zustimmte.
„Ich glaube, du hast recht“, sagte er schließlich. Langsam erhob er sich von seinem Stuhl.
Er quälte sich gebückt Richtung Tür. Dann machte er wieder kehrt.
„Es wird immer schlimmer, wenn ich da runter gehe.“
„Umso wichtiger, dass du es tust.“

--

Ausschließlich Leute mit gesenktem Kopf begegneten uns in den Fluren der Universität. Selbst der Kellner in der Cafeteria bediente seine Kunden mit einem mürrischen Unterton. Niemand im Gebäude schien mehr richtig heiter. Und es waren nicht bloß Depressionen, die die Leute erfasst hatten. Einige Leute motzten sich bereits an. Auch ich spürte in zeitlichem Abstand die Summe aller negativen Gefühle über Trauer, Angst, Scham und auch Zorn.

Als wir die Tür aufschlossen hatten, die zu dem Gehirn führte, war ich nahe dran, den Professor wegen einer Nichtigkeit zusammenzufauchen. Der Professor schien indes in einer Angstphase und klammerte sich an den Türpfosten. Wir näherten uns dem Gehirn. Es war enorm gewachsen, quellte bereits über den Zaun.

„Der Knopf ist da drüben.“
„Jaja“, jammerte der Professor.
Ein letztes Mal schaute er auf sein Produkt, schien sich nicht recht lösen zu wollen von den Vorstellungen, die er vor wenigen Wochen noch hatte.
„Es wäre so schön gewesen“, sagte er.
Doch dann drückte er den Knopf, der die Blutzufuhr des Gehirnes regulierte.

Das Rattern verstummte. Nur das Glucksen trat noch ein paar Mal auf. An der weißen Masse änderte sich zunächst nicht, dann sackte sie ein wenig in sich zusammen. Doch war es nicht nur die Ruhe, die uns verschnaufen ließ. Etwas änderte sich in unseren Köpfen. Wir konnten plötzlich wieder lachen. Ein unendlich schönes Gefühl strömte in unsere Körper hinein, ohne dass wir den Auslöser dafür erkannten.

Als wir uns auf den Boden gesetzt hatten, fingen wir ohne erkennbaren Grund zu grinsen an. Dann umarmte mich der Professor zum ersten Mal in meinem Leben. Die übertriebene Freude senkte sich bald, doch kamen auch die unguten Gefühle nicht zurück. Wir wurden normal, so wie wir immer gewesen waren, nur ein wenig waren wir noch erfreut, dass wir es geschafft hatten, die richtige Entscheidung zu treffen. Der Professor stöhnte, wie dumm er war, nicht viel früher diesen Irrsinn bemerkt zu haben, und dass er sich schämte für die unschönen Gefühle, die er den Unibesuchern beschert hatte.

Nach einer Weile stand er auf und näherte sich dem Zaun. Professor Ullurai untersuchte die Masse und stellte fest, dass sie abgestorben war.
„Was machen wir damit?“, fragte ich.
Professor Ullurai zuckte mit den Schultern.
„Lass sie uns als Tiermehl verkaufen! Oder wir spülen sie einfach das Klo hinunter.“
„Und was machen wir heute abend?“
„Nichts. Lass uns einfach unser Glück genießen, denn es hält nicht für alle Zeit der Welt an.“

 

Guten Tag, Charismo,

Der Pluspunkt an Deiner Geschichte: Ein verschrobener Professor, der in einem Keller ein Hirn züchtet, das aussieht wie

Pudding, Ejakulat, Weizengries
Auch hat der Professor dafür ein hübsch kaputtes Motiv:
Ziel unseres Daseins ist, es, die Menge des Glücks im Universum zu steigern und die des Unglücks zu verringern.
Sowas wird natürlich immer gern genommen (aber ein Kommafehler ist auch drin: ist es ohne Komma dazwischen).

Aber ich werde den Eindruck nicht los, daß die Geschichte mit Moral daherkommt, zum pädagogischen Zeigefinger tendiert, besonders haut der letzte Satz rein:

Lass uns einfach unser Glück genießen, denn es hält nicht für alle Zeit der Welt an
Unter dem Aspekt einer Botschaft (pfui!) ist des Professors Motiv nur dämlich, denn Glück, das sich auf nichts bezieht, ist kein Glück, ist überhaupt gar nichts, und daß es dann auch noch andere unglücklich macht, ist an den Haaren herbeigezogen. Diese wissenschaftlich klingende Erläuterung
Ich habe dieses Gehirn genetisch so angelegt, dass es nur die positiven Botenstoffe entwickeln kann. Das sind in erster Linie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und etwas GABA. Alle Stoffe, die Unglück bescheren, werden in diesem Gehirn nicht produziert
überzeugt mich null.
Wenn ich den Moralaspekt unter den Tisch fallen lasse, bleibt eine schlapp ausgearbeitete Mad-Professor-Geschichte mit Längen. Z.B. vergehen ungeheuerlich viele Zeilen zwischen der Handlung, die der Erzähler mit Gedanken füllt, die für den Leser nicht wichtig sind. Das könnte man gnadenlos raffen.
Und dann wird das Hirn zum Schluß einfach abgeschaltet und soll entsorgt werden: BUUUH!
Man möchte den Protagonisten zurufen: Nicht doch als Tiermehl! Überlegt doch mal, wie man das in der psychologischen Kriegsführung einsetzen könnte!
Meine Meinung: Die Moral raus, mehr Handlung und mehr Hirn. Ist die Moral nicht mit Absicht drin: Absicht prüfen. Mehr Farbe an die Helden und mehr Hirn! Da könnte doch was hübsch Wahnwitziges draus werden.
Lieben Gruß,
Makita.

 

Ich finde die Geschichte stark und überzeugend; sie hat auch viel Lebensweisheit. Die sprachlichen Mängel habe ich erstmal überlesen; durch die wörtliche Rede ist sie lebendig. Ich habe mich am Schluß gewundert, warum der Professor aufgibt und alles bleibt, wie es war: er könnte doch auch die Lehre aus dem Experiment ziehen und ein großes Gehirn züchten, das tief depressiv ist und die Traurigkeit der Welt einsammelt; dann wäre die Menschheit fröhlich. Das naheliegende Fazit, dass alle Empfindungen relativ wahrgenommen werden und dauerhaftes Glück daher nicht viel mehr ist als dauerhafte Depression, dass beide Pole nur zusammen erlebt werden können, findet die Geschichte nicht.

 

Werter Charismo,

Deine Story erscheint mir unausgewogen. Da haben wir in der einen Ecke das klassische Setup aus "Donovans Gehirn": Eine wuchernde Zerebralmasse im Keller eines irren Professors. So weit, so alt (obwohl nicht ohne Unterhaltungswert: "Was denkt es bloß?" fragt nicht nur Dein Protagonist.)
Auf der anderen Seite dann die völlige Gaga-Idee: Ein kosmisches Equilibrium von Glück! Auf so was beklopptes muss man erstmal kommen.

Obwohl: Das klingt jetzt negativer als ich es meine, denn "bekloppte Idee" hieße nicht zum ersten mal "gute Geschichte". Bloß ist das dann keine richtige SF mehr und sollte auch nicht so tun. Das ist eher so'n magisches Realismus-Dings, wie Haruki Murakami und Konsorten das schreiben, dafür dürfte es aber dann auch eine Spur irrer und etwas weniger moralisch verseucht sein (wie Makita schon anmerkte).
Längen? Sicher. Die fallen aber mehr auf, wenn man's am Schirm liest, fand ich also nicht so schlimm.

Insgesamt eine lustige, völlig unplausible Idee, die etwas noch mehr Nachdenken über die adäquate Umsetzung vertragen könnte.

Grüße
Naut

 

Hallo Charismo,

ich knöpf mir mal das Inhaltliche vor:

„Ich habe die Gene für das zentrale Nervensystem von der DNS der Menschen abgetrennt und isoliert und in einem Reagenzglas zum Wachsen gebracht. Ich füttere es mit einer speziellen Lösung aus Eiweißen, Kohlenhydrate und den nötigen Salzen, die ich mit der Maschine in seine Arterien pumpe.“
So, wie es da im Moment steht, ist es Unfug :D
Also die eine Sache ist die, dass sich die Gene für das ZNS nicht so einfach finden lassen. Es gibt nicht einen Abschnitt im Genom fürs Hirn und einen anderen fürs Herz und einen für den Darm. Es gibt Gene, die in vielen unterschiedlichen Geweben und Organen zum Einsatz kommen. Insbesondere so Haushaltsgene, die eine Zelle überhaupt am Laufen halten, da gibt es viele Sachen, die in Neuronen ähnlich funktionieren müssen wie in Muskeln oder so. Stimmt schon, ein paar sind sehr spezifisch. Aber um etwas so Komplexes wie das Gehirn bauen zu können - ich rate jetzt, dass man da nicht besonders viele Gene nicht braucht. Aber du merkst vielleicht, hier schwafele ich selber ein bisschen.
Aber bei einer anderen Sache bin ich mir ziemlich sicher: DNA pur wächst nich. Die braucht den Apparat der Zelle um sich rum, damit sie sich vervielfältigen kann. Und dieses Hirn in der Wanne ist ein Haufen Zellen, nicht ein Haufen DNA. Wie will der Professor also die isolierte DNA im Reagenzglas zum Wachsen gebracht haben?

Ich habe dieses Gehirn genetisch so angelegt, dass es nur die positiven Botenstoffe entwickeln kann. Das sind in erster Linie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und etwas GABA.
Hier befürchte ich, dass ein solches Gehirn nicht funktionieren kann (aber natürlich kann ich dir das Gegenteil nicht beweisen, von daher hast du Glück gehabt ;)). Die Einteilung in "positive" und "negative" Botenstoffe schmeckt mir auch nicht. Aber naja, ist ne Geschichte.

Erst wenn ich noch ein großes Herz hinzugezüchtet und mir etwas für die Nahrungsaufnahme überlegt habe
Ähm, woher soll denn das Blut kommen, dass das gezüchtete Herz durch das Kunsthirn pumpen soll? Weder im Hirn noch im Herz wird Blut gebildet.
Und wo kommt das Blut her, dass der Professor da im Moment benutzt?

Also, naja. Vielleicht fällt dir noch was ein, wie du die Logik-Lücken stopfen kannst.

Lieben Gruß,
Mg

 

Guten Tag, Charismo,

Der Pluspunkt an Deiner Geschichte: Ein verschrobener Professor, der in einem Keller ein Hirn züchtet, das aussieht wie


Hallo Makita,

danke für dein Urteil.

Hmm, vom typisch verschrobenen Professor wollte ich eigentlich ein bisschen weg, weil zu abgedroschen. Deswegen habe ich ihn zu zu allen anderen Verrücktheiten, die er hat, nicht auch noch zerstreut gemacht, sondern eher entgegen dem typischen Professor (schicke Kleidung etc). Dass er als verrückt beschrieben wird, konnte ich leider nicht verhindern, bei dem, was er getan hat. Schade, dass der Professor der einzige Pluspunkt ist, den du siehst.

Längen? Werde versuchen, den Anfang ein bisschen zu kürzen, möchte aber anmerken, dass ich auch bei Kurzgeschichten gerne etwas über die Protagonisten erfahre, über den Ort und über die Umstände. Habe versucht, am Anfang Spannung reinzubringen, so dass der Leser wissen möchte, was der Professor zeigen möchte und daher den Weg in den Keller recht gerne liest (so hatte ich es mir zumindest erhofft.)

Unter dem Aspekt einer Botschaft (pfui!) ist des Professors Motiv nur dämlich, denn Glück, das sich auf nichts bezieht, ist kein Glück, ist überhaupt gar nichts, und daß es dann auch noch andere unglücklich macht, ist an den Haaren herbeigezogen. Diese wissenschaftlich klingende Erläuterung

Hier stimme ich dir leider überhaupt nicht zu. Ist es nicht nur eine typische Eigenschaft menschlicher Wahrnehmung, dass wir Glück auf etwas beziehen müssen. Ich finde gerade den Gedanken, jemand ist einfach so, ohne Motiv, glücklich, spannend.

Den erhobenen Zeigefinger wollte ich nun wirklich nicht hineinnehmen. Wenn das so klingt, werde ich die Geschichte noch etwas umwandeln. Welche Botschaft hätte denn meine Geschichte? Eigentlich nur, dass sowieso egal ist, was wir tun, da es sich im Endeffekt wieder ausgleicht. Reicht das für eine Moral aus?

Beste Grüße

Charismo

 

Insgesamt eine lustige, völlig unplausible Idee, die etwas noch mehr Nachdenken über die adäquate Umsetzung vertragen könnte.

Grüße
Naut


Hallo Naut,

Würdest du die Geschichte besser finden, wenn sie komplett im Stanislaw-Lem-Stil geschrieben wäre? Das hatte ich mir nämlich anfangs überlegt und mir Ullurai als Professor Tarrantoga vorgestellt. Da müsste ich mir auch keine Gedanken über Kritiken zur Durchführbarkeit machen (um damit auch Möchtegerns Urteil zu kommentieren: mir ist klar, dass das Experiment so nicht funktionieren würde).

Schön auch, dass du die Längen nicht so schlimm fandest.

Grüße

Charismo

 

Ich finde die Geschichte stark und überzeugend; sie hat auch viel Lebensweisheit. Die sprachlichen Mängel habe ich erstmal überlesen; durch die wörtliche Rede ist sie lebendig.

Schön, freue mich auch einmal über positives Feedback. Auch wenn ich aus meiner letzten Geschichte gelernt habe und die Story über wörtlichr Rede lebendig gemacht habe, ist das schön.

Findest du insgesamt, dass die Geschichte sprachliche Mängel aufweist oder kannst du mir bestimmte Stellen nennen?

 

Hi Charismo,

auf mich wirken die Dialoge etwas gestelzt und allgemein könnte die Handlung etwas gstrafft werden.
ichweiß auch nicht, warum es "Die Serotonin-Gesellschaft" heisst, im ersten Moment hat es mich an "Die Coffin-Kur" von Nourse erinnert, was sich dann aber falsch herausstellte.
An einigen Stellen habe ich mich gewundert:

„Es ist etwas Lebendiges“, teilte mir der Professor auf dem Weg mit.
Was mich schockierte.
„Quälst du hier unten etwa Tiere?“

Das ist für meinen Geschmack zu weit hergeholt. Dazu müsste der Protagonist wissen und zumindest der Überzeugung sein, dass der Professor so ein Typ ist. Da das aber nicht angedeutet wird, wäre die Frage naheliegender, ob es Tierversuche wären oder an was er denn überhaupt gearbeitet hat.

„Es gibt nämlich Forschungen, für die mir die Uni kein Geld gibt. Und leider sind genau das die Forschungen, die mir am meisten am Herzen liegen. Und deswegen betreibe ich sie hier unten allein.“
Wer finanziert es dann?

„Es wächst. Und sonst macht es nichts weiter, sondern ist einfach glücklich.“
Soweit so gut. mich wunderte nur, dass der Prof. nicht selber um die möglichen negativen Ursachen gekommen ist. er muss sich doch mit dem Phänomen auseinandergesetzt haben, wie es der Protagonist später selber tut.

„Weil ich es so programmiert habe. Ich habe dieses Gehirn genetisch so angelegt, dass es nur die positiven Botenstoffe entwickeln kann. Das sind in erster Linie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und etwas GABA. Alle Stoffe, die Unglück bescheren, werden in diesem Gehirn nicht produziert.“
Das ist - mit Verlaub - etwas absurd. Es gibt keine Stoffe, die Unglück beschren. Es gibt auch keine, die Glück bescheren, lediglich ist bei Glücksgefühlen eine erhöhte Ausschüttung der von dir genannten Stoffe zu verzeichnen. Damit das aber passiert, muss es einen Reiz geben. Der ist in deinem Gehin-Modell aber nicht gegeben. Es _ist_ einfach und da es keinen input hat, gbt es auch keine Informationsverarbeitung, also auch kein Glücksgefühl.

„Und was wird aus der Menschheit? Willst du sie ausrotten?“, fragte ich.
„Hmm“, meinte Professor Ullurai. „Da überlege ich mir noch etwas.“
Ach du meine Güte, dachte ich.
bis hierhin hat sich der Prot. schon allerlei Gedanken dazu gemacht, was der Prof. für ein schräger Vogel ist. Allerdings zieht er keine Konsequenzen daraus, es wird nicht einmal später wieder thematisiert.

Als meine Frau mich beim Stöbern in ihnen erwischte, erklärte ich ihr, dass ich bloß dem Professor bei seinen Forschungen helfen wollte und sonst alles in Ordnung sei.
Ups, was führen die denn für eine Ehe, wenn man nicht mal mehr in seine Bücher schauen darf?

Materie – Antimaterie, war eines der Beispiele. Das eine kann nicht ohne das andere existieren. Solche Beispiele fand ich ein Dutzend Mal.
Das passt jetzt irgendwie gar nicht dazu, auch wenn mit zugegebenermassen im Moment nichts Besseres einfällt.

„Lass sie uns als Tiermehl verkaufen! Oder wir spülen sie einfach das Klo hinunter.“
Eigentlich wäre Verbrennen das Mittel der Wahl. Allein die Idee, es als Tiermehl (und damit als Nahrungsmittel!) verkaufen zu wollen, widerspricht dem bisherigen Plot, dass alles streng geheim im Keller der Uni ablief.

Also: eigentlich ganz spassig, aber etwas lang und holperig.

Grüße,
Tyll

 

Hi Charismo,
Das ist - mit Verlaub - etwas absurd. Es gibt keine Stoffe, die Unglück beschren. Es gibt auch keine, die Glück bescheren, lediglich ist bei Glücksgefühlen eine erhöhte Ausschüttung der von dir genannten Stoffe zu verzeichnen. Damit das aber passiert, muss es einen Reiz geben. Der ist in deinem Gehin-Modell aber nicht gegeben. Es _ist_ einfach und da es keinen input hat, gbt es auch keine Informationsverarbeitung, also auch kein Glücksgefühl.

Andersrum wird ein Schuh draus. Nicht weil wir ein Glücksgefühl empfinden, schütten wir diese Stoffe aus, sondern weil wir diese Stoffe ausschütten, empfinden wir ein Glücksgefühl. Ein äußerer Reiz ist dafür nicht notwendig. Schließlich braucht den der Junkie bei einem Heroin-Kick auch nicht.

Ansonsten danke deiner Anmerkungen. Sie sind sehr hilfreich.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Charismo,

ich nehme an, du bist durch meinen Kommentar etwas angepisst, und vermutlich zu Recht, klugscheißen kann ich nun mal gut (oder besser gesagt, ich tue es gern). Tut mir Leid, ich wollte hier nicht nur einfach rumpupen.
Bei meiner einen Meckerstelle, die "positiven" Botenstoffe - ja, diese Konstruktion ist glaube ich aus derselben Liga wie meine sprechende Maus. Aber da habe ich ja auch gesagt, dass ich dir nicht beweisen kann, dass das nicht geht, und das es deswegen in einer Geschichte okay ist.
Zu meinen anderen beiden Punkten stehe ich aber. Ich stoße mich an der Formulierung "ich habe Gene isoliert und in einem Reagenzglas zum Wachsen gebracht". Aber es ist halt ne Formulierungssache. Wenn du ohne jeden weiteren Erklärungsversuch den Professor hättest sagen lassen: Ich habe hier ein riesiges menschliches Gehirn gezüchtet. - Dann hätte ich meine Klappe ja gehalten.
Und bei der Sache mit dem Blut hat sich mir wirklich die Frage aufgedrängt, wo denn das Blut herkommt. Das erklärst du ja nirgends im Text. Also finde ich, da gehört irgendwo noch ein bisschen Knochenmark hin (isolierte blutbildende Stammzellen, was weiß ich), oder der Professor erklärt, er hätte nebenbei noch künstliches Blut erfunden, ODER, und das wäre am "elegantesten", das Hirn schwimmt nur in einer vom Professor erfunden Nährlösung.
Was ich sagen will: Phantasieerklärungen oder gar keine Erklärungen finde ich in Geschichten besser als nicht-so-astreine "wissenschaftliche", es sei denn, man kann den "wissenschaftlichen" Erklärungen wirklich nicht nachweisen, dass sie Unsinn sind. Deiner "positiven-Botenstoff-Idee" kann ich nicht nachweisen, dass sie nich hinhaut. Deiner Materie-Antimaterie=Glück-Unglück Idee kann ich auch nicht nachweisen, dass das nicht hinhaut. Kann man also meiner Meinung nach beides machen.
Aber ich kann ein bisschen DNA in ein Reagenzglas mit Proteinen und Salzen und so schmeißen, und dann wird die DNA nicht wachsen.
Und wo das Blut herkommt, hab ich mich nunmal gewundert, und eine Erklärung steht nicht im Text.

Und diese Assoziationen hier:

Pudding, Ejakulat, Weizengries,
find ich übrigens super, nur hat Makita die Stelle ja leider schon vor mir gelobt gehabt.

 

Hallo Möchtegern,

so schlimm habe ich es nicht empfunden. Danke für deine Tipps, sind ja einige brauchbare dabei, interessanterweise einige, die ich vorher drinhatte und wieder rausgenommen habe.

 
Zuletzt bearbeitet:

unterschwellig dazu angespornt

hier hänge ich fest; für mich paßt unterschwellig und anspornen nicht zusammen

er schien aufgeregt in seinem Anruf,

richtig, aber fremd, geht es anders? Z.B. "Er hatte mich angerufen und aufgeregt gewirkt..."

Das Gespräch, das ich mit ihm geführt hatte, war zwar kein langes, aber dennoch ein typisches gewesen. Immer, wenn ich mit ihm telefonierte, wurde mir nämlich unsere eigene Begrenztheit bewusst.

Geht auch: Wie immer, wenn wir miteinander telefonierten, wurde mir auch diesmal...

Ich wusste dennoch nicht, ob ich erleichtert sein sollte, als ich in den Anruf erhielt. Ullurai teilte mir nämlich mit,

Versuche es mal ohne "nämlich".


Ich konzentrierte mich wieder auf die Fahrt. Das Schlossgebäude der Universität ragte aus den dunkel erscheinenden Bäumen des Parks hervor und glitzerte im Abendrot. Es war ein angenehmer Juni-Abend. Ein lauer Wind streifte meinen Kopf. Ich erkannte das Fenster, hinter dem der Professor arbeitete. Es war eines der wenigen, aus dem noch Licht brannte.

Eine schöne Szene, aber um sie vor meinen Augen erscheinen zu lassen, fehlt mir noch etwas.

Nichts wirklich wichtiges...ich kann es selbst nicht besser.

Sage mir mal, ob es gleichbleibendes, konstantes Glück ohne den gegenwärtigen Kontrast zum Unglück wirklich geben kann und wie man das empfinden würde - das finde ich wesentlicher.

Gruß Setnemides

 

unterschwellig dazu angespornt

Sage mir mal, ob es gleichbleibendes, konstantes Glück ohne den gegenwärtigen Kontrast zum Unglück wirklich geben kann und wie man das empfinden würde - das finde ich wesentlicher.

Gruß Setnemides


Hallo Setnemides,

An der Weisheit, dass man erst richtig glücklich sein kann, wenn man das Unglück erfahren hat, ist schon etwas Wahres dran.

Ich denke aber schon, dass es über einen gewissen Zeitraum möglich ist, dauerhaft Glück zu empfinden: wenn man verliebt ist, zusätzlich einen Job, der einem Spaß macht. Und es gibt auch sicher Menschen, die glücklicher sind als andere.

Wie es mit dem Glücks-Unglücksverhältnis universal gesehen ist - dazu soll meine Geschichte einen kleinen Denkanstoß geben. Aber man sollte sie auch nicht überinterpretieren.

Beste Grüße

Charismo

 

Hallo Charismo,

Lem? Zuerst wollte ich schreiben, dass Du mich wohl missverstanden hast, weil es mir nicht so sehr um den Stil, als vielmehr um das ganze Drumherum ging. Also Details, wie z.B. was so ein Gehirn eigentlich so denkt, warum man überhaupt so etwas erschaffen sollte usw.
Allerdings hat Dein Professor tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Professor Tarantoga, und stelle ich mir das so vor, dann rückt die Motivation auch in den Bereich des Plausiblen, eben weil ich Tarantogas Charakterisierung dabei im Hinterkopf habe.

Nichtsdestotrotz enthebt Dich das nicht ganz aus der Verantwortung, sonst wäre es ja Lem-Fanfiction.

Beste Grüße
Naut

 
Zuletzt bearbeitet:

hallo Charismo,

danke, ich wollte natürlich nicht die ganze Weisheit der Menschheit aus Deiner Geschichte herausholen. Die Idee liefert wirklich einen kräftigen Denkanstoß. Das Gehirn, das am Tropf hängt, gibt es auch in der Perelandra-Trilogie von C.S. Lewis (der mit den Narnia-Geschichten). Nur dass dieses Gehirn Macht ausübt - ein viel langweiligeres Thema.

Gruß Setnemides

 

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