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Die Scherben im Sand

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24.01.2013
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Die Scherben im Sand

Betont vorsichtig schritt ich durch die von Fäkalien und Essensresten verschmutzte Straße. Niemand, der zufällig einen Blick in die Gasse warf, würde mich sehen. Im Schutze meines zerrissenen Wildledermantels wagte ich einen weiteren Schritt, welcher mich ob der Dunkelheit fast das Gleichgewicht kostete.
Ich war nah, verdammt nah. Trotz des bestialischen Gestanks war der Geruch deutlich wahrnehmbar. Niemand sonst schien den verborgenen Duft zu bemerken, dessen orientalische Note unter den Ausdünstungen Londons lächerlich deplatziert wirkte. Kurkuma mit einem Hauch von Safran - und Koriander. Getrieben von sehnsüchtigen Gedanken tat ich einen weiteren Schritt, voller Hoffnung auf ein neues Leben fernab der grausigen Erinnerung.
Ich stand nun genau vor dem Eingang, der würzige Duft drang durch die undichte Holztür und wies jenen, die verzweifelt nach Antworten suchten, den Weg in besseres Leben.

Mit dem verräterischem Poltern fallender Bretter öffnete ich die Tür. Der kleine Lagerraum war finster und eingestaubt, die abgestandene Luft brachte mir Übelkeit. Nichts deutete darauf hin, dass sich hier mehr verbarg als rostiges Handwerkszeug und morsche Holzdielen. Was, wenn es nicht hier war? Was, wenn ich die letzten Tage, die quälend und entbehrungsreich hinter mir lagen, einer Einbildung gefolgt war? War dieser Ort die Endstation meines von Wahnsinn und Täuschung geprägten Weges?

Ich bekam Angst, mein Körper begann zu beben. Von Panik getrieben entleerte ich meinen Beutel - ich musste mich beruhigen. Mit zitternden Händen entfaltete ich das weiße Leinentuch und griff nach dem Arm, der mittlerweile die Konsistenz von altem Wachs angenommen hatte. Trotz des inzwischen sehr aufdringlichen Geruchs fühlte ich mich besser, als ich mit den schleimigen Finger durch meine Haare strich. Tante Elisabeth, Was ist nur geschehen?! Wie sehr vermisste ich unsere gemeinsamen Abende vor dem Kamin, in denen du mir vorlast und sanft meinen Kopf streicheltest. Nichts war geblieben, gar nichts! Nichts, außer deinem Arm und dem Wunsch nach Geborgenheit. Nach Minuten der sehnsüchtigen Erinnerung brach schließlich ein einziges Wort die Stille: RAZLESHTAZHAR!
Oh nein. Er war hier. Hektisch verpackte ich das modernde Körperteil und sah mich um. Irgendwo musste es sein, nur wenige Meter von mir entfernt. Die Stimme wurde lauter, leiste gemurmelte Worte in einer unbekannten Sprache. Die Worte waren mir fremd, doch der Wahnsinn, der ihnen innewohnte, offenbarte sich mir in seinem ganzen, grotesken Ausmaß. “Lass mich in Frieden!”, schrie ich und stolperte über einen rostigen Eimer, der unter meinen Füßen zerbröselte. Ein Knall. Dann Scheppern. Mit letzter Kraft kroch ich unter dem Regal hervor, dessen Inhalt sich nun auf dem Boden verteilte. Da! Ich traute meinen Augen nicht, ich hatte es gefunden! Gierig stürzte ich mich auf das braune Buch, dass in einem unscheinbaren, braunen Lederumschlag zwischen den Trümmern lag.

“Ich habe es! Hörst du mich?!?”. Meine Hände zitterten, meine Konzentration lies nach. Die leisten Stimmen schwollen zu einem Chor fremdartiger Gesänge, berichtend von Gräul vergangener Zeit. Ich hustete, begann zu würgen. Das Buch! Ich musste es lesen. “Bitte! Tu mir nichts!” Zitternd blätterte ich durch die leeren Seiten, verzweifelt um Vergebung bettelnd.
Mein Herz blieb stehen, die Luft in meiner Lunge brannte wie Feuer. Voller Entsetzen blickte ich auf Seite 354, auf der das grauenvolle Urteil geschrieben stand: Nahrir a afantu. Du bist mein.

Der leblose Körper sackte zusammen, ein dumpfer Knall durchbrach die Stille. Von draußen waren Stimmen zu hören, primitives Gebrabbel betrunkener Arbeiter. Im Dunkeln, von Staub und Fleisch geschützt, befand sich ein Buch. Der Umschlag wirkte gepflegt und die einst verblassten Lettern strahlten in neuem Glanz. Auf dem Einband, der noch vor Minuten unlesbar gewesen war, funkelte in verschnörkelten Letter der Titel: “Die Scherben im Sand”.

 

Hallo, lieber Frank,
herzlich Willkommen auf kg.de, kurz vorweg eine Formalie:
Erklärungen zu deiner Geschichte immer in einen Extrapost setzen, und zwar hinter der Geschichte.

Frank Sonnebach schrieb über seine Geschichte:

Hallo erstmal,

bei "Die Scherben im Sand" handelt es sich um eine Geschichte, die aus dem Verlangen heraus entstanden ist, Horror ohne Gewalt zu erzeugen.

Den Hintergrund bilden Geschichten von verfluchten Büchern, die eine eigene Intelligenz besitzen und den unerfahrenen Leser mit Wahn, Krankheit und Schmerz bestrafen.
Meist stieß ich dabei auf eine Kombination körperlicher und seelischer Aspekte. In einem Fall las ich von einem Buch, dass den Träger erblinden lies und gleichzeitig eine Sucht zum Lesen auslöste. Da diese Geschichten aus einer Zeit stammten, in der Blindenschrift noch Zukunftsmusik darstellte, haben Betroffene Höllenqualen erlitten. Die meisten Bücher besaßen eine Schwachstelle, die der Leser herausfinden musste, um den Fluch zu brechen.

Über die Herkunft dieser Bücher ist wenig bekannt, in einigen Fallen werden uralte Rassen für ihre Entstehung verantwortlich gemacht. Offenbar sollte geheimes Wissen dauerhaft festgehalten und vor fremdem Zugriff geschützt werden. Die Intelligenz, die diesen Gegenständen inne wohnt, erlaubt eine Anpassung an alle geltenden Bedingungen. Diese Bücher verändern ihre Gestalt im Laufe der Jahrhunderte, ebenso ihre Sprache. Der grundlegende Charakter bleibt jedoch erhalten, so dass bestimmte Merkmale als Erkennungszeichen dienen.

Verzeiht die lange Einführung, doch ich denke, dass dieses Grundwissen erforderlich ist, um das kommende richtig einzuordnen.

Hier nun meine Geschichte:

 
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Hallo Frank und hier kommt auch noch ein Kommentar:

also Horror ohne Gewalt, das liebe ich geradezu. Von daher wollte ich deine Geschichte gerne lesen.
Leider hat sie mich nicht so überzeugt. Es ist in diesem Fall nicht der Stil, der ist flüssig. Also es gibt definitiv keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen, auch wenn ich am Inhalt rumkritisiere.

Es fängt schon an mit dem Ort und der Zeit.
London in einem früheren Jahrhundert. Damit das greif- und spürbar wird, muss, das ist jedenfalls meine Meinung, immer ein bisschen was an Beschreibung des Ortes dabei sein. Nur eine mit Fäkalien verdreckte Straße reicht mir da nicht. Die Zeit muss spürbar werden. Mein Grund dafür ist, dass Horror, wenner gewaltfrei funktionieren soll, ja gerade dann gut klappt, wenn er den Leser in einer bekannten, alltäglichen Situation abholt und ihn dann Stück für Stück dem Chaos und dem Grauen ausliefert. In Orten vergangener Jahrhunderte finde ich das immer schwerer, würde mir selbst das nicht zutrauen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich immer das Gefühl habe, da will jemand auf Poes oder Lovecrafts Spuren wandeln. Und das - meine Güte, das ist so schwer.

Der zweite Punkt ist: Stell dir mal deine Vorbemerkung weg. Und das musst du ja, wenn du dir überlegst, dass deine Geschichte auch ohne Erklärung funktonieren soll. Dann fehlen mir als Leserin eine Reihe von Infos. Ich zeig dir das dann an Beispielen.

Und der dritte Punkt, das ist das Buch selbst und die Erfahrungen, die dein Protagonist mit dem Buch macht. Ich spüre weder die Faszination, die das Buch ausübt auf ihn, dazu bräuchte ich ein paar Gründe, was er sich davon verspricht, es zu besitzen.
Noch trägt den Leser in deiner Geschichte die Gewalt und die dämonische Verführungskraft des Buches, das ihn lockt und verführt trotz besseren Wissens.

Getrieben von sehnsüchtigen Gedanken tat ich einen weiteren Schritt, voller Hoffnung auf ein neues Leben fernab der grausigen Erinnerung.
Ok, hier willst du etwas erzählen über das, as ihn an dem Buch anzieht, aber es bleibt sehr formell, welche Gedanken und Sehnsüchte sind es denn, die ihn treiben? Welche grausigen Erinnerungen hat er? Warum hofft er auf ein anderes Leben? Was hat das mit dem Buch zu tun?

Ich stand nun genau vor dem Eingang, der würzige Duft drang durch die undichte Holztür und wies jenen, die verzweifelt nach Antworten suchten, den Weg in besseres Leben.
Hier wieder. Was ich gut finde, das ist das mit dem Geruch, dass das Buch immer noch wie indisches Essen duftet, obwohl es ringsum absolut muffelt. Aber das Fettgedruckte, da schreibst du dich aus meiner Sicht von deinem Helden weg. Das ist so formelhaft ausgedrückt. Die verzweifelt nach Abtworten suchen, den Weg in bessres Leben. Das macht kein Stückchen klarer, was einen Menschen antreiben könnte, so ein olles Buch zu suchen, und das noch gegen jede Gefahr.

Mit dem verräterischen Poltern fallender Bretter öffnete ich die Tür.

War dieser Ort die Endstation meines von Wahnsinn und Täuschung geprägten Weges?
Auch das, wie vorher, zu stereotype Formulierungen, wär besser, zu zeigen in deiner Geschichte, warum und inwiefern das die Endstation von Wahnsinn und Täuschung ist. Es muss ja gar nicht viel sein, aber du sagst das halt nur, dass es so ist, zeig es doch an seinem Verhalten, an seinen Gedanken.

Ich bekam Angst, mein Körper begann zu beben. Von Panik getrieben entleerte ich meinen Beutel - ich musste mich beruhigen.
Das ist so eine Stelle, die ich meinte mit: es muss auch ohne Vorbemerkung funktionieren. Den Beutel mit dem fauligen Arm hat er ja vermutlich zu Beschwörungszwecken dabei.
So wie du das hier formuliert hast, hab ich zuerst gedacht, er hätte seinen Darm entleert und du hättest dich nur ein bisschen komisch ausgedrückt. Vielleicht ist das nur mir so gegangen und ich hab mich dusslig angestellt. Aber was die Beschwörungsriten und den Zweck des Arms angeht, da musst du unbedingt was zu schreiben. Muss man doch wissen als Leser.

Mit zitternden Händen entfaltete ich das weiße Leinentuch und griff nach dem Arm, der mittlerweile die Konsistenz von altem Wachs angenommen hatte.
Da auch, das war mir anfangs echt nicht klar, dass er einen Arm dabei hat, aber was macht er dann damit, haut er das dem Buch um die Ohren, füttert er es, schmeißt er den Arm in den Raum? Oder wie oder was? Du schreibst da nichts zu.

Trotz des inzwischen sehr aufdringlichen Geruchs fühlte ich mich besser, als ich mit den schleimigen Finger durch meine Haare strich. Tante Elisabeth, Was ist nur geschehen?! Wie sehr vermisste ich unsere gemeinsamen Abende vor dem Kamin, in denen du mir vorlast und sanft meinen Kopf streicheltest. Nichts war geblieben, gar nichts! Nichts, außer deinem Arm und dem Wunsch nach Geborgenheit.
Sorry, aber das ist unfreiwillig komisch. Er fühlt sich besser, weil er Tante Elisabeths appem Arm die Hand geschüttelt und sich dann durchs Haar gestreichelt hat? Und das Leben mit Tante Elisabeth vor dem Kamin soll die verlorene Harmonie darstellen? Also bitte, für die meisten, die ich kenne, wäre das der eigentliche Horror.

Nach Minuten der sehnsüchtigen Erinnerung brach schließlich ein einziges Wort die Stille: RAZLESHTAZHAR! Oh nein. Er war hier. Hektisch verpackte ich das modernde Körperteil und sah mich um.
Und wer ist ER nun?

Die Stimme wurde lauter, leiste gemurmelte Worte in einer unbekannten Sprache. Die Worte waren mir fremd, doch der Wahnsinn, der ihnen innewohnte, offenbarte sich mir in seinem ganzen, grotesken Ausmaß.
Meintest du leise gemurmelte Worte? Wenn ja, könntest du es auch weglassen, weil murmeln eh schon leise ist.
Ich hab mich aber auch gefragt, was jetzt an Razleshta... so grauenhaft und grotesk sein soll. Es ist halt ein Wort wie schnapperhühnli. Ich will dich nicht veräppeln oder ärgern, ich will dir einfach den Tipp geben, solche Sachen wie Wahnsinn, Angst, groteskes Ausmaß nicht einfach so hinzuschreiben, sondern es durch deine Darstellung zu zeigen. So wie du es jetzt machst, kriegst du die Geschichte nur dadurch hin, dass es vor dir Schriftsteller gegeben hat, die irgendwelche unsäglichen Kreaturen dieses Kauderwelsch haben sagen lassen, aber die haben das Monströse dieser Kreatur oder der Vorstellung, die ihr innewohnt, eben auch gezeigt. Und daran partizipierst du eben noch. Dein Job als Autor wäre es aber, zu versuchen, die Angst des Lesers zu erzeugen. Ich weiß, das ist nicht einfach, ich arbeite immer noch heftig daran, und weiß auch nicht, ob ich da weitergekommen bin, aber so jedenfalls wirds zum Irrweg.

Ich hoffe, dass dir meine Kritik nicht nur auf die Hutschnur geht, sondern dir auch zeigt, wo du aus meiner Sicht ansetzen könntest. Ist halt meine Sichtweise und mein Scherfein.
Mit deiner flüssigen Schreibe solltest du da eigentlich kein Problem haben, entweder diesen Stoff umzustrukturieren, z. B. das Buch und die Suche danach in ein thüringisches Dorf zu verlegen und in die Neuzeit. Oder Gefühle, Handlung und Ängst anders an den Leser ranzubringen.

Ich wünsch dir viel Erfolg beim Schreiben und viel Spaß hier.
Bis denn
Novak
PS: Der Titel des Buches? Gibt es da eine innere Verbindung zur Geschichte, die ich übersehen habe? Wenn nicht, wär das eigentlich eine schöne Idee, das herzustellen.

 
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Hallo Novak,

erst einmal vielen Dank für deinen umfassenden Beitrag. Prinzipiell ist jede Form von Kritik willkommen, negative sogar etwas mehr. Beim Überfliegen habe ich festgestellt, dass mich einige deiner Kritikpunkte durchaus weiterbringen könnten. Danke erstmal dafür.

Mein größtes Problem ist, dass ich meine Geschichten während des Schreibvorganges haargenau in meinem Kopf sehe, weshalb gerne einmal (für mich selbstverständliche) wichtige Details verloren gehe

Leider bin ich gerade auf Arbeit, so dass ich nicht die zeit habe, alles in Ruhe zu lesen und darüber nachzudenken. Ich werde das aber auf jeden Fall nachholen und mich anschließend dazu äußern.

Viele Grüße,

Frank

 

Hallo Frank Sonnebach

Der erste Satz animierte mich eigentlich dazu, nicht weiterzulesen. Ich bewege mich gedanklich ungern in einem Sumpf von Fäkalien, auch in einem solchen Genre nicht. Abgesehen davon ist es historisch nicht korrekt. In früheren Jahrhunderten gab es in den städtischen Strassen und Gassen Abzugsgräben, primitive Vorgänger des späteren Kanalisationssystems, wie es noch heute funktioniert.

Ich habe nun deine Geschichte gelesen, danach noch deine Ausführungen darüber und den Kommentar von Novak. Dass es schwierig ist, Geschichten in frühere Zeiten anzusiedeln, ohne diese zugleich glaubwürdig darzustellen, hat dir Novak bereits begründet erklärt. Dass von bestimmten Büchern eine magische Kraft ausgehen könnte, ist eine alte Mär, doch warum auch nicht. Die Idee dünkt mich nicht verfehlt.

Was mir jedoch nicht gefällt, wie du es verpackt hast, ich las da darüber hinweg ohne jegliche Spannung, geschweige denn einem schauerlichen Gefühl. Es sind abgehackte Szenen, die du da aufblitzen lässt. Beim Lesen blieben mir da mehr Fragen offen, als ich Antworten bekam. Dafür bringst du Füllsel rein, die für die Geschichte nicht wesentlich sind.

Im Schutze meines zerrissenen Wildledermantels wagte ich einen weiteren Schritt, welcher mich ob der Dunkelheit fast das Gleichgewicht kostete.

Das liest sich so, als ob der Mantel eine magische Funktion hätte, die jedoch nicht aufgezeigt ist. Hat er dies nicht, so ist es überflüssig, und ob er zerrissen ist, interessiert niemanden.

Getrieben von sehnsüchtigen Gedanken tat ich einen weiteren Schritt, voller Hoffnung auf ein neues Leben fernab der grausigen Erinnerung.

Von welchen grausigen Erinnerungen ist da die Rede? Der Leser will sich nicht alles selbst fantasieren, denn diese Antwort bleibst du definitiv schuldig. Später ist mal die Rede von einem modernden Arm der Tante, welcher als einziges geblieben war, aber nicht warum!

Mit dem verräterischen Poltern fallender Bretter öffnete ich die Tür.

Wie hat dein inneres Bild dazu ausgesehen? Die Tür zerfällt in einzelne Bretter, als er sie öffnen will, oder waren dahinter Bretter angelehnt, die umfielen?

Der kleine Lagerraum war finster und eingestaubt, die abgestandene Luft brachte mir Übelkeit.

Es würde sich doch gelenker lesen mit staubig und verursachte.

Ein Knall. Dann Scheppern. Mit letzter Kraft kroch ich unter dem Regal hervor, dessen Inhalt sich nun auf dem Boden verteilte.

Das wirkt mir arg verkürzt. Er stolperte über einen Eimer, dann diese dramatisierten Folgen. Ein wenig mehr Umschreibung des Geschehens würde es glaubhafter machen.

Die leisten Stimmen schwollen zu einem Chor fremdartiger Gesänge, berichtend von Gräul vergangener Zeit.

leise (Novak wies bereits darauf hin) und Gräuel.

Voller Entsetzen blickte ich auf Seite 354, auf der das grauenvolle Urteil geschrieben stand: Nahrir a afantu. Du bist mein.

Ich fragte mich bereits beim Chorgesang aber hier endgültig, wie konnte er die Sprache übersetzen, ihren Sinn verstehen, wenn er sie nicht beherrschte?

Der leblose Körper sackte zusammen, ein dumpfer Knall durchbrach die Stille.

Wie soll ich das leblos deuten? Ist er, mit dem lesen des Textes gestorben?

Von draußen waren Stimmen zu hören, primitives Gebrabbel betrunkener Arbeiter.

Warum sind es Arbeiter und nicht einfach Betrunkene?

Auf dem Einband, der noch vor Minuten unlesbar gewesen war, funkelte in verschnörkelten Lettern der Titel: “Die Scherben im Sand”.

Auch da, Novak hatte es bereits bekrittelt, es fehlt ein sichtbarer Zusammenhang zwischen dem Titel des Buches und der Geschichte.

Ich denke, deine Absicht war redlich, Schrecken ohne Gewalt zu erzeugen. Doch kommt es zu fragmentarisch daher, unvollständig dessen, was du dir vielleicht als Ganzes in der Fantasie vorgestellt hattest. Möglicherweise unter selbst gesetztem Zeitdruck niedergeschrieben, dabei hast du alle Zeit der Welt. Zum Schreiben braucht es diese sogar unbedingt, da eine Idee schnell mal umgesetzt ist, doch dann muss man daran feilen. Ist das Manuskript mal in gefälliger Form, versetze dich mal in die Situation des Lesers. Ist es für ihn verständlich? Sind die Handlungen nachvollziehbar und geben einen gut lesbaren Gesamtzusammenhang? Kommt durchgehende Spannung auf und, bei diesem Genre erforderlich, auch spürbarer Schrecken? Wenn du dir dessen sicher bist, prüfe noch den Sinn der Aussagen, der Worte und achte auf die Rechtschreibung. Erst wenn du dir selbst sicher bist, alle die zusätzlichen Aufwendungen gemacht hast, es dir druckreif erscheint, veröffentliche es. Doch sei darauf gefasst, auch dann bleibt ausreichend Spielraum für die Kritiker. :D

Also gespannt wäre ich auf eine Überarbeitung dieser Geschichte schon. Ihr Gehalt in klare Zusammenhänge gesetzt zu lesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
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Lieber Frank

Anekron und Novak haben ja schon sehr detaillierte Kritik abgegeben - ich gehe jetzt mal nicht auf die Schreibfehler ein, da sind andere bestimmt besser im Aufzeigen eben dieser.

Ich möchte nur auf die Gefühle eingehen, die die Geschichte in mir ausgelöst hatte.

Ich war sofort gefesselt vom Anfang. Hatte sofort ein Bild im Kopf.

Betont vorsichtig schritt ich durch die von Fäkalien und Essensresten verschmutzte Straße
Auch wenn es historisch nicht ganz korrekt ist, finde ich diesen Einstieg gut - ich weiss gleich, womit ich es zu tun habe. Doch das mit dem Geruch der "Gewürze", hat mich dann wieder etwas aus der Geschichte gerissen. Ich habe mich sofort gefragt (auch wenn das nur Einbildungen waren - für mich als Leser stellte sich die Frage und deshalb wurde ich kurz aus der Geschichte gerissen): Wenn ich so einen Gestank rieche (Fäkalien und Erbrochenes) überlagert der Gewürzgeruch wirklich die Gerüche der Fäkalien?

Ansonsten finde ich deine Geschichte eigentlich recht spannend. Aber es fehlt ein wenig an tiefe. Es fehlt an Antworten. Bzw. an Fragen. Wer ist hinter ihm her? Sind es alles nur Einbildungen? Was hat es mit dem Buch genau auf sich?

Vielleicht habe ich auch ein paar Antworten (zwischen den Zeilen) nicht gesehen oder kappiert, aber mich lässt die, durchaus mit guten Ideen bepflasterte Geschichte, ein wenig in der Luft schweben. Und nicht all zu positiv, wie wenn man erst auf der letzten Seite eines 500 Seiten Thrillers die Lösung vor sich sieht. Diese letzten Antworten fehlen mir hier ein wenig.

Aber das ist nur meien rein subjektive Meinung. Ich habe auch noch nicht so viel Erfahrung wie Novak oder Anekron, um dir hier so ausführliche Kritik zu geben, wie sie, aber ich hoffe, ich konnte Dir trotzdem Tipps zum verbessern deines Textes geben.

Wie gesagt: mit ein wenig mehr Antworten (oder Fragen - je nachdem) steckt da durchaus eine spannende Geschichte drin. Nicht falsch verstehen: es gibt geniale Geschichten, bei denen der Leser am Ende viele Fragen nicht beantwortet gekriegt hat, aber der Leser muss trotzdem das Gefühl haben, dass es eine logische, in sich verbindende und schlüssige Handlung hat.

Viel Erfolg und Durchhaltewillen.

Mach weiter so.

Liebe Grüsse

mightyM

 

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