Was ist neu

Die schwarzen Früchte der Nacht

Mitglied
Beitritt
30.08.2003
Beiträge
117

Die schwarzen Früchte der Nacht

Heiße, rote Schreie brannten in ihm, wie bösartige Geister in einer Flasche.
Das war alles. Ansonsten spürte er nicht viel, lungerte in der Wohnung herum, versuchte nicht zu denken, währen die Zeit sein Leben umspülte und graue Staubflächen auf die hohen Schränke und tiefen Böden zauberte.
Dieses ruhige sich Ansammeln, dieses stille Zeugnis der vorbeiziehenden Stunden war die einzige Veränderung.
Fingernägel wurden gestutzt, Haare wurden getrimmt, bevor sein Körper die Chance bekam, zu einem wandelnden Monument zu werden.
Einem Denkmal der Zeit und des Alters.

Dann kamen die Schreie wieder.
Als wäre sein Kopf schwanger, und würde desweilen, wie Schwangere es oft tun, Todgeburten ausspeien, die sodann ungehört versickerten und verschwanden.
Ohne ein Anzeichen ...
Ungesehen...
Fragen tauchten auf, Verzweiflung engte ihn ein wie unsichtbare Wände, die ihn zu zerdrücken drohten; gewaltige Türme wuchsen ihm über den Kopf.
Und das alles vor dem Hintergrund der Nacht. Schwarz.

Die Mäuse lüfteten das Geheimnis, das er vor sich selbst hatte.
Tappende Füßchen, bezahnt mit winzigen Krallen schnürten und schritten über die alten Dielen auf seinem Dachboden.
Er stieg die knarrende Treppe empor, schritt in einen anderen Raum, eine andere Dunkelheit.
Und dort, mitten unter geduldigen Belanglosigkeiten wie Stoffrollen, Gläsern und Kartons voll Plunder- dort!
Ein Arsch voll Kassetten.
Ein Schreck wie siedendes Wasser über den Kopf geschüttet, als er hörte, was dort aufgezeichnet worden war.
Was dort eingesperrt gewesen war, auf dem Dachboden, wie gefangene, wütende Geister.
Seine Schreie.
Wie er sie aus seinem Kopf kannte, so tönten sie aus den Lautsprechern.

 

Hallo Vantandriel

Obwohl hier hauptsächlich Kurzgeschichten gepostet werden sollen, finde ich - das war zu kurz.

Wenn ich das richtig verstanden habe, geht es hier um eine Person, die einsam in ihren vier Wänden altert.

Sie beschwert sich nicht darüber (schreiend), sondern nimmt es hin.

Sich laut über den misslichen Zustand zu beschweren, kann diese Person nicht, denn seine Stimme ist eingesperrt in Kasetten, die auf dem Dachboden liegen.

Nimm es mir nicht übel, aber irgendwie kommt die Pointe am Schluss nicht ganz durch oder aber ich hab die Story ganz einfach nicht richtig verstanden.

Viele Grüsse.

Udo

 

Ich begnüge mich nicht damit, alles vorzukauen.
Wenn schreie auf Kassetten eingesperrt sind, wird das wohl bedeuten, dass sie auf die Kassetten aufgenommen wurden.
Ein bisschen mehr Anteilnahme bitte.
Aber kein Vorwurf, sondern ein Dank soll hier formuliert werden.
Danke, Mann!

 

Hallo Vantandriel,

prägnant geschrieben. Die Bilder unterstützen die Beschreibung des Geschehens, sind also kein Selbstzweck. Die Nagetiere als Wendepunkt des Geschehens sind ein interessanter Einfall. (Ortswechsel führt zu Erkenntniswechsel).
Dem Mann wurde Gewalt angetan, (es gibt keinen Hinweis, dass die Schreie in der Psychiatrie aufgenommen wurden), wahrscheinlich Folter, um an Informationen heran zu kommen. So könnte man zumindest diesen Hinweis deuten:
Zitat:
wie Schwangere es oft tun, Todgeburten ausspeien, die sodann ungehört versickerten und verschwanden.

(„oft“ ist statistisch sicher problematisch, `zuweilen´ ist vielleicht passender).

Warum ist er im Besitz der Kasetten? Dies würde eher darauf hindeuten, dass er die Aufnahmen selbst gemacht hat.

Gefällt mir sprachlich gut, befürchte nur, dass es hier inhaltlich hauptsächlich um die ungewöhnliche Beschreibung einer Situation geht. Diese ist zwar extrem (egal wie man ihren Ursprung deutet), doch – und jetzt?

Tschüß… Woltochinon

 

Sonst hätte ich ja nicht von Folter bzw. Gewalt gesprochen.


Tschüß... Woltochinon

 

Ich denke, auch mir ist dein Text inhaltlich nicht ganz klar. Sprachlich hat er mir sehr gut gefallen, die Bilder, die du verwendest, sind sehr schön und erzeugen eine klare Vorstellung der Situation.
Ich dachte daran, dass der Mann ein traumatisches Erlebnis nicht verarbeitet hat, irgendwann vergisst, woher die Schreie kommen, aber trotzdem nicht leben kann. Wegen der Kassetten dachte ich auch an Folter, aber das scheint es ja nun nicht gewesen zu sein, oder?
Mh. Werde nochmal drüber nachdenken. Jedenfalls sprachlich sehr schön.
Liebe Grüße
coco

 

Er is ein bisschen in sich gespalten.
Gedächtnisverlust.
Nimmt seine eigenen Schreie auf.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom