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Die Schwestern folgen dem rosa Licht

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19.05.2015
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Die Schwestern folgen dem rosa Licht

-1-
Marie liegt eingerollt unter der Decke und hält die Augen fest geschlossen, saugt die schwebenden Minuten auf, bevor der Tag beginnt, spürt, was sich ihr entgegenstreckt und weiß jedes Mal, ob es ein flirrend heller Sommertag wird oder Wolken den Himmel verdüstern. Sie täuscht sich auch heute nicht, als sie die Lider hebt. Der Tag ist rosa, der Himmel wird leuchten und das Glück zurückkehren.

Sie gräbt sich aus dem Bett und entdeckt die rosa Schleier, die ihr Zimmer überziehen. Auch Mike, der Kuschelbär mit dem Riesenbauch, und ihre Lieblingspuppe Barbara sind bestäubt. Marie reibt sich die Augen und stellt sich ans Fenster. Die Farbe tränkt den Himmel, den Horizont, die Bäume und die Menschen auf der Straße, selbst die Stimmen der Vögel nehmen sie an. Sie betrachtet sich im Spiegel, gleitet über die Haarlocken, die Wasseraugen und bemerkt den Schleierblick, der von den Tagen der Trauer zurückgeblieben ist. Das Schlaf-Shirt schlackert über ihre Haut. Die Härchen stellen sich auf, als sie sich am Hals berührt. In zwei Wochen wird sie elf Jahre alt sein, und bis dahin soll die Düsterkeit abgeschüttelt werden.
Der Traum, der sie weit weg, zu Blumenlandschaften und sattem Grün, zu lachenden Gesichtern und weichen Umarmungen geführt hat, flog über sie hinweg, erfüllte sie und schenkte ihr die Kraft, die sie lange vermisst hatte. Schließlich hatte sie das Pantherbaby wiedergesehen, das irgendwo festsitzt, sich ängstigt und um Hilfe schreit, das nasse Fell und die strahlenden Augen, die sie anflehten, waren deutlich zu erkennen. Marie eilt aufgeregt zu ihrer Schwester, um ihr davon zu berichten. Anna liegt auf dem Bauch und hat den Kopf in das Kissen gedrückt, als wolle sie sich eingraben. Eine einzelne Haarsträhne fließt wie eine Schlange über die linke Wange. Sie beobachtet Anna eine Weile, streicht über ihr Gesicht, lächelt über die spitze Nase, spürt die weiche Haut der kleinen Schwester. Ein warmes Gefühl durchströmt ihren Bauch, als sie den Atemzügen lauscht, den Jasminduft einatmet. Sie reißt sich aus dem Anblick und rüttelt an den Schultern Annas.

„Steh auf, Anna?“
„Warum?“
„Komm schon, mach die Augen auf, Anna!“
„Wieso?“
„Schau mal, alles rosa!“
„Echt?“

Anna klappt die Lider hoch, schaut sich um, braune Glanzaugen springen Marie entgegen. Sie hüpft aus dem Bett, das Babyspeckbäuchlein zittert, als sie zum Fenster geht, es öffnet und sich so weit nach vorne beugt, dass sie die Wiese hinter dem Haus im Blick hat.

„Wie schön!“
„Weißt du, von wem ich geträumt habe? Vom Pantherbaby!“, sagt Marie.
„Hast du noch was gesehen?“
„Nein.“
„Gar nichts?“
„Bäume habe ich gesehen.“
„Bäume?“
„Ja.“
„Dann weiß ich, wo es ist.“
„So? Woher?“
„Ich habe von einem Wald geträumt.“
„Und das Pantherbaby?“
„Ist im Wald.“
„Ja, vielleicht.“
„Gut, gehen wir los!“, sagt Anna.
Marie bewundert die Entschlossenheit, die mitschwingt. Anna handelt, egal was passiert, pflanzt Blumen auf Leons Grab, damit er nicht alleine sei, verliert ihr Lächeln nie. An diesem rosa Tag fasst sie Mut, lässt sich von der Schwester mitreißen, von der Sonne bestrahlen und wärmen, als könne sie auf einem flauschigen Teppich am Himmel schweben.
Sie bereiten sich vor, löffeln Cornflakes, packen ihre Rucksäcke, nehmen eins der Seile mit, das ihr Vater für seine Kletterausflüge genutzt hat und die kuschlige Lillifee-Decke, falls das Pantherbaby friert.
Danach klopfen sie an der Tür zum Schlafzimmer. Das Zimmer ist abgedunkelt, ein Streifen Helligkeit, dringt als Zackenmuster durch die Läden. Die Fenster sind geschlossen. Abgestandene Luft, Nachtschweißgeruch und Blumenparfum wehen den Kindern entgegen. Neben dem Bett stehen leere Wasser- und Weinflaschen. Ihre Mutter lehnt zurückgesunken gegen das Kissen und öffnet die schlaftrunkenen Augen. Sie küssen der Mutter die Wangen, erklären ihr, dass sie rausgehen wollten, weil so schönes Wetter, der Tag so rosa sei. Sie schaut die Kinder mit Pfirsichaugen an und umarmt sie schläfrig. Sie sollen am frühen Nachmittag wieder da sein. Gloria schließt die Augen erneut.

-2-
Marie vertraut dem Tag, eingehüllt in das rosa Licht. Mit luftigen Herzen ziehen Anna und Marie dem Blumensommerduft entgegen. Um zum Rand der Stadt zu gelangen und den Wald zu erreichen, durchqueren sie einige Blocks, hüpfen über den Hundekot und weichen den Jungs und Mädchen aus, die auf der Straße lungern. Irgendwann verschwinden die letzten Häuser und sie nähern sich dem Wald, der hinter den Ährenfeldern beginnt. Der Himmel färbt sich über den Bäumen intensiver. Tief drin bemerken sie einen Lichtschein, als hätte jemand am hellen Tag Neonlicht angeschaltet. Auf einem Feldweg gelangen sie zum Saum des Waldes, beschließen zu rasten, bevor sie den Wald betreten, und setzen sich am Wegesrand auf einen Findling. Das Getreidefeld bewegt sich wie ein Federmeer. Marie lauscht, saugt das Pfeifen in sich auf, bis sie eine Bewegung hinter sich bemerkt. Die Mädchen drehen sich um und blicken in schwarze, von Fell umrahmte Augen. Der Bär ist nicht besonders groß und sieht freundlich aus.

„Wer bist du?“, fragt Anna.
„Ich bin Adam und habe euch erwartet, ihr braucht nicht erschrecken “, sagt der Bär und umglänzt sein Gesicht mit einem Lächeln.
„Aha?“, fragt Marie, steht auf und stellt sich vor die Schwester.
„Na ja, ich habe gehört, dass ihr ein Pantherbaby sucht.“
„Ja, genau!“, sagen die Mädchen gleichzeitig. Marie atmet durch und glaubt ihm, weil er das mit dem Pantherbaby weiß.
„Ich bringe euch hin. Jedenfalls bis ganz in die Nähe.“
„Super! Warum nur bis in die Nähe?“
„Mm, ich vertrage nicht allzu viel Licht, deswegen.“
„Wann gehen wir los?“, fragt Marie.
„Und bitte nicht so schnell, Adam!“, sagt Anna.
Adam riecht nach Harz, Honig und Wald, bewegt sich weich und vorsichtig. Die Mädchen stellen keine Fragen mehr, damit er es sich nicht anders überlegt, freuen sich über den Gefährten und folgen dem Bären. Er schiebt Äste und Unterholz beiseite, damit die Mädchen bequemer vorwärts kommen. Die Luft fühlt sich frischer und kühler an, je tiefer sie in den Wald eindringen. Die Zweige und Äste der Baumstämme, die wie Stifte aufgereiht stehen, krachen und quietschen. Adam dreht sich ab und zu nach ihnen um, grunzt und steckt die Nase in die Höhe. Anne und Marie kommt das Licht, dem sie sich nähern, wie ein Nebelschleier vor, ein Vorhang, der sie umgibt. Der Wald, das Moos und die Teppicherde, über die sie hinwegschweben, verschwimmen zu einem Zauberreich. Jeder knackende Ast, jeder Windstoß, scheint ihnen eine wundersame Begegnung anzukündigen.
Als sie einen Hügel abwärts laufen, schwärzt sich die Erde. An manchen Stellen sinken sie im Morast ein, an anderen stolpern sie über Wurzeln, die wie Fallen aus dem Boden ragen. Selbst Adam muss sein Tempo verringern. Sie verlieren die Zeit, während der Wald sich lichtet. Gleichzeitig vernebelt das Licht die Blicke der Mädchen, lässt sie die Welt durch milchiges Glas bestaunen. Als sie zwischen den Bäumen hindurchlugen, entdecken sie das Ziel ihrer Wanderung und Adam bleibt stehen.

„Weiter kann ich nicht mit euch gehen. Geht zu dem Baum dort auf der Lichtung. Aber ihr müsst schon vorsichtig sein, dürft nicht jedem glauben, dem ihr begegnet. Ich bleibe in der Nähe und wenn ihr Hilfe braucht, kommt in den Wald.“

-3-
Ehe sie antworten können, verschwindet der Bär. Sie betreten die Lichtung und bestaunen die mächtige Esche, die mittendrin höher empor wächst als alle anderen Bäume, die sie je gesehen haben, so hoch, als berühre er den Himmel selbst. Rings um ihn breiten sich Wurzeln nach allen Seiten aus. Marie berührt die Rinde des Stamms, die sich anfühlt, als ob warmes Blut darunter fließe, fragt sich, ob sie zusammen mit ihrer Schwester unter einem einzelnen der riesigen Blätter Platz fände. Sie lässt den Blick schweifen, sucht vergeblich nach Spuren des Pantherbabys, kommt sich winzig vor, zu klein und schwach, um den Baum zu erklettern. Marie erinnert sich an das rosa Licht, das sie umgibt, an ihre Träume, die sie nicht enttäuschen werden, schnauft durch. Ihre Ohren füllen sich mit Vogelgesang, summenden Insekten und Tierlauten, die sie nicht zuordnen können. Eine kaum wahrnehmbare Melodie, dringt aus dem Hintergrund zu ihnen und berührt Stellen in ihrem Bauch berührt, die sie nicht kennen. Als ob das nicht genug wäre, vibriert der Baumstamm, die Äste schwanken. Dann hören sie es, ein Säuseln, ein Zischen, anfangs leise, später ansteigend. Sie lauschen, gewöhnen sich an den Klang, Laute fügen sich zu Worten. Die Stimme spricht mit ihnen.

„Ist lange her, dass Kinder bei mir waren, sehr lange.“
Marie zuckt zusammen. Alles erscheint heute möglich, ein gewaltiger, sprechender Baum, ein Bär, der sie durch den Wald zu einem geheimen Ort führt und was auch immer ihnen noch begegnen wird. Die Grenzen zerfließen. Sie nimmt ihre Schwester an der Hand.
„Wir sind Anna und Marie und suchen das Pantherbaby. Adam, der Bär, hat uns den Weg gezeigt“, sagt Marie, weil ihr nichts Besseres einfällt.
Die Stimme schwillt an, bläst durch die Kinder hindurch und wärmt sie. „So, so, Adam hat euch zu mir gebracht, an den Rand der Welt, in den verborgenen Wald.“
„An den Rand der Welt? Das kann nicht sein, so weit war’s nicht“, sagt Anna verwundert.
„Glaubt ihr!“ Ein dröhnendes Schütteln, gellendes Lachen erklingt. „Wenn man mit Adam unterwegs ist, geht’s schneller, als ihr glaubt. Ihr seid Kinder und deshalb wisst ihr, dass alles möglich ist. Manchmal ist ein Traum die Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Traum. Mit Weg und Zeit ist es genauso. Ihr müsst nur in eure Herzen schauen. Dort findet ihr alles.“
„Aber, Herr Baum, weißt du, wo das Pantherbaby ist?“, fragt Anna lauthals.
„Herr Baum nennt sie mich!“, tönt es mit einem lächelnden Zittern. „Ja, ich bin ein Baum. Ich bin Yggdrasil, meine Wurzeln umfassen alles, was lebt.“
„Na schön, Herr Yggdrasil, ich weiß zwar nicht, was du genau meinst, aber wenn du schon so groß bist und so viele Wurzeln hast, weißt du bestimmt, wo das Pantherbaby steckt. Wir müssen es finden!“, sagt Marie.
Bevor der Baum weiterreden kann, rennt ein Eichhörnchen an einem der Äste herab und hält auf sie zu. Die glanzbraunen Haare flattern wie der Schweif eines Pferdes, die Beine sehen aus wie muskelbepackte Männeroberarme und der Körper ist viel größer als der eines gewöhnlichen Eichhörnchens.
„Wir verstecken keine Babys!“
Das Eichhörnchen zuckt, als müsse es die Worte betonen, hüpft auf einen anderen Ast, läuft an ihm entlang und nähert sich den Mädchen.
„Aber irgendwo hier muss es sein.“
„Irgendwo hier?“, äfft das Eichhörnchen Marie nach. „Woher wollt ihr das wissen?“, und es springt wieder auf einen anderen Ast.
„Wir haben davon geträumt. Wer bist du eigentlich?“, fragt Anna.
Im Hintergrund rauscht der Baum leise, fast unhörbar, wie ein Geräusch, das man nur mit geschlossenen Augen wahrnimmt.
„Wer ich bin, fragt sie mich. Was tut das zur Sache? Entscheidend ist, dass ich weiß, wer ihr seid!“
„So? Du lenkst ab. Wo ist das Baby?“, sagt Anna und streckt ihre Arme aus, als wolle sie das Eichhörnchen ergreifen.
„Kann ich beim besten Willen nicht sagen!“ Die Pinselhaare des Eichhörnchens recken sich ihnen entgegen. Auf den Ästen eilen Ameisen hin und her. Der Geruch von feuchtem Holz und Moder strömt den Mädchen entgegen. „Außerdem weiß ich einiges über euch. Eure Mutter heißt Gloria, stimmt’s, Papa ist abgehauen und euer kleiner Bruder, na ja der Leon…“
„Was geht dich das an?“, unterbricht Anna das Eichhörnchen, will es packen, erwischt es aber nicht. Maries Herz hüpft. Sie erstarrt und will die Erinnerungen im hinteren Winkel ihres Kopfes verstecken, dort, wo Angst und Schmerz nicht hinkommen.
„Vielleicht geht’s mich was an, vielleicht nicht. Schließlich seid ihr zur geheimen Lichtung, zu Yggdrasil gekommen.“
„Na und?“, fragt Marie vorsichtig.
„Vorausgesetzt, ich wüsste, wie ihr das Baby bekommt. Warum sollte ich euch helfen?“
„Du verstehst überhaupt nichts!“, ruft Anna empört, beugt sich über das Eichhörnchen und faucht es an.
„Doch, verstanden habe ich euch.“
„Wir werden das Pantherbaby finden, ob du uns hilfst oder nicht!“, meldet sich Marie zu Wort.
„Egal, was soll’s. Schließlich seid ihr da, lässt sich nicht ändern. Ich habe da eine Idee, wisst ihr was…?“ Er verstummt und wird von Yggdrasil unterbrochen.
„Sie müssen zu Nidhögr “, hören sie es rauschen.
„Nidhögr? Wer ist das?“, fragt Anna.
„Na ja, Nidhögr ist ein alter Drache. Er wohnt unter der Erde“, sagt das Eichhörnchen.
„Aha, ein Drache. Ist der echt? Spuckt er auch Feuer?“, fragt Anna aufgeregt.
„Mm, weiß ich nicht, hat er nie gemacht, seit ich ihn kenne. Wenn er je Feuer spucken konnte, hat er es bestimmt vergessen. Er ist eher ein Nagedrache mit scharfen Zähnen“, antwortet das Eichhörnchen.
„Weiß er was über das Pantherbaby?“, fragt Marie.
„Kann gut sein. Nidhögr ist viel allein und hat spezielle Fähigkeiten.“
„Okay, wo finden wir ihn?“, fragt Marie.
„Ich bring euch hin. Übrigens heiße ich Ratatöskr.“
„Und du passt auf die Mädchen auf, hast du gehört?“, sagt der Baum und brummt wie ein winziges Erdbeben.
„Ja, ja!“

-4-
Ratatöskr klettert auf Maries Schulter und krallt sich am Träger ihres Kleidchens fest. Das Mädchen spürt die Wärme seines Körpers. Die zarten Fellfäden auf ihrer Haut kitzeln sie. Das Eichhörnchen führt sie am Stamm Yggdrasils entlang, bis sie zu einer besonders dicken Wurzel kommen, die kreisförmig um eine Öffnung verläuft, die wie der Bau eines Tieres wirkt und von Gras und Moos bewachsen ist. Feuchtigkeit schlägt ihnen entgegen, als sie hineingehen und sich auf einem steinigen Pfad abwärts bewegen. Nach den ersten Biegungen holen Marie und Anna die Taschenlampen aus dem Rucksack. Aus der Ferne leuchtet der rosadurchwirkte Tag und die Stimme Yggdrasils summt. Sie erwarten, dass es kälter und der Weg enger wird, aber die Wärme nimmt zu, während sie breite Alleen mit Tropfsteinen durchqueren. Wenn sie den Kegel der Taschenlampen über die Wände lichtern lassen, erkennen sie zwischen dem feuchten Fels Wurzeln, die ihn durchbrechen. Steine liegen auf dem Boden und sie müssen aufpassen, nicht zu stolpern. Marie spürt den muffigen Staub in ihrem Hals, Müdigkeit in ihren Beinen, sehnt sich nach frischer Luft und dem Sonnenhimmel. Längst hat sie ihre Schwester an der Hand genommen. Anna lächelt, schweigt und tapst vorwärts, als planschten sie durch Wasser. Marie denkt an das Fell des Pantherbabys, die Schweißperlen, die Tränen, von denen es befeuchtet wurde, die Umarmungen und das stille Glück, das sich mit ihm verbunden hat.

Als sie eine Halle betreten, von deren Wand Wasserrinnsale herabtropfen, bleibt Marie stehen, weil sie eine Pause braucht. Auf einem steinernen Absatz, der flach wie ein Bänkchen geformt ist, ruhen sie sich aus. Ratatöskr flitzt durch die Höhle, als suche er etwas und verschwindet, ohne dass die Mädchen es bemerken. Als Marie ihn ruft, prallt sein Name am Fels ab wie ein höhnisches Echo. Ratatöskr kommt nicht zurück. Wut durchschießt Marie. Sie ärgert sich über sich selbst, über die Situation, über den Baum, und über die Verlogenheit des Eichhörnchens. Anna starrt still in die Höhle. Marie löst sich von ihr und durchsucht Ecken und Nischen. Irgendwann bemerkt sie, dass es zwecklos ist, kehrt zu ihrer Schwester zurück, nimmt den Rucksack von den Schultern und setzt sich. Anna rührt sich nicht von der Stelle und lässt sich erst nieder, als ihre Schwester sie am Saum des Kleides zu sich zieht, fängt dann aber sofort zu schluchzen an. Marie reicht ihr die Hälfte des Schokoriegels und wischt Annas Tränen ab, berührt ihre glatte Haut und muss an Leon denken, dessen Porzellanwangen sie so gern berührt hatte, an den Strahlensonnenschein, der von ihm ausgegangen ist. Wie kalt er sich anfühlte, als sie ihn im Bett gefunden hat, den Panther im Arm. An die bleichen Gesichter der Eltern, als sie nach ihnen rief. An das Dröhnen des Krankenwagens. Das Herz habe versagt, plötzlicher Kindstod, hörte sie später Papa zu Mama sagen. Danach begann der Schrecken, die Kälte. Nichts blieb übrig. Papa verschwand, weil Mama zu viel heulte. Sie räumten Leons Zimmer auf, brachten seine Sachen weg und sprachen nicht mehr von ihm, als könnten sie es dadurch besser ertragen.

„Was machen wir jetzt?“, wimmert Anna.
Marie sagt nichts, sucht nach Fassung, den richtigen Worten, Anna zu trösten, und nach einem Plan.
„Wir stecken fest, was?“, versucht Marie die Situation zu entschärfen.
„Mm.“
„Gibt zwei Möglichkeiten. Entweder weiter oder zurück.“
„Weiter! Denk an das Pantherbaby!“, sagt Anna mit aller Bestimmtheit und wischt sich die Tränen ab. „Kann nicht mehr weit sein.“
„Warum ist das verflixte Eichhörnchen abgehauen?“
„Keine Ahnung.“
„Wir finden das Pantherbaby!“
„Ja!“
„Mama wird glücklich sein.“
„Okay, gehen wir.“
Sie stehen auf, gehen los und lassen sich vom Lichtschein der Taschenlampen führen, immer geradeaus, ohne dass sie auf Abzweigungen stoßen. Die Helligkeit nimmt wieder zu, mit rosa durchsetzt. Dort, wo das Licht herkommt, erkennen sie den Umriss einer Gestalt, die viel größer als ein Eichhörnchen aussieht. Eine spitze Schnauze schält sich heraus, als sie ihm entgegengehen, der Kopf wird sichtbar. Anna zieht ihre Schwester hinter sich her und lächelt starr und unverdrossen. Der Wolf schaut sie mit Smaragdaugen an. Die Mädchen sehen, dass er an einer Öffnung wacht, aus der Licht dringt. Marie fasst die Hand ihrer Schwester fester und geht weiter, obwohl sie die glühenden Augen, die abstehenden Haare auf der Schnauze und die gelblich glänzenden Reißzähne fürchtet.

„Kannst du uns bitte durchlassen!“, sagt Marie.
Der Wolf richtet sich auf, spielt mit den Muskeln und zeigt die Zähne.
„Nein, warum sollte ich?“
„Weil wir das Pantherbaby suchen.“
„Na und? Selbst wenn ich euch reinlasse, Nidhögr wird euch auslachen und auffressen.“
„Lass uns bitte durch!“, sagt Anna leise und beginnt zu schreien, wird immer lauter, als drehe sie langsam an einem Regler. Ihr Ruf wirbelt über den Fels, dringt in die Ritzen, berührt die Wurzeln, die das Gestein dicht durchziehen. Der Wolf verharrt anfangs reglos, als bemerke er nichts, kauert sich dann auf den Boden, zieht die Beine an sich, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Lauter und lauter schickt Anna den Schrei durch die Höhle. Marie hält sich die Ohren zu. Die Wurzeln rutschen aus den Vertiefungen, bis sich ein tiefes Sirenen-Brummen daruntermischt. Als Anna verstummt, tritt Stille ein. Einige Wurzeln hängen herab und zucken wie Blitze. Woher er kommt, bemerken sie nicht, aber plötzlich steht Adam inmitten der Höhle, zwischen den Kindern und dem Eingang, den der Wolf bewacht. Der Bär richtet sich auf, reicht mit dem mächtigen Kopf fast bis zur Decke und ist viel größer, als Marie ihn in Erinnerung hat. Adam streckt dem Wolf die mächtigen Arme entgegen.
„Yggdrasil schickt mich. Mach den Weg frei!“
Der Wolf bleibt liegen, stellt sich taub und weicht dem Blick Adams aus. Eine der Wurzeln, die sich aus dem Fels gelöst haben, peitscht ihm über den Rücken. Er jault, steht auf, bewegt sich mit eingezogenem Schwanz am Bären und den Mädchen vorbei ins Dunkle und flüstert im Vorbeigehen unverständliche Flüche.

-5-
Der Eingang ist frei, aber bei Weitem nicht so breit, dass Adam sich hindurchzwängen könnte. „Geht ruhig ohne mich!“, sagt Adam zu den Mädchen. Anna winkt dem Bären noch zu und Marie nimmt wieder die Hand ihrer Schwester. Die Höhle, die sie betreten, ist viel größer als die, durch die sie bisher gekommen sind. Die Helligkeit blendet sie anfangs, aber als sie sich daran gewöhnen, erkennen sie den Drachen, der in der hinteren Ecke sitzt und sich an den Wänden zu schaffen macht, Wurzeln in sein Maul zieht, wie man Spaghettifäden saugt, und sie verschlingt. Seine Haut ist schuppig, gefleckt, an manchen Stellen babyglatt, die Beine dick und unförmig, der Schwanz zuckt durch die Höhle. Auf dem Kopf trägt er eine bläuliche Panzerkrone mit schwertartigen Zacken. Die Zähne sicheln über die Wurzeln und durchtrennen sie stückchenweise. Der Drache ist völlig in seine Arbeit vertieft. Anna reißt sich von Marie los und läuft auf ihn zu, obwohl Marie sie zurückhalten will. Vor dem riesigen Körper sieht sie winzig und verletzlich aus. Sie berührt die Schuppenhaut, streicht über sie, drückt ihr Kinderbacken daran. Der Drache bemerkt das Kind, wendet ihm den Panzerkopf mit einem verschleierten Blick zu, als wache er gerade aus fernen Gedanken auf, schüttelt sich vorsichtig und unterbricht die Mahlzeit.

„Hm! Wer ist da?“
„Wir suchen das Pantherbaby“, sagt Anna.
„Helle Stimme. Laut, sehr laut. Hand auf mir. Warum?“
„Erst musste ich den Wolf anschreien. Dann hat Adam ihn vertrieben. Dann bin ich zu dir hin, weil ich wissen wollte, wie sich ein Drache anfühlt.“
„Wolf bewacht mich. Du bist warm, ist schön.“
„Wir suchen das Pantherbaby.“
„Weiß ich.“
„Wo ist es?“
„Nicht hier!“
„Muss aber hier sein. Yggdrasil hat uns hergeschickt.“
„Na und? Was weiß der schon über Nidhögr.“
„Er sagt, wir sollen zu dir gehen.“
„Mag dich. Du bist warm. Yggdrasil ist kalt, alt.“
„Hilfst du uns?“
„Ich bin allein. Tausend Jahre. Mehr vielleicht. Erinnerung ist schlecht. Bewacht vom Wolf. Gefangen. Keiner schaut mich an, keiner kommt mich besuchen.“
„Hilfst du uns?“
„Verfluchtes Eichhörnchen kommt vorbei. Redet, redet. Wirr im Kopf.“
„Hilfst du uns?“
„Fresse Wurzeln, knabbere an Yggdrasil. Sonst nichts.“
„Das Pantherbaby, weißt du, wo es ist?“
„Baby, Baby. Das ist kein richtiges Baby.“
„Es hat Leon gehört, unserem Bruder.“
„Baby, Panther, Leon. Ah!“
„Du weißt, wo es ist, oder?“
„Nein. Es ist weg, Leon ist weg. Kommt ihr mich wieder besuchen?“
„Wenn du uns hilfst, besuchen wir dich.“
„Mein Herz wärmen, macht ihr das? Ich kenne Zauber, geheime Zauber.“
„Bitte, lieber Nidhögr!“
„Mit Zauber wird es gehen. Aber nicht Leon, Leben machen geht nicht. Pantherbaby, wie sieht es aus?“
„Weich, schwarz, dunkle Augen.“
„Reicht nicht. Muss finden, muss es riechen, schmecken.“

Marie greift in den Rucksack und holt den Stoffbeutel heraus, in dem sie ihre Schätze aufbewahrt. Die Glitzerperle, die sie auf der Straße gefunden hat, den Dollarschein, den Papa ihr von einer Reise mitgebracht hat. Und das Namensbändchen Leons aus dem Krankenhaus, das er trug, als er unter einer Glocke lag und so süß grinste. Sie hält es dem Drachen hin. Nidhögr schnüffelt daran, wieder und wieder. Fauliger Drachenatem bläst Anna entgegen, an den Reißzähnen kleben braungrüne Spuren seiner Gefräßigkeit. Nidhögr kaut an dem Bändchen, murmelt, spuckt Feuer, zieht eine besonders dicke Wurzel aus der Wand, beißt sie ab, bläst sie an, bedeckt sie mit einem Feuerstoß. Rauch umnebelt ihn. Die Schwaden verziehen sich und dort, wo sich zuvor die Wurzel befand, erkennt Marie jetzt das Pantherbaby ihres Bruders, das Kuscheltier, nach dem sie gesucht haben. Anna rennt hin, hebt es auf, streichelt, küsst, drückt es an sich und bringt das Pantherbaby zu ihrer Schwester.
Weil Nidhögr die Liebe spürt, die durch die Höhle weht, fallen ein paar Tränentropfen aus seinen Augenwinkeln auf die Mädchen, während Hitze durch seinen kühlen Körper treibt. Er lässt eine Feuersalve auf das Gestein der Höhlendecke jagen und fühlt sich leicht, erinnert sich, dass manche Drachen fliegen können.

„Ich weiß, das ist nicht euer Bruder selbst. Der ist eine Wurzel. Irgendwo da draußen.“
„Dafür haben wir das Pantherbaby zurück und können es Mama bringen.“
„Wann kommt ihr wieder?“
„Wenn der Tag wieder rosa ist!“
„Ja?“
„Ja!“
Der Blick des Drachen folgt ihnen, bis sie den Ausgang erreicht haben. Dann wendet er sich ab, öffnet das Maul, beißt zu und zieht eine Wurzel zu sich.

-6-
Draußen bietet sich den Kindern ein merkwürdiges Bild. Adam, der Wolf und Ratatöskr sitzen beisammen und gestikulieren. Marie hört sie murmeln, ohne etwas zu verstehen. Ratatöskr entdeckt die Mädchen, schreckt auf und jagt davon. Der Wolf dreht sich zur Drachenhöhle und verschwindet in ihr.
„Schätze, ihr habt bekommen, was ihr gesucht habt“, sagt Adam mit glanzrosadurchzogenem Blick. „Soll ich euch heimbringen? Ihr könnt auf mir reiten.“
Marie, Anna und das Pantherbaby verlassen auf dem Rücken des Bären die Höhle. Der Weg kommt ihnen jetzt viel kürzer vor.
„Wie bist du bloß in die Höhle gekommen, Adam? Du hast doch gesagt, du wartest im Wald und verträgst das Licht nicht“, sagt Anna.
„Ich hab was in mir gespürt und dann bin ich losgerannt. Und dann habe ich die Augenlider ein wenig heruntergeklappt, damit es nicht so blendet.“
Das Säuseln Yggdrasils empfängt sie draußen, aber er spricht leise und sie verstehen nicht, was er erzählt. Dennoch schleicht sich Gesang in Maries Bauch und siedelt sich dort an. Der Baum scheint sich verändert zu haben. Entweder hatten sie die Blüten zuvor nicht gesehen oder sie sind während ihrer Abwesenheit auf den Ästen gesprießt und strahlen jetzt weiß, rosa und rot, streben wie Kelche zum Himmel. Adam drängt schnellen Schritts über die Lichtung, die Mädchen auf seinem Rücken. „Kommt bald wieder!“, dröhnt es von Yggdrasil, bevor sie die Lichtung verlassen. Sie wandern, an das Fell Adams geschmiegt, durch den Wald und entfernen sich von der Lichtquelle. An der Stelle, wo sie den Bären getroffen haben, verabschieden sich von ihm und wundern sich, dass das Pantherbaby nicht mit Adam zusammen im Wald verschwindet. So schnell sie nur können, eilen sie nach Hause.

-7-
Marie und Anna finden die Mama barfüßig im Nachthemd in der Küche. Sie stellt das Glas Sekt zur Seite, ein Lächeln überzieht ihr Gesicht, als sie die Kinder sieht. Anna nimmt das Plüschtier mit beiden Händen und hält es der Mutter hin.
„Schau mal, was wir mitgebracht haben!“
Die Mutter zögert. Tränen quellen, befeuchten das Gesicht, während der Schleierblick sich löst und die Augen klarer hervorlugen. Ein Glanzlächeln breitet sich aus.
„Es ist das von Leon, oder?“
Sie nimmt das Pantherbaby entgegen, steckt die Nase in das Fell, atmet tief ein und drückt es mit aller Kraft. Danach zieht sie ihre Töchter zu sich.
Am Abend steht Marie am Fenster. Die Farbe des Horizonts wechselt von Rosa, über Orange zu einem tiefen Rot, bevor sich Traumdunkelheit herabsenkt.

 
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Liebe Isegrims,

eine neue Geschichte und ein neues Genre. Diesmal führst du uns als Leser in eine Fantasywelt, in die Marie und Anna an einem Tag, an dem das Licht rosa ist, aufbrechen, um den kleinen Stoffpanther ihres verstorbenen Bruders zu finden, damit ihre traurige Mutter wieder lächeln kann und nicht in ihrer Traurigkeit versinkt.

Isegrims, ich habe jetzt deine Geschichte zweimal gelesen und bin mir noch nicht ganz sicher, was ich zu ihr sagen soll. An einigen Stellen hatte ich meine Probleme, sprachlich gab es einiges was mir richtig gut gefallen hat, anderes weniger. Ich fürchte, ich muss, um etwas Abschließendes über die inhaltliche Einschätzung zu sagen, sogar noch ein drittes Mal ran. Deshalb hier vorerst die Stellen, die ich mir markiert habe:

Sie blickt von innen nach außen und erspürt den Tag, der sich ihr entgegen reckt (entgegenreckt), ahnt zuverlässig, ob es ein flirrend heller Sommertag wird oder Wolken den Himmel verdüstern. Sie täuscht sich nie.

'ahnt zuverlässig'
Warum nicht: ..., weiß, ob ... ?
Wenn ich etwas ahne, weiß ich es nicht sicher. Etwas ‚zuverlässig ahnen’ ist für mich ein Widerspruch in sich. Außerdem wiederholst du dich: ‚Sie täuscht sich nie’.

Rosa Schleier überzieht ihr Zimmer.
Für mich würde hier ‚Ein rosa Schleier …’ oder ‚Rosa Schleier überziehen …’ angenehmer klingen.

Eine einzelne Haarsträhne legt sich wie eine Schlange über die linke Backe.
Wie auch an anderer Stelle fände ich hier ‚Wange’ schöner.

Sie beobachtet Anna eine Weile, streichelt über ihr Gesicht, lächelt über die spitze Nase

Üblich ist eigentlich ‚streicht über …’ oder 'streicheln' ohne 'über'

Anna handelt, egal was passiert, pflanzt Blumen auf dem Grab Leons, damit er nicht alleine sei,

Sie tut es ja wirklich: Sie pflanzt Blumen, damit er nicht allein ist. Sie möchte, dass er nicht alleine ist.
Hier und auch an einer anderen Stelle verwendest du den Konjunktiv für etwas Reales.

Erste-Hilfe(-)Kasten

Danach laufen sie zu ihr, rütteln sie wach, erklären, dass sie rausgehen wollen, weil so schönes Wetter, der Tag so rosa sei.
Entweder zweimal Konjunktiv: ‚dass sie rausgehen wollten, weil …., der Tag so rosa sei’ oder beides im Indikativ (mMn)

" ... Gibt keinen Grund zu erschrecken “(,) und umglänzt sein Gesicht mit einem Lächeln.

Mm, ich vertrage nicht allzuviel (allzu viel) Licht, deswegen.“

Anne und Marie kommt das Licht, dem sie sich nähern, wie ein sich lüftender Nebelschleier vor, ein Vorhang, der sie umgibt. Bäume, Moos und die Teppicherde, über die sie schwebenK verschwimmen zu einem Zauberreich und sie erwarten(,) Engel, Elfen oder Feen zu begegnen,

Wie stelle ich mir einen ‚sich lüftenden Nebelschleier’ vor? (Der Duden spricht bei 'lüften' von ‚etwas ein wenig hochheben, von der Stelle, an der es sich befindet, kurz wegnehmen.)
Und gleichzeitig umgibt sie ein Vorhang. (?) Bei mir entsteht leider kein Bild dieses ‚Lichtes’.

Den letzten Teilsatz halte ich für umständlich: sie erwarten … zu sehen.

Als sie einen Hügel abwärts laufen, schwärzt sich die Erde, die Umgebung verändert sich.
Auch hier würde ich den letzten Teilsatz wegnehmen. Der hat was sehr Erklärendes.

Ebenso dieser:

Das Licht schafft eine Atmosphäre, als wären Gegenstände und Lebewesen milchiges Glas.

Ehe sie antworten können, verschwindet der Bär so plötzlich, dass Anna und Marie sich fragen, ob er Teil eines Traums war. Sie schauen sich um. Inmitten der freien Fläche steht ein mächtiger Baum.
‚Teil eines Traums’ klingt irgendwie hölzern. Und auch: ‚Inmitten der freien Fläche’. Isegrims, wir sind nicht in einer Architekten-Präsentation.:D
Er wächst höher empor als alle anderen Bäume, so hoch, dass sie glauben, als berühre er den Himmel selbst.
Vorschlag: Er wächst höher empor als alle anderen Bäume, so hoch, als berühre er den Himmel selbst.

Der Stamm ist breit. Marie stellt sich ihre Schulklasse vor, die unter einem einzelnen Blatt Platz fände.
Hm.
Marie verscheucht den ersten Schrecken. Alles erscheint heute möglich, ein gewaltiger, sprechender Baum, ein Bär, der sie durch den Wald zu einem geheimen Ort führt und was auch immer ihnen noch begegnen wird. Die Grenzen zerfließen. Sie nimmt ihre Schwester an der Hand.
Ihr seid Kinder und deshalb wisst ihr, dass alles möglich ist.

Er ist eher ein Nagedrache mit scharfen Zähnen“, antwortet das Eichhörnchen.
Gefällt mir.

Und auch dieser Satz:

Das Mädchen spürt die Wärme seines Körpers, die zarten Fellfäden auf ihrer Haut, die sie kitzeln.
Sie nehmen einen Weg am Stamm Yggdrasils entlang,
Hier will mir der unbestimmte Artikel nicht so recht einleuchten.
Sie erwarten, dass es kälter und der Weg enger werde,
Hier wieder Indikativ. Das erwarten sie ja wirklich, ob es nun so sein wird oder nicht.
Als sie eine weitere Halle betreten, von dessen (deren) Wänden Wasser in Rinnsalen herabtropft,
Wieso ‚eine weitere Halle’? Bisher war noch von keiner Halle die Rede.
Ratatöskr flitzt durch die Höhle, als suche er etwas und verschwindet plötzlich, weg gebeamt, in den Unsichtbarkeitsmodus verwandelt.
Kein schöner Satz, in dem dreimal dieselbe Aussage enthalten ist.
Als Marie ihn ruft, prallt der Name des Eichhörnchens am Fels ab, dreht sich zu ihnen(,) wie ein höhnisches Echo.
Auch hier zumindest zweimal dieselbe Aussage: der Name prallt ab wie ein Echo. Und auch ‚abprallen’ und ‚sich zudrehen’ scheinen mir irgendwie widersprüchlich. Das eine scheint mir eine kurze, das andere eine langsame Bewegung zu sein. Warum nicht:
Als Marie ihn ruft, prallt der Name des Eichhörnchens am Fels ab wie ein höhnisches Echo.

Eine spitze Schnauze schält sich heraus, als sie ihm entgegen gehen. (entgegengehen)
zieht die Beine an sichK ohne sich von der Stelle zu bewegen.
In der hinteren Ecke sitzt ein Drache und macht sich an den Wänden zu schaffen, zieht Wurzeln in sein Maul, wie man Spaghettifäden saugt, und verschlingt sie.
Schön. Von solchen Ideen hätte ich mir mehr gewünscht.
Fauliger Atem schlägt Anna entgegen und bläst so stark, dass sie sich an einem der Felsen festhalten muss.
Warum nicht:
Fauliger Atem bläst Anna entgegen, so stark, dass sie sich an einem der Felsen festhalten muss.
Nidhögr kaut an dem Bändchen, murmelt, spuckt Feuer, zieht eine besonders dicke Wurzel aus der Wand, beißt sie aber, bläst sie an, (und) bedeckt sie mit einem weiteren Feuerstoß.
Das ‚Bedecken’ mit einem Feuerstoß kann ich mir nicht richtig vorstellen.

„Soll ich euch heimbringen? Ihr könnt auf mir reiten.“
Fuchur?

Isegrims, hier ein erster Leseeindruck: Ich verstehe die Grundidee deiner Geschichte. Du machst sie hier ja ganz besonders deutlich:

Marie erinnert sich an den Strahlensonnenschein, der von Leon ausgegangen ist, dem kleinen Bruder mit dem Milchgesicht und dem Babygeruch. Wie kalt er sich anfühlte, als sie ihn im Bett gefunden hat, den Panther im Arm. An die bleichen Gesichter der Eltern, als sie nach ihnen rief. An das Dröhnen des Krankenwagens. Das Herz habe versagt, plötzlicher Kindstod hörte sie später Papa zu Mama sagen. Danach begann der Schrecken, die Kälte. Nichts blieb übrig. Papa verschwand, weil Mama zu viel heulte. Sie räumten Leons Zimmer auf, brachten seine Sachen weg und sprachen nicht mehr von ihm, als könnten sie es dadurch besser ertragen.

Dabei bin ich mir nicht sicher, was ich von dieser Stelle halten soll. Mir hätte es wahrscheinlich besser gefallen, wenn sich mir die Informationen dieses Erklärungsblocks langsam erschlossen hätten, vielleicht als kleine Erinnerungsfetzen Maries, verstreut über den gesamten Text. So wirkt es auf mich wie ein Fremdkörper in der von dir skizzierten Traumwelt.

Zu den handelnden Personen und Wesen:
Von Marie und ihrer Schwester weiß ich eigentlich nicht viel, außer dass Marie elf und Anna jünger ist als sie. Sie sind die beiden Figuren, deren Aufgabe es ist, mich als Leser durch die vom Autor geschaffene Fantasiewelt zu führen, aber sie gehen recht unbeeindruckt durch diese Welt: Sie ängstigen sich nicht sehr, sind wenig erstaunt, zweifeln nicht und nehmen im Wesentlichen alles so hin, wie es kommt. Das fände ich gar nicht so schlimm, wenn du auf der anderen Seite deinen verschiedenen Wesen mehr charakteristische Eigenarten verpasst hättest. Ich habe das Gefühl, dass da noch ein Fantasy-Potential ist, was du mMn nicht völlig ausgeschöpft hast. Denn am Ende kann ich mich nicht so recht erinnern, wer genau Adam, der Bär, wer Yggdrasil, der Baum, wer das Eichhörnchen ist. Auch der kleine Drache nimmt nicht so richtig Gestalt an.

Weil Nidhögr die Liebe spürt, die durch die Höhle weht, fallen ein paar Tränentropfen aus seinen Augenwinkeln auf die Mädchen, während Hitze durch seinen kühlen Körper treibt. Er lässt eine Feuersalve auf das Gestein der Höhlendecke jagen und fühlt sich leicht, erinnert sich, dass manche Drachen fliegen können.

Hier schimmern ein paar Ansätze durch, die du aber leider nicht ausführst.

Isegrims, wie schon gesagt, muss ich deine Geschichte noch einmal lesen, um zu einer abschließenden Meinung zu gelangen. So richtig hat sie mich noch nicht erwischt. Mag auch an der starken Lindgren und Ende-Konkurrenz liegen.:D
Auf jeden Fall finde ich es gut, dass du auch hier wieder einmal etwas Neues ausprobierst.

Liebe Grüße
barnhelm


Noch was:

Am Abend steht Marie am Fenster. Die Farbe des Horizonts wechselt von rosa(,) über orange zu einem tiefen Rot, bevor sich Traumdunkelheit herabsenkt.
Werden hier nicht alle Farben groß geschrieben?

 

Hallo Isegrims,

von mir nur ein kleiner Leseeindruck:
Deine Geschichte lässt mich ratlos zurück - wohl deshalb, weil ich sie in keine Schublade einsortieren kann. Die uncoole Frage nach der Zielgruppe drängt sich mir auf und ich kann sie nicht beantworten.

Mittendrin hat die Geschichte Längen, war ich versucht, mit Lesen aufzuhören. Bei der Suche passiert nicht viel, da seh ich Kürzungspotential.

In einigen Aspekten empfinde ich die Geschichte als inhomogen:
Einerseits zauberhafte, verträumte Landschaftsbeschreibungen. Und daneben rustikale Dialoge.
Einerseits Märchenfiguren wie der sprechende Bär Adam, andererseits die Kommerzfigur Lillifee.

Das letzte Bild - die Mama barfüßig im Nachthemd in der Küche, mit dem Glas Sekt in der Hand - das ist für mich der Inbegriff von Glück, ein starkes Bild!
Dass das Pantherbaby die Mama glücklich macht, mag ich gar nicht glauben. Ich weiß, das ist rein subjektiv, aber ich würd eher erwarten, dass sie zusammenbricht. Aber die Szene ist wohl auch nicht real, ist auch Teil dieses rosa Traumes.

Die Tragik ist, dass die beiden Schwestern zur Untätigkeit verdammt sind und so gerne etwas tun würden, dass es wieder besser wird. Sie wollen handeln! Daher die Traumreise.
Und der Papa, der verschwand, weil Mama so viel heulte - tja, das ist bitter. Und leider allzu real.

So, jetzt hab ich hier verwirrt herumgekrittelt. :Pfeif: Denke aber schon, es ist eine Geschichte, die nachdenklich macht.

LG, Anne

 

Hallo Isegrims,

deine Geschichte ist eine Art modernes Märchen, das sich ausgiebig aus Elementen der nordischen Mythologie bedient, und das mit einem todernsten Hintergrund. Klingt erfrischend anders und ist es in Teilen auch, besonders gegen Ende. Insgesamt werde ich aber nicht so richtig warm damit. Ich denke, das liegt zum einen an stellenweise umständliche oder unpräzise Formulierungen, und zum anderen an der fehlenden Dramatik. Denn die bleibt zu Hause zurück, bei der Trauer um den verstorbenen Sohn und kleinen Bruder. Sie begleitet uns aber nicht durch die Geschichte. Es entstehen darin keine echten Konflikte. Klar, das Eichhörnchen Ratatöskr lässt die beiden Mädchen im Stich, aber das bleibt ohne Konsequenz, da sie einfach weiter ihren Weg gehen, was ja nicht weiter schwierig ist, wenn es nur einen Weg gibt. Und auch der Wolf ist nur ein Maulheld, dem ein paar Hiebe von Yggdrasil auf Trab bringen. Auch kein echter Gegner also.

Dann kommt die Unterhaltung mit Nidhöggr, der wirklich charmant ausgedacht ist. Eine nach tausend Jahren Einsamkeit (von garstigen Foppereien seitens Ratatöskr einmal abgesehen) etwas geistig vernebelte Kreatur, die aber eine große Gabe und ein ebenso großes Herz besitzt. Er bringt ihnen das gesuchte Pantherbaby zurück, mit dem sie ihre Mutter eine Freude machen können. Okay, ich weiß nicht, warum das Stofftier ihres toten Sohnes sie trösten soll, nachdem sie seine Sachen weggebracht haben, um nicht ständig an ihn erinnert zu werden, aber das ist nunmal die Logik, die die Mädchen bewegt.

Soviel zum Allgemeinen. Im Speziellen ist mir Folgendes aufgefallen:

Auch Mike, der Kuschelbär mit dem Riesenbauch, und ihre Lieblingspuppe Barbara sind bestäubt.
von Licht "bestäubt" finde ich unpassend. Vielleicht "benetzt" oder "überzogen"?
Schlaf-Shirt
Nachthemd fände ich besser.
Ihr Traum fällt ihr wieder ein. Er fühlte sich echt an. Sie sieht das Pantherbaby, das festsitzt und sich ängstigt, und will es retten. Marie eilt zu ihrer Schwester.
Hat mich verwirrt. Sieht sie das Pantherbaby im Traum oder danach? Besser wäre: "Sie hat das Pantherbaby gesehen, das festsaß und sich ängstigte, und will es retten."
Im Keller finden sie ein Seil, das ihr Vater für Kletterausflüge benutzt hatte.
"benutzt hat". Kein Plusquamperfektum, wenn die Geschichte im Präsens erzählt wird. Zur Verdeutlichung evtl. "früher benutzt hat".
Sie schaut die Kinder mit Pfirsichaugen an und umarmt sie schläfrig. Sie sollen am frühen Nachmittag wieder da sein. Gloria schließt die Augen erneut.
Ich weiß, dass du nicht dreimal hintereinander einen Satz mit "Sie" anfangen lassen willst, aber den Namen der Mutter so unvermittelt in die Geschichte einzuführen, passt mMn nicht. Außerdem passt es nicht zur Erzählperspektive, ihren Namen zu benutzen. Wie wäre es mit "Mama" oder "Die Mama"?
Bäume, Moos und die Teppicherde, über die sie schweben verschwimmen zu einem Zauberreich und sie erwarten Engel, Elfen oder Feen zu begegnen
Hier hast du mich abgehängt. Wer/was schwebt über die [der] Teppicherde? Bäume und Moos? Die Mädchen?
Als sie einen Hügel abwärts laufen, schwärzt sich die Erde, die Umgebung verändert sich.
Vielleicht besser: Als sie einen Hügel abwärts laufen, verändert sich die Umgebung, [und] die Erde wird schwarz. Wobei ich nicht ganz verstehe, was das heißen soll. Wird der Boden schwarz? Wird es dunkel?
Das Licht schafft eine Atmosphäre, als wären Gegenstände und Lebewesen milchiges Glas.
Finde ich unschön, "Atmosphäre" passt hier mMn sprachlich nicht. Vielleicht Stimmung? "Gegenstände und Lebewesen" klingt holprig.
Kennen Sie Adam, den Bär?
Würde sie den Baum siezen?
Sie nehmen einen Weg am Stamm Yggdrasils entlang, bis sie zu einer besonders dicken Wurzel kommen, die sich windet, als würde sie eine Kurve nehmen.
Klingt umständlich. Warum nicht einfach "... Wurzel, die im Kreis gewachsen ist" oder so ähnlich?
Sie erwarten, dass es kälter und der Weg enger werde
sie fragt sich, wann sie endlich ankämen
Kein Konjunktiv (meine ich).
das stille Glück, das sich mit ihm verbunden hat
sie statt sich
Dort, wo das Licht herkommt, erkennen sie einen Schatten, viel größer als ein Eichhörnchen. Eine spitze Schnauze schält sich heraus, als sie ihm entgegen gehen. Konturen eines Kopfes werden sichtbar. Anna zieht ihre Schwester hinter sich her und lächelt unverdrossen. Der Wolf schaut sie mit Smaragdaugen an, reglos und undurchschaubar. Die Mädchen sehen, dass er an einer Öffnung wacht, aus der Licht dringt.
Diese Stelle kann ich mir nicht bildhaft vorstellen. Eine spitze Schnauze, die sich aus einem Schatten herausschält, gefolgt von Konturen eines Kopfes? Wie ist das gemeint? Und wie passt das dazu, dass der Wolf eine Öffnung bewacht, aus der Licht dringt? Dann hätten sie als aller erstes seinen Umriss gegen den hellen Hintergrund sehen müssen, und nicht erst seine Schnauze und dann die Konturen seines Kopfes? Oder liegt der Wolf im Schatten neben der Öffnung, die er bewacht, und nicht in ihr?
Woher er kommt, bemerken sie nicht, aber plötzlich steht Adam inmitten der Höhle
Ah, der gute alte Deus ex machina. Die Szene mit dem Schrei kommt für mich total unvermittelt. Woher kann sie solche Schreie machen, und woher weiß sie, dass sie das machen muss?

Ich denke, mit etwas sprachlichem Feinschliff und schärferen Konflikten -lass z.B. die beiden Mädchen den Wolf auf irgendeine Art überlisten und nicht einfach wegschreien- kann das eine richtig gute Geschickte werden. Im Übrigen finde ich auch, dass die Rückblende zu Leons Kindstod in die Szene in der Höhle unsanft "reingeknallt" wirkt. Das könntest du vielleicht etwas "organischer" in die Geschichte einbauen.

Beste Grüße
Hopper

 
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Anne49 schrieb:
Die uncoole Frage nach der Zielgruppe drängt sich mir auf

Also soo uncool find ich die Frage gar nicht.
Ich mein, wenn man ernsthaft schreibt, stellt man sich doch irgendwann automatisch die Frage, wen man mit seinen Geschichten erreichen will. Kein Mensch kann mir erzählen, dass man Geschichten z.B. Kindern auf dieselbe Art erzählen kann wie, keine Ahnung, einem Computernerd oder einem Literaturwissenschaftler. Ein Hardcore-SF-Aficionado z.B. stellt mit Sicherheit ganz andere Ansprüche an Lektüre als ein Adalbert Stifter-Verehrer, einen romantischen Schöngeist wird man mit American Psycho ebenso wenig begeistern können, wie man einen rebellischen Teenager mit chick lit hinter dem Ofen hervorholen kann, usw.
Was ich sagen wiil: Die eine, die einzige, die tatsächlich für alle Lesergruppen funktionierende Geschichte gibt es nicht, wird es nie geben, kann es nie geben.
Deshalb, und jetzt komm ich schön langsam zu dir, Ise, versteh ich nicht recht, was du mit dieser Story eigentlich bezweckt hast. (Also mal abgesehen davon, dass du dich in allen möglichen Genres versuchen willst.) Das Ding wirkt auf mich schrecklich unausgegoren, sowohl plottechnisch als auch stilistisch, das ist einfach ein … wie soll ich sagen, ein inkonsistentes Kuddelmuddel aus Fantasy-Versatzstücken und einer Vitja/Giuseppe-Dialog-Schreibübung.

Also ich will da jetzt gar nix beschönigen, Ise, ich hab's gar nicht zu Ende gelesen, weil … ach was, ich sag’s jetzt einfach: Ich bin einfach enttäuscht. Ich hab mich nämlich echt gefreut, wie ich gesehen hab, dass es eine neue Geschichte von dir gibt, und dann das. Ein Text, der mir einfach keine Lust macht, mich mit ihm auseinanderzusetzen.
Tja, sorry, nix Konstruktives von mir … im Grunde nur ein großes Fragezeichen.

Vielleicht ist es dir ja ein Trost: „Die unendliche Geschichte“, das Kultbuch der 1980er und damals beinahe Pflichtlektüre, hat mich auch einfach nur genervt und ich hab’s nie zu Ende gelesen. (Möglicherweise, weil ich zu genau derselben Zeit Djian entdeckte.)


Hm.
offshore

 

Liebe Isegrims,

unter deine ‚Paradiesischen Protokolle’ habe ich geschrieben:

Isegrims, entweder habe ich heute meinen pingeligen Tag oder du hast ein wenig zu schnell drauf losgeschrieben.

Und nachdem ich jetzt einen Tag Zeit hatte, mir deinen Text noch einmal zu überlegen, komme ich zu demselben Schluss: Deine neue Geschichte erscheint mir unter dem Strich so, als habest du voller Begeisterung eine neue Idee in die Tat umgesetzt, sie in einem Durchgang runtergeschrieben und sie dann schnell und ohne prüfenden Blick eingestellt. Mit ein wenig Abstand und etwas kritischer Distanz wären dir mMn einige ‚Schwachstellen’ selber aufgefallen.

Für mein Empfinden gibt es einfach zu viele Sätze, in denen die Syntax nicht stimmt, in denen dir die Aussage wegrutscht oder du sie unsinnig verstärkst oder wiederholst, in denen du dich in verschachtelten Konstruktionen verhedderst, von der manchmal ‚kapriziösen’ Wortwahl, die leider nur selten wirklich funktioniert, einmal ganz abgesehen.

Und auch die Handlung läuft für mein Empfinden zu linear ab: Die beiden Mädchen gehen los, begegnen ein paar Fantasy-Wesen, finden den Stoff-Panther und kommen zur Mutter zurück. Da entwickelt sich kein echter Spannungsbogen, da fehlen Höhepunkte und Konflikte, da bleibt der Leser weitgehend gleichgültig und ohne Emotion. Du kratzt das Potential des Themas (Verlust, Verzweiflung, Traurigkeit, Angst, Unsicherheit, Glück) nur an, schöpfst es für mein Empfinden nicht wirklich aus.
Isegrims, versteh mich richtig: Ich habe keine Neuauflage der Gebrüder Löwenherz erwartet, aber ein wenig mehr Tiefe der Gefühle der beiden Kinder hätte ich mir schon gewünscht. Ich lese von Traurigkeit, die der Tod des kleinen Jungen in der Mutter und den beiden Schwestern ausgelöst hat, ohne dass sie mich wirklich erreicht.

Zu der Charakteristik der Personen und Wesen habe ich schon im ersten Kommentar etwas gesagt. Das sehe ich auch jetzt noch so. Da könntest du die schon vorhandenen Ansätze mMn verstärken und deinen Figuren mehr Kontur geben.

Fazit deshalb: siehe Anfang.

Allerdings meine ich auch, dass es sich lohnen würde, aus der jetzigen Geschichte mehr zu machen. Deine Idee finde ich gut. Es fehlt auch für mein Empfinden die Feinarbeit.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe barnhelm

herzlichen Dank für die kritische Auseinandersetzung mit dem Text, für Zeit und das genaue Lesen, hilft mir sehr und bringt mich (und den Text) weiter.
Die von dir zitierten Stellen habe ich in den allermeisten Fällen entsprechend deiner Ideen verändert, super :thumbsup:

eine neue Geschichte und ein neues Genre.
Mag jetzt eine Schwäche oder eine Stärke sein. Ich nutze das Forum hier nach wie vor, um mich, meinen Stil auszuprobieren und lege mich nicht auf ein Genre fest, das ich in immer neuen Varianten bediene. Klar riskiere ich dadurch Kritik. Das ist mir bisher hier jedesmal so gegangen, wenn ich was ausprobiert habe und mich vom mainstream wegbewegt habe.

Die Aufgaben, die ich mir bei dieser Geschichte gestellt habe, kann ich gern beschreiben:
Gelingt es, eine fantasievolle Geschichte zu schreiben mit einer Menge Handlung und Figuren und dennoch den Figuren ein Gesicht zu geben, sie nicht schablonenhaft darzustellen und gleichzeitig eine gewisse Kürze beizubehalten. Vorläufige Antwort aufgrund der Kommentare: nein, daran muss ich arbeiten (ich sehe diese Geschichte auch als Stilübung für meinen Romanversuch: Kaleidoskop)
Bin ich in der Lage und verfüge über genügend Imagination eine fantasievolle Geschichte zu schreiben, kann ich mich auf meine Fantasie verlassen und den Text sprachlich bewältigen? Antwort: da bin ich auf dem richtigen Weg.
Kann ich eine Kindergeschichte schreiben? Antwort: nein. Den kindgerechten Ton bekomme ich (noch) nicht hin.

An einigen Stellen hatte ich meine Probleme, sprachlich gab es einiges was mir richtig gut gefallen hat, anderes weniger.
ja, danke für die Einschätzung. sprachlich experimentiere ich und versucht, Grenzen zu verschieben

Wie auch an anderer Stelle fände ich hier ‚Wange’ schöner.
Wange ist ein schönes Wort, vielen Dank, das passt viel besser

Wie stelle ich mir einen ‚sich lüftenden Nebelschleier’ vor? (Der Duden spricht bei 'lüften' von ‚etwas ein wenig hochheben, von der Stelle, an der es sich befindet, kurz wegnehmen.)
Und gleichzeitig umgibt sie ein Vorhang. (?) Bei mir entsteht leider kein Bild dieses ‚Lichtes’.
ich hätte auch schreiben können: der Nebel hebt sich, aber das wäre eben eine erwartbare Formulierung gewesen

In der hinteren Ecke sitzt ein Drache und macht sich an den Wänden zu schaffen, zieht Wurzeln in sein Maul, wie man Spaghettifäden saugt, und verschlingt sie.
Schön. Von solchen Ideen hätte ich mir mehr gewünscht.
stimmt, ich hätte den Text länger reifen lassen sollen, um mehr davon zu finden

wenn sich mir die Informationen dieses Erklärungsblocks langsam erschlossen hätten, vielleicht als kleine Erinnerungsfetzen Maries, verstreut über den gesamten Text. So wirkt es auf mich wie ein Fremdkörper in der von dir skizzierten Traumwelt.
sehr gute Idee, die will ich unbedingt umsetzen, braucht bisschen Zeit

Das fände ich gar nicht so schlimm, wenn du auf der anderen Seite deinen verschiedenen Wesen mehr charakteristische Eigenarten verpasst hättest. Ich habe das Gefühl, dass da noch ein Fantasy-Potential ist, was du mMn nicht völlig ausgeschöpft hast.
auch daran muss ich arbeiten, gebe ich dir völlig recht

So richtig hat sie mich noch nicht erwischt. Mag auch an der starken Lindgren und Ende-Konkurrenz liegen.
na ja, die sind kein Maßstab, auch stilistisch nicht, weil sie einfach zu unmodern prall schreiben

Auf jeden Fall finde ich es gut, dass du auch hier wieder einmal etwas Neues ausprobierst.
:hmm:

viele Grüße und einen schönen Herbstnebeltag
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

"[...]
Take care when you are breathing
Something's funny in the air
And somethings I'm not saying
'bout what's happening out there
It's inside out
[...]" "Inside Out" (Robert Zimmerman) The Traveling Wilburys​

Sie gräbt sich aus dem Bett und freut sich, als sie die Augen öffnet.

Dass du dich in der nordischen Mythologie auskennst, hastu,

liebe Isa,

vor kurzem noch zur "Götterdämmerung" gezeigt und jetzt einen verdammt großen Schritt in einer weniger märchenhaften, als eher kühlen Sprache gewagt in eine "rosarote, rosige" Welt, hin zur Verbrüderung von Eichhörnchen, Wolf und Bär/en - sinnigerweise ein "Adam" = Mensch - mit den zwo Schwestern nebst deren Spiel(zeug)gefährten - alle mit biblischen oder legendären Namen (Marie/Maria, Mutter Gottes, Anna, die Anmutige, Mike/Michael, Erzengel und Chef der himmlischen Heerscharen, Barbara, die Fremde, aber auch Heilige der Bergleute, also Vorfahren meinerselbst, usw. usf.) und selbst der Name der Mutter findet sich in der Liturgie, auf dass die Unterwelt (Hell, Hölle, da wo Frau Holle herkommt, nicht umsonst muss man da erst durch einen Brunnenschacht) zum Garten Eden sich wandeln möge.

Tatsächlich birgt das ahd. "hel(i)a", mhd. "helle" noch die Nähe zum Verb "hehlen" auf, ahd. "helan"/mhd. "heln" = bedecken/verbergen/verstecken (und sei's im Grab) und ist verwandt mit dem ablautenden "hüllen" und der "Halle", dass die Unterwelt "Hell/Hölle" tatsächlich zur "Bergenden" wird - und

wenn einer mit Gottvertrauen an eine (ewige) Seele glaubt, dann ist es ein utopischer Ort -

wie es das Paradies ist einer rückwärtsgewandten Utopie des Monotheismus, wobei die religiösen Institutionen das erste Gebot vergessen und sich ein Bild vom Teufel/Satan machen als den Antipoden des einen Gottes.

Wie sagt doch Adam, der Bär: Man solle nicht alles glauben, was man so erfährt ...

So lange aber die dahingemeuchelten Götter von Osiris bis Baldr im Frühjahr wieder aufstehn, Isis mit dem Horus-Knaben als Madonna mit Kind unterm Weihnachtsbaum auftauchen - und wären es Heim- und Rückkehrer aus der Familie Panthera von Leo/n, dem Löwen, bis zum Babypanther oder wieder zurück zum Mythos -

so lange Orpheus nicht zurückblickt auf seine Vergangenheit, bleibt Hoffnung, eine Erwartungshaltung auf das, was da kommen mag!

Und da werd ich hier nicht ent-täuscht. Das Paradies ist quasi vorm Paradies.

Bevor's zum trivialeren Nähkästchen geht ,die - villeicht unverschämt Frage - warum nennst Du den Bären(!) Adam, nicht aber den Wolf nach seinem fabelhaften Namen Isegrim (ahd. isangrim = eiserner Helm/Maske)?

Es ist eine Täuschung, zu glauben, der Wolf und seiner Derivate - von denen ein junger Podengo mich gerade - nach vier Stunden Fußmarsch à 6 km/h- für den Rest des Tages (nicht aber zu dieser Geschichte) erschöpfend beschäftigt hat - zeigten eine starre Maske. Das Problem findet sich immer am Ende der Leine ... selbst einer gedachten ...

Triviales aus dem Nähkästchen

Hier

Marie bewundert die Entschlossenheit ihrer Schwester. Anna handelt, egal was passiert, pflanzt Blumen auf dem Grab Leons, damit er nicht alleine ist, verliert ihr Lächeln nie.
seh ich zwo Probleme -

zum einen meine ich, den Akkusativ hier zu vermissen "pflanzt Blumen auf dem Grab", hernach mögen die Pflanzen "auf dem Grab" (gepflanzt) sein, zuvor werden sie aber aufs Grab gepflanzt. Da ist mir ziemlich wurscht, was die Umgehungssprache meint. Und eingedenk dessen, dass weder die eher zögerliche Marie noch die tatkräftige Schwester hier erzählt, sondern eine allwissende Isegrims - die sich in eine kindliche Welt durchaus hineinversetzen kann, was ja mit der Geschichte bewiesen wird - ist der Konjunktiv auf den toten Bruder angemessen.

Wie sagt doch Yggdrasil so trefflich?

Ihr seid Kinder und deshalb wisst ihr, dass alles möglich ist. Manchmal ist ein Traum die Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Traum.
Doch wer will das entscheiden, was wirklich und was weniger "real"? Oder glaubt denn wirklich einer, ein Grab wäre Symbol der Geselligkeit? Nicht einmal einer anderthalben!

Eine Lilli-Fee-Decke vervollständigt die Ausrüstung.
Schreibt Lillifee sich nicht als ein Wort? (Bin halt - wie die Nichten - aus dem Alter raus und der Enkel noch nicht drin - wenn bei dem Vater und erst recht diesem Opahausen - neigen auch eher zu handfesten Dingen, Fußball und Batman ...)

Hier ist ein Komma nachzutragen (Ende des Relativsatzes, der Hauptsatz geht danach weiter

Bäume, Moos und die Teppicherde, über die sie schweben[,] verschwimmen zu einem Zauberreich und sie erwarten Engel, Elfen oder Feen zu begegnen, die sie an die Hand nehmen und in ihre Welt einführen.
Da musstu richtig trainieren, eigene Sätze auseinanderzunehmen und dann - mühselig genug - wieder zusammenzusetzen!
Und gleich noch e'ne ma'
Alles erscheint heute möglich, ein gewaltiger, sprechender Baum, ein Bär, der sie durch den Wald zu einem geheimen Ort führt[,] und was auch immer ihnen noch begegnen wird.
Sie ärgert sich über sich selbst, über die Situation, in die sie geraten sind, über den Baum, der sie mit Ratatöskr zusammengebracht hat[,] und über die Verlogenheit des Eichhörnchens, die sie früher hätte bemerken müssen.

Nicht unähnlich hier:
Das Herz habe versagt, plötzlicher Kindstod[,] hörte sie später Papa zu Mama sagen.

Dann die Grammatik des Bär-en:
Er jault, steht auf, bewegt sich mit eingezogenem Schwanz am Bär[en] und den Mädchen vorbei ins Dunkle und flüstert im Vorbeigehen unverständliche Flüche.
Anna winkt dem Bär[en] verschwörerisch zu.
Im Genitiv - gleich - klappt's doch!, wenn es heißt
Marie, Anna und das Pantherbaby reiten auf dem Rücken des Bären aus der Höhle.
Kurz: der Bär, des/dem/den Bären ...

Hier würd ich nicht mal das Mädchen durchgehn lassen, die ...

Der Drache bemerkt das Kind, wendet ih[m] den Panzerkopf mit einem verschleierten Blick zu, als wache er gerade aus fernen Gedanken auf, schüttelt sich vorsichtig und unterbricht die Mahlzeit.
Nicht das Kind ... da kann es weiblich sein, wie es will! Grammatik löst keine emanzipatorischen Probleme. Da ändert selbst eine Kanzlerin nix dran. Das Kanzleramt bleibt Kanzleramt. Und was nützte ein Kanzler*innenamt - ich weiß, der Scherz ist so blöd, wie Flüchtlinge in Geflüchtete umzuwidmen, weil Flüchtlig eine Verniedlichung ist wie das Mädchen zur Magd.
Augenwischerei!
Im Extremfall Selbstbefriedigung! Und zum Donnerdrommel noch einmal!

Marie und Anna finden die Mama barfüßig im Nachthemd in der Küche. Sie stellt das Glas Sekt zur Seite, ...
naja, ich hab Urbock neben mir und Guido - wer nennt einen jungen iberischen Jagdhund so?, romanisierte Kelten, Karthager (Phönizier) und (w)andalusische Terwingen, äh, Westgoten und Araber vielleicht ...Morgen geht's eine Stunde den gleichen Weg - am Fahrrad!

Am Abend steht Marie am Fenster. Die Farbe des Horizonts wechselt von Rosa, über Orange zu einem tiefen Rot, bevor sich Traumdunkelheit herabsenkt.

Gibt schön Wetter, jedenfalls ... einstweilen.

Gern gelesen und nicht das letzte Mal vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Bas

ich mag deinen Kommentar. Du schenkst mir eine Analyse, die mich weiterbringt und einige Fragen beantwortet, die ich mir beim Schreiben des Textes gestellt habe. Na ja, außerdem bin ich nicht besonders erfahren im Bereich Fantasy. :shy:

Ich geh mal die einzelnen Punkte durch:

So, die letzten Kapitel liefen jetzt erstaunlich flüssig, es wirkte fast so, als hättest du selbst eine Weile gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden.
so ähnlich war das auch. Mein Plan war, das fantastische Element nach und nach entstehen zu lassen, den Leser im Lauf der Geschichte einzufangen. Aber klar, ich habe auch den Tonfall, den Rhythmus gesucht und ihn erst am Ende gefunden.

dass mir die teilweise wunderbar phantastisch anmutende Handlung von einem ziemlich ernsten Kerl erzählt wurde, der das ganze gar nicht als so wunderbar phantastisch empfindet, sondern es erzählt, während er nebenbei Fußball schaut und eigentlich gar keine Lust darauf hat.
was für ein Vergleich :lol: war jetzt eher laute Musik und wie gesagt, ich wollte stückchenweise eintauchen.

Das Ende ist sehr berührend und schön und überhaupt ist das eine sehr schöne Geschichte, es ist großartig zu sehen, was für eine Fantasie du hast, außerdem ist deine Schreibe sehr souverän – auch, wenn ich mich hier und da nicht mit ihr anfreunden konnte.
mm, dankeschön:Pfeif:

Ich bin mir auch sicher, dass ich die Geschichte bei nochmaligem Lesen besser fände, als ich sie im ersten Durchlauf fand, aber ich denke auch, dass eine Geschichte auf Anhieb funktionieren sollte und nicht erst nach mehrmaligem Lesen. Wer so fleißig ist, so eine lange Kurzgeschichte zu schreiben ist bestimmt auch fleißig im Überarbeiten und wahrscheinlich lese ich in ein paar Wochen noch mal drüber, vielleicht knallt es mir dann am Ende, gerne auch schon zwischendrin irgendwo, eine fette Gänsehaut auf die Arme.
ich hab damit angefangen, den ersten Teil verändert und "angereichert", das Karge raus genommen.

Sie blickt von innen nach außen und erspürt den Tag, der sich ihr entgegen reckt, ahnt zuverlässig, ob es ein flirrend heller Sommertag wird oder Wolken den Himmel verdüstern.
Du wirst dir etwas dabei gedacht habe, aber für meinen Geschmack ist das … na ja. Das »von innen nach außen blicken«, das »Erspüren des Tages, der sich ihr entgegenreckt«, das »zuverlässige Ahnen« und vielleicht noch die »flirrende Helle« … Nein, nicht meins. Aber der erste Eindruck täuscht ja bekanntlich oft und so ein kleiner Satz sollte einen doch eigentlich nicht am Weiterlesen hindern.
hab ich geändert und klarer formuliert, was ich ausdrücken will, auch einen anderen Ton angeschlagen.

Marie liegt eingerollt unter der Decke und hält die Augen fest geschlossen, saugt die schwebenden Minuten auf, bevor der Tag beginnt, spürt, was sich ihr entgegenstreckt und weiß jedes Mal, ob es ein flirrend heller Sommertag wird oder Wolken den Himmel verdüstern. Sie täuscht sich auch heute nicht, als sie die Lider hebt. Der Tag ist rosa, der Himmel wird leuchten und das Glück zurückkehren.

Die restlichen Anmerkungen werde ich bei der Überarbeitung auf jeden Fall verwenden.

lieben Dank für den schönen Kommentar
Isegrims

vielen Dank für die anderen Kommentare, Anne49, Hopper Friedrichard barnhelm: ich antworte euch nach und nach, brauche bisschen Zeit.
und für: ernst offshore https://www.youtube.com/watch?v=b5fmSVA4GA0
ne Gute-Nacht-Musik

 

Hallo Anne49

ich danke dir, dass du deinen Leseeindruck teilst und in Worte fasst.

Deine Geschichte lässt mich ratlos zurück - wohl deshalb, weil ich sie in keine Schublade einsortieren kann. Die uncoole Frage nach der Zielgruppe drängt sich mir auf und ich kann sie nicht beantworten.
da habe ich wohl einiges richtig gemacht, in Schubladen einsortiert werden mag mir nämlich nicht besonders gefallen. und zur Zielgruppe: tja, die Frage darf man stellen, warum auch nicht und es gibt so viele Autoren, die mit fantastischen Elementen arbeiten, keine Ahnung wie du die Leser einordnen willst, interessiert mich auch nicht besonders, weil diese Geschichte nicht geschrieben wurde, um Lesererwartungen zu erfüllen.

Mittendrin hat die Geschichte Längen, war ich versucht, mit Lesen aufzuhören. Bei der Suche passiert nicht viel, da seh ich Kürzungspotential.
kann sein, ich habe mich von der Fantasie (ver)leiten lassen, behalte ich im Kopf.

Einerseits zauberhafte, verträumte Landschaftsbeschreibungen. Und daneben rustikale Dialoge.
Einerseits Märchenfiguren wie der sprechende Bär Adam, andererseits die Kommerzfigur Lillifee.
ja, das ist ein gewichtiger Punkt. Ich dachte mir, dass ich damit die Geschichte erden würde

Das letzte Bild - die Mama barfüßig im Nachthemd in der Küche, mit dem Glas Sekt in der Hand - das ist für mich der Inbegriff von Glück, ein starkes Bild!
:Pfeif:

Die Tragik ist, dass die beiden Schwestern zur Untätigkeit verdammt sind und so gerne etwas tun würden, dass es wieder besser wird. Sie wollen handeln! Daher die Traumreise.
ja, das war der Ausgangspunkt. Und wer sagt uns, dass die Kinder sich die Geschichte nicht selbst ausgedacht und das Pantherbaby auf der Sperrmüllhalde gefunden haben?

Übrigens habe ich mittlerweile das erste Kapitelchen der Geschichte geändert, um mehr Farbe und einen weicheren Klang zu erzeugen.


viele Grüße und schönes Wochenende
Isegrims

 

Hallo Hopper,

superhilfreicher Kommentar, dank dem ich manches angepasst habe, wenn ich auch keine grundsätzlichen Änderungen vorgenommen habe. Ich danke dir sehr für die Auseinandersetzung mit dem Text und die investierte Zeit.

deine Geschichte ist eine Art modernes Märchen, das sich ausgiebig aus Elementen der nordischen Mythologie bedient, und das mit einem todernsten Hintergrund. Klingt erfrischend anders und ist es in Teilen auch, besonders gegen Ende.
nehme ich als Kompliment:Pfeif:

Ich denke, das liegt zum einen an stellenweise umständliche oder unpräzise Formulierungen, und zum anderen an der fehlenden Dramatik. Denn die bleibt zu Hause zurück, bei der Trauer um den verstorbenen Sohn und kleinen Bruder. Sie begleitet uns aber nicht durch die Geschichte. Es entstehen darin keine echten Konflikte.
mm, ja, hätte ich versuchen können (und vielleicht kann ich mich dazu durchringen, igrendwann. Allerdings habe ich das Gefühl, ich müsste dazu die Handlung weiter ausbauen und am Ende einen Roman schreiben.

Okay, ich weiß nicht, warum das Stofftier ihres toten Sohnes sie trösten soll, nachdem sie seine Sachen weggebracht haben, um nicht ständig an ihn erinnert zu werden, aber das ist nunmal die Logik, die die Mädchen bewegt.
für die Mädchen ist das Stofftier ein Symbol, sie denken sich, die Mutter können dadurch geheilt werden und vielleicht gelingt es ja.

Viele der Textstellen, die du nennst, habe ich geändert, manche nicht. Danke :thumbsup:

Als sie einen Hügel abwärts laufen, schwärzt sich die Erde, die Umgebung verändert sich.
Vielleicht besser: Als sie einen Hügel abwärts laufen, verändert sich die Umgebung, [und] die Erde wird schwarz. Wobei ich nicht ganz verstehe, was das heißen soll. Wird der Boden schwarz? Wird es dunkel?
kennst du das nicht? die schwarze Erde im Wald.

Dort, wo das Licht herkommt, erkennen sie einen Schatten, viel größer als ein Eichhörnchen. Eine spitze Schnauze schält sich heraus, als sie ihm entgegen gehen. Konturen eines Kopfes werden sichtbar. Anna zieht ihre Schwester hinter sich her und lächelt unverdrossen. Der Wolf schaut sie mit Smaragdaugen an, reglos und undurchschaubar. Die Mädchen sehen, dass er an einer Öffnung wacht, aus der Licht dringt.
Diese Stelle kann ich mir nicht bildhaft vorstellen. Eine spitze Schnauze, die sich aus einem Schatten herausschält, gefolgt von Konturen eines Kopfes? Wie ist das gemeint? Und wie passt das dazu, dass der Wolf eine Öffnung bewacht, aus der Licht dringt? Dann hätten sie als aller erstes seinen Umriss gegen den hellen Hintergrund sehen müssen, und nicht erst seine Schnauze und dann die Konturen seines Kopfes? Oder liegt der Wolf im Schatten neben der Öffnung, die er bewacht, und nicht in ihr?
habe ich ein wenig verändert, will aber vor allem beschreiben, wie sie die Mädchen ihn beim Näherkommen klarer sehen.

Woher er kommt, bemerken sie nicht, aber plötzlich steht Adam inmitten der Höhle
Ah, der gute alte Deus ex machina. Die Szene mit dem Schrei kommt für mich total unvermittelt. Woher kann sie solche Schreie machen, und woher weiß sie, dass sie das machen muss?
na ja, ein paar angedeutete Superkräfte, da kennen sich andere aber besser mit aus. Mir ging es auch um die Wurzeln Yggdrasils, die in Bewegung geraten. Aber sicher denke ich weiter über die Szene nach.

Im Übrigen finde ich auch, dass die Rückblende zu Leons Kindstod in die Szene in der Höhle unsanft "reingeknallt" wirkt. Das könntest du vielleicht etwas "organischer" in die Geschichte einbauen.
habe ich an einer andere Stelle versetzt.

viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

„Mann, offshore, das war ne echt miese Nummer, was du da letzte Woche abgezogen hast.“
„Hä? Was meinste?“
„Na den Kommentar, was du letzten Donnerstag geschrieben hast.“
„Wasn für ‘n Kommentar?“
„Mann! Der unter der Geschichte von Schneckchen.“
„Hä? Wer zum Teufel ist Schneckchen?“
„Ise.“
„Heiliger Himmel, Giuseppe, du nennst sie Schneckchen?“
„Und wenn schon … jedenfalls haste dir da echt ‘n ziemlichen Scheiß geleistet. Ich versteh nicht recht, was du mit dieser Story eigentlich bezweckst, hast du geschrieben. Ich mein, was soll denn so eine idiotische Frage?“
„Was solln da dran idiotisch sein? Außerdem war das keine Frage, sondern ne astreine Aussage.“
„Wirste jetzt spitzfindig, du Witzbold, oder was? Jedenfalls hab sogar ich kapiert, was Schneckchen mit der Geschichte will.“
„Aha. Und zwar?“
„Na was schon. Unterhalten zum Beispiel.“
„Jessasmaria, was soll denn an sprechenden Nagetieren unterhaltsam sein?“
„Arschloch. Aber jetzt mal ganz ehrlich, offshore, hast du die Geschichte überhaupt gelesen?“
„Äh … na ja … schon. Also teilweise. Und den Rest halt überflogen.“
Überflogen hat er sie. Na großartig. Und dann nennt er sie stilistisch unausgegoren. Faselt was von Zielgruppenrelevanz und so Scheiß. Und bildet sich wahrscheinlich noch ein, dass irgendwer mit so Nullaussagen was anfangen kann. Echt, bist du noch zu retten, Mann?“
„Verdammt, Giuseppe, du weißt doch, dass mir so Fantasyzeugs voll am Arsch vorbei geht.“
„Aha. Und warum liest du’s dann? Beziehungsweise hältst anschließend nicht einfach die Fresse? Ich mein, ein Vegetarier wird ja auch kein Bistecca Milanese essen und sich nachher aufregen, weil’s ihm nicht geschmeckt hat, oder? Also sofern er nicht vollkommen verblödet ist. Und überhaupt: Darf ich dich an Professor Maulwurf und Ilse Eule erinnern?“
„Drauf geschissen ... ‘ne Jugendsünde quasi.“
„Verdammt, offshore. Schneckchen ist ja auch noch jung. Und sie probiert sich halt aus. Ich mein, allein wie sie da mit so vielen und unterschiedlichen Figuren jongliert, also echt, nötigt dir das nicht Respekt ab? Und diese zwei süßen Gören, nur schon wie die zwei quatschen miteinander, also das ist doch stellenweise wirklich großartig geschrieben. Und überhaupt, also wenn du das stilistisch unausgegoren nennst, ist dir echt nicht mehr zu helfen. Allein die vielen hübschen Wörter, die sie sich ausgedacht hat: Pfirsichaugen, Pinselhaare, Nagedrache, Strahlensonnenschein und so weiter. Ich mein, hör dir das doch mal an:
Marie vertraut dem Tag, eingehüllt in das rosa Licht. Mit luftigen Herzen ziehen Anna und Marie dem Blumensommerduft entgegen. Das ist doch wunderschön, was meinste? Oder das:
Adam riecht nach Harz, Honig und Wald, bewegt sich weich und vorsichtig - auch wenn ich persönlich hier Adam riecht nach Honig, Harz und Wald geschrieben hätte, schon wegen der Satzrhythmik, wenn du weißt, was ich meine, aber egal. Na und das erst:
Verwirrendes Leben schlägt den Kindern entgegen. Im Hintergrund hören sie eine unzusammenhängende Melodie, die in sie eindringt, Stellen in ihrem Bauch berührt, die sie nicht kennen. Als ob das nicht genug wäre, vibriert der Baumstamm, die Äste schwanken, und so weiter. Also ehrlich, offshore, geht dir da nicht das Herz auf? Das ist doch herzzerreißend poetisch, musste doch zugeben, das hat Melodie, das hat Flow, das ist irgendwie ... ach scheiß drauf, seelenstreichelnd irgendwie. Pieno di sentimento irgendwie, commovente und so, capisce?"
„Hey, du hast recht, das ist echt nicht schlecht. Verdammt, ich glaub, so weit bin ich gar nicht gekommen.“
„Na eben, du Arsch. Dann kennst du den Absatz wohl auch nicht. Hör mal zu:
‚Lass uns bitte durch!‘, sagt Anna leise und beginnt zu schreien, wird immer lauter, als drehe sie langsam an einem Regler. Ihr Ruf wirbelt über den Fels, dringt in die Ritzen, berührt die Wurzeln, die das Gestein dicht durchziehen. Der Wolf verharrt anfangs reglos, als bemerke er nichts, kauert sich dann auf den Boden, zieht die Beine an sich, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Lauter und lauter schickt Anna den Schrei durch die Höhle. Marie hält sich die Ohren zu. Die Wurzeln rutschen aus den Vertiefungen, bis sich endlich ein tiefes Sirenen-Brummen daruntermischt. Als Anna verstummt, tritt Stille ein. Einige Wurzeln hängen herab und zucken wie Blitze. Woher er kommt, bemerken sie nicht, aber plötzlich steht Adam inmitten der Höhle, zwischen den Kindern und dem Eingang, den der Wolf bewacht. Der Bär richtet sich auf, reicht mit dem mächtigen Kopf fast bis zur Decke und ist viel größer, als Marie ihn in Erinnerung hat. Adam streckt dem Wolf die mächtigen Arme entgegen.
‚Yggdrasil schickt mich. Du musst den Weg freimachen!‘
Der Wolf bleibt liegen, stellt sich taub und weicht dem Blick Adams aus. Eine der Wurzeln, die sich aus dem Fels gelöst haben, peitscht ihm über den Rücken. Er jault, steht auf, bewegt sich mit eingezogenem Schwanz am Bär und den Mädchen vorbei ins Dunkle und flüstert im Vorbeigehen unverständliche Flüche.

Na, was sagst du?“
„Wow! ... Scheiße, weiß gar nicht, was ich sagen soll ... das is echt gut, richtig gut. Wahnsinn! … Okay, hast mich überzeugt, Giuseppe. Ich werd die Story noch mal in Ruhe lesen.“
„Echt?“
„Versprochen.“
„Mann, da wird sich Schneckchen sicher freuen, hundertpro ... noch einen Grappa?“
„Klar. Nur eins noch, Giuseppe.“
„Was?“
„Wenn du sie noch einmal Schneckchen nennst, leg ich dich um. Kein Witz.“

 

"Spinnst du?"
"Warum?"
"Den Fünf-Bierdosen-sind-nicht-genug-Mozartkugel-Drama-Wiener hast du gefriendet!"
"Ja, hab ich. Steht jetzt im Profil drin."
"Der macht dich erst fertig, so hyänenmäßig stürzt der sich auf deinen Text und jeder denkt, he, wenn der Ernst den zerreißt, brauch ich den erst gar nicht lesen."
"Ja, war so. Macht nix. Will was ausprobieren."
"Ausprobieren?"
"Na ja, sprachlich und vom Sujet, vom Genre her."
"Okay. Ich kapier euch nicht. Dilletierendes Schriftstellerpack."
"Was: dilatierend, duellierend, disputierend?"
"Egals, scheiß drauf! Sag mal, schreibst du dem noch was zu seinem ersten Kommentar?"
"Klar!"
"Und zum zweiten?"
"Erst recht!"
"Und warum nennt der dich neuerdings Schneckchen?"
"Äh, also das war so: Ich saß abends so rum. Gin Fizz, genau die richtige Menge gestoßenes Eis, Limone, gedankenfliegend, Sommer, Terrasse, Insektengesumse, wörterreihend und dann war da diese Erscheinung zwischen den Sternen und gleichzeitig ..."
"Hör auf, du verarscht mich und willst bloß wieder ne Geschichte spinnen, Schneckchen, haha."
"Mach mal den Champagner auf, bitte!"
"Ich ruf morgen mal den Giuseppe Ravioli an!"

 

Hallo ernst offshore

doch noch ein paar off(shore)dialogmäßige Gedanken zu deinem ersten Kommentar.

Ich mein, wenn man ernsthaft schreibt, stellt man sich doch irgendwann automatisch die Frage, wen man mit seinen Geschichten erreichen will.
die Frage ist natürlich berechtigt, unterstellt aber marktwirtschaftliche Prozesse. Die funktionieren auch hier im Forum, klar. Die Nachfrage generiert einen großen Teil des Angebots.

Deshalb, und jetzt komm ich schön langsam zu dir, Ise, versteh ich nicht recht, was du mit dieser Story eigentlich bezweckt hast. (Also mal abgesehen davon, dass du dich in allen möglichen Genres versuchen willst.)
in erster Linie will ich Geschichten schreiben, die ich selbst gern lese, die mir sprachlich gefallen und etwas bieten, das mich berührt, etwas fantastisches, etwas, das mich nachdenklich macht.

wie soll ich sagen, ein inkonsistentes Kuddelmuddel aus Fantasy-Versatzstücken und einer Vitja/Giuseppe-Dialog-Schreibübung.
selbst auf die Gefahr hin, dass dir das so vorkommt. wobei ich die Dialoge einerseits mittlerweile ein wenig überarbeitet habe und bewußt unterschiedlich zu gerstalten versucht habe, je nach den beteiligten Figuren.

Vielleicht ist es dir ja ein Trost: „Die unendliche Geschichte“, das Kultbuch der 1980er und damals beinahe Pflichtlektüre, hat mich auch einfach nur genervt und ich hab’s nie zu Ende gelesen. (Möglicherweise, weil ich zu genau derselben Zeit Djian entdeckte.)
kommt ja auch auf das Momentum, die Stimmung an, liebster Offshore.

liebe Grüße :wein::chaosqueen::bier:
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Isegrims,

ich schleiche schon lange um deinen Text herum, habe immer wieder mal reingelesen - Kommentare überflogen -, mich bislang aber nicht dazu aufraffen können, so richtig in die Geschichte einzusteigen - bis heute :).
Das hängt wohl mit dem Genre zusammen; nein, nicht nur, ehrlich gesagt. Mir ist das ein wenig zu rosa und ich wundere mich etwas darüber, dass du den tag Kinder nicht ausgewählt hast. Auch wenn ich jetzt ein Klischee bediene, für mich wirkt das wie eine Mädchengeschichte, mit all dem Glanzlächeln, der Traumdunkelheit, den Glanzaugen, der Lillifee-Decke, den glanzbraunen Haare(n), glanzrosadurchzogenem Blick.
Irgendwie fühle ich mich einfach einfach nicht der Zielgruppe zugehörig.

Ich versuche mich trotzdem an einem konstruktivem Kommentar.

In deinem Text steckt auf jeden Fall viel Arbeit und sicher auch 'ne Menge Herzblut, so viel kann ich auf jeden Fall schon mal anmerken. Er ist sehr fantasievoll geschrieben, du suchst nach passenden Worten - verwendest schöne Neologismen -, ich kann mir richtig vorstellen, wie du als Autor in deiner Schreibe versunken bist, was ich positiv meine. Für meinen Geschmack übertreibst du es hier und da ein wenig. Aber gut, wie bereits erwähnt, das ist dann wohl Geschmackssache.


Ich steige mal ein:


Eine einzelne Haarsträhne legt sich wie eine Schlange über die linke Wange.
Das klingt, als sei sie lebendig.
Vielleicht eher: Eine Haarsträhne liegt (ruht) wie eine Schlange auf ihrer Wange.

... und die Tränensäcke, die seit den Tagen der Trauer nicht abgeschwollen sind.
Ich bringe Tränensäcke einfach nicht mit einem Kind in Verbindung, musste eher an so was denken: https://www.google.de/search?q=trän...UICigB&biw=1366&bih=637#imgrc=MWT0qTpWj8lxUM:

Sie hüpft aus dem Bett, das Babyspeckbäuchlein zittert, als sie zum Fenster geht, es öffnet und sich so weit nach vorne beugt, dass sie die Wiese hinter dem Haus im Blick hat.
Ich habe den Satz zweimal lesen müssen, bis ich ihn kapiert habe. Ich würde zwei Sätze daraus bilden.

Abgestandene Luft, Schweiß und Blumenparfum wehen den Kindern entgegen.
Schon klar, was du meinst, Schweiß kann aber nicht entgegenwehen. Dessen Geruch natürlich schon.

Sie schaut die Kinder mit Pfirsichaugen an und umarmt sie schläfrig.
Ich habe da ein Mangabild (Glubschaugen) vor Augen, aber verschlafen und versoffen wie sie ist, scheint mir das nicht recht zu passen.

... durchqueren sie einige Blocks ...
Wirkt hier sehr amerikanisch auf mich.

„Ich bin Adam und habe euch erwartet, ihr braucht nicht erschrecken “, und umglänzt sein Gesicht mit einem Lächeln.
Da stimmt was nicht.

Anne und Marie kommt das Licht, dem sie sich nähern, wie ein sich lüftender Nebelschleier vor, ein Vorhang, der sie umgibt.
Hm, beißt sich irgendwie, finde ich. Das klingt nämlich so, als lüfte sich ein Schleier und als umgebe sie zugleich ein Vorhang.

Sie verlieren die Zeit, während der Wald sich lichtet.
Den ersten Artikel würde ich kicken - du meinst ja keine spezielle Zeit, denke ich.

... in der Nähe und wenn ihr Hilfe braucht, kommt in den Wald.“

-3-
Ehe sie antworten können, verschwindet der Bär im Wald.

Würde ich streichen, brauchst du nicht.

Und bestaunen den mächtigen Baum ...
So viele Bäume ... Ist ja auch ein Wald, klar. Du könntest hier aber vielleicht präziser werden. Die mächtige Esche oder so.

Marie berührt die Rinde des Stamms, die sich anfühlt , als ob Blut darunter strömt ...
Leerzeichen zuviel nach »anfühlt«. Dann Konjunktiv.
Wie fühlt sich etwas an, unter das Blut strömt? Ich würde die Wärme miteinbringen.
Vielleicht: Marie berührt die Rinde des Stamms, die sich anfühlt, als ob warmes Blut darunter ströme (fließe) ...

Sie lässt den Blick schweifen, sucht vergeblich nach Spuren des Pantherbabys, kommt sich winzig vor, zu klein und schwach, um den Baum zu erklettern. Marie erinnert sich an das rosa Licht, das sie umgibt, an ihre Träume, die sie nicht enttäuschen werden. Sie schnauft durch und lässt ihre Sinne schweifen.
Vermeidbar.

Im Hintergrund hören sie eine unzusammenhängende Melodie, die in sie eindringt, Stellen in ihrem Bauch berührt, die sie nicht kennen.
Gefällt mir nicht.
Vielleicht: Im Hintergrund hören sie eine kaum wahrnehmbare Melodie, welche Stellen in ihrem Bauch berührt, die sie bislang nicht kannten.

Die Stimme schwillt an, beschleunigt und beruhigt sich wieder, tönt, bläst durch die Kinder hindurch und wärmt sie.
Ist mir too much; könnte weg, finde ich.

„Aber, Herr Baum, weißt du, wo das Pantherbaby ist?“, fragt Anna (lauthals) nach einer Weile.
Würde ich auch kicken.

„Irgendwo hier?“, äfft das Eichhörnchen Marie nach[ ] „Woher wollt ihr das wissen?“[ ] und springt wieder auf einen anderen Ast.
Da fehlt was.

... die Beine sehen aus wie muskelbepackte Männeroberarme ...
Bekomme ich nicht mit einem Eichhörnchen zusammen.

und euer kleiner Bruder, na ja der Leon … ?“
?: Kann weg.

Marie fällt das Fell des Pantherbabys ein ...
Diese Fällt-das-Fell-Konstruktion würde ich vermeiden.

Als sie eine weitere Halle betreten, von deren Wand Wasserrinnsale herabtropfen, bleibt Marie stehen, weil sie eine Pause eine braucht.
Eine weitere Halle?
Da stimmt was nicht.

... fängt dann aber sofort zu heulen und zu schluchzen an.
Ein Verb dürfte raus.

Marie reicht ihr die Hälfte des Schokoriegels, an dem sie gekaut hat und wischt Annas Tränen ab, berührt ihre glatte Haut und muss an Leon denken, dessen Porzellanwangen sie so gern berührt hatte, an den Strahlensonnenschein, der von ihm ausgegangen ist, von Leon, dem kleinen Bruder mit dem Milchgesicht und dem Babygeruch.
Das mit dem Schokoriegel klingt ein wenig eklig, finde ich :).
Die Passage wirkt mir hier doch ziemlich überladen.

Wie kalt er sich anfühlte, als sie ihn im Bett gefunden hat, den Panther im Arm.
Okay, du baust die Geschichte wie einen Enthüllungstext auf - die Panther-Suche bekommt ein Motiv.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob der gewünschte Effekt wirklich zieht, so nach dem Motto: Aha! Jetzt verstehe ich! Oder (am Anfang): Ich muss unbedingt wissen, was es mit dem Pantherbaby auf sich hat!
Ich tendiere dazu, zu glauben, wenn du den Zusammenhang (also Leon) gleich zu Beginn geklärt hättest, verlöre die Geschichte nichts.

„Wir stecken fest, was?“, versucht Marie die Situation zu entschärfen.
Ich bin da kein Freund von, würde die Inquit-Formel nutzen.

„Mama wird glücklich sein.“
„Ja. Wegen Leon.“
Brauchst du das? Wirkt ein wenig übererklärend auf mich, so, für den Leser geschrieben.

Der Eingang ist frei, aber bei weitem nicht so breit, dass Adam sich hindurchzwängen könnte.
bei Weitem

... an den Reißzähnen kleben braungrüne Spuren seiner Gefrässigkeit.
Gefräßigkeit

An der Stelle, wo sie den Bären getroffen haben, gleiten sie an ihm herab, verabschieden sich von ihm und wundern sich, dass das Pantherbaby nicht mit Adam zusammen im Wald verschwindet.
Wieso wundert sie das?
"von ihm" darf raus.


Mich hat es ein wenig enttäuscht, dass das Pantherbabay so mir nichts dir nichts aus dem Hut gezaubert wird - hat was von "Deus ex Machina". Du hast dir so viel Mühe mit der Suche, der abenteuerlichen Reise gegeben, dass ich da einfach etwas mehr erwartet hätte.

Ich kann mich nur wiederholen, in deiner Geschichte scheint viel Herzblut und viel Arbeit zu stecken, sie hat mich schon auch verzaubern können, auch wenn ich sicher nicht der geeignete Leser für so was bin.
Ein paar Stellen kratzen haarscharf an Stilblüten, im Kontext wirken mir diese dann aber doch meist angebracht. Du könntest dir die eine oder andere Passage aber nochmals ansehen und darüber nachdenken, ob du stilistisch etwas runterfahren könntest.

Danke fürs Hochladen

hell

 

Liebe barnhelm,

ich bin spät dran (was auch für die anderen Leute gilt, die zu dem Text was geschrieben haben, werde aber nach und nach alle sorgfältig beantworten :Pfeif:) und möchte mich für deinen zweiten Kommentar recht herzlich bedanken.

Immerhin habe ich mittlerweile den nötigen Abstand zum Text, was ein großer Fortschritt ist.

Deine neue Geschichte erscheint mir unter dem Strich so, als habest du voller Begeisterung eine neue Idee in die Tat umgesetzt, sie in einem Durchgang runtergeschrieben und sie dann schnell und ohne prüfenden Blick eingestellt.
war nicht ganz so, dazu ist der Text zu lang: ich habe drei Nächte gebraucht, weil ich so begeistert war. :D

Mit ein wenig Abstand und etwas kritischer Distanz wären dir mMn einige ‚Schwachstellen’ selber aufgefallen.
einiges habe ich mittlerweile geglättet, brauche aber einen weiteren Durchgang, denke ich und hasse mittlerweile die Euphorie, die mich dazu verleitet, Texte sehr schnell einzustellen. Jetzt kommt allerdings die Copywrite-Geschichte zuerst.

in denen du dich in verschachtelten Konstruktionen verhedderst, von der manchmal ‚kapriziösen’ Wortwahl, die leider nur selten wirklich funktioniert, einmal ganz abgesehen.
das ist ein Teil des Experimentierfeldes, aber die Schachtelungen werde ich, soweit nicht schon geschehen, überdenken.

Du kratzt das Potential des Themas (Verlust, Verzweiflung, Traurigkeit, Angst, Unsicherheit, Glück) nur an, schöpfst es für mein Empfinden nicht wirklich aus.
ja, mag sein. Die innere Handlung kommt zu kurz, aber brauche ich dafür nicht noch viel mehr Raum?:shy:

Allerdings meine ich auch, dass es sich lohnen würde, aus der jetzigen Geschichte mehr zu machen. Deine Idee finde ich gut. Es fehlt auch für mein Empfinden die Feinarbeit.
dankeschön für deine Einschätzung und die stets wichtigen Hinweise.

viele Grüße und einen schönen Wochenausklang wünscht dir
Isegrims
(btw: morgen schiebe ich mich durch die Buchmesse und vermisse den Wortkrieger-Stand)

geht bald weiter

 

Lieber Friedrichard,

vielen Dank für deinen Besuch im Panthebabywaldland. ;)

Dass du dich in der nordischen Mythologie auskennst, hastu,
ein paar Seiten Edda, Game of Thrones und ein wenig Internetrecherche, mehr nicht.:lol:

wenn einer mit Gottvertrauen an eine (ewige) Seele glaubt, dann ist es ein utopischer Ort -
gegen Utopien gibt es nichts einzuwenden.

So lange aber die dahingemeuchelten Götter von Osiris bis Baldr im Frühjahr wieder aufstehn, Isis mit dem Horus-Knaben als Madonna mit Kind unterm Weihnachtsbaum auftauchen - und wären es Heim- und Rückkehrer aus der Familie Panthera von Leo/n, dem Löwen, bis zum Babypanther oder wieder zurück zum Mythos -
sehe ich genauso: vieles ist möglich im Reich der Sagen und Fantasien

Bevor's zum trivialeren Nähkästchen geht ,die - villeicht unverschämt Frage - warum nennst Du den Bären(!) Adam, nicht aber den Wolf nach seinem fabelhaften Namen Isegrim (ahd. isangrim = eiserner Helm/Maske)?
wohl wegen der Schamhaftigkeit angesichts meines Nicknamens hier :Pfeif:

Es ist eine Täuschung, zu glauben, der Wolf und seiner Derivate - von denen ein junger Podengo mich gerade - nach vier Stunden Fußmarsch à 6 km/h- für den Rest des Tages (nicht aber zu dieser Geschichte) erschöpfend beschäftigt hat - zeigten eine starre Maske. Das Problem findet sich immer am Ende der Leine ... selbst einer gedachten ...
Wöle sind ungeheuer ausdauernd, das solltest du auch bedenken, wenn du mit einem spazieren gehst. :D

Ihr seid Kinder und deshalb wisst ihr, dass alles möglich ist. Manchmal ist ein Traum die Wirklichkeit und die Wirklichkeit der Traum.
Doch wer will das entscheiden, was wirklich und was weniger "real"? Oder glaubt denn wirklich einer, ein Grab wäre Symbol der Geselligkeit? Nicht einmal einer anderthalben!
der Traum, im Sinne einer gedachten Illusion, findet sich viel häufiger in uns als wir glauben.

Da musstu richtig trainieren, eigene Sätze auseinanderzunehmen und dann - mühselig genug - wieder zusammenzusetzen!
klitzekleine Fortschritte habe ich gemacht, oder nicht?

naja, ich hab Urbock neben mir und Guido - wer nennt einen jungen iberischen Jagdhund so?, romanisierte Kelten, Karthager (Phönizier) und (w)andalusische Terwingen, äh, Westgoten und Araber vielleicht ...Morgen geht's eine Stunde den gleichen Weg - am Fahrrad!
wie? dein Hund heißt Guido? Das klingt nicht gerade niedlich. :hmm:

Gern gelesen und nicht das letzte Mal vom
freut mich, dankeschön :Pfeif:

Gibt schön Wetter, jedenfalls ... einstweilen.
WANN?

viele Grüße und einen guten Start ins Wochenende
Isegrims

 

Nix zu danken,

liebe Isa

Zitat Zitat von Friedrichard Beitrag anzeigen
Bevor's zum trivialeren Nähkästchen geht ,die - villeicht unverschämt Frage - warum nennst Du den Bären(!) Adam, nicht aber den Wolf nach seinem fabelhaften Namen Isegrim (ahd. isangrim = eiserner Helm/Maske)?
wohl wegen der Schamhaftigkeit angesichts meines Nicknamens hier
Ach komm, zier Dich nicht, bist doch der Genitiv des Wolfes ..., sozusagen der gebeugte Wolf ...

Wöle sind ungeheuer ausdauernd, das solltest du auch bedenken, wenn du mit einem spazieren gehst.
Weiß der alte Mann doch. Guido ist übrigens ...elas Hündchen ...
... eigene Sätze auseinanderzunehmen und dann - mühselig genug - wieder zusammenzusetzen!
klitzekleine Fortschritte habe ich gemacht, oder nicht?
Jo, hab ich gerade gesehn ... Is' aber so, ohne Ironie!

Gibt schön Wetter, jedenfalls ... einstweilen.
WANN?
Gestern, heut, morgen, über... usw.

Schönes Wochenende und bis bald

Friedel

 

Liebster ernst offshore

ich muss doch noch mal auf deinen zweiten Kommentar, den in der vertrauten Dialogfrom zurückkommen. (by the way: wie wär's mit nem Giovanni Ravioli- Vitja-Dialog-Contest, ach was, nem Drehbuch über die Ränke und Schwänke der hiesigen Wortkriegerbande? :D)

Hier jedenfalls die wichtigsten (mir liebsten:Pfeif:) Aussagen zu dem Text, nebst Anmerkung:

„Wirste jetzt spitzfindig, du Witzbold, oder was? Jedenfalls hab sogar ich kapiert, was Schneckchen mit der Geschichte will.“
„Aha. Und zwar?“
„Na was schon. Unterhalten zum Beispiel.“
ja, stimmt. Manchmal suche ich einen anderen Blickwinkel wie in dieser Geschichte, in der ich einen fantastischen Ausflug beschreibe.

Ich mein, ein Vegetarier wird ja auch kein Bistecca Milanese essen und sich nachher aufregen, weil’s ihm nicht geschmeckt hat, oder?
:D

Darf ich dich an Professor Maulwurf und Ilse Eule erinnern?“
was'n das Ernstl?

Ich mein, allein wie sie da mit so vielen und unterschiedlichen Figuren jongliert, also echt, nötigt dir das nicht Respekt ab? Und diese zwei süßen Gören, nur schon wie die zwei quatschen miteinander, also das ist doch stellenweise wirklich großartig geschrieben.
:Pfeif: ich mag die beiden auch, je öfter ich an die Geschichte denke oder reinlese

Allein die vielen hübschen Wörter, die sie sich ausgedacht hat: Pfirsichaugen, Pinselhaare, Nagedrache, Strahlensonnenschein und so weiter.
:shy:

Also ehrlich, offshore, geht dir da nicht das Herz auf? Das ist doch herzzerreißend poetisch, musste doch zugeben, das hat Melodie, das hat Flow, das ist irgendwie ... ach scheiß drauf, seelenstreichelnd irgendwie. Pieno di sentimento irgendwie, commovente und so, capisce?"
:Pfeif:

„Wow! ... Scheiße, weiß gar nicht, was ich sagen soll ... das is echt gut, richtig gut. Wahnsinn! … Okay, hast mich überzeugt, Giuseppe. Ich werd die Story noch mal in Ruhe lesen.“
„Echt?“
„Versprochen.“
hast du?

„Wenn du sie noch einmal Schneckchen nennst, leg ich dich um. Kein Witz.“
viel Spaß im Waldviertel :lol:

Hat mir jetzt die Seele gekitzelt, dankeschön
und liebe Grüße
Isegrims

 

Hallo hell,

vielen Dank für deinen tollen und detaillierten Kommentar und die Zeit, die du dir dafür genommen hast. Ich habe eine Weile gebraucht, die einzeln Anmerkungen aufzugreifen und den Text zu verändern. Das meiste (ich glaube sogar alles) habe ich, wie du es vorgeschlagen hast, verändert, die Tränensäcke entfernt, die Satzstrukturen vereinfacht usw. :thumbsup:


Mir ist das ein wenig zu rosa und ich wundere mich etwas darüber, dass du den tag Kinder nicht ausgewählt hast. Auch wenn ich jetzt ein Klischee bediene, für mich wirkt das wie eine Mädchengeschichte, mit all dem Glanzlächeln, der Traumdunkelheit, den Glanzaugen, der Lillifee-Decke, den glanzbraunen Haare(n), glanzrosadurchzogenem Blick.
ja, stimmt schon, war anfangs mein Ziel, ich wollte gerne eine Kinder- /Mädchengeschichte schreiben. Aber dazu hätte ich einen anderen Stil wählen müssen, richtig kindgerecht, das klappte nicht, so ist diese hybride Form entstanden.

Er ist sehr fantasievoll geschrieben, du suchst nach passenden Worten - verwendest schöne Neologismen -, ich kann mir richtig vorstellen, wie du als Autor in deiner Schreibe versunken bist, was ich positiv meine.
ja, so war das und als Zielgruppe Kinder anzugeben, kam mir nicht gerechtfertigt vor.

Für meinen Geschmack übertreibst du es hier und da ein wenig. Aber gut, wie bereits erwähnt, das ist dann wohl Geschmackssache.
stimmt auch, ich habe mich von der Idee treiben lassen.

Okay, du baust die Geschichte wie einen Enthüllungstext auf - die Panther-Suche bekommt ein Motiv.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob der gewünschte Effekt wirklich zieht, so nach dem Motto: Aha! Jetzt verstehe ich! Oder (am Anfang): Ich muss unbedingt wissen, was es mit dem Pantherbaby auf sich hat!
Ich tendiere dazu, zu glauben, wenn du den Zusammenhang (also Leon) gleich zu Beginn geklärt hättest, verlöre die Geschichte nichts.
ja, das sehe ich, der Effekt tritt nicht ein, versandet sogar. Im Rohtext erwähne ich Leon erst sehr spät, wollte ich auf Enthüllung setzen, schien mir dann aber falsch, weil dadurch die Figuren zu wenig Farbe bekommen hätten, zu sehr zum Klischee werden.

Mich hat es ein wenig enttäuscht, dass das Pantherbabay so mir nichts dir nichts aus dem Hut gezaubert wird - hat was von "Deus ex Machina". Du hast dir so viel Mühe mit der Suche, der abenteuerlichen Reise gegeben, dass ich da einfach etwas mehr erwartet hätte.
mm, muss ich so nehmen, aber da fehlte mir eine bessere Idee.

Ein paar Stellen kratzen haarscharf an Stilblüten, im Kontext wirken mir diese dann aber doch meist angebracht.
der Leser darf sich ruhig ein bisschen an diesen Stil gewöhnen. Obwohl ich weiß, dass ich das rechte Maß halten muss.

Liebe Grüße
Isegrims

 

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