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Die schwarzen Früchte der Nacht
Heiße, rote Schreie brannten in ihm, wie bösartige Geister in einer Flasche.
Das war alles. Ansonsten spürte er nicht viel, lungerte in der Wohnung herum, versuchte nicht zu denken, währen die Zeit sein Leben umspülte und graue Staubflächen auf die hohen Schränke und tiefen Böden zauberte.
Dieses ruhige sich Ansammeln, dieses stille Zeugnis der vorbeiziehenden Stunden war die einzige Veränderung.
Fingernägel wurden gestutzt, Haare wurden getrimmt, bevor sein Körper die Chance bekam, zu einem wandelnden Monument zu werden.
Einem Denkmal der Zeit und des Alters.
Dann kamen die Schreie wieder.
Als wäre sein Kopf schwanger, und würde desweilen, wie Schwangere es oft tun, Todgeburten ausspeien, die sodann ungehört versickerten und verschwanden.
Ohne ein Anzeichen ...
Ungesehen...
Fragen tauchten auf, Verzweiflung engte ihn ein wie unsichtbare Wände, die ihn zu zerdrücken drohten; gewaltige Türme wuchsen ihm über den Kopf.
Und das alles vor dem Hintergrund der Nacht. Schwarz.
Die Mäuse lüfteten das Geheimnis, das er vor sich selbst hatte.
Tappende Füßchen, bezahnt mit winzigen Krallen schnürten und schritten über die alten Dielen auf seinem Dachboden.
Er stieg die knarrende Treppe empor, schritt in einen anderen Raum, eine andere Dunkelheit.
Und dort, mitten unter geduldigen Belanglosigkeiten wie Stoffrollen, Gläsern und Kartons voll Plunder- dort!
Ein Arsch voll Kassetten.
Ein Schreck wie siedendes Wasser über den Kopf geschüttet, als er hörte, was dort aufgezeichnet worden war.
Was dort eingesperrt gewesen war, auf dem Dachboden, wie gefangene, wütende Geister.
Seine Schreie.
Wie er sie aus seinem Kopf kannte, so tönten sie aus den Lautsprechern.