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Die Schatulle
Diese kleine und fein verzierte Holzschatulle hatte ich im Keller meiner verstorbenen Großmutter gefunden. Auf mich wirkte sie langweilig, daher stellte ich sie ungeöffnet auf das Regal. Die Zeit war knapp, denn oben im Flur wartete schon der Trödelhändler auf das alte Porzellan, das ich ihm vorgestern per Telefon verkauft hatte. Obwohl ich im Nachhinein das Gefühl hatte, von diesem Händler gehörig über den Tisch gezogen zu werden. Aber so war wenigstens das alte Zeug von Großmutter endlich aus dem Keller. Jeder hatte wohl dran etwas verdient. Er mehr, ich weniger. Während ich weitere fünf Zimmer im 1. Obergeschoss aufräumte und Brauchbares von Müll sortierte, entwich mir völlig die Zeit aus den Augen. Daher entschloss ich mich, die Nacht in Großmutters Haus zu verbringen. Immerhin hatte ich ja schon als Kind hier des Öfteren geschlafen. Ich entschloss mich im alten Gästezimmer breit zu machten. Es war 23.47 Uhr, als ich das erste Mal eine leise Melodie, die der einer Spieluhr ähnlich, vernehmen konnte. Doch dachte ich mir anfänglich nichts dabei und schlief wieder ein. Um 00.14 Uhr fröstelte es mich, sodass ich erneut wach wurde, diesmal lag meine Bettdecke zusammengerollt auf dem Fußboden neben dem Bett. So wild hatte ich noch nie während des Schlafens gestrampelt. Doch als ich mich nach der Decke bückte, ertönte wieder diese Musik. Diesmal war ich hellwach, es konnte also kein Traum gewesen sein. Ich zog mein T-Shirt an und folgte der Musik hinunter in den Keller. Die Musik führte mich genau zum Regal, wo ich gestern Nachmittag die alte Schatulle abgestellt hatte. Als ich vor der Schatulle stand, verstummte plötzlich die Musik, ich zitterte vor Kälte. Ich hatte das dringende Bedürfnis nach der Schatulle zu greifen. Bevor meine Finger den Deckel erreichten, hörte ich die Stimme meiner Großmutter. Erschrocken zuckte ich die Hand zurück. Da sprach Großmutter zu mir „Christian, tue es nicht. Öffne niemals diese Schatulle. Es ist schmerzhaft zu wissen, was in ihr steckt, willst Du wirklich tauschen?“ Ich konnte keinen Zusammenhang mit dem Satz meiner Großmutter und der Schatulle finden, irgendetwas zwang mich aber nach der Schatulle zu greifen. Zu spät, da Stand sie schon offen. Ein kleines Mädchen drehte sich elegant zur Melodie, sie trug einen kleinen roten Regenschirm im rechten Arm. „Bitte was, einen kleinen roten Regenschirm“ Schoß mir bei dem Anblick durch den Kopf. Doch als ich das kleine Mädchen erkannte, war es viel zu spät, mir wurde schwindelig, übel, ich verlor Raum und Zeit. Da viel es mir ein, das kleine Mädchen sah aus wie meine Schwester, die genau heute vor 21 Jahren plötzlich verschwand. Als meine Sinne völlig bei mir waren, blickte ich einer jungen Frau tief in die Augen, mit vertrauter Stimme sagte sie „Es tut mir leid Christian, ich liebe Dich" und schloss langsam den Deckel der Schatulle. Meiner Schatulle